Ein 9-Euro-Ticket-Nachfolger soll her – aber auf welchem Weg? Blick auf den Frankfurter Hauptbahnhof / dpa

Bund und Länder noch uneins über Finanzierung - Absurdes Gerangel um Billig-Ticket

Zum 1. Januar 2023 wird es wohl einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geben. Ungeklärt sind bisher aber sowohl der Preis als auch die Finanzierung. Dabei ist eine solche Maßnahme ohnehin reine Symbolpolitik. Denn die eigentlichen Probleme des öffentlichen Personen-Nahverkehrs sind ganz andere.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Es sollte der große Durchbruch in Richtung eines Nachfolgemodells für das im August ausgelaufene 9-Euro Ticket werden. Doch die Schaltkonferenz der 16 Verkehrsminister endete am Montag wie so oft unter dem Motto: „Wenn man mal nicht weiter weiß, dann gründet man ‘nen Arbeitskreis.“ Zwar wollen alle Länder ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket mittragen, doch bislang ungeklärt sind sowohl der Preis als auch die Finanzierung. Am 12./13. Oktober soll eine weitere Fachministerkonferenz ein Eckpunktepapier verabschieden, auf dessen Grundlage dann der Bund die Einführung zum 1. Januar 2023 auf den Weg bringen könnte – wenn es denn zu einer Einigung kommt.

Davon ist allerdings auszugehen, denn Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich eindeutig auf diesen Termin festgelegt, und das vor allem mit den entsprechenden Erwartungen vieler Bürger nach dem Auslaufen des gut angenommenen 9-Euro-Tickets begründet. Doch die meisten Länder fühlen sich dafür nicht gut gerüstet und fordern eine deutliche Aufstockung der sogenannten Regionalisierungsmittel des Bundes, mit denen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) von den Ländern finanziert wird. Oder, besser gesagt: chronisch unterfinanziert wird. Denn besonders die Verkehrsanbindung ländlicher Räume und die Taktung wichtiger Regionalverbindungen bleiben vielerorts weit hinter den Erfordernissen zurück.

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Sabine Lehmann | Di., 20. September 2022 - 16:18

Die Frage ist doch wohl eher, was am 01. Januar 2023 noch übrig ist von Deutschland. Das Fahren von A nach B dürfte eines unserer marginalsten Probleme sein bis dahin!
Das vordringlich schlimmste Problem ist der Fachkräftemangel beim Personal unserer amtierenden Regierung!

Ingo Frank | Di., 20. September 2022 - 21:44

Antwort auf von Sabine Lehmann

Mich treibt ein sehr ungutes Gefühl um, weil anscheinen die Dilettanten v. RGG sich nur mit marginalen Themen beschäftigen und nicht in der Lage sind wirklich die für D und dessen Bevölkerung wichtigsten Themen Inflation + Energiekosten anzugehen. Der prozentuale Anstig der Beschaffungskosten v. 45% scheint das W-Ministerium erst aus der ARD v. heute vor 8 zu erfahren.
Und, wenn ich die morgige Thüringer Allgemeine ansehe, und lese die AfD bei 26% u. im Leitartikel von 30% d. Afd in Sachsen, steigt der Druck im Kessel der „Unzufriedenen Wähler“ immens.
Die gestrige Demo m. 1000 Leuten war friedlich, die Rede des Bürgermeisters war echt Klasse. Die 6 … 7 mit blauen Jacken verhielten sich ruhig & unauffällig. Aber, wird nicht von der derzeitige Berliner Politik gegengesteuert, kann das für Deutschland und das, was derzeit noch von d. Demokratie übrig ist, ganz ganz bitter werden. Handlungsbedarf ist dringend erforderlich und kein gestümpert wie bisher.
M.f.G.a.d.E.R.

Ernst-Günther Konrad | Di., 20. September 2022 - 17:15

Wie Losverkäufer auf dem Jahrmarkt überbietet sich die Ampel und bislang unbekannte Hinterbänkler in den Parteien, auf den Sonderzug des Billig-Ticket aufzuspringen. Als sollten Kamellen auf dem Rosenmontagszug freihändig geworfen werden, will jeder mal beim Volk punkten, indem er ihm was "schenkt". Und die Mitmenschen haben es immer noch nicht kapiert. Das Billig-Ticket haben sie längst mit ihren Steuern vorfinanziert und werden es im Weiteren auch selbst über Steuern und Erhöhungen in allen anderen Lebensbereichen selbst weiter finanzieren. Vielleicht sollte man mal auf Herrn Weselsky hören, was er vorschlägt könnte eine Menge personelle Ressourcen freisetzen hin zu einer funktionierenden Bahnstrukturreform und mehr Dienstleistern am Bahnsteig und in den Zügen, sowie Ordnungs- und Reinigungsdienste entlasten. Und was macht die CDU? Sie will auch mitmachen, eben nur ein bisschen finanzielle Kosmetik anwenden, um sich zu profilieren. War das nicht mal die Partei mit der schwarzen Null?

Hans Jürgen Wienroth | Di., 20. September 2022 - 17:34

Der 9-€-Nachfolger ist reine „Klientelpolitik“ für die Städter, wie der NDR im Flächenland Niedersachsen in einer Befragung zur Wahl festgestellt hat:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Neun-Euro-Ticket-in-Nieder…
Ihr Kollege Hanselle hat das in seinem Artikel „Abgewrackt“ gut herausgearbeitet. Wer fragt sich noch, warum die Folgeveranstaltung erst am Tag nach der Nds.-Wahl stattfindet.
Durch die Befragung wurde auch deutlich, dass das Ticket vorwiegend für „Ausflüge“ genutzt wurde, die sonst ausgeblieben wären. Da zahlt also die arbeitende Landbevölkerung „aus Solidarität“ die Lustreisen des Juste-Milieus und darf dafür die hohen Sprit-Preise zahlen, weil der ÖPNV nur stündlich, meist leer, vorbeifährt. Das ist „Klimaschutz“ par Excellenz.
Derweil über die 9€-Nachfolge verhandelt wird, beklagen die ÖPNV-Betreiber die hohen Spritpreise. Sie könnten entweder die oder das Personal bezahlen, brauchen weitere Zuschüsse.

Ingo frank | Di., 20. September 2022 - 18:14

anderen Probleme als Klientelpolitik für woke Grosstädter?
Gestern 1000 Menschen zu Demo zu dem unser Bürgermeister eingeladen hat und in seiner Rede die Probleme der Kurstadt durch die Energiekriese aufzeichnete. Er verheimichte auch nicht die persönlichen Anwürfe vom Querdenker bis Nazi ……durch Haushaltsprobleme folglich Kita Gebüren Grund Hundesteuer alles hoch. Ein Gastronom der jetzt 14 T € Strom bezahlen muss berichtete von seinen Nöten. Im übrigen unterhielt ich mich mit einer Mitarbeiterin vom MDR die in Leipzig war und von einer „aufgeladenen“ Stimmung sprach. Das sind die Probleme des Landes und kein Billigticket.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Siegfried Gillecke | Di., 20. September 2022 - 18:25

Brötchen für 3 Cent das Stück zu verkaufen wäre ein ähnliches Erfolgsmodell mit bestimmt reißenden Absatz. Natürlich müssten dann die Bäcker einen Zuschuss vom Staat erhalten!

Ingo Frank | Mi., 21. September 2022 - 17:38

Antwort auf von Siegfried Gillecke

Davon würden wenigstens nicht n u r die Woken Grosstädter profitieren sondern das Bäcker H A N D W E R K & die Menschen des Landes und niemand bräuchte industriell hergestelltes Brot + Brötchen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Wolfgang Fengler | Di., 20. September 2022 - 19:59

Ich könnte mich mit dem Gedanken anfreunden, die Zahl der Verkehrsverbünde drastisch zu reduzieren. Doppelarbeit und Abstimmungsbedarf wären sicher zu vermeiden. Aber es ist halt wie bei den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten. Solange Radio Bremen etc. noch existieren muss (?), wird es auch nicht gelingen, Verkehrsverbünde zusammenzuführen. In NRW sind es deren 4. Noch Fragen?

Gerhard Lenz | Di., 20. September 2022 - 20:12

Denn für die bedeutet das 9-Euro-Ticket oder sein wie auch immer gearteter Nachfolger primär eine Subvention des öffentlichen Verkehrs.

Und für eine Partei, die privatwirtschaftliche Aktivität wie einen Fetisch hochhält, wirtschaftliche Aktivität der Öffentlichen Hand aber mehr ablehnt, als der Teufel das Weihwasser, sind öffentliche Geschenke - um solche handelt es sich nach Ansicht der Wirtschaftsliberalen - schwer zu ertragen.

Die FDP träumt vom "schlanken Staat". Was sie so vollmundig als "Entscheidungsfreiheit" verkaufen möchte, bedeutet entzaubert nichts anderes, als sozial schwache Bevölkerungsteile in ihren Möglichkeiten einzuschränken. Denn jeder ist ja seines Glückes Schmied...so die wirtschaftsliberale Blauäugigkeit, als wenn "Chancengleichheit" und gleiche Möglichkeiten für ALLE jedem Menschen in die Wiege gelegt worden seien.

Die FDP redet zwar gerne über Ökologie, möchte aber dem Markt überlassen, diese durchzusetzen.

Das ist schlicht und einfach absurd.

Dr.Andreas Oltmann | Di., 20. September 2022 - 21:43

Weselskis Vorschläge hören sich vernünftig, bei allen negativen Schlagzeilen, die zu Lokführer-Streiks produziert hat. In Österreich kostet ein Jahres-Ticket ca 1.200,00 €, in der Schweiz ca. 3.600,00€. Dafür stimmen die Leistungen.
Hier aber wird das oberste Prinzip unserer Politiker wieder offengelegt: Versprechungen, die man Nichthaben kann. Wie bei der Energiewende, wo man auch vergessen hat, zu erwähnen, wo und wie eine grundlastfähige Energieversorgung gewährleistet werden soll.
Und wir, der Steuerzahler, zahlen die Zeche. Ist ja nur Geld, sagt Habeck.
Erst muss das System so ausgestattet sein, dass es die Erwartungen auch erfüllen kann!

Albert Schultheis | Di., 20. September 2022 - 23:46

Jeder kann wählen, wo er mit der Bahn zu spät oder garnicht ankommen will. Diese verblödeten linksgrünen Studienabbrecher und Taugenichtse haben's verzockt, nachhaltig verka**t! Schwadronieren von Kipp-Punkten, von CO2-Endzeit, Extinction Rebellion - und dem ganzen Klima-Bullshit. Dabei übersehen diese Deppen, dass wir ganz andere, viel grundlegendere, maßgeblichere Kipp-Punkte längst überschritten haben - irreversibel. Es sind gesellschaftliche Kipp-Punkte, solche der Überfremdung, der Möglichkeit von Sozialisation, der demografischen Reproduktion, der Erhaltung von demokratischen Prozessen und Kontrollmechanismen, Kipp-Punkte der persönlichen Entwicklung und Entfaltung - der Freiheit! - Gratulation! Alles geschreddert nach 16 J. Merkelismus und knapp 1 J. GrünRotGelber Khmer. Maslows Pyramide - eine komplette Ruine. Dumm gelaufen. Es wird keine Grünliche Idylle mehr geben, kein Bullerbüh mit Windrad, fröhlichen Menschen auf Lastenfahrrädern mit spielenden Kindern. Aus! Spiel vorbei.

Frieda Frey | Mi., 21. September 2022 - 08:52

Es mag Symbolpolitik sein, für unser Familienbudget mit pendelndem Mann macht das einen großen Unterschied - Arbeitsstelle ca. 100 km entfernt, Ticket für Bahn und S-/U-Bahn 350 Euro monatlich.

Ingo Frank | Mi., 21. September 2022 - 19:44

Antwort auf von Frieda Frey

Und das meine ich ehrlich.
Aber trotzdem drängt sich mir die Frage auf, was haben die Millionen, 80% der deutsche Bevölkerung lebt auf dem Land, und die überwiegende Mehrheit ohne Bahn und Bus (außer m.d. Schulbus) und wenn eines von beiden sind die Fahrzeiten nicht „Arbeitszeitfreundlich“ d.h. wenn ich den ÖNV nutze ne‘ 1/2 Stunde Fahrzeit habe, aber dann 1 Std. Zu früh und abends wieder 1 Std. warten muß, was macht Mann da? Richtig Auto fahren um den ÖNV zu subventionieren. Aber wie wurde ich letztlich belehrt. Wir leben in einer Solidargemeinschaft. Trotzdem, fair ist das nicht! Aber was ist fair im Buntland Germany?
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik