Bei der Jugend nicht so beliebt: Polens bisheriger Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) / dpa

Wahlergebnis in Polen - Niederlage der Nationalpopulisten

Die künftige Koalitionsregierung in Warschau, die Donald Tusk bilden möchte, wird anders als die PiS einen proeuropäischen Kurs fahren. Doch Staatspräsident Andrzej Duda könnte zunächst dem bisherigen Ministerpräsidenten Morawiecki den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen.

Autoreninfo

Thomas Urban ist Journalist und Sachbuchautor. Er war Korrespondent in Warschau, Moskau und Kiew. Zuletzt von ihm erschienen: „Lexikon für Putin-Versteher“.

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In Brüssel, in Berlin, in Paris verhehlen die Regierenden nicht ihre Genugtuung: Die nationalpopulistische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ist abgewählt, die antieuropäischen und antideutschen Wahlkampftiraden ihres Vorsitzenden Jarosław Kaczyński haben bei der Mehrheit seiner Landsleute nicht gezündet. Somit ist auch die Gefahr eines Brüssel lähmenden EU-skeptischen Blocks um Polen und Ungarn erst einmal gebannt; er wäre ein großes Geschenk für Wladimir Putin. Die künftige Koalitionsregierung in Warschau, die der bisherige Oppositionsführer Donald Tusk bilden möchte, wird einen entschieden proeuropäischen Kurs fahren, somit die EU wie auch die Nato stärken.   

Das Endergebnis bestätigt die Schätzungen vom Sonntagabend, deren Grundlage die Exit Polls, Befragungen von Wählern nach dem Urnengang, waren: Die PiS ist zwar mit 35,7 Prozent der Stimmen erneut stärkste Partei geworden, doch hat sie gegenüber den letzten Wahlen von 2019 acht Punkte eingebüßt. Das von Tusk geführte Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) erreichte 30,7 Prozent. Die Führer des Blocks Dritter Weg (14,4 %) und der Neuen Linken (8,6 %) haben sich bereits im Wahlkampf auf eine Koalition mit Tusk festgelegt, zusammen verfügen die drei Gruppierungen über eine solide Mehrheit im Sejm, nämlich 250 der 460 Sitze. Die nationalistische, aber wirtschaftspolitisch liberale Konföderation, die als möglicher Juniorpartner in einer Koalition mit der PiS gehandelt worden war, landete weit abgeschlagen bei 7,2 Prozent. 

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Ernst-Günther Konrad | Di., 17. Oktober 2023 - 11:36

Wenn Tusk mit anderen Parteien eine Mehrheit hinbekommt, was ja wahrscheinlich ist, dann ist das eben so. Und wenn eine Mehrheit pro EU ist, dann ist da eben auch so. Die polnischen Bürger haben der PIS eine Mehrheit, aber eben keine absolute gegeben und die linken Parteien haben sich zusammengeschlossen und schon vorher geeinigt, in jedem Fall gegen die PIS regieren zu wollen. Das streben doch in Deutschland die etablierten Parteien auch an, sollte die AFD immer weiter Zuspruch bekommen. Gemeinsam gegen die AFD, da geht von ganz links bis zur UNION inzwischen alles. Und selbst wenn Duda erstmal der PIS den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt, wird dies am Ende nicht helfen, sondern nur Zeitverzögerung bedeuten. Eines sagt das Wahlergebnis dennoch aus. Auch die polnischer Bevölkerung ist, wie auch die deutsche, zutiefst gespalten.

Tomas Poth | Di., 17. Oktober 2023 - 12:45

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

... ihre Gelassenheit ist ansteckend.
Egal welche Regierungsbildung in Polen nun stattfindet oder auch nicht, die Spaltung bleibt. Wie die Polen damit umgehen ist ihre Sache.
Uns Deutschen bleibt die polnische Ungewogenheit so oder so erhalten!

Jens Böhme | Di., 17. Oktober 2023 - 21:51

Antwort auf von Tomas Poth

In einer Demokratie gibt es keine Spaltung. Es gibt nur die Freiheit der Verschiedenheit.

Gerhard Lenz | Di., 17. Oktober 2023 - 11:41

wie man es nicht machen sollte? Den braucht es in Ländern wie Polen und auch Ungarn wahrscheinlich gar nicht.

Dass die Briten unter ihrer Torheit leiden, wie fast alle Wirtschaftsdaten zeigen, hat sich vermutlich gar nicht bis nach Polen durchgesprochen. Oder dass den Briten nur ihr eigener Nationalstolz ("die in Brüssel.....!!!!") im Weg steht, ihren desaströsen Fehler zu korrigieren, auch nicht.

Man darf davon ausgehen, dass so gut wie jedes Land im Osten Europas überzeugtes Mitglied der EU ist, oder gerne wäre. Länder, in denen der destruktive russische Einfluss stark ist, wie z.B. Serbien, vielleicht ausgenommen.

Würde Orban z.B. in Ungarn den EU-Austritt fordern, wären seine Tage gezählt. Unabhängig von den finanziellen Vorteilen, die gerade in EU-kritischen Ländern sichtbar wird, ist man sich der Bedeutung der EU sehr wohl bewusst. Wobei, fast schon schizophren, katholische Polen oder nationalistische Ungarn westliche Werte durchaus nicht uneingeschränkt begrüßen.

Jedenfalls wissen wir Germanen ziemlich genau: Wir Deutsche leiden unter unserer Torheit, dass wir uns von der Ampel regieren lassen. Das hat das letzte Wochenende sehr deutlich gezeigt.

Sie, Herr Lenz, wissen sicher wieder auch über Großbritannien alles besser, da kann man sich wohl darauf verlassen.

Was nun Polen angeht: So gefährlich der osteuropäische Nationalismus auch ist, so darf man sich in Deutschland nun nicht darauf beschränken, nur mit der "sympathischeren" Hälfte Kontakt zu halten. Die Pflege guter Nachbarschaft sollte - wie bei allen Nachbarn - so breit wie möglich angelegt werden, und insofern muss man auch mit der PiS einen Gesprächsfaden aufrecht erhalten. Das halte ich nach wie vor für wichtig.

... es geht doch! Das ist in meinen Augen einer Ihrer leider sehr wenigen klugen Beiträge hier im Forum, denn im Gegensatz zu Ihren Auslassungen betreffs den Russland-Israel-Hamas-Artikel von Frau Zolotova und die Kommentare anderer Foristen dazu, kommt HIER AfD genauso NICHT vor wie Putin, die USA oder Verständnis für auch noch die unvernünftigsten grün-woken Ideologien. Gerne mehr davon!

Klaus Funke | Di., 17. Oktober 2023 - 11:42

Da kommt noch was. So schnell gibt sich Kaczynski nicht geschlagen. Und die Polen werden noch bedauern, dass sie diesen Verräter Tusk gewählt haben. Deutschland und die EU jubilieren. Ist das wirklich ein Grund zur Freude? Ich denke nicht. Ich kenne die Polen ein wenig, Bismarck hatte Recht: "Wenn man Polen vernichten will, muss man sie sich alleine regieren lassen,"

Kai Hügle | Mi., 18. Oktober 2023 - 11:17

Antwort auf von Klaus Funke

Da bekanntlich immer das Gegenteil Ihrer Vorhersagen eintritt, gehe ich nun davon aus, dass die PiS nicht mehr an der nächsten Regierung beteiligt sein wird. Gut so.
Wie und warum Sie im Zusammenhang mit einer solchen Thematik Ihre absonderlichen Vernichtungsfantasien ausbreiten, wäre mir nur dann ein Rätsel, wenn ich heute zum ersten Mal einen Ihrer Beiträge gelesen hätte.

Christoph Kuhlmann | Di., 17. Oktober 2023 - 11:46

Die Demokratie hat in Polen einen Sieg errungen und der Europäer Donald Tusk wird schon wissen, wie er die 100 Milliarden EU-Mittel für Polen loseist. Das Geld wird allerdings nur schwer auszugeben sein, ohne die Inflation neu anzuheizen. Ich schätze, in Warschau stehen erstmal Zinserhöhungen auf dem Plan, falls die Zentralbank nicht auch von einem PiS – Mann geführt wird.

Ingofrank | Di., 17. Oktober 2023 - 12:40

Die Armen Polen, wenn sie dann auf Ausitzrasenmäher und den kleinen Einachs- Traktor Steuern & Versicherung zahlen sollen, wie ich jüngs gelesen habe, die ich i ü. beides besitze. Solch eine EU braucht niemand!
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Hans Jürgen Wienroth | Di., 17. Oktober 2023 - 12:54

Unser ÖRR berichtet am Montagabend über die Wahlen in Polen und die Ergebnisprognose. Anschließend wird berichtet, dass die Wähler bis Nachts um 3 Uhr Schlange gestanden haben (offizielles Ende 21°°h), es an Wahlzetteln mangelte und die Urnen schon vorzeitig proppenvoll waren. Sind das reguläre Verhältnisse?
Das erinnert mich doch alles ein wenig an Berlin. Gut, hier hat der Verantwortliche für das Chaos verloren. Ich kenne mich bei den Wahlen in unserem Nachbarland nicht aus. Ist sicher, dass jeder nur einmal wählt, wie bei uns?
Nun ist es nicht unsere Sache, darüber zu urteilen. Warten wir auf die nächsten Wahlen zum EU-Parlament, wenn der künftige Ministerpräsident Tusk erste Erfolge erzielen konnte. Vielleicht ist Polen bis dahin ja schon dem € beigetreten.

Andreas Braun | Di., 17. Oktober 2023 - 13:18

Wenn überhaupt. Zu mehr wird es für eine Regierung des Apparatschiks nicht reichen. Ein Bündnis von Wahlbündnissen ist noch lange keine stabile Regierung. Freilich wird Brüssel sich eilen, Tusk die Freigabe der blockierten Gelder zu versprechen, damit er etwas Startkapital unter seine 8-Parteien-Koalition verteilen kann. Wenn die Kohle verblasen ist, beginnt das Hauen und Stechen. Und dann schauen wir mal.

Andreas Braun | Di., 17. Oktober 2023 - 17:39

Für Meinungsunterdrückung nach Spiegelart zahle ich nicht mehr.
Woke ist Murks.