- Parlamentarische Macht- und Faustkämpfe
In Mazedonien eskaliert die monatelange Regierungskrise. Demonstranten haben das Parlament gestürmt und den designierten Premier der Sozialdemokraten blutig geschlagen. Im Land, seit 2005 EU-Beitrittskandidat, drohen nun bürgerkriegsähnliche Zustände
Seit Wochen verhinderten die Abgeordneten der nationalistischen Partei VMRO-DPMNE durch Filibusterei im mazedonischen Parlament die Wahl eines neuen Parlamentspräsidenten. Durch eine Finte gelang es der parlamentarischen Mehrheit aus Sozialdemokraten (SDSM) und drei Albaner-Parteien schließlich am vergangenen Donnerstag, den albanischen Politiker Talat Xhaferi zum neuen Sprecher der Volksversammlung zu wählen. Wie so oft hatte der amtierende Parlamentssprecher Trajko Veljanovski die konstituierende Parlamentssitzung vertagt. Nachdem er den Plenarsaal verlassen hatte, übertrug die parlamentarische Mehrheit dem anwesenden Parlamentsältesten die Sitzungsführung und zog die Wahl durch. In Abwesenheit der VMRO-Fraktion bestimmten 61 der insgesamt 120 Abgeordneten Xhaferi zum neuen Parlamentssprecher.
Eskalation nur eine Frage der Zeit
Die Kunde entzürnte vor dem Parlament demonstrierenden VMRO-Anhänger. Rund einhundert von ihnen durchbrachen Polizeisperren und drangen in das Parlament ein. Es kam zu wilden Faustkämpfen und wüsten Szenen roher Gewalt. Polizisten mussten SDSM-Führer Zoran Zaev mit blutendem Kopf und rotgefärbtem Hemd aus dem Parlament geleiten. Es war eine Frage der Zeit, wann der wochenlange Grabenkrieg der führenden mazedonischen Parteien um die Macht in dem Balkanland eskalieren würde. Der Sturm auf das Parlament hat nun gezeigt, dass die Furcht nicht unbegründet ist, die monatelange politische Konfrontation könnte zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen ausarten.
„Ich rufe die Öffentlichkeit auf, ruhig zu bleiben, und sich nicht von falschen Nachrichten und Manipulationen beeinflussen zu lassen“, sprach Staatspräsident Gjorge Ivanov am späten Donnerstagabend im mazedonischen Fernsehen zu seinem Volk. Er beschwor einen „Abbau der Spannungen“, „eine Abkehr von Gewalt“ und „Ruhe und ordentliches Verhalten“. Die Führer der politischen Parteien bestellte er für den nächsten Tag in seinen Amtssitz ein, „um die eingetretene Situation zu besprechen“
Die Albanien-Frage
Staatspräsident Gjorge Ivanov ist aber maßgeblich verantwortlich für die Eskalation der politischen Konfrontation. Seit Anfang März 2017 verweigert er der parlamentarischen Mehrheit aus Zaevs SDSM und ihren albanischen Bündnispartnern das Mandat für die Regierungsbildung. Als Grund dafür nennt er die sogenannte Albanische Plattform, eine von den albanischen Parteien getroffene programmatische Vereinbarung für ihre Koalitionsbeteiligung. Sie sieht das Albanische als zweite offizielle Landessprache vor sowie Änderungen staatlicher Symbole wie Wappen, Flagge und Hymne, um die ein Viertel der Bevölkerung des Landes stellenden Albaner stärker ihn ihnen zu repräsentieren.
Staatspräsident Ivanov nennt das Koalitionsprogramm der Albaner „Tirana-Plattform“, habe doch Albaniens Ministerpräsident Edi Rama an ihm mitgeschrieben. Die Umsetzung des „Dokuments der Einmischung eines fremden Staates in die inneren Angelegenheiten Mazedoniens“ gefährde die Einheit des Landes und könne zu seiner Föderalisierung führen, warnt Ivanov. Dies fürchten auch Tausende Mazedonier, die seit sechzig Tagen allabendlich „Für ein einiges Mazedonien!“ demonstrieren.
Mit seiner Weigerung, ihnen den Regierungsauftrag zu erteilen, wolle Ivanov nur seinen politischen Freund Nikola Gruevski vor Strafverfolgung schützen, glauben Zoran Zaevs Sozialdemokraten. Der VMRO-Chef Gruevski hat als Ministerpräsident Mazedonien seit 2006 regiert. Nachdem herausgekommen war, dass seine Regierung politische Gegner massenweise abgehört hatte, musste er im Frühjahr 2016 zurücktreten. Eine Sonderstaatsanwaltschaft ermittelt nun gegen ihn wegen des Verdachts des Machtmissbrauchs und der Korruption.
EU auf Seite der Sozialdemokraten
Gruevski sieht die Schuld für die aktuellen Vorkommnisse bei seinem Kontrahenten Zaev. Die Art, wie die Sozialdemokraten Xhaferis Wahl zum Parlamentssprecher durchgesetzt hätten, sei „ungesetzlich, verfassungswidrig und entgegen den Regeln des Parlaments“, sagte Gruevski. „Die SDSM und die anderen Parteien wussten, was sie tun. Ihre Handlungen haben große Schande über Mazedonien gebracht und die Verachtung der internationalen Öffentlichkeit. Sie haben die verfassungsmäßige Ordnung des Staates unterminiert“, so Gruevski weiter, der sich momentan in Wien zu politischen Gesprächen aufhält.
Allerdings hat sich die internationale Öffentlichkeit mit Ausnahme Russlands in dem Streit um die Regierungsbildung mehrheitlich auf die Seite der SDSM und ihrer albanischen Partner gestellt. Die führenden Repräsentanten der EU gaben sich in Skopje die Klinke in die Hand, um Präsident Ivanov zu überreden, den friedlichen Machttransfer von Gruevskis VMRO-DPMNE zum Bündnis aus Sozialdemokraten und Albanerparteien zu ermöglichen. Ivanov blieb in seiner Weigerung standhaft. Zusammen mit Gruevski fordert er erneute vorgezogene Parlamentswahlen als „einzigmöglichen Ausweg aus der Krise“. Für „völlig unakzeptabel“ erklärten die EU-Außenbeauftragte Federika Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn die Gewalt im mazedonischen Parlament. Die Wahl von Talat Xhaferis zum Parlamentssprecher hätten sie „positiv“ zur Kennntnis genommen: „Demokratie muss ihren Lauf nehmen“.
Furcht vor weiterer Gewalt
„Wenn die politische Elite des Landes nicht zu einem Kompromiss gelangt, kann es zu weiterer Gewalt kommen“, warnt Johannes D. Rey, Leiter der Konrad Adenauer-Stiftung in Skopje und nennt die Eskalation der politischen Krise ein „besorgniserregendes Signal für das demokratische Funktionieren des Staates“. Eine Überwindung der Krise ohne Einbeziehung der VMRO-DPMNE als größter parlamentarischer Fraktion hält Rey für unmöglich, da dies „zu keiner dauerhaften Lösung führen würde“. Die jüngsten Entwicklungen, wie die blockierten Prozesse nach den Wahlen am 11. Dezember 2016, zeigen nach Ansicht Reys, „dass alle politischen Parteien weit entfernt von einer politischen Lösung“ seien. „Sie kann nur erreicht werden, indem die sich gegenüberstehenden Seiten zusammen mit der internationalen Gemeinschaft in einen Dialog gebracht werden“.
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Das Pulverfass Balkan wird eine Blaupause für das Westeuropa der Zukunft sein. Länder, in denen sehr unterschiedliche Ethnien ihre unterschiedlichen Vorstellungen von Gesellschaft durchsetzen wollen, werden die Staaten unregierbar machen.
von einen " Grossalbanien", ähnlich wie dem " Kosovo".
In vielen Teilen des F.Y.R.O.M, offizieller Name, traut sich nicht mal das Militär rein. Demografisch gesehen, werden die Albaner in wenigen Jahrzehnten die Mehrheit bilden und versuchen die Gebiete an sich zu reissen. Das ist offizieller Doktrin. Die Albaner sollen aufpassen, nicht das " Grossalbanien", klein wird .Es ist sowieso witzig das sich Slawen, Bulgaren und Albaner sich "Makedonier" nennen.
Gebietsabsprüche stellen sie an Griechenland mit den geklauten griechischen Namen. Größenwahn ist oft fehl am Platze.
Was Herr Aslanidis schreibt, ist nicht von der hand zu weisen. Vieles, was in Makedonia abgeht, erinnert fatal an Vorgänge im Kosovo. In Mazedonien hat sich eine albanische Minderheit eingeschlichen, die sich nun zur Mehrheit auswächst. So war es im Kosovo zwischen 1950 und 1990. Dann kam das große Geschrei, Krieg und die Nato. Krieg um Land ist es, worum es geht. Wo leben Albaner, und wie viele? Am Ende entscheidet die Bevölkerung über die Abtrennung vom Landesteilen. Was auf der Krim (mglw. zurecht) verteufelt wird, erkennt man im Kosovo und Mazedonien selbstverständlich an. Da wird eine Minderheit zur Mehrheit und erklärt sich für selbständig, trennt das Land ab und vereinnahmt es für sich. Was bitte ist das anderes als feindliche Landnahme? Das hat Methode und am Ende entscheidet die Kinderzahl über den verbleib von Territorien. Das wird nicht gut ausgehen, nicht auf dem Balkan, nicht in Westeuropa, nirgendwo.