- Kraft statt Schulz
Die Landtagswahl in NRW ist auch eine kleine Bundestagswahl. Die SPD braucht einen Sieg, die CDU kann abwarten. Und alle Parteien müssen aufpassen, dass sie nicht zu viel taktieren. Vor allem die FDP
Unterschiedlicher hätte die Stimmung kaum sein können. In Essen wird Martin Schulz mit rhythmischem Klatschen begrüßt. In Münster schleicht sich Angela Merkel in die Halle. Die Mitglieder der Jungen Union, die zur Begrüßung abgestellt sind, halten ihre Plakate lustlos in die Luft. „Neuer Antrieb für NRW“ steht darauf. Aber der Antrieb des Parteinachwuchses reicht nicht einmal, um etwas Lärm zu machen. In Essen wird der SPD-Kanzlerkandidat von 1400 Anhängern minutenlang gefeiert. In Münster ist der Beifall der 600 christdemokratischen Delegierten für Merkel allenfalls höflich. Landeschef und Spitzenkandidat Armin Laschet spricht anschließend von einer „typisch westfälischen Begrüßung“. Euphorie Anfang April beim Wahlkampfauftakt der SPD, Routine auf dem Landesparteitag der CDU. Wenn sich ein Wahlsieg herbeijubeln ließe, wenn sich die Fähigkeit, an sich selbst zu berauschen, unmittelbar in Wählerstimmen verwandeln ließe, dann müssten sich die Sozialdemokraten um den Wahlsommer keine Sorgen machen.
Müssen sie aber. Noch gibt es keine Antwort auf die Frage, ob die Euphorie der Sozialdemokraten tatsächlich ein Ausdruck von Stärke ist. Bislang haben sich die nur selbst begeistert. Schulz schweißt die Genossen zusammen. Aber der erste Versuch, auch die anderen Wähler mitzureißen, ist gescheitert. Und so bekommt die CDU-Chefin Merkel in Münster erstmals spontanen Beifall, als sie ihren Parteifreunden mit trockenem Humor „schöne Grüße aus dem Saarland“ bestellt. Schwarz schlägt Rot, Routine schlägt Autosuggestion. Große Koalition schlägt Rot-Rot-Grün. Merkel weiß, wo sie steht.
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