Auch Bio-Bauern leiden unter dem Wegfall von Subventionen / dpa

Ist die Landwirtschaft noch zu retten? - Power to the Bauer

Auch unser Genusskolumnist hat sich angesichts der imposanten Treckerkolonnen mit den Protesten der Bauern gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung beschäftigt. Und trotz seiner Skepsis gegenüber gewissen Auswüchsen bei der Lebensmittelproduktion hat er Verständnis für die Wut der Landwirte.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Wenn man derzeit protestierenden Bauern begegnet, kann einem angst und bange werden. Auf ihren Traktoren sind Plakate mit deftigen Losungen befestigt. „Butter, Brot und Bier – fehlen bald auch Dir“, heißt es da. Oder auch „Bauerntod bringt Menschen Not“. Etwas sachlicher formuliert kann man lesen: „Ist der Bauer ruiniert – wird das Essen importiert“.

Nun ist nicht zu erwarten, dass die Krise der deutschen Landwirtschaft in absehbarer Zeit zu Hungersnöten oder auch nur ernsthaften Versorgungsengpässen führen könnte. Auf den globalisierten Märkten kann so ziemlich jedes essenzielle Lebensmittel relativ problemlos besorgt werden. Das ist auch notwendig: So liegt der Selbstversorgungsgrad zwar bei Fleisch, Getreide, Kartoffeln, Milch, Eiern und Zucker teilweise nah bei 100 Prozent, aber bei Obst und Gemüse teilweise deutlich unter 50 Prozent. So stammt nur jede 25. Tomate, die in Deutschland verkauft wird, aus heimischem Anbau. Auch jeder zweite Apfel hat eine mehr oder weniger lange Reise hinter sich, bevor er im Supermarkt landet.

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Stefan W. | Sa., 13. Januar 2024 - 09:36

Bemerkenswert, wie schnell auch der Bauernprotest in die rechte Ecke gestellt wurde. Dabei gibt es auch viele linke Bauern, und die fahren im Korso ebenfalls mit.

Es werden mittlerweile vermehrt Kampagnen gefahren, bei denen die Stories am Schreibtisch erfunden werden, und man sucht dann nur noch nach passenden Bildern und Texten vor Ort, auch wenn es wegen einer ganz anderen Wirklichkeit schwer bis unmöglich wird. Auf diesem Wege kam auch die Mär über den nur knapp zurückgehaltenen Lynch-Mob an Habecks Urlaubsfähre zustande.: Heute wissen wir bei Sichtung der Beweisvideos: Alles erstunken und erlogen.

Vorsicht also bei dem, was uns aufgetischt wird, was als angeblich "rechtsradikal" dargestellt wird. Danke dem Cicero, der hier besonnen arbeitet.

Ingofrank | Sa., 13. Januar 2024 - 10:21

und andererseits das importierte Obst & Gemüse vielfach nicht aus der EU ….. und wieviel Pestizide dort eingesetzt werden, interessiert keinen einzigen Brüssler Sesselfurzer !
Auch zum Thema Bio eine Bemerkung: ich baue meine u.a. Speisekartoffeln für uns und meine Familie selbst an. Düngung erfolgt n u r mit Gründüngung, 3 Felderwirtschaft und unter Beachtung der Fruchtfolgen. Etwa 200 lfd m Kartoffeln. Das ablesen der Kartoffelkäfer bei Befall, von Hand, dauert täglich etwa 3 - 4 Std.
In diesem Jahr kostet das Saatgut etwa 2 € / kg
Ein 5 kg Sack reicht etwa für 15 lfd. m
3x von Hand abkeimen, 3 Hackdurchgänge, roden kommen noch dazu.
Diese „Bio“ Kartoffeln die ich erzeuge, bezahlt mir niemand! und will & kann auch niemand bezahlen ….ich verschenke diese nur. Aber der Geschmack beim fast täglichen Essen der Kartoffeln erfreut uns jedesmal aufs Neue.
Die Bauernproteste und nicht nur die, müssen weiter gehen ! Es muss sich etwas tun im deutschen Lande !
MIT freundlichen Grüßen aus d

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 13. Januar 2024 - 10:40

Danke für diesen Kommentar, Herr Balcerowiak. Ich habe diese Kolumne erstmalig gelesen.

In unserer Tageszeitung aus dem Hause Funke hat sich die niedersächsische Umweltministerin gestern (!) dafür ausgesprochen, die Situation der Bauern dadurch zu verbessern, dass man die Steigerung nachhaltiger Viehzucht stärker subventioniert.

Das erinnert mich an die Diskussion am Ende von „Talk im Hangar 7, bei der es um die Bauernproteste in Deutschland ging, in der ein Umweltaktivist und ein Leiter der DUH mehr Förderung (d. Schulden) für die Energiewende forderten, worauf der ebenfalls anwesende Peter Hahne antwortete, dass das Geld ja auch irgendwie verdient werden muss. Das schien für die Beiden o. g. ein Fremdwort zu sein, sie verstanden es nicht.

Das passt gut zu Ihrem Artikel. Auf der einen Seite wollen uns die Grünen zu mehr Umweltschutz bekehren, machen sich aber keine Gedanken, wie all das bezahlt werden kann und ob es „zukunftsfähig“ ist. Einfache Lösungen eben.

Das überrascht mich, zumal Sie sich doch oft rege im Forum betätigen.
Und ab und an mal etwas „unpolitisches“ gerade auch als Einstimmung ins WE zu lesen, finde ich nicht schlecht.
Auch sollte, so finde ich, gutes selbst gekochtes Essen wieder mehr in den Lebensmittelpunkt treten. Diese ganzen Fertig- Satt- Füller kann man doch nicht als Essen bezeichnen ? Lesen Sie weiter diese Kolumne und Sie werden viel Freude erleben.
In diesem Sinne, die herzlichsten Grüße aus der Erfurter Republik

Tonicek - CZ | Sa., 13. Januar 2024 - 10:42

. . . ist der folgende Satz:
"Ferner ist sie [die Landwirtschaft ] unverzichtbar für den Erhalt von sozialen Strukturen und Kulturlandschaften im ländlichen Raum. "
Welche sozialen Strukturen sind hier gemeint? Und warum und wozu müssen diese erhalten bleiben?
Ich bitte um Aufklärung, danke!

1. "Erhalt von Kulturlandschaften". Was ist wenn der Landwirt auf die Vielfalt von Äckern, Wiesen und Weiden "keinen Bock" mehr hat und stattdessen seine Flächen für subventionierte Solarpaneele oder Windenergieanlagen nutzt?

2. "Erhalt der sozialen Strukturen". Viele Bauern beliefern Wochenmärkte, betreiben Direktvermarktung, bieten Ferien auf dem Bauernhof, engagieren sich für eine Erlebniswelt für Kinder. Sie bereichern mit ihren teils Jahrhunderte alten schönen Höfen das Ortsbild, bieten im Umfeld der Ställe Nistmöglichkeiten, z.B. für Störche, und Schwalben und erfreuen so unser Gemüt.

Schnee von gestern? Muß hier noch ein Kuh im Stall stehen? Stößt sie nicht ohnehin zu viel Methan aus? Statt des heimischen Bauern dann eben Kontrolleure bezahlen, die darauf achten, daß die Waren, die aus anderen Ländern importiert werden, unseren Standards entsprechen? D.h. menschengerecht, energiefreundlich, umwelt-und ressourcenschonend hergestellt u. klimafreundlich transportiert?

Ich hatte Kollegen, die in fernen Ländern Fabriken kontrollieren sollten. Es wurden Prozesse vereinbart, die, sobald die Kollegen das Werk verlassen hatten, wieder abgeschafft wurden.
Jetzt wird man vorschlagen, dass die Kontrolle ständig vor Ort sein muss, sozusagen als Spion. Aber wer kann in großen Fabriken oder Agrarlandschften schon überall gleichzeitig sein? Kann man dem einheimischen Kontrolleur trauen, kommt der Kontrolleur aus unserem Land mit der Menthalität und Kultur der Menschen zurecht?
Kann der Deutsche in einem islamischen Land wirklich den Menschen vorschreiben, sich wie ein Europäer zu verhalten?
Nur ein paar Aspekte zur Kontrolle aus der Praxis.

ich habe verstanden, was Sie meinen.
Aber ob diese Gründe ausreichen, eine hochsubventionierte Landwirtschaft aufrecht zu erhalten?
Ich weiß es nicht, habe aber irgendwie das Gefühl, daß wir uns solche Subventionen bald nicht mehr leisten können.

Ist z.B die Thüringer Bratwurst
Auch ist die regionale Küche ein Kulturgut, im Gegensatz zu dem ganzen fast Food Gedöne …. Ungesünder wie jede „fette“ Wurst
Beispiel: Fuschen od. Häubchenktaut schon mal gehört?
Bei dem „scheiden“ (ernten) von Weißkraut bleiben Wurzel & die äußeren Kohlblätter in der Erde. An diesem bilden sich dann kleine Weißkrautköpe. Diese faustgroßen Köpfe werden geerntet und eingelegt und sind sehr erdig im Geschmack. Angemacht mit Essig, Öl & Zwiebel. Dazu esse ich Griebenfett, dunkles Brot und ein gut gekühltes Bier. Und genau das, ist für mich auch ein Teil heimatlicher Thüringer Kulturlandschaft.
MIT freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Brigitte Miller | Sa., 13. Januar 2024 - 10:59

die Regierung und die Medien veranstalten, um die Bauern in ein schlechtes Licht zu rücken, ist jenseits von Gut und Böse.

Georg Chiste | Sa., 13. Januar 2024 - 11:27

Die Bauern wollen auch keine Subventionen, sondern einfach nicht noch mehr Steuern zahlen, nur weil die Regierung so schlecht mit dem Steuergeld der Bürger umgeht.
Ursache des Problems sind nicht die Bauern, sondern die Misswirtschaft der Regierung.
Die Ampel mit ihrem Fachpersonal will den Leuten einreden, dass Deutschland Probleme hat, weil der Bürger immer noch zu wenig Steuern zahlt und sie noch immer zu wenig Macht hat.
Hauptproblem ist: Steuerhinterziehungen ist mit Recht strafbar, aber die beliebige Vewendung von Steuern (z.B. Großprojekte im Ausland) durch die Ampel ist es nicht.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 13. Januar 2024 - 11:58

Sie bemerken natürlich wie viele Autoren bei anderen Themen auch, diese Politiker sind so fern der Realität, wie die Erde zum Mond. Die schnallen es nicht. So wie für Schnatterinchen der Strom aus der Dose kommt, Habeck Insolvenzprobleme hat, wachsen für die Grünen Gemüse und Kartoffeln in den Regalen der Discounter. Wehe dem, das Volk wird wirklich mal darben müssen, findet nichts mehr in den Regalen und schon gar nicht nachhaltig aus der Region. Ideologie macht nicht satt. Wohl dem, der durch Eigenanbau Not abfedern kann.

Karl-Heinz Weiß | Sa., 13. Januar 2024 - 12:34

Das Problem betrifft vor allem die kleineren Betriebe. Dies war aber auch schon unter den Unionsparteien-Ministern bekannt. Die Wein-Krämpfe der ehemaligen
Weinkönigin Klöckner sind deshalb unehrlich.
Wenn die schichtarbeitenden Berufe (ohne Möglichkeit zu Homeoffice) auf diesen Protestzug aufspringen, weil sie die Nase voll haben, stehen Deutschland unruhige Zeiten bevor. Das könnte das Müsliriegel-Kartenhaus der GRÜNEN vollends zum Einsturz bringen.

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 13. Januar 2024 - 13:08

Es wird immer von einer Subvention gesprochen, wenn es um den Agrardiesel geht. Tatsache ist aber, dass es sich bei der Vergünstigung nicht um eine Subvention handelt, sondern es wird einfach nur weniger abkassiert als bei Anderen. Was die Steuerfreiheit für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge betrifft wird seitens der Regierungen versucht Großzügigkeit darzustellen. Die Steuerfreiheit ist deshalb gerechtfertigt, weil diese Fahrzeuge nahezu ausschließlich außerhalb des öffentlichen Verkehrs auf dem Acker zur Bearbeitung desselben genutzt werden. Ein Großteil der bäuerlichen Wirtschaft besteht in der Landschaftspflege, die teilweise maschinell, großteils aber durch Tiere wie Schafe, Ziegen oder Kühe mit enorm hohen Risiko durchgeführt wird, weil der Wolf festgestellt hat, dass solche Nutztiere leichter zu erbeuten sind als Wildtiere. Das alles zeigt, dass Agrarpolitik von (beamteten) Agrartheoretikern gemacht wird, deren einziger Bezug zur Landwirtschaft der Einkauf in Bioläden ist.

Und selbst ihr Kommentar ist nur das anritzen der abertausenden von Problemen, die die ausufernde Bürokratie bis hinein in das betreute Denken, wie man einen Wirtschaftsbetrieb zu führen hat.

Gerade bei den Bauern sind wir nicht mehr im Sozialismus, sondern in eine Art Bolschewismus mit Fessel angekommen, wo nun das Fass überlauft

Diese ganze entartete Kunst der Dressur von Bauern durch unsere Regierungen der letzten Jahre INKLUSIV der NIE gehaltenen Versprechungen der CDU wie die des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer

Lügen, Hinhaltetaktik, Versprechungen wie beim A &&&

ABER im SELBSTBEDINUNGSLADEN BRD, da ist im Sekundentakt das Geld in Millionen da
- Bürgergeld & Renten für UA Bürger
(für Krieg will ich gar nicht anfangen, obwohl ich %-ual ??? wieviel D<=>EU €
- Geld für unsere verfolgten Flüchtlinge

- Entwicklungshilfe in Mio.😭
=> SYR 781 €/ IND 579 €
CHN 473 € => Wahrscheinlich wie bei PSE für die Militär-Vorbereitung zur Freundschafts-Jubel-Übernahme von Taiwan

Christa Wallau | Sa., 13. Januar 2024 - 15:17

die in Pflegeberufen tätig sind. nicht so einfach streiken wie die Lokführer oder die Bauern; denn
sie gefährden damit das L e b e n anderer Menschen.
Das ist ein entscheidender Unterschied!!!

Was meinen Sie wohl, wie gern z. B. die Altenpfleger für mehr Geld auf die Straße gingen? Aber sie tun es nicht, weil sie an die
hilfsbedürftigen Menschen denken, die dann ohne Essen, Medikamentenzuteilung, Körperpflege usw. buchstäblich in der Sch...ße lägen.

Daß der Staat ihr Verantwortungsbewußsein schamlos ausnutzt und seine Steuergelder lieber Wildfremden in Deutschland und der ganzen Welt zukommen läßt als den eigenen, täglich ihre Pflicht erfüllenden Bürgern in Pflegeberufen - das ist der Riesenskandal!!!

S. Kaiser | Sa., 13. Januar 2024 - 17:01

Danke, Herr Balcerowiak, für dieses Plädoyer und das Bemühen die Hintergründe für diese Proteste zu beleuchten. Und auch die Bigotterie der Grünen anzuprangern. Denn ihre Politik ist gerade zu Schaden der kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe - im Gegensatz zu ihrem romantisch verklärten Naturbild. Aiwanger sprach treffenderweise vom "Heidi-Syndrom", ist es doch auffällig, dass sie und ihre Wählerschaft hpts. in den urbanen Zentren verankert sind, und eben nicht auf dem Land. Da wird mMn Agrarpolitik von Leuten gemacht, die von der Materie wenig bis keine Ahnung haben. Ich erinnere mich an die halb-spaßige Antwort eines Bekannten, einem durchaus auch landwirtschaftskritischen Agarbiologen, auf die Frage, ob er eigentlich Bio kaufen würde: " Nicht, wenn es sich vermeiden lässt".