- Mit Prince Charles in Siebenbürgen
Der Bruder unseres Autors Boris Kalnoky erweckt in Siebenbürgen das Erbe seiner Familie zu neuem Leben. Er richtet einige Bauernhäuser so her wie zu alten Zeiten, um sensible Kulturtouristen anzulocken – und hat damit Prince Charles' Interesse geweckt
Normalerweise geht es bei meinem Bruder Tibor beschaulich zu. Rauf mit der Sonne, runter mit der Sonne. Die Kühe trotten morgens raus zur Weide und abends wieder heim. Pferdekarren rumpeln über die Straße, und wenn mal einem der Gaul durchgeht, dann ist richtig was passiert im Dorf. Miklósvár heißt der Ort im Siebenbürger Karpatenzipfel. Im Winter liegt viel Schnee und man heizt mit Holz. Im Sommer reifen die Pflaumen für den Schnaps, der im September gebrannt wird. Und doch. Vanity Fair nannte den Ort eines der zehn besten „Privatparadiese“ der Welt; der Guardian zählte Miklósvár zu den „fünf besten Schneeabenteuern“, vermutlich wegen der Schlittenkutsche meines Bruders für Ausflüge in die Hügel.
Von hier kommt meine Familie, aber ich wusste kaum etwas davon. Die rumänischen Faschisten hatten meine Großeltern deportiert, weil sie Ungarn waren. Später floh mein Großvater vor den Kommunisten aus Ungarn, und am Ende ging die Familie nach Amerika. Aber als mein Bruder heranwuchs, wollte er sehen, was übrig war vom alten Besitz, und so fuhren wir hin – damals herrschte noch Ceausescu. Wir fanden eine Welt wie aus einer anderen Zeit, besuchten die Frühmesse, verschlafener Priester, ein paar Bauernwitwen. Nach dem Gottesdienst kein Durchkommen vor der Kirche. Das ganze Dorf wollte die „Grafen“ willkommen heißen. Man zeigte uns das alte Schloss – dann kam die Securitate, und alles floh.
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