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() „Es gibt noch schlimmere Herrscher“, sagte Samih Sawiris über den gestürzte Diktator Hosni Mubarak
Milliardär Samih Sawiris: „Auch Christen können in Ägypten reich werden“

Forbes schätzt Samih Sawiris' Vermögen auf 1,5 Milliarden Dollar. In seinem Büro in Kairo hängt noch immer ein Foto von Hosni Mubarak. Er erklärt, warum der Wandel in Ägpyten Zeit braucht, er zuversichtlich ist und trotz Krise weder Aktien verkauft, noch seiner Heimat den Rücken zukehrt.

Herr Sawiris, in Ihrem Büro in Kairo hing früher ein Foto von Präsident Husni Mubarak. Hängt es immer noch dort? Klar. Sie werden das Foto nicht abhängen, wenn Sie das nächste Mal in Kairo sind? Nein. Es ist nicht damit getan, jetzt den Präsidenten in einem Flieger nach Saudi-Arabien zu schicken. Ägypten ist ein Pharaonenland. Seit 6000 Jahren behandeln wir unsere Führer mit einem gewissen Respekt, egal, wie gut oder schlecht sie sind. Es gibt noch schlimmere Herrscher in der arabischen Welt. Mubarak hat zumindest die Geschäftsleute arbeiten lassen, anderswo ist die ganze Wirtschaft in den Händen des Präsidenten. Mubarak war ein Diktator, der die Menschenrechte unterdrückte. Er ist verantwortlich für schlimmste Folterungen. Die Verletzung von Menschenrechten ist inakzeptabel, und Folterungen sind aufs Schärfste zu verurteilen, keine Frage. Jetzt geht es darum, nach Tausenden Jahren autoritärer Herrschaft freie Wahlen zu ermöglichen. Das macht man nicht mit einem Fingerschnippen. Acht Monate sind dafür das absolute Minimum. Auch in Europa entstand Demokratie nicht von einem Tag auf den andern. Neben Baradei wird Amr Moussa, Generalsekretär der Arabischen Liga, als Nachfolger von Mubarak gehandelt. Die beiden hat man in den vergangenen Tagen einige Male im Fernsehen gesehen. Es gibt in Ägypten aber mehr als zwei gute Kandidaten. Aber Amr Moussa wäre durchaus ein ernsthafter Kandidat. Und Samih Sawiris? Nie im Leben! (lacht) Erstens bin ich als Christ nicht Repräsentant der Mehrheit, und zweitens bin ich Geschäftsmann, kein Politiker. Ich bin gegen eine Vermischung von Geld und Macht im Stil von Silvio Berlusconi. Sie waren mit Ihrer zweiten Frau und den zwei gemeinsamen Kindern in El Gouna. Was haben Sie persönlich von den Unruhen mitbekommen? Hier am Roten Meer war es ruhig. Wir schauten fern und waren natürlich in ständigem telefonischen Kontakt mit Menschen in Kairo. Auch mit Freunden von uns, die protestieren. Westliche Touristen haben Ägypten verlassen. War El Gouna leer? Nein, im Gegenteil, sehr viele Ägypter, die in Kairo wohnen und hier ein Ferienhaus haben, sind gekommen. El Gouna ist zu einem „Fünf-Sterne-Flüchtlingslager“ geworden (lacht). Viele reiche Ägypter haben das Land verlassen. Ach was! Das ist eine Geschichte, die der Fernsehsender Al Dschasira verbreitete. Ich selbst bin aus dem Ausland nach Ägypten zurückgekehrt, um bei meiner Frau und den Kindern zu sein. Kaum war ich hier, sah ich auf Al Dschasira einen Journalisten, der behauptete, ich hätte das Land verlassen. Totaler Quatsch! Der Aktienkurs Ihres Konzerns Orascom ist seit Beginn der Unruhen zeitweise um 20 Prozent eingebrochen. Wie viel Geld haben Sie verloren? Keines. Ich will ja meine Aktien nicht verkaufen. 2010 erzielten Sie einen Umsatz von etwa 433 Millionen Euro. Passen Sie die Investitions-, Umsatz- und Gewinnziele für 2011 an? Falls die Krise andauert, werden wir Neuinvestitionen in Ägypten etwas verschieben. Wird die Lage nicht besser, dürften sich die Einnahmen aus dem Hotelgeschäft im ersten Quartal 2011 voraussichtlich um 25 Prozent verringern. Diese Einnahmen machen aber nicht mehr als 40 Prozent an den Gesamterträgen von Orascom Development aus. Haben Sie Ihr persönliches Vermögen ins Ausland geschafft? Nein, alle Orascom-Gesellschaften zusammen sind der größte Arbeitgeber des Landes, wir haben einen guten Ruf. Und als Christen sind wir jeder Regierung nützlich, wir dienen als Aushängeschild: Auch Christen können in Ägypten reich werden. Außerdem ist der Sitz meiner Holding ja bereits in der Schweiz. Weil Sie Angst hatten? Nein. Den Grundsatzentscheid fällte ich, als irgendjemand in Ägypten auf die Idee kam, eine Steuer für ausländische Tochtergesellschaften einzuführen. Die Schweiz wählte ich, weil wir dort ein wichtiges Projekt haben und weil Unternehmen, die an der Zürcher Börse notiert sind, einen ausgezeichneten Zugang zum internationalen Kapitalmarkt haben. Ihr Vater legte den Grundstein für das Sawiris-Imperium. Seine Firmen wurden zweimal verstaatlicht. Ich glaube nicht, dass eine Regierung im 21. Jahrhundert Firmen verstaatlichen würde. Selbst die Muslimbrüder würden kapitalistisch agieren, wenn sie an die Macht kämen. Werden Ihre Kinder in 20 Jahren ein demokratisches und reiches Ägypten erleben? 20 Jahre? Um Gottes willen! Ich möchte das auch noch erleben. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir jetzt in die richtige Richtung gehen. Das Interview führte Sebastian Ramspeck für die Schweizer Sonntagszeitung.

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