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Eine gemischte Klasse der Stufen 4-6 an der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Britz Foto: Christoph Soeder/dpa

Schule als „selektives Bildungssystem“? - Bildung ist nie gerecht

Der Schule wird immer wieder vorgeworfen, sie vertiefe die Kluft zwischen den Kindern aus dem Bildungsbürgertum und aus bildungsfernen Schichten. Die Kritiker lassen außer Acht, dass die Weichen für eine erfolgreiche Schulkarriere im Elternhaus gestellt werden.

Autoreninfo

Rainer Werner unterrichtete an einem Berliner Gymnasium Deutsch und Geschichte. Er verfasste das Buch „Fluch des Erfolgs. Wie das Gymnasium zur ,Gesamtschule light‘ mutiert“.

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In jeder Bildungsdebatte fällt der griffige Satz, der Geldbeutel der Eltern dürfe nicht länger über den Schulerfolg der Kinder entscheiden. Aus dem 19. Jahrhundert kennen wir die Gepflogenheit, dass Eltern das kärgliche Salär der Dorfschullehrer mit Naturalien auffrischten. Dabei mag es vorgekommen sein, dass der so bedachte Pädagoge beim Sohn des Großbauern, dem er ein fettes Suppenhuhn verdankt, ein Auge zudrückte, wenn er bei der Mathearbeit versagte.

Was sollte heutige Lehrer bei ihrem mehr als auskömmlichen Gehalt dazu veranlassen, die Kinder vermögender Eltern denen aus armen Familien vorzuziehen? Lehrern ist es strikt untersagt, von Eltern auch nur einen Kugelschreiber als Geschenk anzunehmen. Was hat in unserer Wohlstandsgesellschaft der Schulerfolg der Kinder also mit dem Geldbeutel der Eltern zu tun?

Der Besuch staatlicher Schulen und Universitäten ist kostenlos. Zudem gibt es das Bildungspaket, in dem Geld für Bücher, Unterrichtsmaterial, das Mittagsessen in der Schulmensa sowie für Sportvereine und Musikschulen enthalten ist. Für Klassenfahrten kommt das Job-Center oder der Sozialfonds der Schule auf. Während des Corona-Lockdowns konnten Schüler Laptops von der Schulbehörde geliehen bekommen. Wo spielt das Geld also noch eine Rolle?

Eine Neidformel

Die Rede vom „Geldbeutel der Eltern“ ist eine Neidformel, die den wahren Sachverhalt verschleiert. In Wirklichkeit bestimmt nämlich nicht der Geldbeutel der Eltern über den Schulerfolg, sondern ihr Erziehungsverhalten. Und dieses wird geprägt vom sozialen Milieu, in dem die Eltern leben, und von ihrem Bildungsstand. Wenn das Kind einer deutschen Unterschichtfamilie nur in abgerissenen Satzfragmenten spricht, kann man erahnen, dass die Kommunikation im Elternhaus auf unterstem sprachlichem Niveau stattfindet.

Wenn das Kind einer arabischen Familie bei der Einschulung nur gebrochen Deutsch spricht, weiß man, dass es keine Kita besucht hat, sondern von der Mutter oder Großmutter zu Hause erzogen wurde. Wenn ein Kind, wenn es in die Grundschule kommt, noch nie eine Schere in der Hand hatte, weiß die Lehrkraft, dass die Eltern mit dem Kind noch nie gebastelt haben. Man braucht kein Pädagoge zu sein, um die Prophezeiung zu wagen, dass diese Kinder in der Schule benachteiligt sein werden – bei gleicher Intelligenz wie ihre deutschen Klassenkameraden.

Die überragende Bedeutung der erzieherischen Einflüsse in den ersten Kindheitsjahren ist wissenschaftlich bestens belegt. Der in Dublin lehrende Forscher Jan Skopek stellt in einer aktuellen Studie fest, dass sich die Wissensschere zwischen den Kindern der bildungsaffinen und bildungsfernen sozialen Schicht schon vom Tage der Geburt an öffnet. Der schichtenspezifische Entwicklungsindex der Kinder erreicht im siebten Lebensjahr – dem Jahr der Einschulung – seine größte Diskrepanz. Während der Schulzeit bleibt die Differenz immerhin konstant, was sich der homogenisierenden Schulkultur verdankt. Skopek spricht vom „standardisierten Milieu“ der Schule.

Auf die Familie kommt es an

Wenn man diesen Befund vorurteilsfrei bewertet, muss man zur Überzeugung kommen, dass die Schule gar nicht die „Sortiermaschine“ (Martin Spiewak) darstellt, als die sie von linken Bildungspolitikern immer bezeichnet wird. In Abwandlung eines Spruches von Bill Clinton könnte man sagen: „It´s the family, stupid!“. Warum verschweigen „fortschrittliche“ Bildungspolitiker diesen Sachverhalt, der Grundschullehrern am Tag der Einschulung unmittelbar ins Auge springt? Weil dann das übliche Ritual der Schuldzuweisung nicht mehr funktionieren würde.

Dann wäre nicht mehr „das selektive Bildungssystem“ am Misserfolg der Kinder schuld, weil es Kinder nach dem Geldbeutel der Eltern behandle die Kinder der Reichen fördernd, die Kinder der Armen benachteiligend. Dann rückte das Verhalten der Eltern in den Blick: ihre Ignoranz den Entwicklungsbedürfnissen ihrer Kinder gegenüber, ihr Unvermögen, fördernd und stimulierend auf den Geist der jungen Geschöpfe einzuwirken.

Das Grundgesetz nimmt Eltern in die Pflicht: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Die Politik tut sich schwer, diese Pflicht einzufordern, weil die Parteien auf das Wohlwollen der Eltern als Wähler angewiesen sind. Mit dem Finger auf die Schule zu zeigen, ist hingegen eine wohlfeile Übung.

Frühkindliche Prägungen

Die Benachteiligungen von Kindern beginnen, wie man heute weiß, sehr früh. Wenn eine schwangere Frau häufig klassische Musik hört, entwickelt das Neugeborene schon früh ein Rhythmusgefühl, die Vorstufe von Musikalität. Wenn kleinen Kindern regelmäßig vorgelesen wird, bilden sie ein differenziertes Sprachvermögen aus und schreiben schon in der Grundschule verblüffend gute Texte. Wenn ein Kind im Elternhaus erlebt, dass die Eltern elaboriert reden und diskutieren, überträgt sich dieses sprachliche Vermögen auf das Kind. Es wird zum verbal geschickten, selbstbewussten Streiter in eigener Sache.

Wenn ein Kind Lob und Zuspruch erfährt, wenn es die Welt im Spiel entdeckt, wird es später auch im schulischen Lernen Neugier und Ehrgeiz entwickeln. Wenn man sich von all diesen stimulierenden Anreizen das Gegenteil denkt, kann man ermessen, wie tiefgründig und wie nachhaltig die Handikaps und Defizite sind, mit denen die Kinder zu kämpfen haben, die in bildungsfernen Elternhäusern heranwachsen müssen. Schon in der Grundschule sitzen sie im hintersten Waggon des Geleitzuges.

Grenzen kompensatorischer Bildung

Die entscheidende Frage für den Pädagogen ist: Kann Schule diese Defizite noch ausgleichen? Nach allem, was man über kompensatorische Bildung weiß, kann sie es nur sehr begrenzt. Sie kann es vor allem nicht dadurch, dass sie den leistungsstarken Schülern und den Schülern mit Lerndefiziten die gleichen Lernangebote macht. Wenn man den Befund der Studie von Jan Skopek ernst nimmt, müsste die Grundschule von der ersten Klasse an in den beiden wichtigsten Fächern Deutsch und Mathematik einen differenzierten Unterricht anbieten.

In Deutsch müsste der Fokus für die Kinder aus bildungsfernen Schichten auf Lesen und Schreiben, der Erweiterung ihres Wortschatzes und der Festigung grammatischer Strukturen liegen. In Mathematik müsste der Zahlbegriff erarbeitet und die einfachen Rechenoperationen geübt werden. Die Kinder aus dem Bildungsbürgertum, die bei der Einschulung oft schon lesen und schreiben können, benötigen hingegen anspruchsvolles Unterrichtsmaterial, das sie geistig fordert. Ihnen sollte auch freigestellt werden, gleich in die zweite Klasse aufzurücken.

Dem bisher „heiligen“ Gleichheitsprinzip würde damit ein Konzept passgenauer Förderung entgegengestellt. Es müsste sich an der Einsicht des amerikanischen Psychologen Paul F. Brandwein orientieren: „Es gibt nichts Ungerechteres als die gleiche Behandlung von Ungleichen.“

Sprache ist entscheidend

Mit Ausnahme der Fremdsprachen ist in allen Schulfächern die Unterrichtssprache Deutsch. Ob ein Kind erfolgreich lernt, hängt deshalb sehr stark von seinen sprachlichen Fähigkeiten ab. In allen Schulstufen müssen Schüler Texte lesen und eigene Texte verfassen können. Die US-Forscher Todd Risley und Betty Hart stellten in einer Sprachstudie fest, dass Kinder aus der bildungsaffinen Mittelschicht mit drei Jahren rund 1.000 Wörter beherrschen, Kinder der Unterschicht nur die Hälfte.

Mit dieser Hypothek starten diese Kinder in die erste Klasse. Eine deutsche Studie zeigt, dass Migrantenkinder in Mathematik deshalb schlechter abschneiden als ihre deutschen Klassenkameraden, weil sie mitunter den Text der Aufgabenstellung nicht richtig verstehen. Im Zuge der Einführung einer lebensnahen Mathematik ist die Didaktik nämlich dazu übergegangen, die Rechenoperationen in kleine Geschichten zu kleiden. Schüler mit mangelhafter Sprachfertigkeit können ihre Intelligenz nicht voll zur Geltung bringen, weil diese häufig nur in der Form verbaler Ausdrucksformen abgerufen wird.

Migrantenkinder sollten in die Kita

Am Gymnasium ist der elaborierte Sprachgebrauch vollends unverzichtbar. Wer ihn beherrscht, kann nicht nur Texte jeden Schwierigkeitsgrades verstehen, er kann sich auch mündlich und schriftlich auf höchstem Sprachniveau ausdrücken. Diese Qualität kommt Schülern im Studium zugute, wo die Fähigkeit, Sachverhalte zu verbalisieren, in den meisten Fächern dominiert.

Wenn man diese Befunde ernst nimmt, muss man Eltern aus der spracharmen deutschen Unterschicht und aus Migrantenfamilien dringend raten, ihre Kinder in die Kita zu schicken. Dort lernen sie im Umgang mit ihren Spielkameraden auf spielerische Weise differenziert zu sprechen, was ihre Startchancen in der ersten Klasse der Grundschule enorm verbessert. In Dänemark gibt es für Kinder in sozialen Brennpunkten eine Kita-Pflicht vom ersten Lebensjahr an. Eltern, die der Pflicht nicht nachkommen, kann das Kindergeld gestrichen werden.

Stadtteilmütter an die Front

In Vierteln unserer Großstädte, die überwiegend von Migranten bewohnt werden, hat sich eine Einrichtung besonderes bewährt: die Arbeit der Stadtteilmütter. Dies sind Frauen, die selbst ein Einwanderungsschicksal haben und die sich als häusliche Beraterinnen betätigen. Sie haben eine Ausbildung in Kindererziehung, Erwachsenenbildung und Gesprächsführung absolviert und beraten im häuslichen Gespräch vor allem Mütter aus der Migrantenschicht, die wegen mangelnder Sprachkenntnisse nie zu einer öffentlichen Familienberatung gehen würden. Die Stadtteilmütter vermitteln Informationen zur Kindererziehung, zu Gesundheit und Familienrecht, zur Sprachförderung und zum Medienkonsum. Auch Suchtprophylaxe und Hilfe bei häuslicher Gewalt stehen auf dem Programm.

Studien haben den Erfolg des Einsatzes der Stadtteilmütter bestätigt. Sie schaffen es auf der Basis gegenseitigen Vertrauens, die Mütter, die oft aus einem uns sehr fremden Kulturkreis stammen, für die Entwicklungsprobleme ihrer Kinder zu sensibilisieren und das Erziehungsverhalten in die richtigen Bahnen zu lenken. Dieser Einsatz kann die Defizite, die Kinder aus der Migrantenschicht zwangsläufig haben, zumindest teilweise kompensieren. Durch diese Hilfestellung wird ihnen der Start in der Grundschule erleichtert.

„Tausche Bildung gegen Wohnung“

Inzwischen gibt es viele zivilgesellschaftliche Initiativen, deren Mitglieder benachteiligten Kindern ehrenamtlich Nachhilfeunterricht erteilen. In Duisburg und Gelsenkirchen gibt es die Einrichtung „Tausche Bildung gegen Wohnung“. Junge Menschen dürfen in einer kommunalen Wohnung mietfrei wohnen, wenn sie sich dafür verpflichten, Kinder aus sozial schwachen Familien als Bildungspaten zu unterstützen. Ein solches Engagement kann die Defizite von Kindern aus der Unterschicht, die aus mangelnder häuslicher Unterstützung resultieren, ein Stück weit ausgleichen.

Ein Problem in Unterschichtfamilien ist der unregelmäßige Schulbesuch der Kinder. Immer wieder müssen die Ordnungsämter säumige Kinder zum Unterricht „vorführen“, weil sie von den Eltern nicht in die Schule geschickt wurden. In Berlin gab es eine Zeit lang eine Sondereinheit der Polizei, die morgens um zehn Uhr die Elektronikmärkte in den Einkaufszentren durchkämmte, um Schüler, die sich dort dem Videospiel hingaben, einzusammeln und in ihrer Schule abzuliefern. Man muss kein Lehrer sein, um zu erkennen, dass die Lücken, die durch unregelmäßigen Schulbesuch gerissen werden, die Schulkarriere eines Kindes ungünstig beeinflussen müssen.

Auch schwierige Schüler haben Potenzial

Ich finde es beeindruckend, dass es immer wieder Lehrkräfte gibt, die freiwillig ein Gymnasium in einem gut situierten Bezirk verlassen, um die Kärrnerarbeit an einer Gesamt- oder Sekundarschule in einem Problemkiez auf sich zu nehmen. Sie motivieren nicht nur die Solidarität mit den sozial Schwachen und Abgehängten, sie trauen sich auch zu, solche Schüler mit der Kraft ihrer Persönlichkeit positiv zu beeinflussen. Vorurteilslos und offen nehmen sie sich ihrer an und schaffen selbst zu den schwierigsten Schülern einen Zugang.

Diese ungewohnte Zuwendung löst bei den Schülern mitunter Lernblockaden und korrigiert auch destruktives Verhalten. Erfolgreiche Lehrer vermeiden das, was die Lernforschung „Etikettierung“ nennt. Die Zuschreibung von Schwächen – „ein Einstein wird nie aus dir!“ – untergräbt ein ohnehin schwaches Selbstwertgefühl. Schädlich sind auch unbewusst ausgesandte nonverbale Signale, wie etwa herablassende Gesten oder zweifelnde Blicke.

Hausaufgaben dem Lehrer zuliebe

Befragungen von Schulschwänzern haben ergeben, dass sie die Schule vor allem deshalb schwänzen, weil sie sich von einzelnen Lehrern ungerecht behandelt, stigmatisiert und ausgegrenzt fühlen. Umgekehrt kennt man das Phänomen, dass Schüler zu Hause sagen, für ihren Biologielehrer würden sie die Hausaufgaben auch dann erledigen, wenn sie keinen Spaß machen. Sie machen sie ihm zuliebe, weil sie ihn nicht enttäuschen wollen. Der persönliche Faktor im Unterrichtsgeschehen wurde jahrelang unterschätzt, weil man das Heil immer nur in Strukturreformen gesehen hat.

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Gerhard Ziegeler | Do., 15. Juli 2021 - 16:20

Klassische Musik in der Schwangerschaft spielt keine gesicherte Rolle, auch nicht die Frühförderung.
Es sind die Gene, stupid.

Tomas Poth | Do., 15. Juli 2021 - 16:37

Das hielte ich für eine gute Idee. Man könnte damit die Gesellschaft offener halten und soziale Grenzen auflockern. Ich denke da besonders an jene aus fremden Kulturkreisen.
Es bleibt allein die Frage ob das Angebot von den bildungsfernen, egal welcher Herkunft, überhaupt angenommen würde?
Nach dem Motto das Kind wird dadurch den Eltern und den zugehörigen sozialen Kreisen verfremdet.

Rob Schuberth | Do., 15. Juli 2021 - 19:21

Antwort auf von Tomas Poth

...wird es zu gr. Teilen nicht angenommen werden, werter Herr Poth.
So meine Bedenken.

Wir sind stets viel zu tolerant mit den Intoleranten.
Das muss endlich aufhören.

Fördern und fordern, war mal der Spruch von Kanzler Schröder, Hr. Schuberth.
Das war nicht schlecht, die Umsetzung? Aber Zwang?
Man kann den Pferden das Wasser hinstellen, schmackhaft machen, aber saufen müssen sie selber.

Wer denn zu wem, Herr Schubert? ?

Ohhhh jaaaa,?

das Volk sicher ist viel zu Tolerant zu dem Staats-Monopolizismus ??????

Herr Schuberth, dass Problem mit den unterschiedlichen Kulturkreisen & deren wollen & nicht wollen wurde schon vor 30 Jahren öffentlich überall diskutiert.
Und schon damals konnte man an Hand der Aussagen erkennen, welche Partei dahinter stand.
Einziger Unterschied zu heutzutage:
"Die CDU war mehrheitlich damals noch Konservativ, also Rechtsradikal ohne Gender!
Und vertrat ÖFFENTLICH (!!!) diese "RECHTEN" Ansichten wie auch die FDP. Heute?
Bei den vietnamesischen Schülern hatte D. nie Probleme & sie waren diszipliniert & wissbegierig. Und selbst Frau Merkel verkündete noch vor 2012, dass Multi-Kulti gescheitert ist.
Erst wo die Masken 2015 fielen, kamen die Pinocchio-Nasen & das wahre Anliegen der guten Bubis zum Vorschein. Lesen, belesen, ungefilterte BERICHTE & deren SELBST & STÄNDIGE Auswertung will KEINE weltl. OBRIGKEIT auf gestatten - Untertanen!

Maria Arenz | Do., 15. Juli 2021 - 16:39

Die Mär vom "ungerechten deutschen Bildungssystem" paßt einfach zuvielen Leuten in ihre Ideologie, als daß es eine reale Chance dafür gäbe, sie aufzugeben. Es ist unter den sehr richtig beschriebenen Voraussetzungen auch ausgemachter Unsinn, Kinder mit so unterschiedlichen Bedürfnissen "länger zusammen lernen zu lassen". Da inzwischen nicht mehr zu verhehlen ist , daß dieses in
"Gr(ün-l)inks"-regierten Bundesländern stur dogmatisch durchgestzte Konzept gerade den Kindern mit besonderen Lernschwierigkeiten - trotz aller Ausbremserei der Kinder mit mehr Potential- nicht hilft, sondern sie nur frustriert, ist man in Gemeinschaftsschulen dazu übergegangen, die Kinder der Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialzweige zwar noch zusammen in ein Klassenzimmer setzen, ihnen aber ganz unterschiedliches Lehr-und Prüfungsmaterial zu geben. Ein gemeinsamer Unterricht, in dem die Kinder sich ja auch gegenseitig anspornen, kann so aber gerade nicht mehr stattfinden.

an das Ideal der Gleichheit klarmachen zu wollen, daß es eine solche nie geben wird. Sie ist auch nicht erstrebenswert; denn jeder Mensch kann auf seine
besondere Art zum Wohl einer Gesellschaft beitragen, wenn man ihn nur entsprechend achtet u. ausbildet.
Selbst gleiche Chancen tragen nicht im erhofften Ausmaß dazu bei, Gleichheit herzustellen, weil sie nämlich nicht gleichermaßen angenommen werden.
Menschen sind unterschiedlich u. werden es immer bleiben. Gene u. Herkunft spielen dabei die entscheidende Rolle.
Gleichbehandlung Ungleicher ist nicht nur nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv!
Daher ist ein gegliedertes Schulsystem immer besser als jede Gesamtschule.
Unsere deutschen Sonderschulen (ob für geistig o. körperlich Behinderte) waren vorbildlich u. boten den Betroffenen spezifische Förderung, bevor man sie teilweise
um der "Integration"(?) willen auflöste, was zur Folge hatte, daß weder die Behinderten noch die anderen Schüler der "Normalklasse" davon profitierten.

helmut armbruster | Do., 15. Juli 2021 - 17:17

auch das Schicksal überhaupt.
Es legt uns Fähigkeiten und Eigenschaften in die Wiege und überlässt uns dann dem Leben. Wir bekommen sozusagen die Karten in die Hand gedrückt und müssen selbst spielen.
Und das können gute oder schlechte Karten sein.
Mit dem Geldbeutel der Eltern haben sie jedenfalls nichts zu tun.
Dass auch Kinder aus Unterschichtsfamilien ihren Weg machen können und Erfolg haben können, das zeigen viele Beispiele, u.a. Gerhard Schröder. Ihn jedenfalls hat das Schicksal mit Gaben bedacht, die einen beachtlichen Weg ermöglichten. Und das trotz schlechter Startchancen.
Gibt uns dagegen das Schicksal nur schlechte Karten in die Hand, so sind unsere Möglichkeiten vorgezeichnet. Werden wir z.B, geboren ohne Begabung für Musik, haben aber reiche Eltern aus dem Bildungsbürgertum, die uns in die höheren Sphären der Musik einzuführen wollen, dann kann daraus nichts werden. Denn es fehlt an der Voraussetzung, nämlich an der entsprechenden Begabung.

...um überhaupt nichts kümmern, dann haben die Kids ebenfalls keine guten Chancen. Das war schon früher so (in der eigenen Nachbarschaft erlebt) und ist es auch heute noch (selbst bei unseren "Gastfamilien", die zwar nicht unbedingt beim Fach Deutsch weiterhelfen können, aber es zumindest bei Mathe versuchen könnten ... auch im eigenen Umfeld immer wieder Ähnliches erlebt: Aber die Jungs werden ja alle Bundesliga-Fußballspieler...).

.... zu tun, als das man sich durch den Besuch besonders elitärer Privatschulen den richtigen "Stallgeruch" und Kontakte erkaufen kann. Das schaffen aber nur die Kinder von Superreichen oder Politikern, die den anderen die "bunte Vielfalt" predigen, dafür aber die eigenen Kinder doch lieber auf eine Privatschule schicken....

Walter Bühler | Do., 15. Juli 2021 - 17:17

... Bildungswesen unterstützen Ihre Aussagen.

Ich würde es aber ein wenig anders gewichten: die selbstgewählte Abschottung der Eltern im heimatsprachlichen Milieu schadet den eigenen Kindern in sehr schwerwiegender Weise. Da können auch die vielen anderen Angebote wenig helfen, und auch die Anstrengungen der Kitas - so sie denn stattfinden - können daran wenig ändern.

So hart es klingen mag: Wenn man den Eltern mehr Engagement in der deutschen Sprache abverlangen würde, dann könnte das den Kindern nützlich sein. Umgekehrt: wenn man den Eltern diese Anstrengung erspart, dann schadet man den Kindern.

Ich glaube außerdem, dass ein verstärktes und seriöses Angebot in Mathematik und in anderen weniger sprachlastigen Fächern vielen Schülern mit schwierigem sozialen Hintergrund mehr Möglichkeit für Erfolgserlebnisse verschaffen könnte, ihre Fähigkeiten zu erkennen und Erfolgserlebnisse zu gewinnen. Endlose verbale Therapieversuche und ewige Betüttelung sind m.E. kontraproduktiv.

Heidemarie Heim | Do., 15. Juli 2021 - 18:15

Hieß damals nur "Fördern und Fordern" und war auf erwachsene Menschen mit Hang zur sozialen Hängematte gemünzt. Wobei sich im Zuge dessen ebenfalls große Ungerechtigkeiten auftaten im Sinne des heiligen Gleichheitsprinzips. Denn ob "Stütze-Empfänger" in 3. Generation, Langzeitarbeitsloser, ALG-Empfänger die sich von Anspruch zu Anspruch hangelten und nebenbei selbst steuerfrei aufstockten unbelästigt jeglicher Berufsberatung, aber eben auch langjährig Beschäftigte, die das Pech hatten unverschuldet ihren Job zu verlieren, alle wurden unbesehen ihrer bisherigen Leistung bzw. der Bereitschaft dazu gleichgestellt. Was sich dann auch schnell in den sich flugs bildenden monetär äußerst lohnenden Fortbildungsseminaren zum Thema "Wie schreibe ich eine Bewerbung" abbildete wo der ausgebildete Facharbeiter genauso gelangweilt und genervt seine Schleifen drehte wie die Kollegen ohne bisherige "Berufserfahrung" und fehlender Grammatik. Früher gab`s mal den Spruch: "Wie der Herr so`s Gescherr;)

Rob Schuberth | Do., 15. Juli 2021 - 19:19

Es stimmt. In der Schule offenbaren sich die Unterschiede.
Und zwar die des Elternhauses u. des Umgangs (also Freunde u. Bekannte des Kindes, der Geschwister u. der Eltern) den das Kind tagtäglich erlebt.

Wir gehen m. E. die "Minderbildung" bei den Migrantenkindern (mal wieder) falsch an.
Erreichen müssen wir deren Eltern.
Und das geht nicht mit netten Angeboten (z. B. Bildungspaten) sondern nur über eine verpflichtende Annahme und über das Geld.

Konkret:
Wer sich diesem Angebot verweigert dem werden Leistungen gekürzt.

Mit unserer Freiwilligkeit und guten Zureden kommen wir da nicht weiter.
Wollen wir die Entstehung immer weiterer Parallelgesellschaften unterbinden dann geht es nur über eine Pflicht mit Sanktionen die wehtun.

Karl-Heinz Weiß | Do., 15. Juli 2021 - 19:33

Kinder lernen von Vorbildern, ob in der Schule oder im Elternhaus. Dies zeigte sich auch in der Pandemiezeit. Viele Lehrkräfte zeigten vorbildliches Engagement, andere tauchten ab.

Charlotte Basler | Do., 15. Juli 2021 - 21:43

Klingt teuer und aufwendig und das alles ohne Erfolgsgarantie. Lt. FAZ leben ca. 70% der Syrer von H4. Von den arbeitenden 30% wird ein Großteil der Jobs staatlich subventioniert.
Wurde nicht propagiert, dass wir Menschen geschenkt bekommen? Hoffentlich entpuppt sich das nicht als Danaergeschenk! Zurück zur Bildung. Ein großes Problem sind Eltern, die selbst nicht deutsch sprechen. Deshalb sollte die Höhe von Sozialhilfe und Kindergeld an Sprachkenntnisse von Eltern und Kindern gekoppelt werden. Vorschule muss zur Pflicht werden. Zum Spracherwerb darf nicht die 1. Klasse vergeudet werden. Schulpflicht auch fur alle Eltern die vom Staat leben. Geld nur gegen Unterrichtspräsenz, Erfolgsprämien für Prüfungsleistungen. Und ja, dass würde gehen - denn wer bezahlt kann auch anschaffen. Leistungsbereitschaft wird dann gefördert, wenn sie sich lohnt.

Bernhard Marquardt | Do., 15. Juli 2021 - 22:13

Ein türkisches Mädchen wird eingeschult.
Die Mutter spricht perfekt Deutsch, die Tante ebenso.
Das Kind kann kein Wort Deutsch.
Weil der Vater streng verbietet, dass zuhause deutsch gesprochen wird.
Das Kind ist bedauernswert, der Lehrer schier verzweifelt.
Was tun ?

Charlotte Basler | Fr., 16. Juli 2021 - 09:31

Antwort auf von Bernhard Marquardt

Dem Vater eindeutig klar machen,dass er sein Aufenthaltsrecht verwirkt. Wieso sollten wir seine Probleme zu unseren Problemen machen?
Ich kenne aber einige Beispiele wo wegen Rücksicht auf die Mütter, die kein Wort deutsch sprechen, zuhause nur turkisch gesprochen, gelesen und ferngesehen wird.
Deshalb glaube ich, dass wir nur 2 Möglichkeiten haben. Geld nur gegen sehr gute Deutschkenntnisse und generelle Lernbereitschaft - oder zurück in die Heimat.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 16. Juli 2021 - 11:07

Keine Therapie gegen den Willen des Betroffenen. Wenn Eltern nicht wollen, hat jede Initiative keinen Erfolg. Wenn Eltern nicht können, weil beide arbeiten (wollen/müssen), dann verlieren ebenso die Kinder. Ja, Sprache ist wichtig, denn ohne sie geht gar nichts. Die sog. Unterschicht bildet sich nicht durch mangelnde finanzielle Möglichkeiten allein, sondern durch die Sozialisation der Familie.
Wenn da einiges schief läuft kann Kita und Schule nur ergänzen, aber nie ersetzen. Wer keine Charakterbildung, Respekt und Anstand lernt, keinen Zugang will in die Kultur des Staates, der bereit war sie aufzunehmen, der hat hier auch nichts zu suchen. Wer mangels Sprachkenntnisse und Willen auch nicht lernen will, dem kann man nur mit Sanktionen ein Stück weit begegnen. Intelligenz und Fähigkeiten bilden sich im Elternhaus aus, durch Eltern als Vorbilder. Dies erfordert aber, dass diese Eltern auch mal selbst Hand anlegen und vormachen, nicht nur erwarten, das Kita und Schule ihren Job machen.