- „Glotz nicht so, du dreckiger Gaffer!“
Nach einer langen Phase der Libertinage scheint sich gerade aus dieser heraus eine auf Empfindsamkeit und Sensibilität ausgerichtete neue Regelhaftigkeit zu etablieren, die unter dem Mantel des Pluralismus autoritäre Züge trägt. Warum wir den Regimen der Empfindsamkeit etwas entgegensetzen müssen.
Wenn die Herbstsonne den früh abklingenden Tag in ein mildes Licht taucht, präsentiert sich das Tempelhofer Feld in Berlin noch lange als Karneval der Diversität. Rollschuhfahrer und Inlineskater genießen hier nicht nur den ebenen Untergrund der einstigen Start- und Landebahnen, auf denen sie ungestört ihre Kreise ziehen und ihre läuferischen Kreationen vorführen können.
In verschlossener Beiläufigkeit streben sie nach Momenten der Performanz ihrer selbst. Gleich nebenan wird gegärtnert, irgendwas zwischen urbanem Wildwuchs und ökologischem Lehrpfad. Der Raum, sich auszubreiten, wird nicht nur angenommen, sondern stumm gefeiert – das Tempelhofer Feld als Ort fortgesetzter Berliner Simulation, der Bodo Morshäuser einst in seinem gleichnamigen Roman den passenden Namen gab.
Die Wahrnehmung von Freiheit endet allerdings, wenn man darüber nachzudenken beginnt, warum sie hier mitunter obsessive Züge annimmt. Wir schauen uns an und gehen weiter, schließlich waren wir nur gekommen, um der jungen Nichte den Stadtraum der Tausend Möglichkeiten zu zeigen. Auf dem Weg zurück zum Auto werde ich von einer jungen Passantin umgehend in die Schranken gewiesen. „Glotz nicht so blöd, du dreckiger Gaffer.“ Ich erschrecke wie neben mir meine Begleiterinnen. War mein Blick zu lange an ihr haften geblieben? War eine Grenze zwischen neugieriger Wahrnehmung umgeschlagen in unbotmäßige Fixierung? Ich weiß es nicht.
Eben noch hingerissen von einer überbordenden Eintracht aus Selbstdarstellung und der Herausforderung voyeuristischer Blicke, verwies mich die schroffe Zurückweisung nach Verlassen der Bühne individueller Überschreitungen nun auf eine unausgesprochene Regel, die ich schamlos verletzt zu haben schien: „Sieh mich nicht an!“
Diversität, Rassismus und Kolonialismus
Die Szene kommt mir in den Sinn, wenn ich versuche, mir einen Reim auf die abwechselnd durch den öffentlichen Raum wabernden Diskurse zu machen, die von Geschlecht und Diversität, Rassismus und Kolonialismus, kultureller Aneignung, vermeintlich weißer Überlegenheit und vielem mehr handeln. In all den Kontroversen, die oft als kuriose Fälle des Tagesgeschehens in unterschiedlicher Ernsthaftigkeit aufscheinen, werden Verhaltensnormen eingefordert oder demonstrativ verworfen.
Die Verwendung von Zeichen mündet in unaufhörlichen Deutungsfuror, und das Bedürfnis nach Grenzüberschreitung und Fluidität geht einher mit der Schaffung von safe spaces, Sicherheitszonen, von denen ganz und gar nicht sicher ist, wo sie beginnen und enden und für wen sie gelten. Die Ausweitung der Empfindsamkeitszonen schreitet voran, und mitunter werden sie mit verstörendem Rigorismus verteidigt. Öffnung, Ausschluss, Schotten dicht. Wie war das noch mal genau mit der sozialen Durchlässigkeit?
Der Modus des „Darf das sein?“
Im Fluss alltäglicher Begegnungen jedenfalls werden die Ausdrucksformen der Erlebnisgesellschaft immer weniger als willkommene oder waghalsige Irritation wahrgenommen. Vielmehr dienen sie als Anlass für eine Unterbrechung der Normalzeit, oft als Verdikt, manchmal als Angebot, die Regeln – für was auch immer – neu zu verhandeln. Häufig werden sie im Modus eines „Darf das denn sein?“ angemahnt. Darf ein Schweizer Musiker jamaikanisch anmutende Dreadlocks tragen? Wer spielt den Blues und warum? Darf das Gedicht eines Mannes, das von Straßen, Blumen und einem nicht näher bestimmten Bewunderer handelt, an der Hauswand einer deutschen Hochschule prangen?
Jede dieser Fragen böte für sich genommen vielleicht einen guten Grund für ein diskursives Innehalten, einen Vortrag oder elaborierten Widerspruch. Am Phänomen inflationär zirkulierender Interventionen aber verblüfft der Wille zum dezisionistischen Akt, mit dem umgehende Veränderung herbeigeführt werden soll und oft auch herbeigeführt wird. Das Konzert wurde abgebrochen, das Gedicht verschwand. Selbst die Rolling Stones, lange das Vorbild rotziger Unangepasstheit, verzichten bei ihren langen Abschiedszeremonien darauf, das schwer zu dechiffrierende Lied „Brown Sugar“ aufzuführen.
Aus all diesen Vorgängen spricht eine Verunsicherung des Zusammenspiels von Freiheit und Normativität. Welchen Bedarf an Normen gibt es, und wo zeichnet sich ein notwendiger Wandel ab? Nach einer langen Phase der Libertinage scheint sich gerade aus dieser heraus eine auf Empfindsamkeit und Sensibilität ausgerichtete neue Regelhaftigkeit zu etablieren, die unter dem Mantel des Pluralismus autoritäre Züge trägt. Wie aber wird sie hergestellt? Aushandeln? Darüber reden?
Die Ärzte und ihr Lied „Fette Elke“
Stellte in der Gesellschaftstheorie von Jürgen Habermas kommunikatives Handeln etwas dar, das unentwegt stattfindet und unhinterfragt funktioniert, so sah er im Diskurs das Instrument, mit dessen Hilfe der zwanglose Zwang des besseren Arguments obsiegt und tragfähige Lösungen hervorgebracht werden. Seit einiger Zeit ist von der deliberativen, der beratschlagenden Gesellschaft die Rede. Dabei war sich Habermas durchaus bewusst, dass es die ideale Sprechaktsituation nicht gibt, die vorgenommene Idealisierung aber bereits zum möglichen Gelingen beiträgt.
Blickt man auf die Vielzahl identitätspolitischer Debatten, die nicht selten mit der Emphase politischer Befreiungskämpfe intoniert werden, dann fällt die Ausdauer und Lust an der auf Störung ausgerichteten Diskursenergie auf. Keine Spur davon, das unterbrochene kommunikative Handeln wieder in Gang zu bringen. Der Wille zur Beratschlagung gilt als verdächtig, politische Macht als korrumpiert. Wo die Beseitigung von dominierenden Sichtweisen und als falsch angesehenen Normen als ultimatives Ziel gilt, wird deren Funktionalität mutwillig verkannt.
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Normalität vollzieht sich ja gerade dann, wenn Normen nicht permanent ausgehandelt werden müssen. Übersehen werden dabei auch Entwicklungsschritte in der individuellen und sozialen Bewusstseinsbildung. Immerhin war es kürzlich eine Randnotiz wert, dass die Berliner Band Die Ärzte ihr pubertär diskriminierendes Lied „Fette Elke“ inzwischen bereut und aus dem Programm genommen haben. Das Bewusstsein von Historizität und künstlerischer Wandlungsfähigkeit wird in den symbolpolitischen Gefechten eher selten gratifiziert.
Die Leugnung von Entwicklungs- und Lernschritten gilt insbesondere auch für die verstockten Abwehrversuche jeglichen Normwandels. War es einmal ein signifikantes Merkmal offener Gesellschaften, jedes Thema und jede Frage aufwerfen zu können, es aber nicht zwangsläufig zu müssen, so zeigt sich an der Diskussion über die Verwendung von Genderzeichen im öffentlichen Text- und Sprachgebrauch eine Gereiztheit, die durch sachliches Abwägen des Für und Wider nicht gelindert werden kann.
Aus dem Verlust der Begabung, zwischen wichtigen und weniger wichtigen Fragen unterscheiden zu können, rührt vermutlich auch die Aufdringlichkeit vieler Kontroversen. Alle sind verletzlich – und alle wollen es zeigen. Hinter dem stark überbeanspruchten Terminus Debatte tobt eine Kakophonie der Rechthaberei.
Die Wahrnehmung eigener Fremdheitsgefühle
So wurde die Auseinandersetzung über ein vom Ravensburger Verlag zurückgezogenes Kinderbuch zu einem Winnetou-Film derart bizarr geführt, als sei die unhistorische und klischeehafte Darstellung des Anführers eines indigenen Stammes infolge der Literarisierung durch Karl May gerade eben erst entdeckt worden. Dass die Erinnerung an ein jugendliches Rollenspiel eine politische Karriere – wie im Fall der Berliner Grünen Bettina Jarasch – ernsthaft in Gefahr bringen kann, sagt vor allem etwas aus über die regressiven Kräfte, die auf die Rekrutierung des politischen Personals wirken.
Sehr viel interessanter als die Empörung über die nicht abreißenden Fallbeispiele kultureller Aneignung wäre eine Kulturgeschichte der Entstehung notwendig falschen Bewusstseins im Verlauf von Adoleszenz. Aus solch einer Geschichte wäre vermutlich einiges darüber zu lernen, wie die Wahrnehmung eigener Fremdheitsgefühle, insbesondere in der Pubertät, sich an kulturellen Fremdheitserfahrungen, sei es in der Musik, der Kunst oder auch im Sport, bildet und entwickelt. Könnte nicht gerade in der naiven Wahrnehmung von Differenz ein Vorgriff auf ein Zusammenleben enthalten sein, in dem Vielfalt und Andersheit im hegelschen Sinne aufgehoben sind?
Kartenlesen mit Foucault?
Der Reichtum einer diversen Gesellschaft besteht gerade auch in den unterschiedlichen Aggregatzuständen von Fremdheit. Diese miteinander abzugleichen und aufeinander wirken zu lassen, wäre das Zukunftsversprechen einer offenen Gesellschaft gerade auch dann, wenn sie in der Lage ist, verdrängte Gewalterfahrungen zu erkennen und zu bearbeiten.
Die diskursive Praxis sieht bis in ihre literarischen Ausprägungen hinein allerdings anders aus. Die vielfältig beschworene Fluidität reibt sich dabei sehr oft an einem klar konturierten Feindbild, das als Kapitalismus, globaler Norden oder westliche Welt unterschiedliche Namen hat, aber immer dasselbe meint: eine normative Macht, die Verbrechen an der Geschichte der Anderen verübt hat und deren Angehörige, wie hybrid sie inzwischen auch sein mögen, alles Fremde buchstäblich außen vor gelassen werden.
Passend zum Thema: Der Cicero-Podcast mit Eva Engelken
So schreibt Sinthujan Varatharajah, in Berlin lebend und tamilischer Herkunft, in dem Buch „an alle orte, die hinter uns liegen“ über den stereotypen Ordnungszwang des Westens: „Ich denke daran, dass auf einer Karte markiert zu sein, entdeckt worden und sichtbar zu sein, auch eine Art Gefangenschaft bedeuten kann.“ Kartenlesen mit Foucault?
So wertvoll die Erfahrungen sind, auf sehr unterschiedliche Weise aus den verschiedenen Orten der Welt hervorgegangen zu sein, stellt sich im Kampf gegen die Varianten, von anderen „gelesen“, „markiert“ und festgelegt zu werden, doch auch die Frage, ob die gesellschaftliche Zukunft nicht eher daran zu bemessen sein wird, wie wahrgenommen wird und wie sich das Gesehene durch das Erblicktwerden verändert. Das Dilemma falscher Zuschreibungen kann bearbeitet werden, die Leiderfahrung, nicht gesehen zu werden, ist vermutlich weit größer.
Einer neuer Blick auf Herrschaft und Befreiung
Um Wege aus der Gefangenschaft zu finden, wie Sinthujan Varatharajah sie beschreibt, könnte es geboten sein, die Blickrichtung zu ändern. Das jedenfalls schlägt der Philosoph Christoph Menke in seinem jüngsten Buch „Theorie der Befreiung“ vor. Es stimmt ja: Im Namen der Befreiung hat Europa seine Herrschaft über die Welt errichtet: den globalen Süden erobert und kolonialisiert, die alten Mächte des Ostens zur Öffnung ihrer Häfen und Grenzen gezwungen, die traditionellen Kulturen den Imperativen der Emanzipation unterworfen.
Wenn die gegenwärtigen Formen von Herrschaft und Knechtschaft so gesehen die Folgen gescheiterter Befreiungen sind, schreibt Menke, dann habe die Befreiung bereits stattgefunden. Menke schlägt vor, auf frühere Befreiungsversuche zurückzuschauen. „Die Befreiung“, schreibt er, „kämpft immer einen doppelten Kampf: Sie kämpft gegen die Herrschaft und zugleich kämpft sie mit und gegen sich selbst“. In der „Theorie der Befreiung“ geht es Menke um den Kampf, „den die Befreiung gegen sich selbst führen muss, wenn sie die Herrschaft bekämpfen will“.
Vielleicht lässt sich aus solchen Exkursionen des Denkens ein Verständnis von Differenz gewinnen, das den Betrachter beim Anblick des Anderen allenfalls deshalb erschrecken lässt, weil es so viel Eigenes zu entdecken gibt. Von anderen gesehen zu werden, ist weder Gefahr noch Drohung oder Unterwerfung. Es ist, wenn es gut läuft, die Voraussetzung für Kunst, Handel und Politik, kurz: Gesellschaft.
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Was erwarten wir auch von einer zunehmend grenzdebilen Gesellschaft. Hirn- und ziellos schreiten sie voran im Lichte der Leitmedien und einen interessierten Teil der Bevölkerung. Sie bekommen Aufmerksamkeit, die sie durch eigene Leistung nicht verdient haben und sulen sich an ihrem selbstverliebten Ego. Übrigens die getätigte Aussage hat der/die/das mir gegenüber nur einmal gemacht.
Genau so ist es!
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik
„Glotz nicht so blöd, du dreckiger Gaffer!“
Ich hätte lächelnd geantwortet: „Meinen Sie mich? Ach wissen Sie, so attraktiv sind Sie auch wieder nicht, daß ich meinen Blick länger auf Ihnen verweilen lassen wollte.“
Es tut mir sehr leid, dass Sie die Begegnung mit dieser seltsamen Frau so aus der Fassung gebracht hat. Und ja, die Debatte, ob ein/e Nicht-Jamaikaner/in Dreadlocks tragen "darf", die finde auch ich völlig absurd.
Abgesehen von solchen Exzessen war die Meinungsfreiheit in Deutschland vermutlich niemals großer als heute.
Speziell in "sozialen" Medien aber auch in Parlamenten werden Dinge gesagt, die vor 15 und mehr Jahren unsagbar waren. Wer darin einen Fortschritt sieht, dem sei das unbenommen, aber der Anstieg extremistischer Gewalt hängt natürlich auch mit der Hetze in Blasen zusammen, in denen sich bestimmte Gruppen radikalisieren.
Eine Debatte über Freiheit könnte damit beginnen, dass man Musikern, die auf die 60 zugehen, die Freiheit zugesteht, keine Lust mehr auf ein spätpubertäres Lied zu haben, in dem es darum geht, wie fett und hässlich eine gewisse Elke ist - anstatt ihr (der Band) vorzuwerfen, sich einer cancel culuture zu unterwerfen, die in den Autoritarismus führt.
Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“ - Ausruf von Joseph Martin Fischer, Oktober 1984, im Bundestag. Es ist zu hoffen, dass jetzt Hass, Hetze und Strafen für falsche Meinung in extremistischen Blasen, wie z. B. Twitter, endlich aufhören. Was in Buntland 2022 noch gesagt werden darf, entspricht der "Meinungsfreiheit" einer ddr im Jahr 1970, gerade wurde der Paragraph 130 StGB "angepasst" zu weiterem willkürlichem Schikanieren von Bürgern mit anderer Meinung als der linksgrünen oder auch dazu passend ein neuer Bereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates", frühmorgendliche Polizeibesuche bei unliebsamen Bürgern mit Inhaftierung, mediale und linke Inquisition gegen als Querdenker, Klima- und Coronaleugner denunzierte und diffamierte Menschen mit nicht mainstream konformer Meinung, die Beispiele sind zahllos. Wo Sie da eine "Meinungsfreiheit in Deutschland vermutlich niemals großer als heute" zu erkennen glauben, soll gerne das Geheimnis Ihrer Blase bleiben.
„Was in Buntland 2022 noch gesagt werden darf, entspricht der ‚Meinungsfreiheit‘ einer ddr im Jahr 1970…“
Absurder Vergleich. Ein Schlag ins Gesicht der Leute, die in Bautzen und Hohenschönhausen gesessen haben.
Wenn Herr Reitschuster völlig anlasslos drangsaliert wird, dürfte er vor Gericht gute Karten haben. Hätten Sie da nähere Informationen, damit ich mir einen Überblick über die Vorwürfe verschaffen kann?
Richtig ist, wer z. B. so etwas behauptet: "Brennende Flüchtlingsheime sind kein Akt der Aggression, sondern ein Akt der Verzweiflung gegen Beschlüsse von oben" (Sandro Hersel, AfD) oder „Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären“ (Jens Maier, AfD, über den Sohn von Boris und Barbara Becker), der muss halt auch mit der Kritik klarkommen, anstatt rumzuheulen, dass man heutzutage ja nichts mehr sagen darf.
Meinungsfreiheit, Herr Hügle, besteht nicht darin, daß Sie sagen dürfen, was Sie für richtig halten, sondern daß jeder sagen darf, was er für richtig hält. Der Rahmen des Sagbaren wird dabei nur durch das Recht festgelegt. Jeder, der beleidigt wird oder über den unwahre Tatsachen behauptet werden, hat das Recht, sich zu wehren. Und der Beleidigende muß für sein Tun geradestehen. Darüber hinaus darf es keine Einschränkungen der Meinungsfreiheit geben.
So sollte es sein, ist es aber nicht. Ein prominenter Fall ist der Journalist Boris Reitschuster. Vermutlich werden Sie seinen Ansichten nicht viel abgewinnen können. Darum geht es aber nicht. Herr Reitschuster wird von Polizei und Justiz drangsaliert, ihm werden ohne Erläuterung Bankkonten gekündigt. In den sozialen Medien werden seine Accounts gesperrt, Werbekunden werden ihm durch Denunziation abspenstig gemacht. Dabei hat er nichts Unrechtes getan. Und wenn ihm ein journalistischer Lapsus unterläuft, steht er dazu und korrigiert sich.
"Die Meinungsfreiheit war in Deutschland vermutlich niemals großer als heute."
Richtig ist, dass in den seriösen Medien (z.B. im ÖRR) Journalisten noch nie so hemmungslos ihre subjektive Meinung wie eine klebrige Sauce über die berichteten Fakten gießen konnten, oft in einer Sprache, die vor 15 und mehr Jahren in seriösen Medien undenkbar war. Eine verrohte Sprache gab es in gewissen Medien auch schon früher, aber seriöse Journalisten haben dafür gesorgt, dass die Sprache zivilisiert geblieben ist, und dass die Vielfalt der Meinungen im Volk erkennbar wurde.
Heute wird auch in den meisten "seriösen" Medien fast nur noch gegen Bevölkerungsgruppen gewettert, ohne diese selbst zu Wort kommen zu lassen. Viele Journalisten leben in einer Blase, geschaffen von ihren Netzwerken und Ideologien, zusammen mit gleichgesinnten "Prominenten" und Politikern, getrennt von der Bevölkerung.
Die Meinungsfreiheit, von der das GG spricht, wird von dieser Gruppe von Journalisten ernsthaft bedroht.
einen Besuch im Museum der Geschichte der BRD in Bonn. Suchen Sie den alten Teil des Bonner Plenarsaals auf und wählen einige Reden der BT Abgeordneten an und hören Sie genau zu. Das waren Diskussionen und keine „wir lieben uns doch alle, und alle unter einer Decke“
So viel zu Meinungsfreiheit und deren Entwicklung in den letzten 30 Jahren. Wir sind nicht auf dem Weg zur DDR 2.0 wir sind schon mittendrin. Und glauben Sie mir, als 53 in Thüringen geborener & all die Jahre hier lebender. I c h weiß es weil selbst erlebt.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik
... j e d e r und j e d e kann etwas dagegen tun. Vor allem: ignorieren. Es ist nur zu bedauern, wie diese - offensichtlich bildungsfernen - jungen Menschen in ein ärmliches Leben schlittern.
Seit über 20 Jahren ein beliebter Einstieg gewaltbereiter und mit sich selbst nichts anzufangender Jugendlicher, die gerne sofort in einen körperlichen Angriff übergehen. Dieser Satz war häufig bei KV-Delikten von Opfern als erste Berührung mit dem sie dann nicht selten übel zurichtenden Schläger wahrgenommen worden. Inzwischen reicht ja schon, dass sich jemand " fühlt" angestarrt, beobachtet, angesehen, angeblich sexistisch mit einem Blick ausgezogen zu haben usw., um die Faust schwingen zu lassen oder gerne auch mal ein Messer, zufällig dabei zu missbrauchen.
@ Franz Poschen - volle Zustimmung, ich lasse mich auch nicht auf diese Weise angehen und habe da einige probate Antworten parat, wobei ich meistens über so etwas hinweg gehe.
@ Thomas Hechinger - genau mein Humor, auf intelligente Gegenfragen oder Antworten sind die nicht vorbereitet, da fehlt es an Intellekt.
Man muss zur Ehrenrettung der Jugend aber auch sagen, dass dies einer bestimmten Klientel zugeordnet werden kann.
Sie vergessen die Motive des enthemmten Narzissmus durch Selbstaufwertung in den sozialen Medien und das "virtue signalling": Man gehört unbedingt zu den Guten, ist also aus der Verachtung ausgeschlossen, obwohl der digitale Lynchmob eine systematische Ungleichbehandlung und reversen Rassismus zum Ziel hat. Liberalität wird als überholt verhöhnt, der zugewiesene Opfer- und Täterstatus ist für den ersteren eine soziale Währung, für den Täter der Status des Feindes, den es mit eskalierenden Mitteln zu eliminieren giltLiberalität ist letztlich die einzige mögliche Grundlage einer wahrhaft diversen, toleranten und respektvollen Gesellschaft. Vielleicht sollte man die FDP gelegentlich daran erinnern.