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Die Polizei achtet auf die Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes / dpa

Polizeikontrollen in der Coronakrise - „Im Katastrophenfall ist der Weg frei für die Bundeswehr“

Im ganzen Bundesgebiet sollen Kontaktsperren die Verbreitung des Coronavirus eindämmen. Vor welche Herausforderungen die neue Regel die Polizei stellt, darüber spricht Benjamin Jendro im „Cicero“-Interview von der Polizeigewerkschaft Berlin.

Autoreninfo

Rixa Rieß hat Germanistik und VWL an der Universität Mannheim studiert und hospitiert derzeit in der Redaktion von CICERO.

 

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Benjamin Jendro ist Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin.

Herr Jendro, in Berlin gilt seit Montag eine Kontaktsperre für mehr als zwei Personen. Wie viele Beamten bräuchten Sie, um die Einhaltung dieser Regel zu kontrollieren?
Man kann da keine validen Zahlen nennen. Wir sind fast eine Vier-Millionen-Stadt. Natürlich steht die Polizei nicht rund um die Uhr an jeder Straße. Ich will den Menschen da auch ein bisschen die Angst nehmen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, das Virus einzudämmen. Die Empfehlungen vom Robert-Koch-Institut sind alle notwendig und müssen so umgesetzt werden.

Wie versuchen sie das umzusetzen?
Wir appellieren an die Menschen, dass sich alle daran halten, aber man wird jetzt nicht sofort ins Gefängnis gehen, wenn man mal kurz zu dritt irgendwo entlanggeht. Die Kollegen werden sich in erster Linie darauf konzentrieren, größere Gruppen aufzulösen. Man sollte einen Personalausweis mitführen, wenn es mal stichprobenartige Kontrollen gibt. Man wird nicht auf Schritt und Tritt verfolgt – das ist nicht stemmbar.

Benjamin Jendro Pressesprecher der Polizeigewerkschaft Berlin
Benjamin Jendro, Pressesprecher
der Polizeigewerkschaft Berlin/
Foto: CandyPottPictures

Die Polizei stößt jetzt schon an Kapazitätsgrenzen. Wie hat sich das Pensum durch die Corona-Krise verändert?
Momentan noch nicht gravierend. Uns fehlen derzeit auch einige Kollegen. Das Arbeitsaufkommen ist weniger geworden – wir werden sehen, ob das in zwei drei Wochen immer noch so ist. Die vermehrten Ausgangsbeschränkungen werden zu vermehrter häuslicher Gewalt führen. Darauf müssen wir uns einstellen. Es wird in einer Großstadt wie Berlin auch viele Leute geben, die sich nicht daran halten. Das sorgt dann vielleicht auch für den einen oder anderen Widerstand. Die Kriminalität wird nicht erlahmen – es gibt sie nicht nur auf öffentlichen Plätzen. Fälle wie Internet- und Betrugskriminalität finden parallel und vielleicht noch mehr als sonst statt.

Was wäre der Worst Case?
Innerhalb der Polizei wäre es natürlich der absolute Worst Case, wenn durch Pandemiewellen auf einen Schlag ein ganzer Polizeiabschnitt wegbricht. Im Katastrophenfall ist der Weg auch frei für die Bundeswehr. Auch wenn wir keine patrouillierenden Soldaten in unserer Stadt wollen.

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Romuald Veselic | Di., 24. März 2020 - 09:03

zu aktuellem Notstand.
Das gestrige Hart aber fair, war ein Witz u. ein Zeugnis der Ratlosigkeit m. etwa u. vielleicht.
Ich kann mich an die dämlichen Slogans der Gutmenschen aus dem letzten Jh. erinnern, als sie verzählten: "Es ist Krieg u. keiner geht hin."
Jetzt kuschen die Besserwisser. Keiner von denen sagt: "Es ist Pandemie u. jeder bleibt daheim".

Da gebe ich Ihnen recht. In Bezug auf die gestrige Hart aber fair-Sendung möchte ich Folgendes anmerken. Ratlosigkeit ja, aber dennoch mit einigen erhellenden Momenten. Der Virologe Prof. Streeck hat u.a. gesagt, dass der Mangel an Schutzbekleidung in den 90-iger Jahren wohl so nicht aufgetreten wäre. Daraus schließe ich, dass die Regierung kaum Vorsorge getroffen hat. Und zwar wider besseren Wissens. So weit ich mich erinnere, hat vor einigen Jahren die Regierung selbst ein Gutachten zum Ablauf von Pandemien erstellen lassen. Wie kann es jetzt sein, dass die Regierung keinen strategischen Vorrat an Schutzbekleidung (für den Gesundheitsbereich, Polizei etc., aber auch die Bevölkerung) hat anlegen lassen? Räumlichkeiten dafür hätte man doch gehabt, ich denke z.B. an die Bunkersysteme aus der Zeit des kalten Krieges (sowohl im Westen als auch im Osten), die später vom Bund verkauft oder vermietet wurden und jetzt beispielsweise zur Champignon-Zucht genutzt werden.

..ich stimme Ihnen mal zu, was aber wahrscheinlich nicht zur Gewohnheit wird.

Allerdings geht es nicht um ein bundesdeutsches Problem, sondern um ein marktwirtschaftliches.

Im Lauf der letzten Sars-2 Epidemie (wie auch kürzlich bei Ebola) waren verschiedene Firmen mit der Entwicklung von Impfstoffen beschäftigt. Nachdem man die Krankheit(en) unter Kontrolle hatte, wurde die Forschung eingestellt - marktwirtschaftlich uninteressant. An Vorsorge denkt keiner, es sei denn, es betrifft zukünftige Unternehmenszahlen.
Bedanken Sie sich bei Herrn Lindner und seiner "Freiheitspartei" ("der Markt wird es schon richten") und sonstigen Marktfetischisten, auch in den anderen Parteien.

Paul Steigner | Mi., 25. März 2020 - 15:00

Antwort auf von Gerhard Lenz

Nein Herr Lenz, die rechtsradikalen AFDler sind doch schuld, oder diesmal nicht, Sie fangen an mich zu verblüffen....

Ernst-Günther Konrad | Di., 24. März 2020 - 10:34

Das war mal aus der Sicht der Polizei einer Großstadt wie Berlin. Dort werden die ohnehin über Jahrzehnte abgebauten Personalstärken eben für ac hoc Aufträge und zur Bekämpfung auch der normalen Kriminalität gebraucht. Auf dem Land sieht es da ganz anders aus. Dienststellen die rund um die Uhr 1 bis drei Besatzungen haben (je nach Einzugsgebiet) da braucht es die Vernunft und Einsicht der ländlichen Bevölkerung und die meine ich ist weitestgehend ja auch vorhanden. Da konzentrieren sich Polizeikontrollen auf bekannnte Treffpunkte von Jugendlichen, auf gemeldete Ansammlungen, auf öffentliche Institutionen, Bahnhöfe usw. Es ist, das sagt der Gewerkschafter völlig lebensnah, einfach personell nicht möglich, alles und jeden zu kontrollieren. Fingerspitzengefühl und Kenntnis des Dienstbereiches leiten Polizeibeamte bei ihrem Handeln. Wenn drei Joggerinnen im Feld mit zwei Meter Abstand laufen ist das nicht die Zielgruppe. Wenn Jugendliche auf Spielplätzen "chillen", die sind es.

Sehe ich auch so, und der Hinweis auf die Bundeswehr ist ein Witz. Was soll die Bundeswehr denn machen? Mit nur minimalem Personal und wenig Material? Da würde es schon mehr bringen wenn man sich in Berlin hilfesuchend an die arabischen Clans wenden würde, die könnten die Ausgangssperre problemlos durchsetzen. Letztlich ist es nur die Einsicht der Bürger, die es bringt, und wer nicht einsichtig ist, ist es halt nicht.

Peter Saulus | Di., 24. März 2020 - 11:18

... "Danke" werte Mitarbeiter der Polizei, dass
ihr für uns da seid.

Da schließe ich mich einfach an! Dank auch an unsere Soldatinnen und Soldaten der
BW-Sanitätseinheiten und Logistik, die jetzt schon helfen! Und mir persönlich würde es als Bürgerin nichts ausmachen, sollten deren Kameraden*Innen unsere Sicherheitskräfte in ihren Schutzfunktionen unterstützen und entlasten. Ich habe da
vollstes Vertrauen, genauso wie die Bewohner von Nachbarstaaten, in denen ich diese Praxis wenn ich nicht irre schon selbst erlebte. Bleiben Sie alle gesund! MfG