- Maschinen sind die besseren Menschen
Menschen sind anstrengend, Maschinen dagegen nehmen nichts übel. Wunderbar! Aber haben sie vielleicht auch Gefühle?
Oft ist es doch so: Man würde gern gehen, aber man kann nicht, weil das unhöflich wäre. Die anderen würden auch gern gehen, aber sie können ebenfalls nicht, weil es genauso unhöflich wäre. Ein Gespräch mit der Freundin am Telefon zu beenden, und sei es nach Stunden, ist heikler, als gar nicht anzurufen. Wie wahnsinnig anstrengend das ist, darf sie natürlich nie erfahren. Manchmal bin ich froh, wenn der Anrufbeantworter rangeht, weil ich mit dem viel entspannter sprechen kann. Obwohl ich mir vorstelle, dass sie auch da genau registriert, wie viel Zeit ich mir genommen habe. Vielleicht steht sie sogar daneben und belauscht uns. Menschen sind so anstrengend! Wie angenehm sind dagegen Maschinen.
Wenn ich einen Kaffee am Automaten kaufe, muss ich nichtmal Danke sagen, obwohl der Automat das tut, sogar in verschiedenen Sprachen. Es gibt Automaten, die den Geldschein ganz unwirsch einziehen, sie rupfen ihn einem regelrecht aus der Hand. Das könnte unfreundlich wirken, aber man weiß ja, dass er nicht anders kann. Er ist eben wie ein Kind, das ein Geschenk entgegennimmt und wortlos damit verschwindet. Aber das macht nichts, man war ja auch mal ein Kind, das ist doch eigentlich rührend, so unverbildet. Der Automat ist auch nicht beleidigt, wenn man sich nach einem Kaffee nie wieder blicken lässt. Oder wenn man den Automaten lange nicht benutzt hat, dann muss man ihn nicht erst begütigen und tagelanges Schweigen ertragen, bis er einem wieder einen Kaffee gibt. Dafür vermissen einen Maschinen allerdings auch nicht, es ist ihnen egal, ob man jemals wiederkommt.
Aber was hilft es, in unserer kalten Welt haben wir mehr mit Maschinen als mit Menschen zu tun, für viele von uns ist das der einzige regelmäßige Kontakt zur Außenwelt. Menschliche Wärme könnten vielleicht Maschinen ersetzen, die uns auch Vorwürfe machen, die beleidigt sind, und die einfach weggehen, wenn sie uns satt haben. Das ist zwar nur die Kehrseite jeder Liebesbeziehung, aber immerhin. Die Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine ist ja eigentlich rassistisch. Viele Menschen sind längst bereit, die Maschinen als fühlende Wesen zu betrachten, wir können gar nicht anders.
Ich habe einmal einen Mann gesehen, der sich immer wieder nach seinem parkenden Auto umdrehte, es machte ihn unglücklich, sich zu weit davon zu entfernen. Oder als mir neulich im ICE eine Glas-Schiebetür gegen den Kopf knallte. Mein erster Impuls war zurückzuschlagen, es war wirklich ein Jammer, daß die Schiebetür nicht schmerzempfindlich war. Es wäre schön, wenn man sein Auto anfeuern könnte, damit es schneller fährt. Oder wenn mein Radio im Winter so heiser wäre wie ich. Wenn man seinem Fernseher ein Gutenachtlied singen müsste, damit er ausgeht. Wenn mein Drucker auch mal was Selbstgemachtes drucken würde. So viele Jahre haben wir zusammen in einem Raum verbracht, und im Grunde weiß ich gar nichts von ihm.
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