Irans Präsident Ebrahim Raisi / dpa

USA und EU kündigen Sanktionen gegen Iran an - „Der Iran muss jetzt gestoppt werden – bevor es zu spät ist“

Im Nahen Osten geht die Furcht vor einem neuen Krieg um. Die USA und die EU wollen dem Iran Einhalt gebieten. Baerbock spricht erneut bei Israels Regierungschef vor. Ereignisse im Überblick.

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Die USA und die EU wollen mit weiteren Sanktionen gegen den Iran nach dessen Großangriff auf Israel einen neuen Krieg im Nahen Osten verhindern. Die Sanktionen richteten sich unter anderem gegen das Raketen- und Drohnenprogramm der Islamischen Republik und würden mit Verbündeten wie den G7-Staaten koordiniert, teilte der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Jake Sullivan, am Dienstagabend (Ortszeit) in Washington mit. Kurz zuvor hatte auch EU-Chefdiplomat Josep Borrell neue Sanktionen angekündigt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will sich an diesem Mittwoch in Israel dafür einsetzen, dass die Krise nicht weiter befeuert wird.

„Niemand darf jetzt weiteres Öl ins Feuer gießen“, sagte Baerbock am Dienstag vor ihrer Abreise in Berlin. Das gelte vor allem für den Iran und seine Stellvertreter. Noch ist unklar, wie Israel auf den iranischen Angriff vom Wochenende reagieren wird. Nach ihrem Besuch in Israel reist Baerbock zum G7-Außenministertreffen nach Italien weiter, wo es ebenfalls um die Konfliktlage in Nahost gehen dürfte.

Der Iran hatte Israel in der Nacht zum Sonntag mit Hunderten von Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern angegriffen, die aber fast vollständig abgefangen wurden. Der Angriff war eine Reaktion auf einen mutmaßlich von Israel geführten Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus, bei dem am 1. April zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden. Experten sehen nun eine große Kriegsgefahr in Nahost. 

Der Iran muss gestoppt werden

Israels Außenminister Israel Katz sagte am Dienstag, er führe eine „diplomatische Offensive“ an und habe Dutzende von Regierungen angeschrieben, um mehr Sanktionen gegen Teheran zu fordern. Diese sollten eine „militärische Antwort“ flankieren, schrieb er auf der Plattform X, ohne Details zu nennen. „Der Iran muss jetzt gestoppt werden – bevor es zu spät ist“, so Katz. Nach einer Videoschalte der Außenminister der EU-Staaten sagte EU-Chefdiplomat Borrell, er werde sein Team um Vorbereitungen für weitere Strafmaßnahmen bitten. „Wir werden das Sanktionsregime (...) ausweiten und verschärfen.“ Wann die geplanten neuen Sanktionen in Kraft gesetzt werden könnten, sagte er zunächst nicht. 
 

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Die von US-Sicherheitsberater Sullivan am Dienstagabend angekündigten neuen Sanktionen Washingtons sollen neben dem iranischen Raketen- und Drohnenprogramm auch Unterstützer der iranischen Revolutionsgarden sowie das iranische Verteidigungsministerium treffen. Die Revolutionsgarden sind die Elitestreitmacht des Irans und einflussreicher als die reguläre Armee des Landes. Schon in den vergangenen Jahren hatten die USA weitreichende Sanktionen verhängt, die unter anderem auf iranischen Ölhandel zielen. Sie sollen den Erzfeind der Atommacht Israel an der Entwicklung von Atomwaffen und ballistischen Raketen hindern.

Experten warnen vor weiterer Eskalation

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, kündigte einen Vergeltungsschlag gegen militärische Einrichtungen des Irans an. Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagte am Dienstag, jeder Feind, der Israel bekämpfe, werde selbst zum Ziel. „Die Iraner werden nicht in der Lage sein, einen neuen Status der Abschreckung gegen den Staat Israel zu schaffen“, so Galant. Sollten sich der Iran und Israel weiter mit Angriffen und Gegenangriffen überziehen, „führt das zu einer echten Eskalation“, warnte Ofer Fridman, israelischer Ex-Offizier und Militärexperte am King's College London, im Wall Street Journal

„So eine Eskalationsspirale entgleitet sehr schnell und sehr einfach, weil für beide Seiten sowohl Eskalation als auch Deeskalation riskant ist“, sagte der Konflikt- und Protestforscher Tareq Sydiq von der Universität Marburg der Deutschen Presse-Agentur. „Man weiß nicht genau, wie die andere Seite reagieren wird und ab welchem Zeitpunkt ein Krieg auch unausweichlich wird. Das Risiko würde ich sehr hoch einschätzen.“

Baerbock erneut in Israel

Damit es nicht zu einem neuen Krieg kommt, laufen die diplomatischen Bemühungen auf Hochtouren. In Israel werde sie ihren Gesprächspartnern „die volle Solidarität Deutschlands versichern und wir werden darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation mit Zug um Zug mehr Gewalt verhindert werden kann“, sagte Baerbock vor ihrem überraschend angekündigten Besuch – ihrem siebten seit dem Überfall islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober. „Es kommt jetzt darauf an, Iran Einhalt zu gebieten, ohne einer weiteren Eskalation Vorschub zu leisten“, sagte sie bei einem Treffen mit ihrem jordanischen Kollegen Aiman al-Safadi in Berlin.

Neben Netanjahu will die Grünen-Politikerin mit ihrem israelischen Kollegen Katz sowie mit Benny Gantz sprechen, der dem Kriegskabinett angehört. Anschließend reist sie weiter zum Treffen mit den Außenministern der G7-Runde wirtschaftsstarker Demokratien auf der italienischen Insel Capri. 

Britischer Premier rät Israel zur Besonnenheit

Der britische Premierminister Rishi Sunak riet in einem Telefonat mit Netanjahu zu Besonnenheit. Eine erhebliche Eskalation sei in niemandes Interesse. Sunak habe bei dem Gespräch am Dienstagnachmittag die Unterstützung Großbritanniens für Israels Sicherheit und die Stabilität in der Region bekräftigt, teilte die britische Regierung mit. Der Iran habe sich schwer verrechnet und sei international zunehmend isoliert, während die G7-Gruppe eine diplomatische Antwort vorbereite.

Im Mittelpunkt der bis Freitag andauernden G7-Beratungen auf Capri werden auch Israels Militäraktion gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und die verheerende humanitäre Lage der Zivilbevölkerung dort stehen. Zur G7-Runde gehören neben Deutschland die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan. Italien hat dieses Jahr den Vorsitz. 

EU und USA auch über Gewalt im Westjordanland besorgt

Die Europäische Union und die USA sind zudem besorgt über die Lage im Westjordanland, die sich ebenfalls zusehends verschärft. Die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser und deren Besitztum habe in den vergangenen Tagen nach der Ermordung eines 14-Jährigen aus einer Siedlung stark zugenommen, sagte ein Sprecher von EU-Chefdiplomat Borrell. Israel müsse Siedlergewalt verhindern und sicherstellen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. In der gegenwärtigen Situation sollten alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, weitere Spannungen zu verhindern. Ähnlich äußerte sich am Dienstag auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Die israelische Regierung habe die Verantwortung, extremistische Siedler für Gewalttaten zur Verantwortung zu ziehen.

Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute inmitten drei Millionen Palästinensern rund 700 000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

dpa

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Gerhard Lenz | Mi., 17. April 2024 - 12:06

Oder noch besser: So schwächen, dass das fundamentalistische Terror-Regime der Mullahs ins Wanken kommt, was manche politische Kommentatoren für möglich halten?
Unwahrscheinlich. Wie groß die Opposition gegen die Mullahs ist, weiss man nicht. Gebildete, städtische Schichten sind nicht notwendigerweise stellvertretend für die Gesamtbevölkerung. Der Iran kann auf einen mächtigen Verbündeten vertrauen: Putins Rußland. Dem liefert er Dronen, die in der Ukraine zum Einsatz kommen. Sicherlich nicht ohne Gegenleistung.

Aber warum sollte der Iran gegen Israel Krieg führen? Seine regelmässigen Attacken gegen Israel lässt er durch Hisbollah-Terroristen ausführen, die im Libanon oder im Syrien des Schlächters Assad willkommen sind. Die Lage für Israel ist schon schwierig genug. Auch in jenen benachbarten Ländern, mit denen Israel Frieden geschlossen hat, gibt es vermutlich zahlreiche fundamentalistisch eingestellte Menschen, die noch immer nur einen einzigen Feind kennen: den Staat Israel.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 17. April 2024 - 12:27

Damit bekommt sie alle. Keine Geldgeschäfte mehr, kein Vermögenszugang für die Mullahs und ihre Verbündeten. Die entsprechenden NGOS und islamischen Verbände, die diese Islamisten unterstützen, gehören EU weit geschlossen und die entsprechenden Personen allesamt ausgewiesen, soweit sie eine deutsche Staats-angehörigkeit erlangt haben, gehören sie ausgewiesen, andernfalls beobachtet und strafverfolgt im Einzelfall. Das hätte der Verfassungsschutz mal wirklich was sinnvolles zu tun. Ich bin mal gespannt, ob und welche Sanktionen am Ende des Tages wirklich ergriffen werden. Wie viele nur schwätzen und sich dann der Stimme enthalten bei der Abstimmung, bei aber voller Solidarität für Israel. Und was Baerbock anbetrifft, soll sie gleich weiter zu den Mullahs reisen und kann ja Grüße von Walter und Claudia übermitteln und den alten weißen Männern mal ins Gewissen reden, So von Feministin zu Mullahs als Völkerrechtlerin eben.
Vielleicht lehrt sie dort auch Genderismus und Cancel Cultur.

@ Ernst-Günther Konrad

Das mit den Grüßen passt gut und auch die Bemerkung zu den
bei uns aktiven Verbänden und NGO's.

Aber es ist wohl viel einfacher, in der Ferne über irgendwelche
Sanktionen und andere (nun aber doch!!!) Maßnahmen zu
schwätzen mit Leuten, man denke an den EU-Chefdiplomaten!,
die zu nichts Wirkungsvollem führen, als zu Hause die eigene
Wohnung aufzuräumen. Ein islamisches Zentrum in Hamburg
beobachten wir seit ca. 30 Jahren (letzte Sendung von Lanz),
sammeln Beweise (Verfassungsfeindlichkeit) und tun nichts.

Ihren Wunsch "den alten weißen Männern mal ins Gewissen" reden
kann ich als Ironie schon verstehen, aber beim Thema Gendern
werden wir dann nichts weiter als Gelächter hören. Von den
eventuellen Sanktionen werden sie sich auch kaum beeindrucken
lassen, egal was die Bevölkerund denkt.

Ich hoffe, es gelingt Israel zusammen mit den arabischen Staaten
das Problem auf niedrigem Niveau zu entschärfen, ohne die unnützen
Belehrungen durch die EU und DE.

MfG

Eitschberger | Mi., 17. April 2024 - 13:25

Es gehört zu den deutschen Lebenslügen, daß das iranische Regime ein Partner werde, wenn man ihm Respekt zeige. Unsere naive Außenministerin wie auch die ihr zugetanen Medien können nicht verstehen, daß das Regime die Vernichtung Israels so meint, wie man es sagt. Der Kampf in Gaza ist ein existentieller. Die Hamas geht nicht zur Toilette, ohne sich mit Teheran abzusprechen. Genau deswegen will und wird Israel diese Organisation an seiner Grenze beseitigen. Die Menschen in Gaza sind Geiseln des Iran. Unsere Politik begreift nicht, daß im Iran in den letzten 45 Jahren zwei Führer den Kurs bestimmt haben. Da werden nicht alle 4 Jahre die Karten neu gemischt. Während unsere Trampolinspringerin noch das passende Betroffenheitsoutfit sucht, um Israel zu erklären, was es machen soll, haben die Menschen dort lange begriffen, wer ihre wahren Alliierten sind. Sicher nicht das Land ohne funktionierende Luftwaffe, dessen Präsident dem Iran bis vor kurzem zur Revolution gratulierte. Beschämend.

Henri Lassalle | Mi., 17. April 2024 - 15:45

in der Region und auch in der Welt ziemlich isoliert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass angesichts dessen die Fanatiker einen ausgeweiteten Konflikt in Kauf nehmen würden. Aber es könnte zu einer Serie von mutuellen Schlägen kommen. So wie ich Israelis kenne und einschätzen kann, ertragen sie keine Aggressionen von aussen, möglicherweise werden sie antworten.

Christoph Kuhlmann | Mi., 17. April 2024 - 17:06

Wenn die Sanktionen dazu führen, das die Shahid - Drohnen des Iran nicht länger mit Motoren aus Österreich ausgerüstet sind, so soll es mir recht sein.

Möglicherweise führt es auf lange Sicht zu einer Destabilisierung des Mullah Regimes. Dann würde ich es begrüßen, wenn die Folterknechte und Geheimdienstmitarbeiter der Revolutionsgarden in Deutschland nicht frei als Asylsuchende herum laufen dürften, so wie damals beim Schah. Die richten nämlich immer noch erheblichen Schaden an.

Romuald Veselic | Mi., 17. April 2024 - 17:43

Pawlowschen Hund.

Mir reicht's, wenn ich die Finsterlinge auf dem Titelbild sehe, da beginne ich, mich zu Mr Hyde verwandeln.

Jeder, der sich mit Psychologie der Verbrecher beschäftigt, wird diesen Typen im Bild, gemeine Gefährlichkeit attestieren.

Wenn es nach mir gehen sollte, würde ich dafür sorgen, dass dieser Faschostaat u seine Machtkreaturen, für immer seiner nuklearen Substanz erledigt werden.

Ländern, wo den Frauen untersagt wird zu singen, haben keine Daseinsberechtigung. Dort sollte die AnnalEna ansetzen. Der hölzerne Pinocchio besitz für mich mehr Glaubwürdigkeit. 😈

Christoph Kuhlmann | Mi., 17. April 2024 - 20:01

sie sind nicht Gegenstand diplomatischer Verhandlungen. Entscheidend ist, wann eine Aggression die Gegenseite dazu bringt das Maximum an Gewalt anzuwenden. Die Kosten der Eskalation keine Rolle mehr spielen. Der Iran hat schon oft mit der Juden in Israel gedroht. Nun ja, starke Worte beeindrucken dumme Menschen. Das kennen wir in Deutschland nur allzu gut. Die Frage ist, wie lange soll dieser Konflikt noch weiter schwelen. Die Waffen werden immer schrecklicher. Auch wenn der Iran technologisch 30 Jahre hinterherhängt, so bleibt das Mullah Regime viele Jahrhunderte hinter der intellektuellen Entwicklung der Menschheit zurück. Das hängt mit diesen moralisch induzierten Denkverboten der Religionen und Neoreligionen zusammen. Selbst Himmler hat Moral gepredigt. Eine Vernichtung des nuklearen Potenzials des Iran liegt insofern im Rahmen der Angemessenheit, ebenso wie eine Deeskalation. Deutschlands und Englands Interessen sind durchsichtig, angesichts der ökomischen Fol

Christoph Kuhlmann | Mi., 17. April 2024 - 20:05

Sie werden nicht durch die Diplomatie definiert. Entscheidend ist wann eine Seite bereit ist das Maximum an Gewalt anzuwenden. Eine Vernichtung des iranischen Nuklearpotenzials wäre ebenso im Rahmen der Angemessenheit, wie eine Deeskalation. Die Entscheidung treffen Tel Aviv und Washington. Jedes Wort mehr ist Gewäsch.