- Der Macronierer
Ob in China, gegen Putin oder bei der Rentenreform im eigenen Land: Emmanuel Macron hat oft den richtigen Ansatz, wird aber durch das jeweils gleiche Problem verhindert. Das Problem ist er selbst.
Die Ukrainer haben, wie man hört, ein neues Verb: „macronieren“. Es bedeutet etwa so viel wie „reden, ohne viel zu sagen“. Damit meinen die Selenskyi-Berater unter anderem den Umstand, dass die französische Regierung schon viele Waffen bis zu Leclerc-Panzern liefern wollte, aber bis heute nicht dazu gekommen ist.
Auch in Peking „macronierte“ der französische Präsident an einer Pressekonferenz jüngst so lange, bis Gastgeber Xi Jinping das Gesicht verzog. Der russische Amtskollege Wladimir Putin ließ Macron bei den vielen Telefongesprächen, die der Franzose hoffnungsvoll initiiert hatte, ohne Wimpernzucken abblitzen.
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ist kein politisches Programm. Die Franzosen haben mehrmals gezeigt, dass sie keine Le Pen an der Spitze des Staates wollen. Der breitgefächerte Protest in Frankreich - der nicht vergleichbar ist mit den Demos der immer gleichen Querdenker, Putin-Freunde oder Migranten-Gegner in DE - wird nicht jahrelang anhalten.
Entscheidender ist vielmehr die Frage, welche Politiker abseits der ewigen Wahlverlierer Melenchon ganz links und Le Pen rechtsaussen sich in der Mitte zur Wahl stellen werden. Denn an der Ausgangslage wird sich auch in einigen Jahren kaum etwas geändert haben: Die Franzosen akzeptieren, anders als Italiener oder Ungarn, keine Extremisten an der Spitze des Staates.
Macron kann nicht wiedergewählt werden: Sein Ziel einer Rentenreform war ihm offensichtlich wichtiger, als mit populistischer Schönfärberei in die Geschichtsbücher einzugehen. Im Grunde war er immer Technokrat, nie Volkstribun, gewann gegen und wegen Le Pen, und nicht weil er so überaus beliebt war.
Danke für dieses gelungene Kurzporträt eines politischen Naturtalents, der sich vom Phönix langsam wieder dem Aschestadium nähert. Die Drohung mit der Olympia 2024 ist durchaus ernst zu nehmen. Kollege Scholz kann ihm sicher vom Hamburger G 20-Hafengeburtstag berichten. Und 1968 musste de Gaulle nach Baden-Baden ausweichen.
Liegt es an Macron oder an Frankreich? Macron ist ohne das französische Elitenkonzept nicht zu verstehen. Wer sich die Promotionsliste der ENA anschaut wird auch auf Emmanuel Macron, Staatspräsident Promotion Léopold Senghor (2004) stoßen. Ein Land, das an administrative Lösungen glaubt und das Führungspersonal an einer extrem elitären Schule ausbildet, darf sich nicht wundern, wenn etliche Absolventen keine populistische Fähigkeiten haben. Die Zentralisierung des Staates bietet keine Möglichkeit, Radikale auf Landesebene einzubinden und abzunützen. Es schafft beim Bürger ein Gefühl der Ohnmacht gegen den Staat, das sich immer wieder in lautstarken Protesten äußert. Bisher ist noch jeder Präsident an einer Rentenreform gescheitert. Wenn es einer administrativ hinbekommt, dann Macron. Ob mit oder ohne Mehrheit im Parlament. Man darf sich halt nicht wundern, wenn die Absolventen einer elitären Verwaltungsschule die Möglichkeiten der Verwaltung überschätzen.
Er redet nicht ohne viel zu sagen, er hat eine Menge zu sagen. Die Rentenreform war richtig und der Umgang mit China ist es auch. Gut, er kann nicht wiedergewählt werden, aber ich wünsche mir, er wird eine Rolle in der Europäischen Politik spielen, dann wäre die EU nicht so ein Jammerhaufen, wie jetzt. Schade, dass die Franzosen sein Potential nicht zu schätzen wissen. Aber die haben ja seinerzeit auch die Französische Revolution angezettelt - und nun haben wir den Salat ...