Illustration: Miriam Migliazzi und Mart Klein

Serie: Blick nach Deutschland - Großbritannien: Es wachsen die Zweifel

Von den Vereinigten Staaten über Frankreich bis nach China: Was denkt man im Ausland über das krisengeschüttelte Deutschland? In einer siebenteiligen Serie blickt das Ausland auf die Bundesrepublik. Teil 2: Großbritannien.

Autoreninfo

Christian Schnee studierte Geschichte, Politik und Public Relations in England und Schottland. Bis 2019 war er zunächst Senior Lecturer an der Universität von Worcester und übernahm später die Leitung des MA-Studiengangs in Public Relations an der Business School der Universität Greenwich. Seit 2015 ist er britischer Staatsbürger und arbeitet als Dozent für Politik in London.

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Spätestens seit den Wahlen in Thüringen und Sachsen reden Briten über das Erstarken der Rechtsextre­men in Deutschland. Informationen zu dem Thema bieten Podcasts und soziale Medien. Tageszeitungen und Fernsehen berichten wenig. Das lässt Platz für Stereotype über den deutschen Nachbarn: eine britische Tradition seit John Cleese in den 1970er Jahren, als Hoteldirektor Basil Fawlty in der BBC-Sitcom „Fawlty Towers“ seine deutschen Gäste im preußischen Paradeschritt begrüßte. Noch 2005 klagte Berlins Botschafter in London über das verzerrte britische Deutschlandbild. Im vergangenen Jahr sagten fast 60 Prozent der Briten, sich nicht für Deutschland zu interessieren und als Partnerland ihre ehemaligen Kolonien USA, Australien, Kanada, Neuseeland sowie den Nachbarn Frankreich zu bevorzugen.

Der Regierung allerdings gilt Deutschland neben Frankreich als wichtigster Partner. König Charles’ III. erster Staatsbesuch war in Berlin, und Premierminister Keir Starmer verhandelt mit Deutschland ein Partnerschaftsabkommen. Es ist ein Neustart nach einem schwierigen Jahrzehnt gegenseitiger Missverständnisse und Enttäuschungen. Angela Merkels Flüchtlingspolitik wurde heftig diskutiert. Ihre Entscheidung, aus der Kernkraft auszusteigen, nahm lange niemand ernst. „Das ist Wahlkampftaktik; die Deutschen sind nicht so verrückt, das durchzuziehen“, lautete der Tenor in den Gesprächen. Über Olaf Scholz diskutiert niemand. „Olaf who“ – Olaf wer? – ist ein Unbekannter geblieben. Wieso mache er überhaupt weiter? „Sonst bleiben nur Leute wie Putin an der Macht, denen egal ist, was das Volk von ihnen hält“, schrieb der Daily Express über den deutschen Bundeskanzler.

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Stefan Jarzombek | Di., 1. Oktober 2024 - 09:17

"Über Olaf Scholz diskutiert niemand. „Olaf who“ – Olaf wer? – ist ein Unbekannter geblieben. Wieso mache er überhaupt weiter? „Sonst bleiben nur Leute wie Putin an der Macht, denen egal ist, was das Volk von ihnen hält“, schrieb der Daily Express über den deutschen Bundeskanzler."
Liebe Briten,da kann ich euch nur Recht geben.

Norbert Heyer | Di., 1. Oktober 2024 - 10:28

Man muss es so sehen, wie es ist: Keiner unserer Nachbarn liebt uns und alle überfällt „klammheimliche Freude“, wenn der verhasste, belächelte und minderbemittelte Deutsche mal so richtig auf die Schnauze fällt. Aber halt: Da gibt es ja einen Punkt, der „unseren Freunden“ gut gefällt. Sie kaufen bei uns Waren, bezahlen sie aber nicht. Das sind die berüchtigten Target-Konten. Unsere Forderungen hier belaufen sich auf eine Billion. Außerdem bekommen unsere Nachbarn eine höhere Rente, wir unterstützen ihre Sozialkassen. Unser EU-Beitrag ist der höchste von allen und die Ukraine wird bestens von uns versorgt. Der Vertrag von Versailles gilt anscheinend immer noch. Deutschland, die milchgebende Kuh, hat jetzt selbst Probleme, würde aber auf Hilfe der EU vergeblich hoffen. Alle freuen sich über den selbstverschuldeten Niedergang, bedauern aber sich selbst, weil der superreiche Onkel leider mittellos wird und nicht mehr Millionen an Gelder wahllos an alle bedingungslos verteilen
kann.

Gerhard Lenz | Di., 1. Oktober 2024 - 10:53

Die Staatsschulden übersteigen erneut die Wirtschaftskraft des Landes. Die neue Labour-Regierung startet mit Pannen, Starmer ist bislang eher mit Skandälchen aufgefallen. Im Hintergrund lauern Rechtsextremisten um Farage, die sich anschicken, den nach langer Regierungszeit ausgelaugten Konservativen demnächst den Rang abzulaufen - auf dem Weg zur Regierungsübernahme. Die Labour Party versucht eine vorsichtige Annäherung an die EU, um die enormen Schäden des Brexits - der heute in einer Volksabstimmung keine Mehrheit mehr finden würde - wenigstens einigermaßen zu lindern.
Da liegt ein Deutschland, das unter einer zerstrittenen Regierung, mangelnden Investitionen, einer risikoscheuen Wirtschaft (Stichwort E-Autos, Sonnenenergie usw.) sowie erstarkendem Extremismus leidet, doch sehr fern. Natürlich reibt man sich auch in GB die Augen, wo der bislang zuverlässige Hort der Stabilität geblieben ist, fühlt sich aber doch nur wenig durch die Situation in DE und auf dem Kontinent berührt

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