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Countdown fürs TV-Duell: Der Tod von Ruth Bader Ginsberg hat den US-Wahlkampf aufgemischt /dpa

TV-Duell zwischen Trump und Biden - Showdown zweier Showoffs

Tage der Entscheidung, die alles noch einmal aufrütteln könnten: Am Wochenende will Präsident Trump eine mögliche Nachfolgerin von Ruth Bader Ginsburg für den Supreme Court vorschlagen. Für die könnte er sich am Dienstag beim ersten TV-Duell gegen Biden gleich rechtfertigen. 

Daniel C. Schmidt

Autoreninfo

Daniel C. Schmidt ist freier Reporter. Er studierte in Manchester und London (BA Politics & Economics, MSc Asian Politics) und lebt zur Zeit in Washington, D.C.. Schmidt schreibt über Pop, Kultur und Politik.

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Wenn man die Großen in Hollywood würdigt, mit einem Ehren-Oscar oder irgendeiner Lebenswerk-Auszeichnung, steigt für gewöhnlich einer ins Archiv hinab und sucht die besten Momente raus: die eindrücklichsten Szenen, die intensivsten Augenblicke, die bittersten Tränen, die heftigsten Ausbrüche. So etwas wie Meryl Streeps unterkühlte Abfuhren in „Der Teufel trägt Prada“ oder Al Pacinos Ausraster in „Heat“. Pure Emotionen. Manchmal gibt es diese Zusammenschnitte auch für Politiker. Falls sie runde Geburtstage feiern oder wenn sie abdanken. 

Eingebettet in einen Geburtstagsgruß wird sich die Szene, die sich am Donnerstag am Supreme Court der Vereinigten Staaten abspielte, wohl nicht wiederfinden, weshalb sie eher irgendwann in den politischen Grabreden auf Donald Trump auftauchen dürfte: Der Präsident war mit seiner Frau Melania vom Weißen Haus zum obersten Gericht des Landes gebracht worden, um Ruth Bader Ginsburg an ihrem Sarg die letzte Ehre zu erweisen, als die Menge hinter den Absperrungen unten vor dem Gebäude lauter und lauter wurde. 

„Vote him out!“ 

„Vote him out! Vote him out! Vote him out!“, schallte es über den Platz – wählt ihn raus. Trump, der in einem dunklen Anzug und schwarzer Maske auf der obersten Stufe am Eingang zum Gericht stand, wirkte fast regungslos. Nach knapp einer Minute wandte er sich ab und verließ den Eingang zum Supreme Court. Was für eine Szene. Natürlich ist eine liberale Stadt wie Washington, D.C. kein verlässlicher Gradmesser für die Stimmung im Land. Selten hat man den Präsidenten jedoch derart direkt mit seinen Gegnern im Volk konfrontiert gesehen. 

Nach dem plötzlichen, aber nicht überraschenden Tod von Ruth Bader Ginsburg vor einer Woche ist in den politischen Lagern ein Streit losgebrochen, der entlang der überspitzten Parteienpolarisierung verläuft: Ist es legitim für den Präsidenten, so kurz vor einer Wahl, eine neue Verfassungsrichterin für ein Amt zu nominieren, das auf Lebenszeit angelegt ist? 

Die Nachfolge von RBG wird zur Kampffrage 

Wenig überraschend sagen die Trump-Anhänger: natürlich, let’s go. Eine weitere konservativ gestimmte Richterin würde im klagefreudigen Amerika, wo eben viele Entscheidungen vor dem Verfassungsgericht landen, wahrscheinlich dazu beitragen, dass in den kommenden Jahren und Jahrzehnten einige der wichtigsten Grundsatzfragen im Sinne der Republikaner entschieden würden. Weshalb aus dem Biden-Lager ein klares Nein für Trumps Nominierungsvorstoß kommt. 

Sollte Trump am Wochenende tatsächlich jemanden wie Amy Coney Barrett oder Barbara Lagos offiziell nominieren, würde aus dem bloßen Streit plötzlich eine politische Realität, die tatsächliche Konsequenzen nach sich zöge. Der Justizausschuss im Senat, der den Nominierungsprozess übersieht, müsste sich mit der Kandidatin oder dem Kandidaten beschäftigen. Spätestens dann würde wieder einzeln abgefragt werden, welcher der 100 Senatoren, die am Ende über den oder die Richterin abstimmen, es mit Trump oder Bidens Sichtweise hält – und das ist nicht unwichtig für die Wahlen. 

Die Demokraten stemmen sich gegen das konservative Übergewicht

Über 35 Senatssitze wird im November abgestimmt. Ein neues Mehrheitsverhältnis in der oberen Kongress-Kammer (momentan haben die Republikaner 53 von 100 Sitzen) wäre für einen Präsidenten Biden insofern entscheidend, weil die meisten seiner Vorhaben in einem republikanisch geführten Senat scheitern dürften. Die Debatte um eine mögliche Ginsburg-Nachfolgerin mobilisiert also einerseits die Trump-Anhänger, deren Hoffnung nach noch konservativer Politik geschürt wird.

Andererseits funktioniert die Mobilisierung natürlich auch andersherum: Genau dieses konservative Übergewicht versuchen die Demokratischen Wähler zu verhindern; in den Tagen nach Ginsburgs Tod sammelte die Partei Millionen von Spenden ein: 90 Millionen Dollar innerhalb der ersten 28 Stunden nach Bekanntgabe ihres Todes. Das Geld dient auch dazu, Demokratische Senatskandidaten- oder Amtsinhaber über die Ziellinie zu pushen. 

Trump zweifelt die Rechtmäßigkeit der Wahl an 

Als Republikanischer Senator muss man dieser Tage also seine Worte sorgfältig wählen, um nicht den taktisch unklugen Schritt zu tun. Den größten Erklärungsbedarf dürfte allerdings erst einmal der Präsident selbst haben: Warum er den oder die Kandidatin nominiert hat, wird er am Dienstag beim ersten TV-Duell mit Joe Biden erklären können. Auch ein Satz vom vergangenen Mittwoch dürfte noch einmal Klärungsbedarf erfordern. 

Seit Monaten versucht Trump, die Rechtmäßigkeit der Wahlen in Zweifel zu ziehen durch haltlose Kommentare über angeblichen Betrug durch Briefwahl. Mitte der Woche wollte der Präsidenten dann nicht mit Sicherheit sagen, dass er eine Wahlniederlage am 3. November auch tatsächlich akzeptieren würde. „Wir werden sehen müssen, was passiert”, sagte Trump auf die Frage eines Reporters, ob er eine friedliche Amtsübergabe anstrebe, für den Fall, dass er Biden unterliegen sollte. Der Senat, unter Führung des Republikaners Mitch McConnell, der auch zur Wiederwahl steht, verabschiedete am Donnerstag daraufhin einen Beschluss, der eine Übergabe der Geschäfte an den Gewinner der Präsidentschaftswahl unterstützt. 

Hohe Erwartungen an das erste TV-Duell 

Bei dem TV-Duell, das am Dienstag auf „Fox News“ läuft und das von Chris Wallace moderiert wird, der Trump vor einigen Wochen in einem Einzelgespräch nicht gut aussehen ließ, wird es also um inhaltliche Fragen und ein paar grundsätzliche Richtungsentscheidungen gehen. Aber natürlich auch um die Optik: Für die, die noch zwischen den beiden Männern unentschlossen sein sollten, geht es womöglich darum, jemanden dort auf der Fernsehbühne vorzufinden, der kompetent wirkt, sich staatsmännisch gibt und den Eindruck erweckt, ein Siegertyp zu sein. Manchmal kann Politik schließlich ganz unkompliziert sein: Wer setzt schon gern auf einen Verlierer?

Diese Debatten, vor allem so kurz vor Schluss, sind ja auch dazu da, noch einmal Stimmungen zu erzeugen und rund um den politischen Gegner ein bisschen Staub aufzuwirbeln. Impulse zu geben durch Inszenierung. Wichtig ist weniger Inhalte zu setzen als das Narrativ des Abends zu bestimmen. Ein Showdown zwischen zwei Show-offs. Dienstag ist demnach der erste von drei Fernsehabenden, an dem beide Männer das Drehbuch ihres eigenen politischen Daseins noch einmal auf nationaler Bühne vor einem Millionenpublikum in der Hand haben – und es selbst weiterschreiben können. 

In 39 Tagen wird gewählt. 

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Ernst-Günther Konrad | Fr., 25. September 2020 - 16:50

Wäre Trump gerade gewählt worden und erst dann die ichterin gestorben, hätte er dann auch solagne warten sollen bis wieder ein neuer Präsident gewählt wird. Die Richterin ist gestoreben, sie muss ersetzt werden. Trump hat das Vorschlagsrecht. Natürlich wird er eine in ihrer Grundausrichtung als konservativ geltende Richterin nominieren. Was regen wir uns hier darüber in DE eigentlich auf. Herr Harbarth ging direkt aus dem Bundestag in das BVG und wird dort Präsident. Peter Müller ging als MP im Saarland direkt ins BVG.
Natürlich kann Biden argumentieren, wäre er gewählt, würde er "seine" Richterin nehmen. Er ist aber noch nicht gewählt und so lange die formal vorgegeben Wege eingehalten werden, hat Trump einfach das rechts es genauso zu tun, wie er es vor hat. Ich werde mir keine Schlammschlachtsendung dieser beiden Herren anschauen. Da wirft jeder mit Dreck nach dem anderen. Wenn das Bürger zum Maßstab für ihre Wahlentscheidung nehmen, wäre das aus meiner Sicht ohnehin armselig.

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 26. September 2020 - 15:00

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Der Hinweis auf die deutschen Verhältnisse und auf die Wahl Harbarths liegt neben der Sache.
Zum Richter am Bundesverfassungsgericht ist nur wählbar, wer die Qualifikation zum Richteramt hat, d. h. der Volljurist ist.
Die Richter jedes Senats werden zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. (§ 5 BVerfGG).
Die Richter werden anhand von Vorschlagslisten gewählt. Fraktionen des Bundestags, die Bundesregierung oder eine Landesregierung haben das Vorschlagsrecht. (§ 8 BVerfGG).
Die Wahl erfolgt durch den Bundestag und den Bundesrat. (§ 9 BVerfGG), die Ernennung erfolgt dann durch den Bundespräsidenten. (§ 10 BVerfGG)
Durch dieses System ist gewährleistet, dass alle relevanten der demokratischen Grundordnung verpflichteten politischen Strömungen im Bundesverfassungsgericht durch Richter vertreten sind. Einseitige Mehrheiten wie sie offensichtlich in Amerika möglich sind, sind hier nicht möglich.

Jacqueline Gafner | So., 27. September 2020 - 08:51

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

willentliche Geschenke an den politischen Gegner macht niemand, nirgendwo rund an den Erdball. Wer gerade "am Drücker" ist, versucht in jedem Fall, das Optimum für sich herauszuholen, und das, wenn möglich, nicht nur auf kurze Sicht. Wenn zwei oder auch mehrere dasselbe tun, ist es dasselbe, auch dann, wenn man das Ergebnis im einen Fall begrüsst und im andern nicht. Eigentlich einfach, doch für Parteigänger der gerade verlierenden Seite schwer akzeptabel.

Maria Arenz | Sa., 26. September 2020 - 09:16

Diese TV-Duelle sind so ziemlich das dümmste Auswahlkriteium für die Wahl von Spitzenpolitikern. NIchts von dem, was es braucht, um dabei gut abzuschneiden (eine gute Maskenbildnerin, ein mir jedenfalls nicht feindlich gesinnter Kameramann-Nixon!-, Schlagfertigkeit, beherrschte Gesichtszüge, ein großer Vorrat an Sprüchen, die immer passen und vor allem der Art Publikum gefallen, das sich so etwas anschaut) ist von Nutzen, wenn es dann nachher an's Regieren geht. Was ja bekanntlch aus dem Bohren dicker Bretter besteht und der klugen Auswahl derjenigen Planken, um die man sich vorrangig zu kümmern gedenkt.

Gisela Fimiani | Sa., 26. September 2020 - 10:45

Halbwahrheiten, Herr Schmidt, dienen weder der „Wahrheitsfindung“, der sich gute Journalisten verpflichtet fühlen sollten, noch der aufrichtigen Information des Lesers. Besonders in Bezug auf die Besetzung von hohen Richterposten gibt es „Wahrheiten“ , die Ihren Beitrag „vollständiger“ und „ausgewogener“ machen würden. Leider verführt eine Person wie Trump dazu die „Oberfläche“ zu bedienen, anstatt sachlich in der Tiefe zu schürfen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 26. September 2020 - 14:40

aber Trump und Biden sind alt genug, ein solches "Duell" zu bestreiten.
Ein sehr informativer Artikel. Danke