- Kein Verständnis für Putin-Versteher
Die Schelmenkolumne: Unser Autor Alberich lehrt Wagner und die deutsche Seele das Fürchten. Immer montags und immer böse. Heute: die Putinversteher von links und rechts
Lieber Wagner,
schreiben Sie doch mal den Putin-Verstehern.
Herrlich, diese Freude über einen, der da endlich mal einsammelt, was einzusammeln ist. Volk. Blut. Boden. Husch, husch, heim ins Reich.
Immer um Korrektheit bemüht, diese Putin-Jubel-Perser: Wie sie in den bundesrepublikanischen Talkshows ihr Feingefühl versenden und verstanden werden, auf Verstehende treffen. Wie sie sich wortreich im Netz feiern lassen, im Hobbykeller Truppen verschieben und beim heimischen Risiko-Brettspielabenteuer endlich wieder schnurrgerade und ethnisch sauber ihre Figuren aufreihen dürfen. Entzückend.
Von links wie rechts. Die Ränder haben eine neue Klammer. Antisemitismus, Antiamerikanismus, Antipasti und ja, Putin. Endlich.
Etwa nicht, lieber Wagner? Zu verkürzt, sagen Sie? Ganz recht!
Ja, der Putin, das ist doch einer. Während er für die einen alles Antimoderne, lupenrein Heterosexuelle so herrlich orthodox und brustunbehaart zu verkörpern weiß, reiben sich andere die nie-wieder-kriegsmüden Hände, ob so viel gelebter nationalvölkischer Realpolitik.
Possierlich die Schablonen, die sie bemühen, aus Zeiten des Kalten Kriegs hervorholen und moralfinger-dirigentensicher den Weichspüldemokratien die Welt erklären. Ihr Lied mit den immer gleichen Strophen: „Aber, aber, die Amis haben annodazumal doch versprochen, die Nato nicht nach Osten zu erweitern.“ Schnief.
Plötzlich sind sie alle ganz machiavellistisch realpolitisch, sprechen von Sicherheitsbedürfnissen und Selbstbestimmungsrechten. Der Völker. Versteht sich.
Und merken gar nicht, wie sie die Demokratiedestabilisierungsmühen à la Putin voranklatschen. Randnotiz: Wo bleiben eigentlich die Ukraine-Versteher?
Kein Putin-Argument, das ohne Verweis auf die böse USA auskommt. Kein Russlandverständnis ohne Verweis auf bitterböse Nato-Expansionen. Maximal ein Spiegelstrich für all jene Schutzsuchende, die sich nach Wegfall des Eisernen Vorhangs freiwillig dem Bündnis anschlossen. Fußnotenpropaganda!
Ach lieber Wagner, mit welch erstaunlichem Maß hier völlig vermessen das Handeln von Demokratien mit Handlungen Putins gleichsetzt wird.
Mit Verlaub, lieber Wagner, vergleichen dürfen Sie.
Aber: Die Birne Putin bleibt Birne. Und Resteuropa nun mal Apfel. Ok, der Apfel hat einen Wurm, aber die Birne ist eben doch irgendwie faul. Demokraten sollte das nicht entgangen sein.
Belassen wir‘s dabei.
Schmerzlichst,
Ihr Alberich
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