Thüringens Wahlsieger: BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht, hinter ihr die örtliche BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf / dpa

Landtagswahl in Thüringen - Die ostdeutsche Zeitenwende

Gegen die AfD und die neue Wagenknecht-Partei BSW gemeinsam kann in Thüringen keine Regierung gebildet werden. Aber das BSW will die CDU vor sich hertreiben. Kommt es deshalb womöglich zu einer informellen „Ost-Front“ mit Rechts- und Linkspopulisten?

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

In Thüringen ging es letztlich nicht um den ersten, sondern um den zweiten Platz. Zwar hatte der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt bis vor einigen Wochen die Hoffnung gehegt, er könne die AfD in einer Art Endspurt nicht nur ein-, sondern sogar überholen. Aber diese Aussicht war – das zeigen die ersten Zahlen überdeutlich – komplett unrealistisch. Die „Alternative für Deutschland“ unter ihrem Landesvorsitzenden Björn Höcke liegt mit prognostizierten 30,5 Prozent unangefochten vorn. Gefolgt von der CDU mit um die 24,5 Prozent – und erst mit einigem Abstand dahinter das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW, 16 Prozent). Es läuft damit womöglich auf einen CDU-Ministerpräsidenten in Thüringen hinaus. Und nicht auf eine Regierungschefin Katja Wolf vom BSW – in den letzten Umfragen vor der Wahl war die erst im Januar gegründete Wagenknecht-Partei derart knapp hinter der Union gelegen, dass „Silber“ möglich erschien. So ist es nicht gekommen. Aber wer weiß, welche anderen Optionen sich noch auftun.

Ramelows Karriereende

Dass Bodo Ramelow als bisher erster Ministerpräsident aus den Reihen der Linkspartei abgewählt werden würde, stand hingegen schon lange fest. Der Absturz seiner Partei ließ sich trotz hoher persönlicher Beliebtheitswerte nicht mehr abwenden – man könnte sogar sagen, jene 12,5 Prozent, die die Linke in Thüringen noch geholt hat, verdankt sie ihrem pragmatischen Spitzenkandidaten. Ein Blick nach Sachsen genügt, um den tatsächlichen Zustand der Linkspartei zu erfassen; es ist davon auszugehen, dass sie bei der nächsten Landtagswahl in fünf Jahren endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Das Ende der politischen Karriere Ramelows ist mit dem heutigen Tag besiegelt; dass er sein Abgeordnetenmandat im Erfurter Parlament annehmen wird, ist schon aus finanziellen Gründen höchst unwahrscheinlich, weil er sich damit im Vergleich zum MP-Pensionär schlechter stellen würde.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Sabine Lehmann | So., 1. September 2024 - 19:20

Was ist daran "bitter"? Jeder bekommt genau das was er verdient hat im Leben, früher oder später! Was sonst hätten denn Grüne und FDP "verdient"?
Und dass die SPD tatsächlich in beiden Landtagen vertreten ist, hat die Partei entweder zunehmender Demenz oder Kadavergehorsam bei den Wählern zu verdanken. Gemessen an der Bundespolitik müsste die SPD in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Denn für mich steht mittlerweile fest, dass es gar kein sog. "Staatsversagen" gibt. Diese Attestierung ist reine Schönfärberei, denn ein "Versagen" setzt immer ein Bemühen voraus. Dass sich diese Mischpoke um irgendetwas bemüht hätte, außer unser Land in jeglicher Hinsicht abzuwirtschaften und seine Bürger den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen, kann ich nicht erkennen. Für DAS, was DIE abgeliefert haben, müsste eine ganz neue Deklaration gefunden werden. Ich überlege gerade: Eigentlich muss es als politische Kriminalität definiert werden, all das geschah sogar mit Vorsatz! Ergo: Voll schuldfähig!

Liebe Frau Lehmann, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

Gerade heute kam die Meldung, dass ein Asylbewerber den Betreiber seines Asylheims erstochen hat.

Der Wahnsinn geht also ungebremst weiter und ich frage mich, wie viele Opfer es noch geben muss, bevor die Politik reagiert. Dass sie es nicht tun WILL, sondern nur unter Zwang reagiert, dürfte inzwischen dem letzten klargeworden sein.

Urban Will | So., 1. September 2024 - 20:07

nach dem Wahlergebnis in Thüringen von allen Parteien die Regierungsbildung Herrn Höcke zu Füßen gelegt, dem großen Wahlsieger.
Nicht aber in Deutschland, dieser infantilen Demokratie-Verantstaltung.
Dort darf nur regieren, wen das Altparteien-Komplott dazu auserkoren hat. Da sieht sich dann jemand wie Voigt, der mit rund 10% Abstand auf Platz 2 liegt, in der Rolle, die Regierung bilden zu müssen. Lächerlich.
Gemessen an seinem Ziel, Höcke zu überholen, ist er krachend gescheitert.
Aber gut, warten wir mal ab. An Sarah wird es sich entscheiden.
Was Berlin sagt, ist irrelevant, dort hocken nur noch Verlierer (die Ampel) oder dümmliche Brandmaurer.
Eines ist klar: was niemanden interessiert auf der Brücke dieses Narrenschiffs, ist der Wählerwille, denn der ist eindeutig.
Die MP-Wahl wird wohl weit spannender als beim letzten mal.
Eine Minderheitsregierung Höcke wäre aus Sicht des BSW sicherlich das beste. Und gemessen am Wahlergebnis auch das demokratischste.

sondern eine Parteiendiktatur.
Das heißt: Partei-Interesse und -Selbstverständnis stehen ü b e r dem Willen der
Mehrheit der Bevölkerung.
Dabei haben die Parteien nur die Aufgabe der "Mitwirkung" an der Meinungsbildung, keineswegs das Monopol dafür.
Sie haben sich den Staat längst zur Beute gemacht.
Das hat Richard von Weizsäcker schon 1983 beklagt, und dies gilt heute mehr denn je.

>>In Deutschland haben wir praktisch keine Demokratie mehr, sondern eine Parteiendiktatur<<
Das habe ich bereits -begründet- vor Jahren hier im Forum geschrieben und danach mehrmals wiederholt.
Verdanken haben wir dieses den Mainstreammedien. Sie, die das Meinungsbildungsmonopol innehaben, stellen die größte Gefahr für die Demokratie dar. Wenn es nicht gelingt -mir fehlen die richtigen Attribute- dieses verkommene vom Steuerzahler zwangsfinanzierte Spinnennetz zu beseitigen, werden sie weiter mit Lügen, Halbwahrheiten, Diffamierungen etc., Hass sähen und die Gesellschaft spalten.

R. Schacht | Mo., 2. September 2024 - 08:58

Die Arroganz der CDU, sich grundsätzlich als Wahlsieger mit eindeutigem Regierungsauftrag zu präsentieren, egal, wie viel oder wenig Prozente sie intus hat, wirkt abstoßend. Diese Abgehobenheit kennt man sonst nur aus autokratischen Ländern.
Meine Befürchtung: Wenn die kindische Brandmauer zur AfD weiterhin bockig aufrecht erhalten wird, könnte das die AfD weiterhin stärken und sie bei künftigen Wahlen bis an die 50-Prozent-Grenze katapultieren. Bockigkeit ist nämlich auch unter vielen Wählern verbreitetes Wahlverhalten, wenn ihnen das Gefühl vermittelt wird, es ist egal, was man oben in die Urne steckt, unten kommt immer derselbe Mist raus.
Warum keine schwarz-blaue Koalition? Den "Feind" unter Kontrolle zu haben, ihn zu entzaubern ist eindeutig die diplomatischere Lösung. Könnte am Ende sogar die CDU stärken.
Diplomatie besteht darin, den Hund solange zu streicheln, bis der Maulkorb fertig ist. (Nietzsche)

Reinhold Schramm | Mo., 2. September 2024 - 13:35

Im Gegensatz zu den Regierungsparteien und CDU/CSU, sind die AfD und das BSW keine Kriegsparteien und für Friedensdiplomatie mit der Russischen Föderation und gute, einvernehmliche Wirtschaftsbeziehungen in Europa und Eurasien.

Zudem braucht es die Schließung der US-Militärbasen und den Abzug der amerikanischen Truppen und die Entfernung aller Atomwaffen aus Deutschland.

Für die Sicherung des Lebensstandards der Deutschen braucht es stabile Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und allen Nachfolgestaaten der vormaligen Sowjetunion. Die Einstellung der militärischen Aufrüstung der Ukraine und die Rückführung ihrer BürgerInnen aus Deutschland.

Deshalb muss der brave deutsche Michel und bisherige US-Troll aufwachen und nicht mehr den Kriegsparteien im Parlament und Regierung hinterherlaufen!

Sabine Lehmann | Mo., 2. September 2024 - 22:26

Würde sich auch Sarah Wagenknecht von ihrer heimlichen "Brandmauer" verabschieden, könnte sie mit der AfD koalieren. Schnittstellen gäbe es mehr als genug. Da es in der Politik aber neuerdings nur noch um richtige und falsche Absender und Adressaten geht, statt um Inhalte, wird sich wahrscheinlich gar nicht viel verändern. Und ich könnte mir vorstellen, stünde Höcke nicht im Weg, hätte es was werden können mit dem Neuanfang. Aber Höcke ist und bleibt ein Problemfall der AfD, zu oft hat er den Nazi gegeben.