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Franziska Daxer

Post an Wagner - Flüchtlingslager ja, aber nicht vor meiner Haustür

Ein Einwurf der besonderen Art. Unser Autor Alberich lehrt Wagner und die deutsche Seele das Fürchten. Immer montags und immer böse.

Autoreninfo

Alberich ist Autor der Schelmenkolumne "Post an Wagner". Er ist politischer Feuilletonist, Publizist und Wüterich. Nachdem Alberichs schier end- und erfolgloses Werben um die Rheintöchter bekannt wurde, zog er sich aus der Öffentlichkeit komplett zurück und schrieb die wohl längsten Haikus der Neuzeit. Zuletzt ist sein Empörungsroman "Funktionskleidung gehört abgeschafft, Jack Wolfskin erschossen" im Mariamierscheid-Gedächtnisverlag erschienen.

So erreichen Sie Alberich:

Lieber Wagner,

warum nicht mal dem deutschen Wutbürger für sein reges Engagement danken?

Gerade hat er die olympischen Winterspiele in Bayern verhindert. Und die Nation vor einer weiteren handfesten Blamage bewahrt. Weil der Bürger sehr genau weiß, dass Deutschland so seine Probleme mit Großprojekten hat, verhindert er sie jetzt einfach schon im Ansatz. Ja, der Deutsche fährt nicht nur vorausschauend, er kann auch Großprojektdebakel antizipieren. Gratulor!

Ordnung wieder hergestellt. Risiko gestrichen. Danke, möchte man rufen. Ein Lob dem Tüchtigen, dem Züchtigen, dem Michel, er kennt sein Recht, ist und bleibt auf Zack – und dauerengagiert.

Auch in Asylfragen geht er munter voran: Jawohl, Asyl für Snowden, quietscht er, das klingt gut, dafür finden wir eine Mehrheit, erst recht, wenn wir den Amis damit aber mal so richtig einen vor den Latz knallen können.

Aber wie ist das eigentlich mit dem Asyl für Kriegs-, Armutsflüchtlinge oder tatsächlich politisch Verfolgte? Naja, also, ähm, grundsätzlich ja schon, in der Theorie, auf dem Papier, so als abstrakter Umfragebalken. Gern. ABER…!

Nein, nein. In Sachen Flüchtlingslagern hält es der engagierte Deutsche wie mit dem Atommüll. Bitte nicht vor meiner Haustür!

Schwuppdiwupp werden dann Aktenordner gefüllt, Briefe geschrieben, Initiativen gefahren, Bürgerbewegungen in sprichwörtliche Bewegung gesetzt. Vorbei die Zeiten, da es mit Fackel, Mistgabel und bärbeißig dem Störenfried an die Krawatte ging. Heute zündet der engagierte Bürger lieber Lichterketten gegen Flüchtlingsunterkünfte.

Und war es nicht herzallerliebst anzuschauen, als da in Essen die Menschen Hand in Hand ein Licht gegen die Ausländer zündeten? Oder im Berliner Stadtteil Hellersdorf auf die Straße gingen, oder im bayerischen Traunstein, oder im Dortmunder Stadtteil Hacheney, oder im niedersächsischen Dorf Appel, oder im im thüringischen Greiz…

Nein, nein, das lässt sich der mündige Bürger nicht gefallen – und schon gar nicht lässt er sich in die rechte Ecke schreiben. Es bleibt dabei: Die Deutschen fegen am liebsten vor der eigenen Haustür. Nur tun sie das heute eben mit einem Licht, einem Lächeln und dem Recht auf ihrer Seite.

Schmerzlichst,

Ihr Alberich

 

 

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