Alexander Marguier Hans Kollhoff
Alexander Marguier und Hans Kollhoff

Hans Kollhoff im Gespräch mit Alexander Marguier - Cicero Podcast Politik: „Die Stadtplanung, das war das Elend“

Was tun gegen Wohnungsnot und steigende Mieten? Der Staat jedenfalls will die Probleme mit großangelegten Bauprogrammen in den Griff bekommen. Für den Architekten Hans Kollhoff ist das ein Irrweg. Denn damit würden nur wieder trostlose Quartiere geschaffen, die den menschlichen Bedürfnissen widerstreben. Das angesagte „ökologischen Bauen“ sei noch dazu eine einzige Mogelpackung: Da würden Wegwerf-Gebäude für eine heimatlose Gesellschaft konzipiert.

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Wohnen ist eines der essentiellen Grundbedürfnisse des Menschen. Kein Wunder also, dass das Thema Wohnungsbau zu den ganz heißen Eisen zählt, mit denen sich die Politik derzeit beschäftigen muss. Denn Wohnraum ist in Deutschland nicht nur knapp, er wird für viele zunehmend auch unbezahlbar. Die Bundesregierung hat sich deshalb den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen vorgenommen, davon 100.000 öffentlich geförderte.

Aber wären damit die Probleme aus der Welt geschafft? Der Architekt Hans Kollhoff glaubt nicht daran. Über staatliche Wohnungsbauprogramme wie das der Ampel-Koalition sagt er: „Das klingt mir wie ein Fünfjahresplan aus DDR-Zeiten.“ Zumal es bei solchen Megavorhaben stets nur um möglichst große Zahlen gehe, nicht aber um Qualität. „Da steht noch nicht mal die Frage am Anfang, wo die Menschen heute ein glückliches Leben führen wollen mit ihrer Familie oder mit ihren Freunden.“

„Die Menschen werden da nicht glücklich“

Hans Kollhoff, den man als den großen Traditionalisten unter den Architekten bezeichnen könnte, stört sich ohnehin daran, dass seine Zunft konsequent an den Bedürfnissen der Menschen vorbei plant – und plädiert vehement dafür, sich am Wohnungsbau früherer Zeiten zu orientieren. „Man muss“, so Kollhoff, „weggehen von dem Denken in den Kategorien des sozialen Wohnungsbaus.“ Denn die Menschen würden „nicht glücklich“ in Quartieren, die von einer dirigistischen Politik als Massenware in Auftrag gegeben werden. Ähnliches gelte übrigens für die Stadtplanung – ein Begriff, den er ohnehin verabscheut: „Das war das Elend, die Stadtplanung, das war auch Hybris. Als könne man die Städte sozusagen aus dem Nichts planen.“

Mit ähnlicher Verachtung blickt der 75 Jahre alte Kollhoff, von dem etwa der Entwurf für das berühmte Backstein-Hochhaus am Potsdamer Platz in Berlin stammt, auf den Trend zum angeblich „ökologischen Bauen“. Wirklich nachhaltige und umweltverträgliche Gebäude zeichneten sich nämlich nicht durch moderne Klimatechnik oder irgendwelche Fassadenbegrünungen aus, sondern durch Haltbarkeit. Ein Haus, so Kollhoff, müsse im Prinzip für die Ewigkeit konzipiert sein. Und nicht dafür, nach 20 oder 30 Jahren schon wieder abgerissen zu werden. Zumal: „Wenn wir alles in immer kürzeren Zeitabständen abreißen und neu bauen, dann entsteht ja nichts mehr, wo wir zu Hause sind.“ Das Ergebnis sei „eine Gesellschaft, die überhaupt keine Erinnerung mehr hat an ein Dorf oder an eine Stadt“. Anders gesagt: Wir verlieren mit der heutigen Instant-Bauweise unser Gefühl für Herkunft – und damit unsere Heimat.

Das Gespräch wurde am 3. Juli 2022 aufgezeichnet.

 

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B. Mayer | Sa., 9. Juli 2022 - 14:07

Zuallererst sollte die Politik aufhören zügellos Habenichtse aus aller Welt zu Importieren alldieweil solche Menschen zuerst neue Sozialwohnungen benötigen......

Wolfgang Z. Keller | So., 10. Juli 2022 - 17:19

... was da "seit 1945" insgesamt städtebaulich so zusammengebastelt wird - war gerade drei Tage in der "autogerecht" wieder aufgebauten Stadt Kassel. Aber danke für dieses hochinteressante Zwiegespräch - hochinteressant wäre auch gewesen, wenn Herr Kollhoff die letzten 70 Jahre Bundesbauminister mit Einfluss aufs Architekturstudium gewesen wäre.
Jeder Maurermeister bis vor gut 130 Jahren hatte anscheinend mehr Gespür für die sozialen Anforderungen beim Bauen als seit Jahrzehnten das Gros der Architekturstudierenden.

Maria Busold | So., 10. Juli 2022 - 20:32

Mit der völligen Absage an Stadtplanung bin ich nicht einverstanden. Stadtplanung gab es schon im Mittelalter. Der Stadtplan von Speyer, daher weiß ich das, weißt ziemlich exakte Kreisbögen und Sichtachsen auf, wie sie nicht einfach durch wildes Bebauen rund um den Dom entstanden wären.
Richtig ist, dass man echte Begegnungsorte nicht in Betonbauweise nachbauen konnte und gleichförmige Wohnschachteln die Identifikation und damit auch die Achtsamkeit mit seinem Wohnumfeld deutlich erschweren.
Aber es gibt inzwischen genügend Beispiele, dass unsere heutigen Siedlungsplaner, so will ich sie mal nennen, aus den Bausünden der vergangenen Jahre durchaus gelernt haben.