Xi Jinping
Chinas Präsident Xi Jinping auf dem Nationalen Volkskongress am 15.06.2023 / dpa

Xi Jinping wird 70 - Was Deutschland von und über Chinas Präsidenten lernen könnte

Chinas Präsident Xi Jinping wird 70. Das Wesen seiner Position wird in Deutschland noch zu wenig begriffen. Unter ihm entwickelt China eine Offensive der „weichen Macht“, zu der auch die Erkundung der eigenen Kultur gehört. Xis Treffen mit Kanzler Scholz könnte Impulse für eine vernünftige deutsche China-Strategie geben.

Ole Döring

Autoreninfo

Ole Döring ist habilitierter Kulturphilosoph und Sinologe. Er vernetzt unterschiedliche Kompetenzen und Denkweisen zu Medizin und Gesundheit, Technologie, Soziales und Ökonomie. Döring beschäftigt sich mit kulturellen und philosophischen Fragen der Medizin und Bioethik und ist Vordenker einer globalen Gesundheits-Ethik. Zuletzt ist von ihm das Buch „Das Luther-Gen - Zur Position der Integrität in der Welt“ erschienen.

So erreichen Sie Ole Döring:

Wer mit dem Gaotie, einer chinesischen Weiterentwicklung in der Tradition von ICE und TGV, reist, begegnet hin und wieder nostalgischen Hinguckern. Kaum hat man sie registriert, kommt der Zug minutengenau pünktlich am Zielort an, nachdem er mit 360 km/h das Fliegen auf die Erde zurückgeholt hat. Da fällt der Blick im Ausgangsbereich auf das Panel mit den Druckknöpfen: Rot zum Schließen, Grün zum Öffnen. Alles genau wie im ICE, denkt man kurz. So einfach kann die Wirklichkeit sein, wenn deutsche Technik funktionieren darf. Diese Assoziation vergeht sofort, nachdem man am Frankfurter Flughafenfernbahnhof in den neuesten ICE eingestiegen ist, wo dann gefühlt nichts mehr geht.

Heute wird Xi Jinping 70 Jahre alt. Er ist dann über zehn Jahre Chinas Staatspräsident. Einer der mächtigsten Politiker der letzten hundert Jahre. Können wir uns das vorstellen: einen Staatsmann, der Ministerpräsident von Bayern und Baden-Württemberg wurde, ehe er die Kanzlerschaft erreichte – aber in einer deutlich höheren Größenordnung? Die von ihm nacheinander regierten Wohlstands-Provinzen Fujian und Zhejiang hatten 2020 zusammen mehr als 106 Millionen Einwohner; in China leben mehr als siebzehn mal so viele Menschen wie in Deutschland. Einer, der über elf Jahre die politische Dachorganisation der Wohlfahrt des Volkes (immer noch falsch als „kommunistische Partei“ übersetzt) mit 95 Millionen Mitgliedern modernisiert, belebt und zusammengehalten hat? Einer, der die Kulturrevolution in einer Höhle überstand, um dann Chemie-Ingenieur zu studieren und zum Doktor der Rechte promoviert zu werden?

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Naumanna | Do., 15. Juni 2023 - 16:44

Eine von den USA unabhängige Chinapolitik wäre Deutschland und Europa wirklich zu wünschen.

Kai Hügle | Do., 15. Juni 2023 - 17:27

Wenn Xi nach zehn Jahren u.a. attestiert wird, es herrsche "gesellschaftlicher Frieden, allgemeine Sicherheit, (...) und (...) eine positive Grundhaltung der Bevölkerung zum Staat", dann frage ich mich, wie dieser UN-Bericht zustande gekommen, dem zufolge fast eine Million Uiguren in Lagern interniert sind, in denen systematisch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen werden; oder die Berichte von Menschenrechtsorganisationen, die die VR China als eines der repressivsten Regime weltweit ausweisen. Ob man China und sein neo-koloniales Gebaren im sog. globalen Süden wirklich als "weiche Macht" wahrnimmt weiß ich nicht. Die Menschen dort werden eigentlich nie nach ihrer Meinung gefragt - genauso wenig wie die Menschen in China.
Und mit "wachsender glabaler Verantwortung, meinen Sie damit die militärischen Drohungen gegen Taiwan oder die die Unfähigkeit bzw. die fehlende Bereitschaft, den russischen Angriffskrieg als solchen zu bezeichnen.

... verteidigen?

Taiwans Geschichte, auch die Geschichte Chinas insgesamt, ist seit dem 19. Jahrhundert eine Geschichte der kolonialistischen Intervention aus Europa, Japan und den USA. Das sollte heutzutage eigentlich jedes Schulkind wissen. Ihnen ist das scheinbar gleichgültig. Sie halten sich ganz unkritisch an die politischen Vorgaben, die Ihnen die alten imperialistischen Mächte vorgeben.

Ich glaube ja nicht, dass Sie nur ein primitiver Rassist wie unser oller Kaiser Wilhelm sind, der Chinesen und die Farbe Gelb einfach nicht leiden konnte.

Deshalb sollten Sie vielleicht einfach mal darüber nachdenken, was einerseits Kalifornien mit Mexiko und den USA, und was andererseits Hongkong mit China und mit dem Brexit-Land Großbritannien zu tun hat. Dann wird Ihre Weltsicht vielleicht doch etwas wirklichkeitsnäher.

Walter Bühler | Fr., 16. Juni 2023 - 17:00

Antwort auf von Kai Hügle

- wie soll man das denn noch erklären?

Ihre Kritik an der chinesischen Außenpolitik (in der Sie übrigens von sich aus den Vorwurf des Kolonialismus ins Spiel gebracht haben) ignoriert völlig die imperialistische und rassistische Politik der europäischen Kolonialmächte und der USA, die zum Opiumkrieg und der permanenten Aggression gegen China (und natürlich auch gegen Indien und gegen "Indochina") geführt hat.

Gewiss gibt es auch heute weiße alte Männer, die von den heroischen Zeiten in den schönen alten Kolonien träumen, wo der weiße Mann alles nach seinen zivilisatorischen Vorstellungen geregelt hat, und die "Eingeborenen" possierlich nach seiner Pfeife getanzt haben.

Ich meinerseits akzeptiere es aber, dass es Völker und Länder auf dieser Erde gibt, die nicht mehr nach der Pfeife der alten Kolonialherren und ehemaligen Sklavenhalter tanzen wollen. Anders als viel alte weiße Männer und Frauen würde ich mich auf einem pazifischen "Traumschiff" im Kolonialstil nicht wohl fühlen.

David Ludwig | Do., 15. Juni 2023 - 17:46

Es scheint dass mehrere Passagen mehr oder weniger aus der letzten China Lobhudelei übernommen wurden.

Ich hoffe doch dass dieser Artikel nicht vom Cicero (aka meinen Abogebühren) bezahlt wurde, es scheint der Autor wird schon von der Wohlfahrt des Volkes bezahlt... Anders ist diese Aneinanderreihung von CCP Propaganda schwer zu erklären.

Walter Bühler | Do., 15. Juni 2023 - 18:06

... hängen zusammen. Wenn man nur darüber schwatzt, dann besagt das gar nichts. Es kommt darauf an, ob man diese Eigenschaften tatsächlich kennt und besitzt, und ob sie die Grundlage des eigenen Handelns bilden.

Ich wünsche mir von Herzen, dass dieser wichtige Besuch (trotz meiner Skepsis bezüglich meiner eigenen Regierung) nicht allzu peinlich ablaufen wird, und dass wir Deutsche uns nicht wieder für unsere Regierung (z.B. wegen neokolonialistischen Auftretens) schämen müssen.

Noch ein frommer Wunsch: Unsere Kirchen sollten eigentlich viel mehr für unsere Obrigkeit und jetzt für das Gelingen des Besuchs beten!

Karl-Heinz Weiß | Do., 15. Juni 2023 - 19:42

Nach der Lektüre stellt sich für mich eine Frage: warum will der Menschheitsbeglücker Xi das Sozialpunktesystem und die Gesichtserkennung in seinem Reich zur Perfektion entwickeln ?

Norbert Heyer | Fr., 16. Juni 2023 - 05:30

Warum sieht der Westen China als Bedrohung? Der Westen - gemeinhin der Kapitalismus, erlebt bei China erstmals, das Wohlstand auch im Kommunismus möglich ist. China hat mit kluger Diplomatie sich weltweit Rohstoffe gesichert und wirtschaftliche Abhängigkeiten anderer Staaten
geschaffen (Seidenstraße), die so ganz andere, positive Zukunftsaussichten versprechen. Eine neue, komplett anders strukturierte Weltmacht entsteht, der Dollar verliert seine Weltgeltung und damit haben sich auch die Interessen der USA verschoben. Russland hat mit dem Überfall auf die Ukraine den USA die Chance eröffnet, den Erzfeind zu vernichten und Europa zu vernachlässigen. Wenn Europa weiter Anhängsel der USA bleibt, wird es untergehen und die USA werden im Widerstreit mit China ihre Vormacht verlieren. Ob unsere Politiker in dieser politischen Gemengelage klug und besonnen richtig reagieren, kann im Anbetracht der bisherigen Entscheidungen mehr als
bezweifelt werden. Der Kanzler muss Frau Baerbock bremsen.

Naumanna | Fr., 16. Juni 2023 - 12:43

China ist ein sehr interessantes Land mit einer alten Kultur, das sich dem Westen nie unterworfen hat. Die Lehren des Konfuzius sind heute noch lesenswert, der Taoismus . Laotse, Yin und Yang - bis dato fruchtbar. Die Kampfkunst Kung Fu - Shaolin Tempel - nicht nur in Filmen sehenswert - die Peking Oper, alte Theaterkultur usw.
Ich war noch nicht in China, aber Freunde, die dort waren, erzählen allesamt sehr begeistert von dem Land. Sauberkeit, modernste Technik, beginnendes Umweltbewusstsein mit entsprechenden Technologien der Nachhaltigkeit usw. - die Ein Kind Politik , jetzt Zwei Kind Politik - eines der wenigen Länder, welches erkannt hat, dass Bevölkerungsexplosion in die Katastrophe führt. Der Westen betrachtet BUSINESS als den neuen Gott, dem er folgt, sei es bis in den Abgrund. CHINA verfolgt andere Traditionen und Ziele, ohne etwa das Business zu vernachlässigen. Folgerichtig wird das Land von den Apologeten des Finanzkapitals verteufelt.
Danke für den Artikel, Ole Döring.

Hans Süßenguth-Großmann | Fr., 16. Juni 2023 - 15:11

Es war hilfreich die mögliche Übersetzung für die KP Chinas zu erfahren. Ansonsten werden in unseren demokratischen Ländern Minderheiten auch eingeschränkt, siehe Katalanen, Kurden u.s.w. , so dass China auf Xinjiang, Tibet zu reduzieren ein bisschen dürftig ist.
Wir Europäer haben eine andere Geschichte hinter uns als die Chinesen, die uns unterschiedliche kulturelle Prägungen beschert hat. Das ist bei unserer Außen- Annalena bisher nicht angekommen, so dass ich ihren Auftritt unlängst in China als peinlich empfand.
Im meiner Jugend wurde das Konzept der "friedlichen Koexistenz" erfunden. Man hätte es dabei belassen sollen, dann gäbe es weniger Konflikte. Auch mit Russland wird Koexistenz , nötig sein, wenn man keine Non-Existenz will.
Übrigens kein Player von Format erkennt Taiwan als selbstständigen Staat an, also ist es ein Teil Chinas.