08.03.2018, Sachsen, Dresden: Schriftsteller Uwe Tellkamp (l) und Dichter Durs Grünbein sitzen bei der Diskussionsveranstaltung "Streitbar!" mit Moderatorin Karin Großmann, Cefreporterin der Sächsischen Zeitung im Kulturpalast auf der Bühne
Uwe Tellkamp (l.) und Durs Grünbein im Dresdner Kulturpalast am 8. März 2018 / picture alliance

Uwe Tellkamp - Eigentlich war da Hoffnung

Der Suhrkamp-Verlag distanziert sich öffentlich von der „Haltung“ seines Autors Uwe Tellkamp. Die Schriftstellerin Monika Maron ist darüber entsetzt

Monika Maron

Autoreninfo

Monika Maron ist Schriftstellerin. Zuletzt erschien von ihr der Roman „Munin oder Chaos im Kopf“ im Februar 2018.

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Der Fall ist so absurd wie skandalös. Ein Verlag distanziert sich von seinem sehr erfolgreichen und preisgekrönten Autor, weil der in einer öffentlichen Diskussion eine Meinung vertreten hat, die nicht die Meinung des Verlags ist. Absurd ist es anzunehmen, ein Autor wäre Verkünder einer Verlagsmeinung, was ja zur Folge hätte, dass alle Autoren und Mitarbeiter eines Verlags einer Meinung sein oder wenigstens innerhalb eines umrissenen Meinungsspektrums denken und reden müssten.

Ein Schriftsteller, der es nicht wagt, in alle Richtungen zu denken und seine empathiefähigen Tentakel nach allen Seiten zu strecken, verzichtet auf die wichtigsten Voraussetzungen seines Tuns. Das Schreiben ist eine riskante Arbeit, und man ist mit ihr allein. Die einzige Institution, der ein Autor angehört, ist sein Verlag. Von ihm erwartet er Beistand, Schutz, im Fall eines Misserfolgs sogar Trost, auf keinen Fall aber Verrat. Der Suhrkamp-Verlag aber hat Uwe Tellkamp ohne Not verraten, und das ist skandalös.

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Joachim Wittenbecher | Mi., 21. März 2018 - 18:39

Ich stimme Monika Maron zu; das Verhalten des Suhrkamp-Verlages ist darüber hinaus Symptom für einen gesellschaftlichen Defekt in Deutschland: Bei Suhrkamp überschneiden sich augenscheinlich wirtschaftliche Macht und ein Obermoralisten-Hype gegenüber dem Andersdenkenden. Das Ergebnis ist der Versuch, eine Beschneidung des demokratischen Meinungsspektrums vorzunehmen - ein Armutszeugnis für einen Verlag, der selbst auch von der Meinungs-und Pressefreiheit lebt. Es gibt aber keinen Grund zur Resignation - das gesellschaftliche Klima hat sich verändert, Angriffe auf die Meinungsfreiheit werden nicht mehr widerspruchslos hingenommen. Und kein Marktteilnehmer kann es sich leisten, auf Dauer eine blutige Nase zu kassieren.

Reiner Kraa | Mi., 21. März 2018 - 18:55

Maulkörbe, auch oder gerade wenn sie von Buchverlagen verordnet werden, sind Gift für die Demokratie. Es gab Zeiten, da hat man andere Meinungen eingesperrt und missliebige Bücher auf Scheiterhaufen verbrannt.

Holger Stockinger | Do., 22. März 2018 - 00:53

Zu glauben, es gäbe Meinungsfreiheit ist so unsinnig wie zu behaupten konkav wäre konvex.

Ein "SPIEGEL", mit immerhin Augstein als Erbsohn, hält "im Zweifel links" für große Welterkenntnis.

Nachdenken auf deutsch zu schreiben, ist out. Cafe to go, ist "in" ...

Holger Stockinger | Do., 22. März 2018 - 02:06

des Suhrkampverlages besteht meines Erachtens darin, einem "Zeitgeist" sich zu unterwerfen, der einen PUPS mit einem Furz verwechselt.

"Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" halte ich für glaubwürdiger als den SuhrkampVerlag ...

Jürgen Keil | Do., 22. März 2018 - 09:50

Geschätzte Frau Maron, ich teile Ihre Bewertung dieses Streitgespräches und auch ich finde das Verhalten des Verlages beschämend. Man stellt wirtschaftliche Interessen, und nichts anders steckt hinter diesem feigen Verhalten, über die Notwendigkeit des sachlichen, gesellschaftlichen Diskurses. Durch die "nicht dienlichen" Äußerungen der sächsischen Kultusministerin, Frau Stange, gegenüber DPA zur öffentlichen Meinungsäußerung Herrn Tellkamps, wird sich der Verlag in seinem Handeln noch bestätigt fühlen.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich alter Sachse jedenfalls, werde weiterhin sachlich, kritisch und optimistisch sein, wie früher einmal eine Sendung des ÖR immer beendet wurde.

Dorothe Gaede | Do., 22. März 2018 - 10:21

geht munter weiter.
Und erinnert an wahrlich düstere Zeiten!
Seit mehr als 35 Jahren bin ich treue Kundin des Suhrkamp Verlages. Nachdem der Umgang des Verlages mit Herrn Tellkamp publik wurde, habe ich mich entschlossen, künftig meine Bücher über andere Verlagshäuser zu beziehen.
Dies habe ich dem Suhrkamp Verlag auch per mail mitgeteilt.

Kostas Aslanidis | Fr., 23. März 2018 - 05:24

Antwort auf von Dorothe Gaede

Das ist der richtige Weg, Frau Gaede. Nur der Geldverlust, erschreckt diese Fanatiker.

Klaus Damert | Do., 22. März 2018 - 11:18

„Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern um in die Sozialsysteme einzuwandern: über 95 Prozent.“ - Was soll nur an diesem Satz falsch sein? Sind es nur 90 oder nur 88? Das Problem ist doch, dass erstens die Flucht vor Verfolgung schon weit vor Deutschland beendet war. Und mit dem Sozialsystem ist es doch so, dass die allermeisten illegalen Migranten weder in der Lage (fehlende Sprachkenntnis, mangelnde Schulbildung) noch Willens (wenn man die wenigen Presseberichte über abgebrochene Ausbildungen nimmt) sind, sich hier den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Durch üppige Sozialleistungen gibt es auch keinen Druck, dies zu tun - das ist nur menschlich und wird von nicht zu wenigen Inländern auch so betrieben. Dass das auf Dauer sowohl finanziell als auch kulturell nicht funktionieren kann, sollte eigentlich klar sein. Es ist auch kein Widerspruch, dass es davon Ausnahmen gibt. Aber unlösbare Probleme überwiegen, wie sich in den Schulen schon gezeigt hat.

Martin Gieseler | Sa., 24. März 2018 - 00:59

Antwort auf von Klaus Damert

In Ihrem Beitrag ist so ziemlich alles falsch. Zuerst fehlt Tellkamp jede empirische Basis für seine faktenferne Behauptung. Dann ist es zynisch Menschen, die aus den Bürgerkriegsländern Afghanistan und Syrien flüchten, zu unterstellen, dass sie wegen der angeblichen sozialen "Hängematte" in Deutschland hierher kommen. Wenn Sie tatsächlich davon ausgehen, bei den meisten Geflüchteten handele es sich um ungebildete, antriebslose Nichtnutze, zeigt dass nur, dass sie kaum eigene Erfahrung mit diesen Menschen haben. Beruflich habe ich schon sehr viele junge Geflüchtete kennengelernt und kann behaupten, dass fast alle ehrgeizig waren und in kurzer Zeit gut die deutsche Sprache lernten.