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Deutsche Humanwissenschaftler publizieren fleißig. Meistens jedoch fernab der Öffentlichkeit / dpa

Die Lage der Wissenschaft - Wie deutsche Wissenschaftler aus dem Elfenbeinturm herauskommen

In der öffentlichen Debatte bleiben viele fähige deutsche Geisteswissenschaftler stumm. Dabei wären ihre Beiträge aktuell wichtiger denn je. Wie Humanwissenschaftler eine stärkere Rolle im aktuellen Diskurs einnehmen könnten.

Autoreninfo

Dr. Christoph Ploß ist Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU-Fraktion), Landesvorsitzender der Hamburger CDU und promovierter Historiker.

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Oktober 2019: Bernd Lucke, Professor für Makroökonomie an der Universität Hamburg, scheitert bei seinem Versuch, eine Vorlesung zu halten: Linke Studenten brüllen ihn nieder. Auch ein zweiter Versuch, unterstützt von Sicherheitskräften und Schutzmaßnahmen, misslingt. Am Ende bleibt Lucke nur die Flucht aus dem Hörsaal.

Juli 2020: Der Kabarettist Dieter Nuhr formuliert in einem Beitrag für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Satz: „Wissenschaft weiß nicht alles, ist aber die einzige vernünftige Wissensbasis, die wir haben. Deshalb ist sie so wichtig.“ Wissenschaft sei „keine Heilslehre“, fährt Nuhr fort. Eigentlich Sätze, die nicht zu Aufruhr führen dürften.

Doch Nuhr, der Greta Thunberg und „Fridays for Future“ mit diesem Argument kritisiert hatte, wird daraufhin im Internet angefeindet. Kurz danach löscht die DFG seinen Beitrag. Zwei Ereignisse aus der jüngeren Vergangenheit, die eines verdeutlichen: Der Austausch verschiedener Ansichten, die freie Lehre und Forschung sind keine Selbstverständlichkeit mehr.

Es wäre wichtiger denn je

Dass Wissenschaftler mit ihren unterschiedlichen Erkenntnissen gesellschaftliche Debatten bereichern, dass es dazu gehört, andere Meinungen anzuhören und diese als Gedankenanstoß zu empfinden, wird in Teilen der Wissenschaft immer stärker infrage gestellt. Dabei wären gerade in Zeiten schnelllebiger Meinungskonjunkturen und einer Flut von Fake News grundlegende Erkenntnisse der Wissenschaft wichtiger denn je.

Wissenschaft könnte Orientierungswissen für gesellschaftliche Debatten über die Verantwortung des Menschen für seine Umwelt, über Integration und Teilhabe am soziokulturellen Leben oder zur Zukunft der internationalen Ordnung in einer globalisierten Welt zur Verfügung stellen. Insbesondere in den Humanwissenschaften (in diesem Beitrag sind damit vor allem die Geistes- und Sozialwissenschaften gemeint) macht sich seit Längerem eine Art Selbstbeschränkung und Meinungskonformismus breit.

Die deutsche Wissenschaftspraxis

Dort fehlen Kraft und Mut, aus unterschiedlichen Richtungen Probleme zu erörtern und zu diskutieren. Viele ihrer Vertreter beteiligen sich kaum an öffentlichen Debatten und ziehen sich in den Elfenbeinturm zurück. Oft wird rege publiziert, aber meistens nur für einige Spezialisten aus der eigenen Disziplin. Doch warum ist das so?

Ein Grund mag die Furcht vor medialen Empörungswellen sein, falls die eigenen Erkenntnisse nicht der Erwartungshaltung der meinungsführenden Teilöffentlichkeit entsprechen. Ein damit zusammenhängender wesentlicher Grund aber berührt die Grundfesten auch des deutschen Wissenschaftssystems: eine Wissenschaftspraxis, die nur darauf bedacht ist, immer neue Drittmittel für Forschungsprojekte einzuwerben.

Immer mehr Drittmittelanträge werden in immer kürzeren Zeiträumen geschrieben, um den Drittmittelfluss und damit das universitäre Leben am Laufen zu halten. Es hat sich ein eigener Kreislauf herausgebildet, ein Tanz um die Drittmittel wie ums Goldene Kalb. Ein Wissenschaftler, der die begehrten und nicht selten für den Fortbestand der eigenen Stelle erforderlichen Drittmittel einwerben möchte, schreibt einen Antrag. Er folgt dabei gängigen Forschungstrends und antizipiert, was dem Gutachter voraussichtlich gefällt.

Dabei ist der Gutachter von heute der Antragsteller von morgen. So entsteht ein selbstreferenzielles, bürokratisches System, das viel Energie und Zeit kostet und sich vor allem um die antizipierten Erwartungen und die erwartete Zustimmung dreht. Die Folge liegt auf der Hand: Das Interesse, aus den eigenen akademischen Echokammern herauszutreten und mit einer breiteren Öffentlichkeit zu diskutieren, sinkt. Der Mut zum pointierten Urteil eines Hans-Peter Schwarz oder eines Hans-Ulrich Wehler fehlt heute in den Humanwissenschaften – von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Am Personal mangelt es nicht

Große wissenschaftliche und gleichzeitig gesellschaftliche Debatten, wie in den 1960er Jahren um die Rolle Deutschlands im Ersten Weltkrieg und die damit verbundenen langfristigen Folgen für die deutsche Politik, sind kaum mehr denkbar. Dass Ökonomen wie Lars Feld, Marcel Fratzscher, Clemens Fuest, Veronika Grimm, Katharina Spieß oder Ludger Wößmann in vielen gesellschaftlichen Debatten ihre Stimme erheben, während Historiker oder Politikwissenschaftler schweigen, ist unbefriedigend.

Dabei gibt es auch heute in den Humanwissenschaften über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus anerkannte Persönlichkeiten, die zeigen, dass sie wissenschaftlich scharfsinnig analysieren und gleichzeitig öffentliche Debatten anstoßen können. Der Soziologe Armin Nassehi, der Politikwissenschaftler Herfried Münkler oder die Historiker Andreas Rödder und Heinrich August Winkler sind neben anderen einige prominente Beispiele.

Sie übertragen ihre Forschungsergebnisse auf aktuelle Debatten rund um gesellschaftspolitische Entwicklungen, Fragen der Globalisierung und des Strukturwandels oder auf die Coronakrise und spannen damit einen Bogen von ihren fachlichen Studien zur breiten gesellschaftlichen Diskussion in der Gegenwart. Davon bräuchte es mehr.

Das Problem ist nicht neu

Gewiss, die Forderung, dass Wissenschaft neue Erkenntnisse und Thesen entwickeln und gleichzeitig den Mut haben müsse, sich nicht nur an ökonomischen Vorgaben und am gesellschaftlichen Mainstream zu orientieren, ist nicht neu. Bereits der Soziologe und Ökonom Max Weber kritisierte in seinem berühmten Vortrag „Die Wissenschaft als Beruf“ die Vorstellung, dass Wissenschaft „ein Rechenexempel“ geworden sei.

Doch am Beispiel des kamerunischen Historikers Achille Mbembe kann man eine Entwicklung beobachten, die darüber hinausgeht. Mbembe wird nicht nur von vielen Humanwissenschaftlern gewürdigt, sondern auch mit Auszeichnungen wie dem Gerda-Henkel-Preis oder dem Ernst-Bloch-Preis überhäuft. Er wirft den westlichen Staaten vor, in Klischees gegenüber Afrika gefangen zu sein und den eigenen Erfolg bis heute durch Sklaverei und Kolonialismus auf dem Rücken der Afrikaner aufgebaut zu haben.

Genau hinschauen

Es gehört zu einer Demokratie, dass auch solche Thesen vertreten und diskutiert werden. Dass Mbembes Publikationen jedoch fast von der ganzen Humanwissenschaft unkritisch gefeiert und dabei sogar antisemitische Passagen zunächst ausgeblendet wurden, zeigt wie unter einem Brennglas, dass gesellschaftspolitische Debattenanstöße und ein Korrektiv aus der Humanwissenschaft häufig fehlen.

„Das Apartheidregime in Südafrika und […] die Vernichtung der europäischen Juden sind zwei emblematische Manifestationen dieses Trennungswahns“, schreibt Mbembe in seinem Buch „Politik der Feindschaft“. Es waren einige Publizisten oder der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein, die auf die Verharmlosung des Holocaust durch Mbembe und Widersprüche in seinen Werken hingewiesen haben.

„Was ist das für ein Staat, der sich, statt die Gesellschaft zu verteidigen, gegen seine Bevölkerung wendet? In einigen Ländern hat man im Namen von Schutz und Fürsorge entschieden, die Bevölkerung einzusperren, um Ansteckungen zu vermeiden.“ Das sind Sätze von Mbembe zur aktuellen Coronakrise. Widerspruch aus den Humanwissenschaften zu diesen Aussagen? Fehlanzeige!

Der Weg hinaus

Doch wie kann die intellektuelle Autonomie in den Humanwissenschaften gestärkt werden, die – in Anlehnung an den französischen Soziologen Pierre Bourdieu – überhaupt erst der Legitimationsgrund für Wissenschaft ist? Wie können Humanwissenschaftler wieder eine stärkere Rolle in gesellschaftlichen Debatten einnehmen?

Erstens ist ein anderes gesellschaftliches Klima notwendig. Unkonventionelle Positionen und kontroverse Diskussionen sollten als bereichernd wahrgenommen und von Universitäten und Forschungseinrichtungen aktiv unterstützt werden. Das könnte dazu beitragen, dass Wissenschaftler wieder aus dem Elfenbeinturm herauskommen.

Zweitens sollte, so wie es in Großbritannien der Fall ist, die Medienresonanz als Erfolgskriterium und nicht als Malus für die Karriere von Wissenschaftlern gelten. Klar: Nicht jedes Forschungsergebnis ist gesellschaftlich relevant und Medienresonanz ist nicht notwendigerweise ein Qualitätsnachweis. Wichtig sind jedoch Anreize, damit Wissenschaftler sich bei gesellschaftlich relevanten Themen mit ihren Erkenntnissen und Positionen in die Debatte einbringen.

Drittens sollten mehr Finanzmittel in die Grundausstattung der Universitäten anstatt in die Drittmittelwirtschaft fließen. Drittmittel in der Wissenschaft sind nicht per se schlecht, sie helfen bei der zusätzlichen Ausstattung von Universitäten, sie halten das Wissenschaftssystem flexibel für neue Trends und können einen gesunden Wettbewerb um die besseren Konzepte befördern. Aber das Drittmittelsystem hat eben auch Nebenwirkungen, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass Wissenschaftler im immer schneller laufenden Hamsterrad keinen Ausweg aus ihren eigenen akademischen Echokammern finden.

Es ist gleichermaßen die Verantwortung von Politik und Wissenschaft, dass Wissenschaftler sich wieder pointiert öffentlich äußern wollen und können.

Dr. Christoph Ploß ist Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU-Fraktion), Landesvorsitzender der Hamburger CDU und promovierter Historiker.

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Holger Jürges | Do., 12. November 2020 - 13:29

Zitat:"Wie können Humanwissenschaftler wieder eine stärkere Rolle in gesellschaftlichen Debatten einnehmen?"
Nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Philosophen, Künstler - alle die sich durch ihre Medienpräsenz den Lebensunterhalt sichern - stehen auf verlorenem Posten respektive unter der Knute des Rotgrünen Zeitgeistes, der alles medial zerstört, das sich ihm entgegenstellt. - "In den Wohnzimmern der Prominenz wird ganz anders gesprochen als im Rahmen medialer Präsenz." So ähnlich hat es St. Kretzschmar ausgedrückt und damit auf den Punkt gebracht, dass die Macht der rotgrünen Medien - dieser verheerende Zeitgeist - mittlerweile in einer Weise diffundierend wirkt, dass vernunftorientierte Standpunkte keine Chance mehr in Deutschland haben. Das führt zum Teil so weit, dass republikrettende Gedanken (z.B. ein Ende der Überfremdung) als deliriös verunglimpft werden: Die breite gesellschaftliche Debatte ist schon lange tot, Herr Ploß; begraben unter den Ruinen wirklicher Freiheit...

Debatte - Streitgespräch

Kommt sehr selten als Irrlicht in der Wissenschaft noch vor, da eigentlich Wissenschaft ergebnisorientiert (!!!) arbeitet.
Will man aus egal welchen Gründen keine Ergebnisse erziehlen, werden die Floskeln Demokratie, Sicherheit, Solidarität, Pandemie, Klimawandel & & & verwendet.
Im Gegenzug erniedrigt man sein "Gegenüber" um sich selbst zu erhöhen.
Anfrage an Sender Jerewan:
Ab wann darf von Demokratie & ab wann darf von Ordnung gesprochen werden?
Dokumentation auf YouTube (ab welchen Zahlen/Statistiken ...
man von ..... sprechen kann.)
SWR: Im Land der Lügen. Wie Politik & Wirtschaft mit Zahlen manipulieren.
Sehr empfehlenswert

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 12. November 2020 - 13:30

ja Wisschenschaftlern (d/m/w) Mut, öffentlich Debatten anzustoßen oder sich daran zu beteiligen.
Obwohl mit dem Artikel nicht angesprochen, möchte ich anmerken, mir jedenfalls nicht.
Was man alles wissen muss, um nicht in das eine oder andere "Fettnäpfchen" zu treten, bereitet jeder Wissenschaft ein Ende?
Das Diskussionsklima empfinde ich persönlich als eines, von dem man nicht wissen kann, wann es einen "auffrisst", welcher "Fresser" sich mit wem verbündet usw.
Ich würde in so einer Situation aber genau nur Wissenschaft betreiben und nicht noch die Arbeit der Politik erledigen.
Die werden beraten, besitzen Immunität und sollten in der Lage sein, Handlungen und Gesetze zu vertreten und zu verteidigen.
Auch Debatten können sehr wohl in Parteien oder aber in Medien stattfinden, vorangetrieben durch Fachjournalisten und fachkundige Leser.
Sicher sehe ich zu schwarz, aber ich würde meinen, dass man Wissenschaftler nicht für evtl. dilettantische Politik opfern sollte.
Seid Euch das wert!

Helmut Bachmann | Do., 12. November 2020 - 13:35

Es würde schon viel helfen, wenn CDU Mitglieder, die nicht auch bei den Grünen unterkommen könnten, sondern eher konträre Meinungen haben, diese öffentlich vertreten und auch gegenüber der großen Vorsitzenden nicht immer nur den Abnickverein geben würden. Und zu guter Letzt nicht Leuten, die dies versuchen, auch noch Probleme machen würden(Stichwort Werteunion). Dann wird sich das gesellschaftliche Klima schnell ändern. Aber auch hier: Abhängigkeit macht quasi korrupt.

Markus Michaelis | Do., 12. November 2020 - 14:19

Vielleicht halten sich Historiker zurück. Soziologen und andere melden sich deutlich zu Wort - oft mit starkem gesellschaftlichen Interesse/Zielen. Die universitäre Denkwelt als Ganzes scheint mir sogar überrepräsentiert in der gesellschaftlichen Debatte, zumindest oft (zusammen mit ihrem Umfeld) den Ton und die Agenda setzend. Parteien, Wirtschaft, Kirchen etc. laufen eher diesem Trend hinterher (oder alles ist eins?). Es fehlt vielleicht mehr die Universität als Wissenschaft und einen davon als unabhängig wahrgenommenen Schritt der Wertung und politischen Anwendung der Ergebnisse. Zu Mbembe würde es mich mehr interessieren, dass Politiker wieder an Debatten teilnehmen - nicht der eingeübte Schulterschluss gegen Rechts und ansonsten offen für alles, sondern die Debatte bei kontroversen Themen. So einig, wie man tut und hofft, ist die Gesellschaft nicht.

Heidemarie Heim | Do., 12. November 2020 - 15:35

Das Problem werter Herr Dr. Ploß ist nicht der Absprung aus dem laufenden Hamsterrad sondern das Entkommen aus dem Käfig;)! Wie Sie ebenfalls bemerken, ist das Problem "Wes Brot ich ess..."schon etwas älteren Datums, hat sich aber so weit ich es beurteilen kann, in unseren Zeiten auch vonseiten der Politik befördert derart manifestiert, das die medial unterstützten Kampagnen und Diskreditierungen "Andersmeinender" da nur das Sahnehäubchen oben auf bilden. Da hat sich wie in allen Bereichen unseres Zusammenlebens ein undurchdringliches Dickicht von Netzwerken, Abhängigkeiten und Meinungshoheiten gebildet, die der Freiheit immer mehr das Wasser abgraben. Und wenn sich schon die hoch gebildeten Geister nicht mehr aus ihrem sicheren Turm/Exil des Schweigens heraus trauen oder bestenfalls mittreiben lassen, sehe ich schwarz für eine notwendig neue Debattenkultur.
Denn das mitunter Wichtigste ging hier verloren. Nämlich das Vertrauen unter/-zueinander bzgl. Kommunikation. MfG

Genauso sehe ich´s auch. Und ohne zu behaupten, dass da manche (geschweige denn alle!) Wissenschaftler, Ärzte und auch Profs recht haben, deren Ansichten und Untersuchungen ich von manchen Bekannten immer wieder mal geschickt bekomme: Die kommen im ÖR systematisch nicht vor.

Dabei hätte ich die da sehr gerne mal in sachlicher Auseinandersetzung entweder widerlegt, teilbestätigt oder sonstwas gesehen - aber die immer selben sagen im Prinzip immer dasselbe, evtl. neu nuanciert, aber nie konträr (ausser anfänglich die wohl abgesprochene Masken-bringen-nichts-Nr. mangels Masken!)

Schon auch ein bisschen armselig det Janze!

Heidemarie Heim | Fr., 13. November 2020 - 11:11

Antwort auf von Wolfgang Z. Keller

Wer hat den nicht lieber Herr Keller?! Dies zu fördern scheint aber leider nicht dem Auftrag der ÖR-Medien oder Redaktionen zu entsprechen. Ich persönlich kann mir z.B. nicht vorstellen, dass ein Journalist der politisch völlig anders tickt als sein redaktioneller "Auftraggeber";), dort ein langes erfolgreiches Berufsdasein fristet. Wie wenig eine sachliche Auseinandersetzung zu was auch immer funktioniert kann man von den einseitig bestückten Talkrunden im ÖR bis zu unserer Volksvertretung, sprich Parlament zu jeder Zeit erfahren. Da wird schon im vornhinein verurteilt, mit nichts als Moral statt Argumenten die ausgemachte Gegner in die Defensive gedrängt und alle guten Manieren wie Zuhören, nicht dazwischen quatschen usw. ad acta gelegt. Wie Sie sagen, ein armseliges Vorbild für Debattenkultur. Auch im persönlichen Nahbereich stellte ich dieses Unwesen leider mehr und mehr fest. Deshalb beschränkte sich inzwischen mein eigenes Interesse für Kommunikatives hier auf dieses Forum.LG

Roland Hunecke | Do., 12. November 2020 - 17:21

Es ist ja nicht so, daß sich deutsche "Wissenschaftler" nicht zu Wort melden würden.
Vielmehr scheint eine Mehrheit sich von Politikern kaufen zu lassen und bedient mit ihren häufig sehr fragwürdigen "Studien" deren Erwartungen. So bekommt man offenbar die Aufmerksamkeit, die einem in der wissenschaftlichen internationalen Community versagt wird. Der Steuerzahler ist verwundert, welche merkwürdigen Forschungsgebiete es heute gibt, deren Bezeichnung bereits Voreingenommenheit signalisiert: "Rechtsextremismus" ist mindestens so populär, wie "Gender-...". Forschungsschwerpunkte "Linksextremismus" sucht man dagegen vergebens, "Islamismus" ist ebenfalls unterrepräsentiert. Seriöse Wissenschaftler sollten allgemeinverständlich miteinander über wichtige Themen in den Medien streiten, aber unter Ausschluß von Politikern, Ideologen und Theologen.
Schwieriger dürfte es sein, die Medien zu motivieren oder zu verpflichten (ÖR!), darüber auch zu berichten. Abhängigkeit garantiert den Mainstream!

helmut armbruster | Fr., 13. November 2020 - 07:33

die akademisch "Gebildeten" sowieso nicht.
Das Volk will nicht zuschauen wie Meinungen sachlich ausdiskutiert werden. Es will fertige Meinungen geliefert bekommen.
Wird die fertige Meinung durch charismatische Persönlichkeiten ohne wenn und aber präsentiert, dann wird sie angenommen.
Nach ihrem Wahrheitsgehalt wird nicht gefragt.
Verstaubte Stubengelehrte wirken nicht charismatisch und finden deshalb kein Gehör.
Ihr Publikum sind andere verstaubte Stubengelehrte, aber nicht il populo.
Die Bild Zeitung und Trump haben dieses System verstanden und praktizieren es mit Erfolg.
Man müsste also das Volk ändern um ein besseres und höheres Niveau zu erreichen und nicht die Geisteswissenschaftler.

René Maçon | Fr., 13. November 2020 - 08:20

"Doch warum ist das so?"

Nicht nur das Drittmittelsystem zwingt zu Konformismus. Auch die Hochschulselbstverwaltung macht die unbedachte Ausübung von "Forschungsfreiheit" gefährlich.

Seitdem das Senioritätsprinzip bei der Besoldung durch ein "leistungsorientiertes" Zulagensystem ersetzt wurde, über das die Hochschulleitung bestimmt, ist das Rektorat von Hochschulen fast allmächtig geworden.

In einigen Bundesländern, wie z.B. Baden-Württemberg, erlaubt das zuständige Hochschulministerium den Hochschulleitungen, das Prinzip der weltanschaulichen Neutralität aufzugeben und "ihre" Hochschulen politisch zu positionieren.

Da bleibt dann am Ende in der Praxis nicht mehr viel übrig vom hehren Art. 5 (3) GG...

Wolfgang Beck | Fr., 13. November 2020 - 10:18

dieses Zitat von Christian Wulff: "Vielfalt ist manchmal sicher nicht einfach, aber das Gegenteil ist Einfalt. Und wer will schon einfältig sein?" Ungeheuerlich, diese Aussage. Vielfalt und Einfalt sind kein Gegensatzpaar! - nie und nimmer, hier liegt ein sprachliches Mißverständnis vor. Es ist wirklich unbegreiflich, warum das niemanden aufgefallen ist, kein Sprachwissenschaftler hat sich zu Wort gemeldet. Auch die Süddeutsche hat`s nicht geschnallt.

Gisela Fimiani | Fr., 13. November 2020 - 12:31

Es geht nicht nur um „Drittmittel“. Es geht vor allem um „Staats-Mittel“, die nach (partei-)politischer Opportunität vergeben werden. Im Übrigen „gehört“ es nicht „dazu“, „andere Meinungen anzuhören“. Für jede ernstzunehmende Wissenschaft gilt, dass sie Wahrheitssuche ist und Wahrheit ist nie sichere Wahrheit. Wer ernsthafte Wissenschaft betreiben will, sucht und braucht die Kritik, um durch Versuch und Irrtum der Wahrheit ein wenig näher kommen zu können. Ernst zu nehmende Wissenschaftler bemühen sich, ihrer Eitelkeit zu entsagen und sich in mehr Demut zu üben. Ernst zu nehmende Politiker bedürfen ebenfalls der Demut und sollten „wissenden“ Wissenschaftlern mißtrauen. Die Politik muß sich ihrer Verantwortung für eine freie, unabhängige Wissenschaft bewußt sein.

Andreas Müller | Fr., 13. November 2020 - 13:41

Ja lieber Herr Dr. Ploss,
Ihr Beitrag erstaunt mich schon sehr.
Wenn ich mich an die von Ihnen geleiteten Diskussionen im Ludwig Ehrhard erinnere, so waren diese doch ein Beispiel dafür, dass nur Meinungen gern gehört wurden die der großen Parteilinie entsprachen.
Von den Ansichten des Prof. Lucke zum Euro und dass dieser mit der Wirtschaft der Südeuropäischen Länder nicht kompatibel ist, wollten Sie doch nichts wissen. Meine Warnungen , dass die falsche Flüchtlingspolitik die AFD zu Lasten der CDU stärken würde, haben Sie weggewischt. In Bezug auf die unsinnige Förderung der Elektromobilität waren Sie und Ihr
Kollege Kruse beratungsresistent.Und als ich Ihnen voraus gesagt habe wohin Ihre Türkeipolitik führt, haben Sie mich als Wahrsager verspottet.
Woher kommt Ihr Sinneswandel und die Einsicht,dass Wasserstoff die Energie der Zukunft ist und die Mobilität zukünftig Technologie offen sein muss und auch alternaltive Kraftstoffe sinnvoll sind?
Ist es das Nahe Ende der Märkel Ära ?

Robert Schmidt | Fr., 13. November 2020 - 17:14

... wäre ein Vorschlag die Geistes- aber auch einen Teil der Sozial-"wissenschaften" umzubenennen.

Es war schon immer klar, dass diese keine exakte Wissenschaft sind. Aber seit der totalen Ideologisierung und Intoleranz MUSS klargestellt werden, dass diese eher eine "formalisierte Kulturarbeit" sind, die letztlich der subjektiven Weltanschauung unterliegen.

Es stellt sich auch die Frage, wenn dieser Zusammenhang deutlicher wird, ob noch so viel Geld in diese Richtungen gesteckt werden sollte! Diese Kulturarbeit ist im demokratischen Sinne wertlos, wenn sie nicht in den Widerstreit von für und wider, von "rechts" und "links", von "These und Antithese" gestellt wird.

Brigitte Simon | Fr., 13. November 2020 - 23:54

Empfehlungen aus dem Elfenbeinturm von Mathias Tretter:
"Bisher haben Obervirologen, Wissenschaftler die
Empfehlung für unser Leben ausgesprochen. Wie
barock und habsburgerisch tönt alleine der Name
der neuen Berater von der Wissenschafts-Akade-
mie "Leopoldina"! Als stupste einem die Kanzlerin
etwas ins Ohr, meint Mathias Tretter.