() Das kann Mappus erst tun, wenn die S21-Gegner Fakten zu ihrer Alternative nennen
Schlichtungsgespräche Stuttgart 21: Das Phantom K21
An diesem Freitag findet die vierte Runde der Schlichtungsgespräche um Stuttgart 21 statt. Heiner Geißler eröffnet erneut den Ring für Gegner und Fürsprecher des Milliarden Euro teuren Verkehrsprojektes. Die Skeptiker des Untergrund-Bahnhofs werden ihre angeblich überlegene Alternative Kopfbahnhof 21 vorstellen. Doch kaum jemand weiß, was sich hinter dem K21 eigentlich verbirgt.
Die Hände Werner Wölfles, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Stuttgarter Landtag, könnten am Freitag ins Schwitzen geraten. Sein Kontrahent, Ministerpräsident Mappus (CDU), hingegen dürfte sich schon auf den erneuten Schlagabtausch freuen. Im vierten Schlichtungsgespräch werden sich die Vertreter der Befürworter und Gegner von Stuttgart 21 über die Alternative zum Tiefenbahnhof streiten, dem sogenannten Kopfbahnhof 21. Ringrichter Heiner Geißler wird den ungleichen Kampf zwischen S21 und K21 moderieren.
An diesem Freitag allerdings werden die Rollen erstmals vertauscht sein. Zum Auftakt der Schlichtungsgespräche bestritten Wölfle und seine Mitstreiter stundenlang die Leistungsfähigkeit des Untergrund-Bahnhofs. Mappus und Co. mussten sich etwa gegen den Vorwurf wehren, einen Bahnhof mit zu wenigen Gleisen bauen zu wollen, der deswegen den Zugverkehr in den Hauptverkehrszeiten lähmen würde. Jetzt werden die Angreifer zu Verteidigern. Die Stuttgart-21-Gegner werden ihren Gegenentwurf K21 lobpreisen und müssen sich vor den Argumenten ihrer Kontrahenten fürchten.
Einfach wird das nicht. Schließlich wollen sie die Öffentlichkeit, die Landesregierung und die Bahn von einem Entwurf überzeugen, für den weder detaillierte Pläne noch eine gesicherte Finanzierung existieren. Nicht mal ein einheitliches Konzept steht zur Debatte. „Niemand weiß genau, was K21 ist“, gab Ullrich Martin, der Direktor des Stuttgarter Instituts für Eisenbahn und Verkehrswesen am Mittwoch vor dem Bundesverkehrsausschuss, zu bedenken. Mit seinem Institut habe er die wichtigsten einzelnen Komponenten von K21 in Beziehung miteinander gesetzt und 112 unterschiedliche Varianten ermittelt, wie der Kopfbahnhof erneuert werden könne, ergänzte er. Eigentlich müssten sich die K21-Verfechter dringend auf eine einzige Alternativ-Variante zu Stuttgart 21 einigen, wenn sie nicht nur von der Wut über den Basta-Stil von Mappus und der zweifelhaften Planung des Tiefenbahnhofs profitieren wollen, sondern letztlich ihre Alternative zur nach offiziellen Angaben 4,1 Milliarden Euro teuren Tunnelvariante realisieren wollen.
Wollen sie mehr als nur Blockierer sein, dürfen sie nicht nur beteuern, Jahrhunderte alte Bäume im Schlossgarten zu verschonen. Mit solchen Parolen erreichen sie nur Gesinnungsgruppen wie Robin Wood. Wollen sie hingegen die bisher unentschlossenen Baden-Württemberger für sich gewinnen, dann müssen sie beweisen, das maßgeblich günstigere, aber mindestens genauso leistungsfähige Infrastruktur-Projekt bauen zu können. Martins Vorgänger im Institut für Verkehrswesen, Gerhard Heimerl, prognostizierte in den Stuttgarter Nachrichten, K21 koste eingerechnet mit Preissteigerungen bis Bauende etwa 3,75 Milliarden Euro. Diese Schätzung ist vermutlich weniger fragwürdig, als jene 1,2 Milliarden Euro, die die K21-Befürworter auf ihrer Internetseite veranschlagen.
Umsonst ist also auch die Alternative zu S21 nicht zu haben. Aus Sicht der Bahn kostet allein der Stopp des Projektes Stuttgart 21, dessen Planung und Bauvorbereitung schon weit fortgeschritten ist, rund 1,4 Milliarden Euro. Dazu müssen die gesamten Gleise am Bahnhof erneuert werden. Im festen Glauben an einen unterirdischen Bahnhof wurde für die Gleise nur das Nötigste getan. Aber natürlich hat die Bahn ein Interesse, die Ausstiegskosten hochzurechnen, sie will schließlich weiterbauen.
Der Streit um die Zukunft des Bahnhofs in Stuttgart ist also nicht nur ein Streit der Konzepte, sondern auch eine Schlacht um Zahlen. Gleichzeitig ist es ein ungleicher Kampf. Die Bürgerinitiativen konnten anders als die Bahn nicht hunderte Millionen Euro ausgeben, um einen detaillierten Plan vorzulegen. Trotzdem müssen Wölfle und seine Anhänger an diesem Freitag in der Schlichtung überzeugen. Für die Gegner von Stuttgart 21 könnte sich bei der vierten Schlichtungsrunde also entscheiden, ob sie das umstrittene Projekt noch verhindern und über ihre überzeugte Anhängerschaft hinaus neue Mitstreiter gewinnen können. Nur dann könnte ihr Alternativkonzept noch eine Chance bekommen. Bislang ist K21 nur ein Phantom.
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