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Klaus Wowereit - Zwischen Top und Flop

Lebemann oder Arbeitstier? Egal, wie man Klaus Wowereits sieht - sein Abstieg ist mit dem Debakel des BER verbunden. Dass der Flughafen irgendwann doch noch fliegt, sollte auch ein ganz persönliches Interesse des Regierenden sein. Ein Beitrag in Kooperation mit dem Tagesspiegel

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Appenzeller, Gerd

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Die Zeiten, in denen die Berliner SPD und Klaus Wowereit eins waren, tatsächlich eine Einheit aus Partei und dem ihr entstammenden Regierenden Bürgermeister, sind lange vorbei. Man muss nicht rätseln, woran das liegt, es gibt keine eindimensionalen Gründe. Dass er unbedingt mit der CDU koalieren wollte, hat ihn Sympathien gekostet, obwohl er die Entscheidung sachlich gut begründen konnte.

Mit den Grünen wäre es sehr knapp geworden, und gegen den Weiterbau der A100, die nicht nur Wowereit für dringend notwendig hält, waren die auch (allerdings sind sie da mit vielen Sozialdemokraten einer Meinung gewesen). Mit der Linken hätte es nicht mehr gereicht, es gab also keine Alternative.

Und dass Wowereit nach mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze des Stadt nicht mehr die Strahlkraft des Jahres 2001 hat – geschenkt.

Dass die SPD längst begonnen hat, ihres Regierenden Bürgermeisters überdrüssig zu werden, hat mit all dem zu tun. Die ungeklärte, virulente Nachfolgefrage an der Spitze der SPD spiegelt das, denn der Vorsitzende ist ja durchaus, neben dem Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, ein Anwärter auf die Kandidatur zum Amt des Regierenden Bürgermeisters. Das nicht sehr schmeichelhafte Ergebnis für Jan Stöß beim Parteitag am Wochenende ist ein Indiz dafür, dass hier die Listen noch nicht geschlossen sind.

Der Überdruss hängt aber auch mit dem unfertigen Flughafen in Schönefeld zusammen, mehr als alles andere. Klaus Wowereit selbst hat mit Blick auf das Ende dieser Amtszeit – die seine letzte gewesen sein dürfte – zwei Optionen. Er kann abtreten als der Regierende Bürgermeister, der grandios gestartet ist, der durch jungenhaften Charme, schnoddrige Direktheit und eine sehr undeutsche Leichtigkeit das Bild dieser Stadt in aller Welt positiv beeinflusst, der einen bis dahin kaum vorstellbaren Glamoureffekt erzielt hat – und von dem am Ende, wenn Bilanz gezogen worden ist, doch nichts geblieben sein wird als der Schatten des am Flughafen BER grandios gescheiterten einstigen Hoffnungsträgers.

Wowereits Name bleibt mit dem BER verbunden

Es gibt noch eine zweite Option. Klaus Wowereit war immer, auch wenn seine Gegner ihn gerne als den Champagner aus Damenschuhen trinkenden Lebemann hinstellten, ein Arbeitstier. In seiner langen Zeit in der Berliner Politik hat er, nicht zuletzt an der Spitze des Hauptausschusses, überragende Sachkompetenz erworben. Er gilt als Aktenfresser, der sich auf jede Sitzung akribisch vorbereitet und als Regierender Bürgermeister Senatorinnen und Senatoren durch penetrantes Nachfragen quälte, wenn sie sich als nicht fit im Stoff erwiesen.

Das alles sind eigentlich ideale Voraussetzungen dafür, an der Spitze des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft zu stehen und das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands zu überwachen. Wer, wenn nicht dieser Wowereit, hätte eine oft nachlässige, desinteressierte und durch Nebentätigkeiten abgelenkte Geschäftsführung dazu zwingen können, sich ihren Aufgaben zu stellen oder den Hut zu nehmen? Wer, wenn nicht dieser Wowereit, hätte die Menschenkenntnis und den politischen Instinkt gehabt, sich kompetente Frauen oder Männer an seine Seite zu holen, die ihn da beraten, wo ihm selbst die Fachkenntnis fehlt? Wer, wenn nicht der Regierende Bürgermeister der deutschen Hauptstadt, den viele für den besten Botschafter Berlins seit Jahrzehnten halten, hätte begreifen müssen, dass dieser Flughafen – ein architektonisch-ästhetisches Meisterstück – geradezu als Symbol für das moderne, weltoffene Deutschland stehen kann – wenn er denn einmal in Betrieb gegangen ist?

Aufzulisten, warum Wowereit eigentlich der ideale Vorsitzende des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft wäre, heißt natürlich auch, eine Mängelliste zu erstellen. Denn da draußen in Schönefeld ist ja so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen konnte. Und sicher ist die Politik dabei immer wieder getäuscht und belogen worden. Wowereits Pech: Die Namen all der dort gescheiterten Techniker und Manager wird man, vielleicht mit Ausnahme Mehdorns, bald vergessen haben. Wowereits Name aber bleibt präsent.

Deshalb sollte, deshalb muss er in seiner verbleibenden Amtszeit die letzte Chance nutzen, den Flughafen BER bis zu einem konkreten Eröffnungstermin zu begleiten und alle Verzögerer und Dilettanten in diese Richtung zwingen. Für Klaus Wowereit geht es um Top oder Flop. Es geht um seinen Platz in den Geschichtsbüchern.

 

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