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CDU-Abgeordneter: - „Ich kann der Rente mit 63 so nicht zustimmen“

In der Union wächst der Widerstand gegen die Rente mit 63. Als erster Bundestagsabgeordneter meldet sich nun Marian Wendt öffentlich zu Wort. In einem Gastbeitrag für Cicero Online erklärt er, warum er das aktuell vorliegende Rentenpaket ablehnt

Autoreninfo

Marian Wendt (CDU, 28 Jahre) ist direkt gewählter Abgeordneter aus dem Wahlkreis Nordsachsen. Er ist seit 2013 im Deutschen Bundestag und ist Mitglied im Innenausschuss. Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

So erreichen Sie Marian Wendt:

Das Rentenpaket von Frau Nahles belastet Steuerzahler, Rentenbeitragszahler und Rentner bis 2030 mit mindestens 160 Milliarden Euro. Eine realistischere Schätzung beziffert die Kosten auf 233 Milliarden Euro. So wünschenswert eine frühere Rente mit 63 oder mehr Rentenpunkte für vor 1992 geborene Kinder aus individueller Sicht auch sind, so gefährlich sind die Maßnahmen aus volkswirtschaftlicher Perspektive. Sie belasten vor allem die jüngeren Generationen und setzen die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes leichtfertig aufs Spiel. Deshalb kann und werde ich dem aktuell vorliegenden Rentengesetz so nicht zustimmen.

Rente mit 63 überfordert die Jüngeren


Die Hauptlast für das Rentenpaket tragen die heutigen und zukünftigen Beitragszahler. Sie müssen mit ca. 100 Milliarden Euro den größten Teil der Finanzierung aufbringen, profitieren aber kaum von der Rente mit 63 oder der Mütterrente. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung spricht von einer „spürbaren Umverteilung von Jung zu Alt“. Dies widerspricht zutiefst dem Gedanken der Generationengerechtigkeit. Im Jahr 2003 wurde die Nachhaltigkeitsrücklage in der Rentenversicherung neu justiert. Ziel war dabei, die Jüngeren nicht durch zu hohe Rentenbeiträge zu überfordern. Es sollten Spielräume für die eigenverantwortliche, private Altersvorsorge geschaffen werden. Die Finanzierung des Rentenpakets läuft dieser Zielsetzung konträr entgegen. Doch nicht nur Jüngere sollen zahlen, auch die jetzigen Rentner werden bis 2030 mit 55 Milliarden Euro durch niedrigere Renten belastet. Von der Rente mit 63 haben sie überhaupt nichts.

Das Rentenpaket lehne ich noch aus einem anderen Grund ab: In Zeiten des demographischen Wandels und einer immer älter werdenden Gesellschaft setzt das Paket völlig falsche Anreize. Die Rente mit 63 wird eine gewaltige Frühverrentungswelle auslösen und den Fachkräftemangel in unserem Land weiter verschärfen. Bis 2020 wird uns der Mangel an älteren Arbeitnehmern jährlich 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum kosten – danach sogar noch mehr.

Meine Generation hat die Notwendigkeit akzeptiert, erst zwischen 67 und 70 Jahren in Rente zu gehen. Dies ist der Preis für ein stabiles Rentensystem und die gute Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Ein späterer Renteneintritt ist auch aufgrund steigender Lebenserwartung und längerer Ausbildungszeiten erforderlich. Das Rentenpaket birgt nicht nur die große Gefahr, unseren mit harten Reformen erarbeiteten Wohlstand in Zukunft zu verspielen. Es sendet zudem ein falsches Zeichen an unsere europäischen Partner: Warum sollen Griechenland, Italien oder Spanien mühsam ihre Haushalte sanieren und Strukturreformen durchführen, wenn wir einen großen Griff in unsere Sozialkassen machen? Auch Nahles‘ Parteifreund, Altkanzler Gerhard Schröder, hat deshalb die Rente mit 63 als „absolut falsches Signal“ bezeichnet.

Rentenpaket wird durch Subventionskürzungen gegenfinanziert


Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, Kirchen und Wirtschaftswissenschaftler warnen öffentlich vor dem Rentenpaket. Diese klaren Signale aus der Mitte unserer Gesellschaft sollten wir ernst nehmen und von ungerechten sowie teuren Maßnahmen Abstand nehmen. Wenn der breite politische Wille daran festhält, alle Bestandteile des Rentenpakets umzusetzen, dann müssen bereits bei Verabschiedung im Bundestag sämtliche Finanzierungsfragen klar und umfassend geklärt sein. Es gehört zu verantwortungsvoller Politik, den nächsten Generationen nicht unabsehbare finanzielle Risiken aufzubürden.

Daher wird man nicht umhin kommen, das Rentenpaket noch stärker aus Steuermitteln zu finanzieren. Diese müssen durch Subventionskürzungen und Abbau von Steuervergünstigungen entsprechend gegenfinanziert werden. Ansatzpunkte im Bundeshaushalt – wie die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerarbeiten, die jährlich 1,5 Milliarden Euro kostet – findet man sicher. In den weiteren Beratungen dazu im Bundestag werde ich mich mit diesen Vorschlägen entsprechend einbringen.

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