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Auch Jens Spahn verfolgt eine Agenda / dpa

Coronavirus - Der Tod als Totschlagargument 

In der Corona-Krise wird klar: Zwischen dem modernen Menschen und den Auswüchsen des Mittelalters steht einzig und alleine der Rechtsstaat. Nur ist gerade der in Gefahr, auch aufgrund totalitärer Träume mancher Politiker.

Gerhard Strate

Autoreninfo

Gerhard Strate ist seit bald 40 Jahren als Rechtsanwalt tätig und gilt als einer der bekanntesten deutschen Strafverteidiger. Er vertrat unter anderem Monika Böttcher, resp. Monika Weimar und Gustel Mollath vor Gericht. Er publiziert in juristischen Fachmedien und ist seit 2007 Mitglied des Verfassungsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. Für sein wissenschaftliches und didaktisches Engagement wurde er 2003 von der Juristischen Fakultät der Universität Rostock mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Foto: picture alliance

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Die Furcht vor einer schweren, möglicherweise tödlichen Krankheit gehört zu den Urängsten des Menschen. In Zeiten grassierender Epidemien ist die Bereitschaft deshalb erheblich vergrößert, zivilisatorische Errungenschaften über Bord zu werfen und sich ausschließlich den Fragen des reinen Überlebens zu widmen.

Dass Angst hierbei der schlechteste aller Ratgeber ist, zeigen die oft irrationalen Ergebnisse dieser Vorgehensweise, wie wir sie mindestens seit dem Mittelalter kennen. So diente der Ausbruch der Pest als Anlass zur Ermordung und Vertreibung von Juden, denen man aufgrund der Brunnenvergifterlegende die Schuld an der verheerenden Krankheit zuschob.

Der Mensch des Mittelalters

Auch die ausufernde Verfolgung und Verbrennung angeblicher Hexen hat eine ihrer Wurzeln im sogenannten Schwarzen Tod, von welchem damalige Autoritäten wie Johannes Calvin glaubten, er sei durch „Zauberkünste“ ausgebreitet worden. Dass der eine oder andere Machtpolitiker die zeitgenössische Mischung aus Angst, Unwissenheit und Aberglauben ausnutzte, um alte Feindseligkeiten endlich in Mord und Totschlag umzumünzen, liegt auf der Hand.

Dem vorgeblichen Ziel, die verheerende Krankheit zu stoppen, kamen sie auf diese Weise aber keinen Schritt näher. Der Mensch als solcher hat sich seit dem Mittelalter kaum verändert, auch wenn er das gerne glauben möchte. So meldet Amnesty International eine aufgrund von Corona steigende weltweite Anzahl von Beleidigungen und Angriffen auf Personen, „denen eine chinesische Herkunft unterstellt wird“.

Deutliche Risse im Firnis der Zivilisation

Schleswig-Holsteiner Bürger wenden sich gegen Hamburger Zweitwohnungsbesitzer: „Ihr habt hier nichts zu suchen, haut ab!“, französische Staatsbürger werden an der deutschen Grenze mit Eiern beworfen. Für die russisch-orthodoxe Kirche ist Corona eine Strafe Gottes für menschliches Fehlverhalten, ebenso für die Islamisten, die in der Krankheit einen göttlichen Zorn gegen den „dekadenten Westen“ zu erkennen vermeinen und ihren Kämpfern demzufolge Immunität bescheinigen.

Schon kurz nach Ausbruch der Pandemie zeigen sich deutliche Risse im Firnis der Zivilisation und es wird klar: Zwischen dem modernen Menschen und den Auswüchsen des Mittelalters steht einzig und alleine der Rechtsstaat. Nur er kann verhindern, dass die Bekämpfung einer Epidemie schlimmere Folgen zeitigt als die Krankheit selbst.

Grundrecht gegen Gesundheit

Der rüde Umgang mit dieser kostbaren Errungenschaft, wie er sich nicht erst seit der Coronakrise auf politischer Ebene breitmacht, sollte uns deshalb mindestens ebenso stark beschäftigen wie die notwendige Eindämmung der Pandemie. Das Infektionsschutzgesetz war Mitte Februar nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten bekannt. Dass es jemals zur Grundlage bundesweiter Einschränkungen von Grundrechten werden könnte, vermochte sich bis vor kurzem niemand vorzustellen.

Am 27. März 2020 beschloss der Bundestag eine weitreichende Verlagerung von originären Länderkompetenzen auf das Bundesministerium für Gesundheit. Die nach anderthalbstündiger Diskussion beschlossene Änderung des IfSG zentralisiert die Notstandsbefugnisse. Künftig stellt der Deutsche Bundestag „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest“, verbunden mit einer umfassenden Verordnungsermächtigung an das Bundesministerium für Gesundheit (§ 5 IfSG).

Gesetze ohne Befristung

Die Beschlussfassung des Deutschen Bundestags über die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ erfolgte – von der Öffentlichkeit nicht beachtet - noch unmittelbar vor Verabschiedung der Gesetzesänderungen (mit Stimmenthaltung der Linken und der AfD). Das Gesetz sieht keine Befristung der Feststellung über die „epidemischen Lage“ vor.

Der Bundestag hat die Feststellung wieder aufzuheben, „wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind.“ Das ist alles. Die Feststellungsermächtigung an den Bundestag und die Verordnungsermächtigung an das Bundesgesundheitsministerium sollen immerhin mit Wirkung zum 1. April 2021 entfallen. Diese vorläufige Jahresfrist kann nicht beruhigen angesichts der in dieser Zeit möglichen tiefgreifenden Grundrechtsbeschränkungen.

Verfassungswidrige Ermächtigung

Angesichts einer hysterischen Nachrichtenlage dürfte vielen Menschen auch entgangen sein, dass mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 IfSG eine offenkundig verfassungswidrige Ermächtigung des Gesundheitsministeriums in Kraft gesetzt wurde, nach Gutdünken und ohne Zustimmung des Bundesrats per Rechtsverordnung über Ausnahmeregelungen zu befinden.

Obwohl Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes für derartige Fälle vorsieht, dass „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ der Ermächtigung im Gesetz zu bestimmen seien, finden sich hierzu nur wenige allgemeine Festlegungen. Zum Ausmaß der möglichen Ausnahmen schweigt sich das Gesetz sogar komplett aus. Somit handelt es sich um einen Gutsherrenparagrafen, der dem Gesundheitsminister anheimstellt, die Zügel nach eigenem Willen zu lockern oder auch nicht.

Wunschliste der Amtsinhaber

Betrachten wir den jetzigen Amtsinhaber und seine lange Liste autoritärer Träume. Auf das Konto von Jens Spahn (CDU) geht bereits die Einführung der Masernzwangsimpfung. Sein Wunsch nach einer Automatisierung der Organspende in Fällen fehlenden Widerspruchs wurde erst im letzten Moment vom Bundestag gestoppt. Gegen die durch das Bundesverfassungsgericht angeordnete Liberalisierung der Sterbehilfe mauert er weiterhin und verweigert die Freigabe der nötigen Medikamente.

Noch auf seine Zeit als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion geht Spahns Forderung zurück, die sogenannte „Pille danach“ weiterhin rezeptpflichtig halten zu wollen. Auf Twitter schrieb er damals: „Man muss es wohl immer wieder sagen: Das sind keine Smarties.“ Eine Tatsache, die richtig einzuschätzen Spahn, ganz autoritärer Kümmerer, den Frauen offenbar nicht zutraute.

Ein Zweck, der jedes Mittel heiligt

Heute hält der gelernte Bankkaufmann, der erhebliche Schwierigkeiten beim selbstständigen korrekten Aufsetzen einer medizinischen Schutzmaske hat und die Bevölkerung durch infantile Kampagnen der Marke „Waschen wie Walter“ veralbert, eine riesige Entscheidungsgewalt in den Händen.

Mit dem Tod als Totschlagsargument auf seiner Seite hält sich der Widerspruch in Grenzen: Die Bekämpfung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ ist ein Zweck, der jedes Mittel heiligt und autoritären Charakteren eine unbegrenzte Spielwiese bietet. Was von Bundeskanzlerin Merkel als „Öffnungsdiskussionsorgien“ abgetan wird, ist in Wahrheit eine demokratische Notwendigkeit, die den Rechtsstaat vor der weiteren Aushöhlung bewahrt.

Zynischer Umgang mit der Angst

Wie sehr Regierende angesichts von Corona in Versuchung kommen können, die allgemeine Angst als Lenkungsinstrument zu missbrauchen, zeigt eine Meldung des ORF, laut welcher die österreichische Regierung die Angst vor Corona bewusst verstärkt haben könnte. Ein internes Protokoll fasst die Aussage des österreichischen Bundeskanzlers folgendermaßen zusammen: „Kurz verdeutlicht, dass die Menschen vor einer Ansteckung Angst haben sollen bzw. Angst davor, dass Eltern/Großeltern sterben.Hingegen sei die Angst vor der Lebensmittelknappheit, Stromausfälle etc. der Bevölkerung zu nehmen.“

Ein zynisches Spiel auf der Klaviatur menschlicher Ängste, das symptomatisch ist für unsere postrationale Zeit. Machen wir uns klar, dass sämtliche heute getätigten wissenschaftlichen Aussagen zur Ausbreitung und Mortalität von Corona auf fragwürdigen Statistiken beruhen und sich jederzeit ändern können.

Grund zur Sorge?

Eine Krankheit, die laut Robert-Koch-Institut zu etwa 80 Prozent mild bis moderat verläuft und bereits während der Inkubationszeit ansteckend ist, ist der Logik nach bereits weitaus stärker verbreitet, als die Statistik uns glauben machen möchte. Wohl kaum jemand sucht wegen eines leichten Hustens den Arzt auf oder fordert wegen einer Halsentzündung gleich einen Coronatest.

Sein Fall geht also ein in den Pool der unentdeckten Infektionen, die nach einigen Tagen mit Hausmitteln auskuriert sind. Was aber bedeutet es für die Ermittlung der Sterblichkeitsrate, wenn all die leichten Fälle aus vorgenannten Gründen gar nicht in der Statistik auftauchen? Ist sie vielleicht sogar niedriger als die der saisonalen Grippe? – Wir wissen es nicht. Ist aufgrund von Corona Vorsicht angesagt? Besonders für Menschen mit Vorerkrankungen: bestimmt!

Die Suche nach dem Mittelweg

Sorgfalt ist jedoch auch im Rahmen der jährlichen Influenzaepidemie empfehlenswert: Die Grippewelle 2017/18 hat nach Schätzungen etwa 25.100 Menschen in Deutschland das Leben gekostet, ohne dass die hohe Sterblichkeitsrate einen Lockdown oder auch nur entsprechende Überlegungen nach sich gezogen hätte.

Suchen wir deshalb gemeinsam nach einem goldenen Mittelweg aus der Krise und lassen wir uns nicht zu reinen Objekten staatlichen Handelns degradieren, die sich mit Angstszenarien, Überwachungsapps und polizeilichen Drohnen über städtischen Parkanlagen in jede gewünschte Richtung dirigieren lassen. Widerstehen wir der Furcht, ohne individuell unvorsichtig zu werden, aber erteilen wir den Bevormundungen des Nannystaats eine Absage, ehe der Rechtsstaat Geschichte ist.

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Tomas Poth | Do., 30. April 2020 - 16:24

Nach 87 Jahren wieder ein Ermächtigungsgesetzt, die Anti-Demokraten sitzen im Bundestag.
Wir müssen auf die Straße! Wer organisiert uns?

Urban Will | Do., 30. April 2020 - 16:42

Volle Zustimmung.
Und irgendwie beruhigend, all das, was einem in den letzten Tagen Sorgen machte, von einem hoch angesehenen Vertreter des Rechtes bestätigt zu sehen.

Trotzdem erschreckend, wie leicht es auch in Zeiten allumfänglicher – vielleicht zu unübersichtlicher, einen überflutender ? - Informationsquellen ist, den Menschen willkürlich alles aufzubürden.

Die beste Verfassung, die wir je hatten und wir lassen es so leicht zu, dass Teile von ihr in die Tonne fliegen. Nur weil die Obrigkeit es befiehlt...

Die Diederich Heßlings, sie bleiben dem Land erhalten durch alle Zeitalter...

Aber mögen sie auch in der Mehrheit sein, es gibt eine große, immer größer werdende Zahl von Menschen, die sich dem widersetzen.

Gottseidank wurde im BT das Ende der Gemeinsamkeit angekündigt.

Man darf gespannt sein, was alles die Regierenden zu opfern bereit sind, um da wieder einigermaßen heile herauszukommen.

Stefan Bosel | Do., 30. April 2020 - 17:25

Danke CICERO, danke Herr Strate für diesen sachlichen und zwingend logischen Artikel. Er tut not in einer Zeit der gelenkten Orientierungslosigkeit. Schon lange fragte ich mich: Was will der Staat mit all den restriktiven, totalitären Maßnahmen? Mit dem Artikel bin ich der Sache ein Stück näher gekommen.Wir müssen tatsächlich aufpassen, dass wir nicht von geschürter angst eingeschläfert werden, um dann in einer echten Diktatur aufzuwachen. Vergessen wir nicht, unsere Regierungschefin hat persönliche Erfahrungen mit dem totalitären Staat gemacht, jetzt erfährt sie wie bequem sich diesbezüglich regieren lässt. Wir steuern auf ihre 5. Amtsperiode zu. Wohl bekomms!

Heinz Maier | Do., 30. April 2020 - 18:29

Antwort auf von Stefan Bosel

hat die Regierungschefin bis zu ihrem 36. Geburtstag gemacht und dabei nicht nur wenig Widerstände gehabt, sondern sie ist damit auch sehr gut gefahren. Also, was wollt ihr?

Reinhard Benditte | Do., 30. April 2020 - 17:30

Sehr geehrter Hr. Strate!

Vielen Dank für diesen hervorragenden und informativen Artikel! Sie schreiben u.a. dass die Ermächtigung verfassungswidrig sei! Das sehe ich als ein Normalbürger auch so! Es bleibt die Frage, wer dagegen vor dem BVG klagt und diesem Monstrum seine Krallen schneidet!

Zu Hr. Spahn: Hr. Spahn hat in seinem Leben weder hart arbeiten müssen (kurz nach seiner Ausbildung landete er im Bundestag) noch hat er irgendwie Erfahrungen in Krisensituationen sammeln können. Er ist ganz einfach überfordert und Menschen, die überfordert sind, neigen m.E. Zu extremen Verhaltensweisen! Und wenn diese Menschen in Machtpositionen sind, dann werden sie schnell diktatorische Züge annehmen!

Ich hoffe, die Bevölkerung wird aufwachen und die Union bei der nächsten Wahl abstrafen!

Herausragend - wie so viele Beiträge im Cicero. Die Menschen nehmen alles hin. Ob all diese Maßnahmen je wieder voll umfänglich zurückgenommen werden, wissen wir nicht. Ich rechne eher mit einer Verschärfung. Wenn die Krise nur lange genug dauert, werden die Menschen wie Schafe durch das Leben gehen und alles erdulden. Das macht mir richtig Angst.

Christa Wallau | Do., 30. April 2020 - 17:31

Die angestrebte Richtung ist klar:
Der letzte freie Bürger in einer überschaubaren, funktionierenden Demokratie soll endlich erkennen, wie sinnvoll, wichtig und einzig rettend
die für ihn denkende und entscheidende Regierung ist!
Je zentraler, um so besser!
D a s ist des Pudels Kern bei allem, was aus dem Kanzleramt in Berlin, von der EU in Brüssel und von der UNO in New York unisono zu uns herübertönt.

Selbstbestimmte, freie Menschen stören nur die
Abläufe aller Geschäfte u. Abkommen.
Deshalb ist Migration das Gebot der Stunde
(siehe Migrationspakt seitens der UNO!).
Je uneinheitlicher die Gesellschaften in Staaten sind, umso weniger sind sie in der Lage, sich ihrer Rechte zu besinnen u. dafür g e m e i n s a m zu kämpfen.

Nicht mit mir!
Solange ich atme, stemme ich mich gegen diese
unheilvolle Entwicklung . Haben etwa unsere
Vorfahren unter Einsatz ihres Lebens für Bürgerfreiheit u. -kultur (!) gekämpft, daß wir Undankbaren sie jetzt gedankenlos (denkfaul)
verschleudern?

in einer überschaubaren, funktionierenden Demokratie soll endlich erkennen, wie sinnvoll, wichtig und einzig rettend die für ihn denkende und entscheidende Regierung ist!" – Merkwürdig (aber vielleicht geht es anderen auch so wie mir). Dass ich nämlich die von der Kanzlerin angeordneten Maßnahmen einem Helmut Schmidt als Kanzler abgenommen hätte, weil das Vertrauen da wäre; bei einer Kanzlerin Merkel ist es nicht da, das Vertrauen.

Ernst-G. Konrad | Do., 30. April 2020 - 17:34

Da haben Sie sich aber schwer in Ihrer Formulierung zurück gehalten. Sie sind ja sonst ein Mann glasklarer Worte. Sie haben natürlich mit allem recht. Die Regierung muss mit Klageverfahren überzogen werden. Mit Angst wird bis zum bitteren Ende versucht, den Rechtsstaat weiter zu entkernen. Es wäre gerade an Euch Juristen, durch Eure Vereinigungen endlich lautstark gegen dieses "Ermächtigungsgesetz" IfsG massiv anzugehen. Ihr verdient durch Klageverfahren ordentlich Geld. Wartet nicht auf den Privatmann. Werdet endlich tätig und verteidigt auch Euer recht. Inzwischen haben etliche Gerichte einzelne Maßnahmen kassiert. Klärt ihr aus Eurer Sicht die Bürger mal unentgeltlich via solchen Artikeln auf. Nicht jeder hat Geld zum Klagen. Das kostet nämlich auch Nerven. Für Euch Anwälte ist das doch die beste Werbung. Alles was Sie schreiben spiegelt mein Rechtswissen und meine Rechtsempfinden wieder.

Bernhard K. Kopp | Do., 30. April 2020 - 19:49

Antwort auf von Ernst-G. Konrad

Die erste Serie von Klagen gegen verfassungsrechtliche Übergriffe müsste aus den Parlamenten, der Opposition kommen. Die organisierte Anwaltschaft könnte sich dort anschließen, aber auch eigenständig klagen, klagen, klagen - bis die Regierung einen Zweitwohnsitz in Karlsruhe einrichten muss.

"Die erste Serie von Klagen gegen verfassungsrechtliche Übergriffe" wird nie aus den Parlamenten kommen. Unsere sog. Demokratie ist zu einer Parteiendiktatur verkommen. Es ist eben nicht so offensichtlich wie in reinen Diktaturen a la Nordkorea, aber läuft unterschwellig und ist symptomatisch für das bestehende System.

Den "Parteisoldaten" geht es finanziell und Macht politisch besser, wenn sie ihre Fahne in den Partei politischen Wind hängen. Ihre Solidarität wird finanziell und mit Pöstchen belohnt oder, man kann auch sagen, erkauft. Wer gegen die Parteirichtung ist, wird abgestraft und es werden ihm seine Posten entzogen.

Als Wähler hat man kaum die Möglichkeit, einen Abgeordneten aus dem Parlamenten zu wählen - über ihre Listen, auf den sie bei konformen Verhalten wird ganz oben landen, werden sie abgesichert.

Wenn man das Wahlsystem ändern und nur noch Direktmandate zulassen würde, dann hätte der Wähler einen Einfluß. So bleibt es eben nur Makulatur!

Markus Michaelis | Do., 30. April 2020 - 18:58

In der Aussage, dass unser System aus Checks&Balances die Regierung mehr hinterfragen muss in der Coronakrise stimme ich dem Artikel zu.

Die "Verherrlichung" des Rechtsstaats möchte ich trotzdem nicht unwidersprochen lassen. Auch der Rechtsstaat und auch das ganze Justizsystem kann irrelaufen. Es kann sich von "den Menschen" abkoppeln. Gesetze können unsinning oder gar bösartig sein und gerade wegen der Rechtsstaatsprinzipien ohne Kompromiss durchgezogen werden - Recht ist Recht. Auch das Recht, der Rechtsstaat und das Justizsystem sind nur Teil unserer Checks&Balances.

Die größere Gefahr für die Gesellschaft ist es nicht, wenn der Rechtsstaat nicht funktioniert, sondern wenn sich die Menschen blind an egal welches Prinzip als "heilig" klammern - und sei es der Rechtsstaat oder die Verfassung selber.

Klaus-Dieter Kaiser | Do., 30. April 2020 - 19:05

1. Den mündigen Bürger!
2. Die außergewöhnliche, einmalige Situation mit der wir es zu tun haben.
Übrigens, nicht nur in Deutschland.

Christoph Kuhlmann | Do., 30. April 2020 - 20:59

Die Zahl steigt täglich. Die Spätfolgen einer Erkrankung sind weitgehend unerforscht. Wenn es wirklich die Nevenzellen und das Hirn befallen kann, dann befinden wir uns weitgehend im Terra Inkognita. Denn niemand weiß, wie das Gehirn wirklich funktioniert. Korona ist keine Grippe und ohne Shut Down befänden wir uns bereits quantitativ im Bereich der Grippeopfer 2017/2018 wie die Vergleichszahlen in Schweden zeigen. Die Zahl von 20 000 Grippeopfern ist übrigens unter Medizinern höchst umstritten. So glaubt jeder der Statistik, die seiner Meinung dient.

Jürgen Scheit | Fr., 1. Mai 2020 - 04:12

Ausgezeichneter Beitrag, der in exzellenter Sprache alles zusammenfasst, was an Gefahren unserem Rechtsstaat droht oder gar schon als Machtergreifung 2.0 durch professionell orchestrierte Panikmache erreicht wurde. Die Parallelen zu 1933 sind erschreckend.
Da bleibt als wirksamstes Gegenmittel nur noch der schnellstmögliche Gang nach Karlsruhe – mit einer schlagkräftigen Truppe durchsetzungsfähiger Rechtsanwälte vom Schlage wie Herr Strate sowie von Richtern, Staatsanwälten & hochkarätigen Rechts-Professoren mit ähnlichen Qualitäten.
Denn solange die CDU/CSU ihre derzeit traumhaften Umfrageergebnisse halten oder gar noch ausbauen kann, werden ihre machtgierigen Köpfe den Wettkampf um den Kanzlersessel mit härtest möglichen "Corona-Massnahmen" bis zur BT-Wahl 2021 fortsetzen wollen und bis dahin etliche unumkehrbaren "Systemveränderungen" hin zu einer Art totalitärem Corona-Sozialismus schon umgesetzt haben, ggf. garniert mit Klimaauflagen. Das ist dann die besagte "Neue Realität".

Alexander Mazurek | Fr., 1. Mai 2020 - 08:53

… modernen Rechtsstaat, dessen Recht beliebig ist. Übrigens: Niemand lebt ewig, früher oder später sterben wir alle. Das wussten die Menschen im angeblich "finsteren" Mittelalter noch. Unser Aberglaube an die Allmacht der "Wissenschaften" ist weit größer als deren es je gewesen ist.

Jo Steiner | Fr., 1. Mai 2020 - 09:35

Erstens mal haben wir keine Verfassung sondern ein Grundgesetz. Zweitens mal stellt es überhaupt keinen Gegensatz dazu her, wenn man diejenige Bevölkerungsschicht, die der Meinung ist, man müsse Fussballspiele, Kinos, Parties, Clubs und ähnliche Örtlichkeiten besuchen um dort, natürlich unwissentlich, seine Viren zu verteilen, zu Hause hält. Diejenigen, die denken können, bleiben von sich aus dort. Das Quieken über GG-Verletzung ist völlig lächerlich und entspringt dem Wunsch einiger, wieder mal mitreden zu dürfen.

Hanno Woitek | Fr., 1. Mai 2020 - 12:06

Danke.

Michael Sachs | Fr., 1. Mai 2020 - 16:06

Sehr guter Artikel Herr Strate, was ich dazu bemerken möchte sind 2 Dinge insgesamt ist der Virus im Vergleich zu 17/18 eher harmlos, es gibt aber etwas an dem Virus das ihn dann doch wieder gefährlich macht, eine Krankenschwester in einem amerikanischen Hospital erzählte das sie Patienten hatte die noch ziemlich Fidel ins Krankenhaus kamen 30 Minuten später bekamen sie keine Luft mehr u. starben innerhalb 10 Minuten. Das Gefährliche an einer Lungen oder Luftröhrenerkrankung ist der schnelle Tod wenn man keinen Sauerstoff mehr bekommt. Diesen
Virus vergleiche ich auch mit Viren die die Ureinwohner(Indianer)bekamen als die Europäer Amerika eroberten.
Ansonsten beweisen asiatischen Länder das diese hohen Todeszahlen nicht nötig sind, Hongkong 4 Tode, Australien 80 Tode, Thailand 50, Tode Südkorea 250 Tode, Singapur 15 Tode, Malaysia u. Vietnam ähnlich niedrig alles Länder die gut vorbereitet in diese Krise gingen weil sie durch jahrelange chinesische Virus Bedrohung durch mußten

Dr. Rudolf Winter | Fr., 1. Mai 2020 - 16:55

Sehr geehrter Herr Strate,
danke für diesen mutigen Satz:
"Machen wir uns klar, dass sämtliche heute getätigten wissenschaftlichen Aussagen zur Ausbreitung und Mortalität von Corona auf fragwürdigen Statistiken beruhen und sich jederzeit ändern können."
Als wissenschaftlich ausgebildete Person ist es mir unverständlich mit welcher Gewißheit unwissende Politiker aufgrund vorläufiger Hypothesen leichtfertig unsere Grundrechte außer Kraft setzen.

Gisela Fimiani | Fr., 1. Mai 2020 - 16:57

Haben Sie Dank, Herr Strate, für die treffliche Beschreibung dessen, was von unserer (ohnehin eingeschränkten) Demokratie, übrig geblieben ist. Der autoritäre Paternalismus feiert Urstände, weil (regierende) Politiker sich seit Langem ihrer Rechtfertigungspflicht, sowie ihrer Verantwortung gegenüber ihrem Souverän entzogen haben. Man läßt sich die „Chance“ der Corona Krise nicht entgehen und steuert dem Höhepunkt des Despotismus entgegen. Während bisher die Hypermoral jede Vernunft aus dem Feld schlug, machen sich unsere „neuen politischen Helden“ nun selbst den Tod zum „Gefährten“, um uns endgültig zu menschlichen Gattungswesen zu degradieren und der Omnipotenz, sowie Omnipräsenz des „wohlwollenden“ Staates zu unterwerfen. Derart eitle und machtbesessene „Helden“ auf der Bühne der Geschichte entlarven sich endgültig, als den Rechtsstaat verachtende Scheindemokraten und haben als Un-Demokraten jeden Anspruch auf politische Repräsentanz verloren.

Anita | Sa., 2. Mai 2020 - 18:02

Endlich mal klare Worte! Herzlichen Dank für diesen Artikel! Warum gibt es so wenig davon? Auch in einer Ausnahmesituation ist und bleibt es die Pflicht von mündigen Bürgern, wachsam zu bleiben und Dinge zu hinterfragen. Kritische Worte sind nötig, mehr denn je. Danke dafür!

Walter Kraus | So., 3. Mai 2020 - 23:40

Ich vermag nicht zu verstehen, wieso die ergriffenen Maßnahmen als Gefährdung unserer Demokratie angesehen werden. Eine zeitlich absehbare Beschränkung der Freiheit wegen einer Epidemie ist doch nicht gleichzusetzen mit dem politischen Willen, eine Regierungsform in Richtung Diktatur zu ändern. Auch diese Gleichsetzen kann man als ein Angst machen betrachten und dieses Angst machen genauso diskutieren. Hier steht doch der zitierten „hysterischen Nachrichtenlage“ eine hysterische Besorgtheit gegenüber.