Der Sprecher der meuternden Soldaten verkündet im staatlichen Fernsehen die Machtübernahme (Screenshot) / dpa

Weiterer Putsch in Afrika - Gabun: Militär erklärt Machtübernahme

Das Militär hat in einem weiteren Land in Afrika geputscht. Nach Mali, Burkina Faso und dem Niger hat nun auch weiter südlich in Gabun die Armee die Macht übernommen. Die Bevölkerung feiert: Die alte Regierung galt als korrupt.

Cicero Cover 01-25

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Wenige Tage nach der Wahl in Gabun hat das Militär nach eigenen Angaben die Macht an sich gerissen. Die Abstimmung, die Präsident Ali Bongo Ondimba im Amt bestätigt hatte, sei gefälscht, sagte eine Gruppe von Offizieren am Mittwochmorgen im Fernsehen des zentralafrikanischen Landes an der Atlantikküste. Die Wahlergebnisse wurden annulliert und die Grenzen geschlossen. Und staatliche Institutionen seien ab sofort aufgelöst, hieß es weiter von der Gruppe, die sich Ausschuss für Übergang und Wiederherstellung von Institutionen (CTRI) nennt. Man habe beschlossen, dem „derzeitigen Regime ein Ende zu setzen“, sagte einer der Offiziere. 

Der mehr als 50 Jahren autokratisch regierenden Bongo-Familie wird seit langem Korruption vorgeworfen. Sie gilt Berichten zufolge als eine der reichsten Familien der Welt, besitzt eine private Flugzeugflotte, etliche Luxusautos und soll gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International Dutzende Residenzen in Frankreich im Wert von vielen Millionen Euro besitzen. 

Wenige Stunden vor der Erklärung der Militärs hatte die Wahlbehörde den 64-jährigen Bongo zum Sieger der Wahl erklärt – mit 64,27 Prozent der Stimmen. Sein größter Herausforderer, Albert Ondo Ossa, erhielt demnach 30,77 Prozent. Nun hätte die dritte Amtszeit Bongos begonnen. Er hatte das Präsidentenamt 2009 von seinem Vater Omar Bongo übernommen, der von 1967 bis zu seinem Tod regiert hatte. Eine erste Wiederwahl 2016 hatte Bongo nur mit einem Vorsprung von gut 5000 Stimmen gewonnen. Ihm wurde auch damals Manipulation vorgeworfen. In der Folge kam es zu schweren Ausschreitungen. 

Gabun gehört zu den korruptesten Ländern der Welt

Die Bevölkerung des Opec-Mitgliedsstaats Gabun, etwa 2,3 Millionen Menschen, lebt trotz Öl-Reichtums größtenteils in Armut. Das Land liegt direkt am Äquator, grenzt im Norden an Kamerun und hat etwa drei Viertel der Größe Deutschlands. 

Um den Reichtum Bongos gab es immer wieder Skandale. Nach Angaben von Transparency International gehört Gabun zu den korruptesten Ländern der Welt. 2008 verklagte die Gruppe Bongo aufgrund von Veruntreuung staatlicher Öleinnahmen durch Privatkonten in Frankreich. Die Ermittlungen endeten jedoch ohne Ergebnis. 

 

Das könnte Sie auch interessieren:

 

Nach der Verkündung des Putsches waren am Mittwochmorgen in der Hauptstadt Libreville Schüsse zu hören, berichtete der französische Sender RFI. In der westlichen Stadt Port Gentile strömten Augenzeugenberichten zufolge Tausende Einwohner auf die Straßen, um das Ende des Bongo-Regimes zu feiern. 

Internationale Wahlbeobachter waren nicht zugelassen

Die Abstimmung vom 26. August hatte in der ehemaligen französischen Kolonie für Kritik gesorgt. Während der Auszählung hatte die Regierung am Wochenende den Internetzugang gesperrt, eine Ausgangssperre von 19.00 bis 6.00 Uhr verhängt und mehreren französischen Rundfunksendern die Ausstrahlung verboten. Die Wahl war zudem durch das Fehlen internationaler Beobachter geprägt. Anfragen ausländischer Journalisten auf Akkreditierung wurden systematisch abgelehnt. 

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im spanischen Toledo besorgt über die Berichte aus Gabun. Wenn sich die Informationen bestätigen sollten, handele es sich um einen weiteren Militärputsch, der die Instabilität in der Region noch einmal erhöhen werde, sagte er. 

Erst vor knapp einem Monat hatte die Präsidentengarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum abgesetzt. Zuvor hatte in der Sahelzone auch in Mali und Burkina Faso das Militär die Macht übernommen. 

In Gabun war 2019 ein Militärputsch gescheitert. Mehrere bewaffnete Soldaten hatten damals den staatlichen Radiosender besetzt und die Einwohner zum Aufstand aufgerufen. Sicherheitskräfte nahmen den Chef der Putschisten aber binnen kurzer Zeit fest und beendeten den Versuch einer Machtübernahme. 

Quelle: dpa

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Heidemarie Heim | Mi., 30. August 2023 - 13:34

Zweimal Putsch durchs Militär und wohl auch Paramilitär, wobei es laut diesem Beitrag einmal bezüglich Niger einen demokratisch gewählten Herrscher und einen seit Jahrzehnten sein Volk ausbeutendes und in Armut verkommen lassendes Familienregime gab? Ist bzw. bedeutet Demokratie in Afrika also wie hoch der Grad allgemein korrupten Handelns ist, oder ist diese meine Frage überhaupt noch erlaubt in ihrer Anmaßung als Nachfahrin ehemaliger Kolonialmächte? Was haben die Diplomaten der EU, unsere Entwicklungshelfer oder die, welche gedeihlich? mit der "Bongo-GmbH & Co. KG" seit Jahren und wie es ausschaut über Generationen verband dazu beigetragen solch Elend zu beseitigen u. diese neuerliche Eskalation zu vermeiden? Während alle Diktatoren, Ausbeuter dieser Welt ihre Beute in der Schweiz, Panama und als Immobilien bevorzugt in Europa in Sicherheit brachten? Nun aber Besorgnis äußern aufgrund vergangener Untätigkeit u. Mangel an klügerer Voraussicht.
Kommt einem irgendwie bekannt vor? MfG

Henri Lassalle | Mi., 30. August 2023 - 15:48

Fragen Sie französische Regierung, die weiss nur zu gut warum. Der Bongo-Klan, eine Art Erb-Kleptokratie hielt sich an der Macht auch von Frankreichs Gnaden. Damit kommt nach der Sahel-Zone eine weiterer Konfliktstoff auf Frankreich und wohl auch auf Europa zu.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 30. August 2023 - 19:16

Ein Volk feiert den Putsch, weil es sich vom bisherigen Regierungschef unterdrückt und betrogen fühlt. Eine Clan-Chef wird abgesetzt und das Ausland sorgt sich. Warum nur? Das Land war Jahrzehnte in der Hand eines Familien Clans und wurde quasi weiter vererbt und offenbar diktatorisch geführt und ausgebeutet. Warum freut man sich nicht für die Gabuner, dass sie sich ihre Freiheit zurückholen wollen. Nur weil eine angebliche korrekte Wahl durchgeführt wurde, die seit Jahren immer nur denselben Mann als Regierungschef auswirft? Man sollte erst einmal abwarten, wie es da weiter geht. Offenbar erheben sich in Afrika immer mehr Völker gegen ihre Despoten. Das ist doch erstmal gut, wenn nicht dadurch ein anderer an die Macht kommt. Wichtig ist nur, dass eben das Ausland sich da heraus hält und die Gabuner Mal machen läßt. Aber wie ich den Westen kenne, wollen die da wieder jemand installieren mit dem sie "können" und der denen abhängig aus der Hand frisst. Mal sehen.