Ein Landwirt düngt seinen Acker mit Pflanzenschutzmittel
Ingo Speich sagt, Bayer habe die miserable Reputation des Glyphosat-Herstellers Monsanto unterschätzt / picture alliance

Fondsmanager über Bayer und Monsanto - „Unsere Bedenken über die Reputations- und Rechtsrisiken wurden links liegengelassen“

Hat Bayer sich bei der Übernahme des Agrarkonzerns Monsanto verzockt und sich Gift ins eigene Haus geholt? Ingo Speich, Fondsmanager beim Bayer-Investor Deka Investment, kritisiert die Konzernführung. Man habe nicht nur die Rechtsrisiken falsch eingeschätzt, sondern auch wie Menschen heute investieren

Autoreninfo

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Ingo Speich leitet seit April 2019 den Bereich Nachhaltigkeit und Corporate Governance beim Fonds Deka Investment. Zuvor war er seit 2004 bei Union Investment als Senior Portfoliomanager tätig und leitete zuletzt die Gruppe „ESG Capital Markets & Stewardship“.

Herr Speich, Deka Investment hält etwa 1,1 Prozent der Anteile an Bayer. Die Aktie befindet sich seit der Übernahme des Agrarkonzerns Monsanto auf Talfahrt. Gerade wurde Monsanto verurteilt, einem Ehepaar zwei Milliarden US-Dollar-Schadensersatz zu zahlen. Die Eheleute führen ihr Krebsleiden auf einen langjährigen Umgang mit Monsantos glyphosathaltigem Ackergift „Roundup“ zurück. Mindestens 10.000 Klagen können noch folgen. Fürchten Sie um Ihre Anteile?
Durch die Monsanto-Prozesse dominieren die Rechtsrisiken gerade den Unternehmensalltag bei Bayer. Das bringt Unruhe in den gesamten Konzern, das Management muss sich verstärkt damit auseinandersetzen. Man kann nur hoffen, dass dadurch das operative Geschäft nicht zu sehr leidet. Aus der Sicht des Kapitalmarkts muss man sagen: Wir wissen nicht, wie lange das Thema Bayer verfolgen wird, wir können nicht sagen, welche Summen der Konzern final zur Beilegung aufbringen muss. Das verunsichert die Investoren, und deswegen springen viele von der Aktie ab. 
 
Hat sich Bayer bei der Übernahme von Monsanto verzockt?
Ich bin mir sicher, dass das Management bei der Monsanto-Übernahme in gutem Glauben gehandelt hat. Auf dem Papier gab es auch eine verblüffend starke industrielle Logik für den Schritt. 
 
Aber eben nur auf dem Papier. Hat Bayer die miserable Reputation von Monsanto unterschätzt?
Eindeutig ja. Das und die Rechtsrisiken, die man sich mit Monsanto aufgeladen hat, verteuern die Übernahme im Nachhinein. Man hat 66 Milliarden US-Dollar für Monsanto gezahlt. Dazu kommen nun noch die möglichen Straf- und Schadensersatzzahlungen. Ob die Akquisition dann noch gewinnsteigernd ist, muss man abwarten. Diese Unsicherheit führt zu einem hohen Bewertungsabschlag. Das Management ist nun in den Fängen der Justiz und hat wenige Handlungsoptionen. 

Bayer ist ein Unternehmen, das stark wissenschaftlich geprägt ist. Liegt es in der Bayer-DNA begründet, dass man sich beim Kauf von Monsanto zu stark von wissenschaftlichen, also im engen Sinne betriebswirtschaftlichen Kriterien hat leiten lassen?
Durchaus. Das Management hat nicht gesehen, dass nicht nur einzelne Faktoren schwierig werden könnten, sondern dass das gesamte Geschäftsmodell von Monsanto bei vielen Menschen als sehr fragwürdig gilt. Erschwerend kommt für Bayer hinzu, dass Monsanto jetzt ein deutsches Unternehmen ist. Da scheuen sich US-amerikanische Gerichte vielleicht weniger, drastische Strafen zu verhängen, als das bei einem einheimischen Unternehmen der Fall wäre. 
 
 

Ingo Speich
Ingo Speich / Deka Investment

Warum kommen Sie und andere Analysten auf diese Probleme, aber im Bayer-Konzern offenbar niemand? An der Übernahme hat ja nicht nur der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann gearbeitet, sondern eine Heerschar von Managern, der Aufsichtsrat hat sie abgesegnet. Wie kann das bei einem Weltkonzern passieren, dass diese Risiken falsch eingeschätzt werden?
Für mich ist in der Tat der Aufsichtsrat mindestens genauso in der Verantwortung wie das Management. Offenbar war und ist dort nicht die nötige Expertise für ein US-Agrarunternehmen an Bord. Außerdem  ist eine Überlegung, ob es angesichts der Klagewelle in den USA nicht angemessen wäre, das Thema Rechtsexpertise im Aufsichtsrat, insbesondere mit Blick auf Nordamerika, zu stärken. Die Höhe und die Masse der Klagen stellen ja sicher, dass das Thema das Unternehmen noch lange beschäftigen wird. 
 
Bayer weist immer wieder daraufhin, dass die Rechtskultur in den USA mit den Sammelklagen eben ungünstig sei und viele Studien ein erhöhtes Krebsrisiko des Monsanto-Mittels Glyphosat nicht nachgewiesen haben. 
Aber mit dieser Rechtskultur hätte man doch rechnen müssen! Außerdem entscheiden in den USA meist Jurys die Prozesse. In diesen Jurys sitzen „Otto Normalverbraucher“ und keine Wissenschaftler, die die Risiken professionell bewerten und rational abwägen könnten. Bayer zieht sich immer auf die Position zurück, dass man erst einmal die zweite Instanz abwarte, da würden die Studien stärker miteinbezogen. Das mag sein. Aber bis dahin vergehen 18 Monate und das ist am Kapitalmarkt eine sehr lange Zeit. 
 
Auf der Hauptversammlung im April haben die Aktionäre den Vorstand nicht entlastet, ein wohl einmaliger Vorgang für ein Dax-30-Unternehmen in Deutschland. Sie selbst haben dort die Konzernführung um Werner Baumann scharf kritisiert.
Das war ein klares Misstrauensvotum, keine Frage. Was mich in der Folge noch mehr irritiert hat: Der Aufsichtsrat hat danach dem Vorstand vollumfänglich den Rücken gestärkt. Auf die Kritik der Aktionäre wurde aber zeitgleich gar nicht eingegangen. Das hat die Situation nicht unbedingt verbessert. Andere Konzerne haben bei niedrigeren Abstimmungsergebnissen in der Vergangenheit souveräner reagiert, SAP war da beispielhaft. 
 
Müsste die Führung bei Bayer also ausgetauscht werden?
Nein, das würde derzeit auch nichts bringen. Diese Mega-Akquisition muss immer noch integriert werden, allein die Einarbeitung eines neuen Vorsitzenden, der sicherlich von außen kommen müsste, würde viel zu viel Zeit benötigen. Das würde sicherlich ein halbes Jahr und mehr brauchen, und diese Zeit hat Bayer jetzt einfach nicht. Zudem muss das operative Geschäft weitergehen, die Mitarbeiter darf man schließlich auch nicht vergessen.
 
Das heißt, Sie entlasten den Vorstand nicht, entlassen werden aber soll er auch nicht. Ist das nicht inkonsequent?
Auf Außenstehende mag das so wirken. Aber die Aktionäre wollten vor allem ein Zeichen setzen und klar bekunden, dass es so nicht weitergehen kann. Wir wollen dem Vorstand aber auch eine Chance geben, die Sache wieder geradezuziehen, das gilt auch für das Verhältnis mit den Aktionären. 
 
Was ist da vorher schief gelaufen?
In der Vergangenheit wurde die Meinung der Aktionäre schlicht nicht gehört. Das kann man an mehreren Beispielen sehen. Vor der Monsanto-Übernahme hatte Bayer das Thema Übernahmen sehr zurückhaltend kommuniziert, der Kapitalmarkt wurde davon überrascht. Und er hatte zuvor auch nicht darauf gedrängt. Im Rahmen der Bekanntgabe der Akquisition ist der Bayer-Aktienkurs unter Druck geraten. Aktionäre stimmen mit den Füßen ab, und das war ein klares Votum: Diese Übernahme war nicht in ihrem Sinne. Danach gab es den Wunsch der Einbindung, konkret den Ruf nach einer außerordentlichen Hauptversammlung, um der Akquisition zuzustimmen. Diese Hauptversammlung gab es nie. Außerdem haben wir von Deka Investment, aber auch andere Investoren, immer wieder auf die Reputations- und Rechtsrisiken hingewiesen. Aber diese Bedenken wurden links liegengelassen. Das Resultat dieser Politik hat man dann bei der Hauptversammlung im April gesehen. 
 
Werner Baumann selbst hat zu dem einbrechenden Kurs gesagt, dass Aktionäre eben oft übertrieben reagieren. Was sagen Sie dazu?
Die Einschätzung würde ich teilen, wenn es sich um kurzfristige Schwankungen handeln würde. Aber angesichts der Höhe des Absturzes und wie lange er schon andauert, kann man da wohl kaum von einer Panikaktion sprechen.  
 
Die Übernahme von Monsanto durch Bayer erinnert stark an die „Hochzeit im Himmel“, die der Autokonzern Daimler mit dem US-amerikanischen Hersteller Chrysler eingegangen ist, und die im Desaster geendet ist. Werden deutsche Manager manchmal ein bisschen größenwahnsinnig, wenn sie über den Teich schauen?
Auslöser für den Kauf war sicherlich ein Streben nach Größe, das durchaus sinnvoll in diesem Geschäft ist. Aber die Schwierigkeiten, die Daimler-Chrysler hatte, sind harmlos gegenüber dieser Übernahme. Einfach weil Bayer mit Monsanto ein Multimilliarden-Rechtsrisiko mit sich herumschleppt. Das kommt zu den herkömmlichen Problemen bei der Integration noch dazu. Auch bei der viel kleineren Akquisition von Schering 2006 hat allein die Integration Jahre gedauert. Und da waren die Unternehmen im selben Land und im selben Sprachraum. Die Historie von transkontinentalen Zusammenschlüssen, die erfolgreich waren, ist überschaubar. 
 
Hat sich Bayer mit Monsanto also Gift ins eigene Haus geholt?
In gewissem Sinne schon. Bayer ist eine sehr starke Marke mit einer großen Reputation, die man sich über Jahrzehnte hart erarbeitet hat. Wenn jetzt aber Monsanto auch Bayer heißt, setzen die Menschen Bayer irgendwann mit Glyphosat, Roundup und Krebs gleich. Das kann die Marke stark beschädigen.  

Haben Sie sich eigentlich auch persönlich mit dem Mittel Roundup auseinandergesetzt?
Das habe ich allein schon deshalb getan, weil ich für nachhaltige Investments zuständig bin. Da wird einem schnell klar, dass Monsanto, um es vorsichtig zu formulieren, ein Unternehmen ist, dessen Praxis man hinterfragen muss. Bayer hat unterschätzt, dass viele Investoren mittlerweile auch darauf achten, ihr Geld nachhaltig anzulegen. Der Markt für nachhaltige Anlagen wächst dreimal so stark wie der Gesamtmarkt. Bayer nahm und nimmt in Kauf, dass viele Anleger aufgrund des Monsanto-Geschäfts nicht mehr investiert sein wollen. Mit der Akquisition hat man auch viele zukünftige Investoren ausgeschlossen. 

Bayer hat also nicht nur die Risiken bei Monsanto falsch eingeschätzt, sondern auch, wie Menschen heute investieren?
Genau. Profiinvestoren nutzen Nachhaltigkeitsanalysen in der Unternehmensbewertung, um Risiken transparenter zu machen. Schneiden Unternehmen schlecht ab, führt dies zu einem negativeren Anlageurteil. Zudem ist vielen Anlegern das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig. In Fracking-Unternehmen oder Unternehmen, die Kohle fördern, möchten sie nicht investieren. Und auch nicht in ein Unternehmen wie Monsanto, das vielen als größter Umweltsünder überhaupt gilt. Das Problem für Bayer ist: Jetzt bekommt man Monsanto aus dem Unternehmen nicht mehr heraus.  
 
War die Monsanto-Übernahme der Anfang vom Ende eines deutschen Großkonzerns
?
Das kann ich mir dann doch nicht vorstellen. Schließlich ist das Management bei Bayer im operativen Geschäft sehr erfahren und dort herrscht auch eine starke Kontinuität. Wir sind ja auch noch bei Bayer investiert, aus guten Gründen. Die Frage ist, wie viel Geld man in die Hand nehmen muss, um auf die Monsanto-Klagen reagieren zu können. Dieses Geld fehlt dann an anderer Stelle, beispielsweise für Innovationen. Bayer wird in jedem Fall langfristig stark geschwächt. Geschwächte Unternehmen sind allerdings auch anfällig, übernommen oder von Aktivisten angegriffen zu werden. Ich hoffe aber noch, dass die Schocks der Hauptversammlung und der Schadensersatzurteile heilsam sein könnten. Ein wichtiger Schritt wäre, dass Bayer stärker auf die Investoren zugeht und sich in Sachen Transparenz und Kommunikation gehörig verbessert. 

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Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 17. Mai 2019 - 12:48

aber kann man ihnen wirklich mit Wissenschaftlichkeit kommen, wenn Ängste vor Krankheiten, "Aliens" etc. im Spiele sein könnten oder eigene Wirtschaftsinteressen?
Es kann sich dabei um sehr plausible Ängste und Interessen handeln!
Wie konnte man nach der Finanzkrise und den Triple A Bewertungen dortiger Rating-Agenturen, sich auf ein derartig riskantes Manöver einlassen?
Durchaus möglich aus meiner Sicht, dass "man" nun Monsanto als Einstieg in eine billige Übernahme Bayers nutzt.
Von Glyphosat wird in den USA dann evtl. niemand mehr sprechen.
Hier schon, denn die Bewertungen sind in unseren Ländern unterschiedlich.
Umso schlimmer, dass sich Bayer ein solch hier umstrittenes Unternehmen einverleibte.
Dafür geht niemand auf die "Barrikaden".
Nun gibt es aber Wissenschaftlichkeit auch in den USA, die man wenigstens nutzen sollte, die Klagen zu begrenzen.
Es darf keinen "Krieg" in den USA gegen europäische Firmen geben, der dort anerkannten eigenen Forschungen widerspricht.

Gerhard Lenz | Fr., 17. Mai 2019 - 16:05

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

...so gehandelt hat? Unternehmerisches Handeln, das Hoffen auf neue Märkte und große Gewinne.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 20. Mai 2019 - 16:17

Antwort auf von Gerhard Lenz

Bayer hat sich vertan in Bezug auf die Stimmung in Deutschland, da Deutschland aber nicht sein einziges Geschäftsfeld ist, evtl. den USA und weltweiten Standards von Gerichtsurteilen zu sehr vertraut.
Ich würde meine Familie nur mit "Diplomatenpass" in die USA lassen.
Das ist nicht jedem beschieden.

Dr.Ingo Ossendorff | Mo., 20. Mai 2019 - 11:07

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

Es ist seit langem bekannt, dass Richter in den USA bereit sind Unternehmen einen
Denkzettel zu verpassen, wenn ein Problem auftaucht. So bekam Chrysler einen
von über 100 Millionen, als sich eine Dame an einem Teil im Interieur eines Chrysler verletzte, das nicht ordentlich angebracht war. So etwas ist den Deutschen fremd. In den USA werden Leute dadurch Millionär.
Wenn man aber ein US-Unternehmen einkauft, schlägt im Zweifelsfall die US-Justiz zu und dann kann bei gegebenem Anlass auch schon mal ein milliarden-
schweres Bußgeld der Fall sein aus gegebenem Anlass. Leider wandert dann
auch der schwarze Peter nach Leverkusen, wo dann nur noch erwiesenermaßen
gesundes Glyphosat erzeugt werden muss. Andernfalls sind amerikanische
Richter durchaus in der Lage die Strafen noch etwas anzuheben. Außerdem
sind da noch viele Fälle mehr(über 10000) Warum weiß so etwas keiner der
Vorstände? Fachidiotismus? Kann doch wohl nicht sein-oder?

Christa Wallau | Fr., 17. Mai 2019 - 13:42

In der POLITIK wie auch in der WIRTSCHAFT
sind offenbar Menschen tätig, die jegliche
Vorsicht außer acht lassen, wenn es darum geht,
(angeblich) f o r t s c h r i t t l i c h zu sein.
Hier wird zu diesem Zweck das hohe Lied vom Segen der Migration gesungen, dort die Weise vom
Wachsen um jeden Preis. Die Risiken redet man bewußt klein, und jeder Bedenkenträger wird in die Kiste "Unbelehrbare Alte" gesteckt.
Das kommt dabei heraus, wenn man übermütig
wird u. glaubt, Erfahrungen der Vorfahren
mißachten zu können.
"Hochmut kommt vor dem Fall" - Dieses alte
Sprichwort bewahrheitet sich zur Zeit überall in D.
Der beste Ausdruck für diese fatale Haltung ist der
Merkel-Satz: "Wir schaffen das!"
Leider müssen nicht nur die naiv-gläubigen Mitläufer der Arroganten für deren
Fehlentscheidungen haften, sondern jeder Bürger,
ob er vorher gewarnt hat oder nicht.

Hinterher, wenn die Milliarden-Verluste u.
gesellschaftl. Schäden sichtbar werden, haben dies
natürlich a l l e gewußt!

Was haben denn Bayers unternehmerische Fehlentscheidungen mit Frau Merkels berühmten Satz zu tun?

Es ist wohl den Wahlkampfzeiten geschuldet, dass Sie mittlerweile versuchen, gleich welche Panne oder Fehlentwicklung Frau Merkel oder den anderen demokratischen Parteien anzuhängen. So, wie man das von der AfD eben kennt.

Dementspechend darf natürlich auch in Ihrer Antwort auf einen Artikel über Monsanto und Bayer der Seitenhieb auf Migration nicht fehlen!

könnte sein, dass es ja nicht um ihr eigenes Geld, ihr eigenes Vermögen geht, sondern um fremdes.
Alle diese Top-Manager und Spitzenpolitiker handeln sozusagen im Auftrag und im Sold anderer. Gehen die Millionen mit den sie hantieren verloren, dann sind es ja nicht ihre eigenen Millionen.
Und genau da liegt der Unterschied. Wir sagen "den eigenen Kopf hinhalten müssen", in USA sagt man "skin in the game". Gemeint ist dasselbe, nämlich sinkt das Schiff, das sie als Kapitän in die Klippen gesteuert haben, dann ist es ja nicht ihr Schiff.
Im alten Karthago sollen Feldherren, die eine Schlacht verloren haben, verurteilt worden sein von Elefanten zu Tode getrampelt zu werden.
Skin in the game!
Soweit brauchen wir natürlich nicht gehen, aber man sollte die Herrschaften doch so stark einbinden, dass es ihnen selbst ganz empfindlich weh tut, wenn etwas schief geht unter ihrer Leitung.

Dr. Michael Bauer | Fr., 17. Mai 2019 - 14:12

Die Übernahme ist strategisch völlig richtig und eröffnet enormes Potential bzgl. Innovationen und Profitabilität.
Bayer erzielt Rekordgewinne, schütter entsprechende Dividenden aus und muss dieses irrationale Theater nun mit Rückgrat durchstehen. Das kennen solche Fondsbürschen natürlich nicht. Glyphosat wurde 2017 seitens der IARC dasselbe Gefährdungspotential bzgl. Krebserkrankung zugeordnet wie Rindfleisch, heissem Wasser und Schichtarbeit! (Kat. 2A) Das kann auf Dauer kein Gericht der Welt ignorieren.

Martin Fischer | So., 19. Mai 2019 - 11:31

Antwort auf von Dr. Michael Bauer

Monsanto hat ein Patent auf die antobiotische Wirkung von Glyphosat. Denn Glyphosat hemmt den Shikimisäureweg und tötet damit bestimmte Bakterien ab. Leider sind das die "guten" Bakterien in unserem Magen, in dem Magen von Bienen und Kühen. Das führt dazu, dass sich die giftigen Bakterien vermehren können.

Hier zeigt sich exemplarisch, daß sich auch durch den Einsatz von Dollars und EU'RO in Milliardenhöhe und rein-wirtschaftlicher Macht nicht alles machen und durchsetzen läßt. Das sollte uns Verbraucherinnen und Verbraucher erfreuen und animieren, in dem Bemühen nicht locker zu lassen, Unternehmen wie BAYER zu boykottieren, damit Produkte wie MONSANTO vom Markt verdrängt werden, ehe es zu spät ist. Das Insektensterben nimmt ja bekanntlich schon bedrohliche Ausmaße an, so darf das nicht weitergehen.
Die konventionelle Landwirtschaft muß zwingend durch den ökologisch-dynamischen Anbau von Landprodukten verdrängt werden. Ob wir, die Verbraucherinnen und Verbraucher, dies gemeinsam schaffen werden?

Uwe Ruckriegel | Fr., 17. Mai 2019 - 16:06

Bayer hat eine lange Historie mit Monsanto, denn es gründete 1954 mit Monsanto das Gemeinschaftsunternehmen Mobay.

Viel wichtiger aber ist, dass insbesondere institutionelle Anleger bei der Bestimmung der Vorstandsvorsitzenden seit 1984 und der Wahl der Aufsichtsratvorsitzenden seit 1992 schlichtweg versagten. Es wurden seit diesen Jahren nämlich stets, mit Ausnahme des Chemikers Marijn Dekkers, Kaufleute zu Vorstandsvorsitzenden und zu Aufsichtsratsvorsitzenden bestimmt. Dekkers riet übrigens vom Kauf von Monsanto ab. Bayer wurde von Chemikern auf Basis von naturwissenschaftlich-technischen Kenntnissen erfolgreich aufgebaut und geführt. Die Probleme begannen erst mit den Kaufleuten an der Konzernspitze. Mit ihnen wurde und wird Bayern eben nicht mehr wissenschaftlich geführt, sondern wie ein Handelskonzern, der er nicht ist. Man braucht an der Konzernspitze von Bayer keine Leute von aussen, sondern zur Führung fähige Chemiker, die das Unternehmen wieder erfolgreich machen.

helmut armbruster | Fr., 17. Mai 2019 - 16:08

bei so einem gigantischen Projekt wie diese Übernahme müssen die Entscheider doch mehrere Szenarien durch spielen, so wie früher Offiziere am Sandkasten.
Eines der möglichen Szenarien hätte die Möglichkeit der Schadensersatzklagen in verschiedenen Größenordnungen wegen Glyphosat sein müssen und die Auswirkungen auf Bayer.
Ist offenbar nicht geschehen.
Das ist einfach unfassbar. Spitzenmanager und Aufsichtsräte mit Spitzeneinkommen können es nicht besser als Hinz und Kunz.
Da muss einiges hinterfragt werden und auf den Prüfstand.
Aber das ist ja nicht der einzige Fall, BER und über 1 mio Flüchtlinge lassen grüßen.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 18. Mai 2019 - 11:02

Ungeachtet der Fragestellung, ob Glyphosat nun krebserregend ist oder nicht, das wäre für sich mal einen eigenen Artikel wert, zeigt sich hier das gleiche Problem, wie in der deutschen Politik. Auf die Praktiker, auf die Menschen die tagtäglich das erdulden, erleiden oder einfach nur ausführen müssen, hört keiner. Die US-Justiz hat, wenn auch erstinstanzlich gegen Monsanto entschieden. Millionenklagen stehen noch aus. Die Firma hat einen "Krebsruf" in der amerikanischen Gesellschaft. Für mich völlig unbegreiflich, wie Bayer ein solches Risiko kaufen konnte. Markterweiterung hin- oder her. Ein gesundes Unternehmen läßt sich auf juristisches Roulett ein. Genau wie die deutsche Politik, wird erst "heimlich" alles vorbereitet und so dann den Aktionären die Pistole auf die Brust gesetzt und mit den geschaffenen Tatsachen konfrontiert. Der Pharma- und Chemieriese haut sich selbst mit dem Hammer auf den Fuß und argumentiert, alles nicht so schlimm, war nicht der Kopf. Ich schüttele den meinen

Neben der Firma gibt es noch die Investoren und erstaunlicherweise hat Deka bis heute noch so viele Bayer-Aktien. Das heißt, sie haben den ganzen Absturz mitgemacht. Bei Index-Fonds ist das unvermeidlich, doch oft halten auch andere Fonds sich an den Index, obwohl sie das nicht müssten. Dann gibt es auch noch die aktivistischen Investoren, also die, die den Unternehmen sagen was sie machen sollen und was nicht. Deka und alle anderen deutschen Fonds machen das nicht, was ich für einen Fehler halte.

Momentan steht Thyssenkrupp unter dem Druck aktivistischer Investoren, nachdem die Zusammenarbeit der Stahlsparte mit Tata abgesagt wurde. Ich kann nicht beurteilen ob das was Investoren wollen richtig ist, aber es begrenzt die Macht der Unternehmensführer, was bei Bayer sinnvoll gewesen wäre. Allerdings liest man gelegentlich, dass Bayer Montsanto gekauft haben soll, weil ein Investor das so wollte. Es muss nicht gemacht werden was die Investoren sagen, aber darüber nachgedacht schon.

Frank Domnick | Sa., 18. Mai 2019 - 15:46

Die juristischen Probleme von Monsanto sind seit Jahrzehnten bekannt. Bildhaft gesprochenen ist Monsanto der Antichrist für ökologisch und nachhaltig orientierte Bauern/Initiativen, in der ersten und in der dritten Welt. Um das und die damit verbundenen Risiken zu übersehen, muss man entweder ein absoluter Amateur oder blind vor Gier sein. Schade für die Arbeitnehmer bei Bayer,die primär die Konsequenzen tragen werden. Die Verantwortlichen bei Monsanto dürften demgegenüber bereits ihren Schnitt gemacht haben.