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Pure Freude wäre dem Hegel-Kenner Kaube viel zu undialektisch Foto: Jörg Carstensen/dpa

Deutscher Sachbuchpreis 2021 - Was wirklich ist, das ist vernünftig!?

Hegel lesen ist gar nicht so leicht. Doch der Gang durch sein Denken wird mit Jürgen Kaubes neuem Buch zum intellektuellen Vergnügen. Nun hat „Hegels Welt“ den Deutschen Sachbuchpreis 2021 gewonnen. Eine Leseempfehlung.

Autoreninfo

Jens Nordalm leitete bis August 2020 die Ressorts Salon und Literaturen bei Cicero.

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel (17701831) gilt mit einigem Recht als der vielleicht unzugänglichste der großen Philosophen der Philosophiegeschichte. Oder soll man sagen „galt“? Denn jetzt gibt es ein Buch, mit dem man Hegel versteht. Und nun hat dieses Buch – vielleicht, weil auch die Jury so dankbar war für diese befreiende Lesehilfe – auch noch den erstmals vergebenen Deutschen Sachbuchpreis gewonnen, ausgelobt vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

Geschrieben hat das Buch Jürgen Kaube, fürs Feuilleton verantwortlicher Herausgeber der FAZ, an dessen glücklicher Neigung zum unerschütterlichen Selbstdenken in Leitartikeln und Kommentaren des Frankfurter Blattes man sich seit vielen Jahren erfreuen kann. Und nicht zuletzt diese Neigung ist der Grund für das staunenerregende Gelingen auch dieses Buches. „Hegels Welt“ zu lesen lohnt sich wegen Hegel – aber es lohnt sich auch wegen Kaube.

Es ist ein Buch, das einem „Hegels Welt“ erklärt, und das heißt hier auch: die Welt zur Zeit Hegels. Man kann mit guten Gründen sagen, dass diese Welt noch andauert. Wir leben in vielen Zügen der Staats-, National- und Sozialgeschichte Europas noch immer in einer Welt, die man die Welt „nach 1800“ nennen kann.

Wohlgesetzte Ohrfeigen

Dabei ist das Buch auch eine Biographie – das Tübinger Stift seit 1788, Hegels Hauslehrer-Zeit in Bern und Frankfurt, die Jahre der universitären philosophischen Lehre in Jena, Heidelberg und Berlin. Aber am Ende hat man ein vom Denken der Zeit und vom Denken Hegels her geschildertes Panorama der Epoche vor Augen – und jeder Satz darin ein selbst und frisch gedachter Gedanke, und mitdenkend lernt man in jedem Moment.

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Rob Schuberth | Mo., 28. Juni 2021 - 14:48

...."endlich ein Buch mit dem man Hegel verstehen kann"?

Wollte der eigtl. von allen Lesern gleich verstanden werden?

Ging es ihm nicht eher darum die, ich nenne es mal mit meinen Worten, die Weite der möglichen Interpretationen zuzulassen.

Literatur hat doch vor allem einen Vorteil.

JEDER kann damit u. dadurch SEINER Fantasie und SEINER Deutung folgen.

Nein, es bedurfte m. E. keines Buches um das Verstehen besser zu verstehen.

Aber was soll's. Die Läden sind voll von unnützen Büchern.

Ronald Lehmann | Di., 29. Juni 2021 - 00:31

Antwort auf von Rob Schuberth

Viel reden, sagen & schreiben, ohne was konkretes zu meinen oder eine getroffenen Aussage auch zu beweisen. Großer Spielraum für großzügige Interpretationen, um linke Gedankendrehungen Salonfähig zu machen.
Tut mir Leid, da lobe ich mir eher Konfuzius, obwohl er aus China kommt. Aber seine Aussagen sind für mich persönlich kurz & treffend ohne wenn & aber. Natürlich gehören zum philosophieren die alten Griechen auch dazu, denn Sie sind die bekannten & überlieferten Meinungsgründer. Jedoch habe ich auch gerne früher in den Büchern von Friedrich Nietsche, Schoppenhauer & Schiller herumgestöbert, weil Geist, Herz aber auch Humor so schön zutrachten war.

Karl-Heinz Weiß | Mo., 28. Juni 2021 - 15:01

Hegels Vorliebe für starke Regierungen wird in der sehr anregenden Rezension etwas kurz gestreift.
Als Vordenker für das Sozialpunktesystem der Volksrepublik China hat sich Hegel auf jeden Fall nicht disqualifiziert. Auch Herr Kretschmann nähert sich neuerdings ähnlichen Gedanken. Hat er vom Autor einen Vorabdruck erhalten?

das Sozialpunktesystem der Chinesen gelobt? Tatsächlich hat er die wirtschaftliche Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Chinesen betont.

So wie AfDler nicht müde werden, gute Beziehungen zu Russland zu fordern. Sicher, AfDler haben eine Vorliebe für "illiberale" Staatenlenker. Begrüßen sie dann auch automatisch das Zusammenknüppeln, Einkerkern, ja Ermorden von Oppositionellen, wenn sie Putin bewundern?

Was Hegel angeht: Seine Schriften als "unnütz" abzutun, nur weil seine zweifellos schwierige Schwurbeleien und seine schrulligen Ansichten über den Weltgeist usw. merkwürdig erschienen, scheint mir ziemlich arrogant.

Wann ist denn Lektüre nützlich? Wenn sie politisch genehm ist?

Im Übrigen war auch Konfuzius nicht unbedingt ein Menschenfreund: Der Mann, dessen Sprüche sich auf jedem Küchenkalender gut machen, war zweifellos ein Freund strikter Disziplin.

Gut, wer es mag, bitteschön. Disziplin und Gehorsam sind ja gute deutsche Tugenden.

Herr Lenz, Sie sollten Kommentare genau lesen. Dieser bezog sich erkennbar auf die "Vorliebe für starke Regierungen ".

..., oder besser würde gerne leichter die GG-Rechte von uns Bürgern aufheben, oder zumindest einschränken können.

Ist ihm so in einem Zeitungsinterview "rausgerutscht".

Allerdings muss man schon seine Blase verlassen um so etwas zu lesen.

Dieter Freundlieb | Di., 29. Juni 2021 - 11:51

Ich kann mir kein Urteil über Kaubes Buch erlauben, da ich es nicht gelesen habe. Und ich weiß nicht, ob ich es jemals lesen werde. Was mich zögern lässt, ist, dass Kaube, bei all seinen Verdiensten, kein ausgewiesener Philosoph ist.

In jungen Jahren habe ich mir die (verbilligte) 20-bändige Suhrkamp Hegel-Werkausgabe gekauft und immer mal wieder einen Anlauf unternommen, Hegels Philosophie zu verstehen. Es ist mir aber nicht gelungen. Für die Hegelsche Art des Philosophierens konnte ich mich nie erwärmen. Und die Hegelsche Logik, an der sich schon viele Philosophen die Zähne ausgebissen haben, halte ich heute noch für teils unhaltbar, teils unverständlich. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Kaube sie verständlich machen könnte. Im ganzen halte ich es eher mit einem der Gutachter meiner Dissertation, der in seiner Einführung in Hegel (Hamburg 1999) schreibt, dass wir zwar im einzelnen viel von Hegel lernen können, "im ganzen aber, wie es in der Philosophie nicht geht."