Artikel 1 Grundgesetz an einer Glasscheibe im Regierungsviertel
Nicht nur bei Sonntagsrednern beliebt: Artikel 1 des Grundgesetzes / picture alliance

Deutsches Grundgesetz - Der latent undemokratische Artikel 1

Das Grundgesetz ist die neue Bibel des Deutschen. Kritik an ihm ist nicht nur blasphemisch, sondern macht einen nahezu zum Verfassungsfeind. Dennoch gibt es darin problematische Aspekte. Gerade am gerne und viel bemühten Artikel 1 lässt sich dies sehr gut verdeutlichen

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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An die Bibel glaubt der durchschnittliche Deutsche nur noch sehr eingeschränkt. Dass Jesus Gottes Sohn ist, auferstanden von den Toten und aufgefahren in den Himmel: alles ziemlich zweifelhaft. Da sträubt sich das aufgeklärte wähnende Bewusstsein. Doch ohne heilige Texte geht es nicht. An irgendetwas muss der Mensch offensichtlich glauben. Und da der Deutsche schon immer ein Faible für Gehorsam, Ordnung und Erlasse hatte, glaubt er an ein Gesetz: das Grundgesetz.

Wahrscheinlich schafft es tatsächlich nur der Deutsche, ausgerechnet einen juristischen Text anzubeten. Das Grundgesetz, inkraftgetreten vor bald 70 Jahren, am 24. Mai 1949, genießt hierzulande einen nahezu sakralen Status. Was für eine erstaunliche Entwicklung. Noch bis in die achtziger Jahre insbesondere von konservativen Kreisen gerne als Provisorium halb geschmäht, ist das Grundgesetz zu so etwas wie dem Heilige Gral der Bundesrepublik mutiert: Wer daraus trinkt, dem wird Erlösung zuteil.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 18. Mai 2019 - 10:17

lasse mir von einer Person, die in der DDR evtl. grob zu einer etwas anderen Art von "Polizei/Aufsicht" "zählte" und der "Sprache" des Grundgesetzes, wie auch manch anderer "Sprache" nicht mächtig scheint, gar nichts sagen, das ich nicht zuvor mit "Geist" und "Sprache" des Grundgesetzes in Einklang zu bringen vermag.
Das mag die ehrbaren Mitläufer und Teilnehmende der AfD trösten, dass ich der entfernten Meinung bin, Frau Merkel sollte schon sehr genau beobachtet werden.
Das sollten aber Führungspersönlichkeiten im Allgemeinen.
Was soll ich nun sprechen, Herr Grau?
Ich gehe davon aus, dass die von Ihnen angebotene Interpretation "nicht" dem "Geist" und der "Sprache" des GG entspricht.
Universelle Werte ausgesprochen, klingen leicht wie Vorgaben für die Welt, was ich für die Väter (bald ist Vatertag) und Mütter des GG komplett ausschliesse.
Etwas vermessen vermute ich, dass man nahe genug an einer Sprache sein muss, um sie lesen zu können.
Daran erkennt man unzulässigen Brauch?

Christa Wallau | Sa., 18. Mai 2019 - 11:25

"Das Grundgesetz ist die neue Bibel der Deutschen."
Ja, als solche wird dieses Gesetz inzwischen hoch
gepriesen und für sakrosankt erklärt.
Dabei ist es teilweise so schwammig, ungenau und
ausdeutbar wie viele Texte in der Bibel auch.
Und ausgerechnet ein solch hochtrabender und
unpräziser Text soll für die Migranten zum einigenden Band zwischen ihnen und den "hier
schon immer Lebenden" werden?
Wer daran glaubt, ist ein Illusionist reinsten Wassers - ein Träumer.
Man sollte nie vergessen, in welcher Situation das
GG entstanden ist und daß es bisher von keiner
VERFASSUNG - der das g a n z e deutsche Volk
zugestimmt hat - abgelöst wurde.
Es gäbe sehr viel zu verbessern, u. a. das Asylrecht und das Recht auf Meinungsfreiheit. Dieses kann in
Deutschland durch Gesetze stark eingeschränkt werden. In den USA geht das nicht!
Dort herrscht w i r k l i c h e Meinungsfreiheit, d. h. die Menschen werden nicht bevormundet, so wie dies in D immer häufiger geschieht.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 20. Mai 2019 - 10:49

Antwort auf von Christa Wallau

Vielleicht ist es mehr und taugt als Carta für die EU?
Mich würde interessieren, wieviele "Prussen" am GG mitgewirkt haben.
Oben steht vielleicht GG der Bundesrepublik Deutschland?
Die Menschenwürde darf man sich möglicherweise vorstellen als das, zu dem sich das GG transzendieren soll, da hierin gegründet, also immer eingebettet sein soll.
Ein philosophischer Text also?
Beethoven und Schiller vereinigen sich schon zur Europa-Hymne, Deutschland kann sich nicht beschweren.
Ich möchte nicht mehr Machtkonzentration, ich stehe beim Parlament und freue mich, wenn viele Menschen zur Wahl gehen für Europa, für eine EU.
Darüber kann man dann ja reden.

Christine Lamine | Fr., 24. Mai 2019 - 12:55

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
**Liebe Frau Wallau, noch nie hatten wir eine/n Kanzler/in die unser GG derart missbraucht und missachtet hat wie Angela Merkel dies tut. Wie sonst könnte eine demokratisch gewählte Partei und ihre 6 Mio Wähler derart verunglimpft und als Nazis abgestempelt werden. In Art.2 wird dem deutschen Volk eine Verpflichtung aufgebürdet zu der es nie gefragt worden ist, ob es das auch will. Mit Volkes Stimme spricht nur eine Verfassung, die durch Volksabstimmung herbei geführt wurde. Und vom Volk sollte auch direkt Kanzler/in, wie auch der Bundespräsident/in gewählt werden. Aber soweit sind unsere wahren Demokraten auch noch nach 70 Jahren nicht.

helmut armbruster | Sa., 18. Mai 2019 - 12:01

und zu allem, was im GG steht.
Denn das deutsche Volk wurde nie gefragt, ob es das GG so annimmt. Eine Legitimierung durch ein Plebiszit fand nie statt.
Und genau das gehört zu einer Verfassung in einem demokratischen Land.
Das ist nur eine weitere Besonderheit in unserem Staatsleben.
In Deutschland muss anscheinend alles einen Sonderweg gehen. Nichts können wir normal machen, so wie die anderen.

Wir haben ein Grundgesetz, keine Verfassung. Das Grundgesetz bietet die
Möglichkeit, es, durch eine Verfassung abzulösen.
Wer am 08. Mai 1945 noch lebte, fand sich in einer Besatzungszone wieder und harrte der Dinge, die nun auf uns kamen, denn der sich abzeichnete Ost- Westkonflikt erschwerte ein gedeihliches Miteinander im deutschen Alltag. Unter dem Wohlwollen der drei westlichen Hohen Kommissare fanden sich Männer und Frauen, die schon in der Weimarer Republik tätig waren, zusammen, um eine Grundlage für das Zusammenleben in Deutschland nach dem Krieg zu erarbeiten. Am 08.Mai 1949 stimmte der Parlamentarische Rat dieser Vorlage, die nun als Grundgesetz für die drei Westzonen und Westberlin Gültigkeit haben sollte, zu. Die westlichen Hohen Kommissare akzeptierten das Grundgesetzes, es trat in Kraft. Und es hat sich bis heute bewährt, als ausgleichend und friedenstiftend. Da es nicht in Stein gemeißelt ist, wie die zehn Gebote, kann es auch den Gegebenheiten angepasst werden.

**Da es nicht in Stein gemeißelt ist, wie die zehn Gebote, kann es auch den Gegebenheiten angepasst werden.**
Völlig richtig! Es wird ständig angepasst, aber nur von Angela Merkel und immer wieder zum Nachteil der deutschen Bevölkerung, die mittlerweile fremd im eigenen Land ist.

Markus Michaelis | Sa., 18. Mai 2019 - 12:55

Das GG legt unser System von Checks&Balances fest (welche Institutionen was dürfen). Über Inhalte/Werte geht es nicht. Es gibt einige Artikel mit Werten, besonders die ersten 19, die sehr allgemein, in sich konkurrierend sind und daher immer konkret interpretiert werden müssen. Ich denke das wurde bewusst so angelegt.

Eine Gesellschaft hat aber auch Inhalte und Werte, die sich auch ändern. Bei aller Bewunderung für die Verfassung kann diese nicht DIE eine Basis der Gesellschaft sein.

Anderes Beispiel: die Macht des französischen Präsidenten und der fehlende Föderalismus wäre in D im höchsten Maße verfassungsfeindlich - genau um die nächsten Nazis zu verhindern. Wie alle anderen europäischen Verfassungen auch (deutsch) verfassungsfeindlich sind.

Andererseits sind Berufsverbote für Frauen in allen möglichen Bereichen nicht per se verfassungsfeindlich sondern gegen tiefste Werte.

Was bedeutet das für Europa? Hier ist nicht der Platz, aber es braucht mehr Diskussionen.

Urban Will | Sa., 18. Mai 2019 - 13:01

Nachdem sie in Berlin und anderswo wohl gerade mit Muskelkater, respektive Schulterschmerzen herumlaufen vor lauter Klopfen ob unseres herausragenden Grundgesetzes, ist obiger Artikel eine Wohltat.
Wir sind gut darin, uns einzubilden, dass wir gut sind und ebenso gut darin, andere abzukanzeln, die diesem Postulat nicht genügen wollen, die aus hierzulande nicht so arg gern gesehenen Motiven wie Vernunft, Logik, Sinn für das Reale, etc. die eine oder andere Grätsche einlegen und Kritik üben.

Es lässt sich, um beim derzeit wichtigsten Thema zu bleiben, nicht leugnen, dass als Folge von Merkels alleiniger, also ziemlich undemokratisch getroffener, von ihren Bütteln brav mitgetragener Entscheidung im Spätsommer 2015 eine dreistellige Zahl von Menschen alleine in Deutschland Opfer schwerster Verbrechen wurden. Alle Pflichtlobduseleien ihr gegenüber ändern daran nichts.

Würde ist ein dehnbarer, relativer, „missbrauchsanfälliger“ Begriff.
Eine gute Verfassung braucht ihn nicht.

Markus Michaelis | Sa., 18. Mai 2019 - 13:04

Doch noch ein Nachtrag: ich glaube, dass es ein Bedürfnis im Menschen gibt an absolut richtige Werte zu glauben und auch ein Bedürfnis, dass diese Werte mit Macht durchgesetzt werden (das gibt Sicherheit und Boden). Wir hoffen auf universelle Werte und wollen, dass unsere Verfassung diese garantiert.

Das ist es aber nicht. Die Verfassung gibt nur den Rahmen vor, innerhalb dessen wir uns um Werte streiten können.

Die ersten 19 Artikel sind sich des Vakuums bewusst und versuchen im Bewusstsein der Schwierigkeit und Widersprüche den Gedanken auf Mindestwerte zu lenken - wichtig, aber intrinsisch eine Dauerbaustelle.

Eine "Anbetung" der Verfassung als Garant unserer Werte würde ich in diesem Sinne für falsch halten. Es sprengt genau den Rahmen, dass man den von allen akzeptierten Rahmen zum Streiten mit Ergebnissen/Werten zu sehr vermischt.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 18. Mai 2019 - 13:11

Wer das Grundgesetz und deren Entstehung verstehen will, muss den Zeitgeist ihrer Entstehung kennen und die Menschen, welche sie formuliert haben nach besten Wissen und Gewissen. Ich verweise da besonders auf Carlo Schmid (SPD) als einer der Väter des GG geltender Staatsrechtler. Erstklassig beschreiben Sie Herr Grau den Widerspruch des Artikels 1 in sich selbst. Was ist Würde? Damals vielleicht vor dem Hintergrund der Geschichte, die von Ihnen benannten Rechte. Inzwischen aber? Gerade Artikel 146 GG -a.F.- gäbe die Möglichkeit, mittels einer Nationalversammlung das derzeitige Grundgesetz im Sinne einer neuzeitlichen Betrachtung und aus den Erfahrungen von 70 Jahren zu überarbeiten, an den entscheidenden Stellen zu konkretisieren und sicher vor jeglicher politischer Gesinnungseinflussnahme zu formulieren. Es dann dem Volk zu erklären und zur Abstimmung vorzulegen würde auch den absurdesten Staatstheorien linker und rechter Extremdenker einen Riegel vorschieben.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 18. Mai 2019 - 13:20

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
So steht es derzeit im GG. Hier fehlt es ebenso an klaren Aussagen zu den Parteien und der Grenzen ihrer Einflussnahme "Willensbildung". Was ist demokratische innere Ordnung? Fraktionszwang? Der Artikel könnte präzisiert werden und eine persönliche Verantwortung von Entscheidungsträgern beinhalten angefangen von Amtsaufgabe und Versorgung bis hin zu finanzieller Verantwortung.
Die Wahl des BP könnte durch das Volk geschehen. Die größe des Bundestages könnte festgelegt werden. Die Pflicht zur Ämterbelegung - Stichwort Vizepräsident BT - könnte mit Hinweis auf ein Gesetz festgelegt werden. Es gäbe an der ein oder anderen Stelle Überarbeitungsbedarf keine Frage. Man will das aber nicht. Es könnte einem selbst treffen

Wolf-Dieter Hohe | Sa., 18. Mai 2019 - 15:10

Obwohl ich mich selbst als "furchtbar" aufgeklärt wähne, stellte ich beim Lesen Ihres Artikels fest, dass ich unbemerkt - von mr - die regelmäßigen Berufungen, darauf gestützter Forderungen, div. politischer und anderer Verwaltungen auf das Grundgesetz inhaltlich wie wirkmächtig als Unveränderliches registrierte. Hab halt lange Zeit Worte für bare Münze gehalten.
Danke für Denkhilfe, Herr Grau

Gisela Fimiani | So., 19. Mai 2019 - 22:05

Ich behaupte, dass der Artikel 1 in einer Verfassung nichts zu suchen hat. Man hat sich hier bei Kant „bedient“. Der Begriff der „Würde“ ist ein Begriff, den Kant in seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ prägte. Ich vermute deshalb, dass Kant sich der Verkürzung seiner Entfaltung des Begriffes entschieden entgegengestellt hätte. Hier wird, entgegen allen Vernunftdenkens ein Begriff absolut gesetzt, der, in wahrlich undemokratischer Weise, sowie völlig losgelöst von jeder Herleitung dem Bürger aufgepfropft wird und in beliebigster Weise Verwendung finden kann. Das ist weit von Kant entfernt. Er richtet sich an die „Männer von entweder großem oder doch unternehmendem Geist: so sei es mir erlaubt, nicht sowohl, was sie tun, sondern wogegen zu verstoßen sie sich ja in acht zu nehmen hätten, weil sie sonst ihrer eigenen Absicht (wenn sie auch die beste wäre) zuwider handeln würden, bescheidentlich anzumerken.“ Bei solcher Bescheidenheit hätte sich der Artikel 1 verboten.

Die Neigung meiner lieben Landsleute zu moralisch überhöhtem Geschwurbel verleitet sie immer wieder, Religion oder deren philosphische Ersatzkonstrukte im unsinnigen Bestreben, ewige Wahrheiten zu finden als Krücke zu benutzen. Unter der ominösen "Würde des Menschen" kann alles (Un)mögliche verstanden werden. Und wie all diese Konstrukte unterliegt auch das, was darunter verstanden wird, nicht nur einem Interpretationszwang, sondern auch dem Zeitgeist im jeweiligen sozialen Raum und Kontext, ist also wandelbar und vergänglich.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 22. Mai 2019 - 22:11

Antwort auf von Robert Hans Stein

dann sicher mit dem Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Als Abwehr jeder Diktatur und angesichts der ungeheuren Greuel des 2. Weltkrieges wäre es zu dem Zeitpunkt der Abfassung des GG nur zu verständlich.
Es wäre aber sicher grundsätzlich gedacht, den Menschen zum obersten Auftrag des GG zu machen.
M.E. nicht als Gottesdienst oder Strafe für Missetäter.
Die Situation des Deutschen Reiches, dann der Weimarer Republik, die zum 3. Reich zerstört wurde, war in kürzester Zeit so gravierend und so prekär für Deutschland, dass die Väter und Mütter des Grundgesetzes das Entscheidende verankern wollten, aber evtl. nicht unbedingt davon ausgingen, dass die deutsche Bevölkerung aus Verbrechern bestünde.
In diesem Sinne auch der Hoffnung für "das deutsche Volk" ist es christlich.
Sich hinzustellen und der Bevölkerung Versagen vorzuwerfen, statt Politik in die Verantwortung zu nehmen, das hätten die Väter und Mütter evtl. niemals für möglich gehalten?
Neuland?

Meine Daumen hoch Frau Famiani. Wohin Moral führen kann sehen wir ja gerade und erleben es am eigenen Leib. Chapeau.

Wolfgang Beck | Di., 21. Mai 2019 - 22:53

"Auch in seiner universalistischen Anlage ist der Artikel 1 fragwürdig. Denn er beschränkt sich nicht auf deutsche Bürger, sondern bezieht sich ausdrücklich auf den Menschen." Und das ist wirklich ein Problem; denn es kann ja wohl nicht sein, daß uns hier ein Gesetz vorschreibt, für alle Menschen auf der Welt verantwortlich zu sein, ohne daß umgekehrt auch alle quasi Nichtdeutsche Menschen in gleicher Weise für uns verantwortlich sein müssen. Der Satz 2 sagt es ja, "das deutsche Volk bekennt sich darum zu den unverletzlichen ... Menschenrechten" - und all die anderen Völker? Sie können natürlich in einem deutschen Gesetz unmöglich zu irgendetwas verpflichtet werden. So gesehen wäre es wahrscheinlich sinnvoll gewesen, die Aussage des ersten Artikels in die Präambel aufzunehmen.

Wolfgang Beck | Di., 21. Mai 2019 - 23:11

Die Würde des Menschen: Worauf der Verfasser nicht hingewiesen hat, ist der Gedanke: die Würde des Menschen wird dann auch und vor allem verletzt, wenn dieser als Mittel zum Zweck betrachtet bzw. unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit gesehen wird. Gelegentlich hört man so Sätze wie, die Vielfalt an Menschen in einer Gesellschaft würde die Qualität der Gesellschaft verbessern. Das ist ein aus der naturwissenschaftlichen Disziplin der Ökologie auf die menschliche Gesellschaft übertragenes Argument (in Anlehnung an den Begriff Biologismus wird man ein derartiges Denken wohl als Ökologismus bezeichnen). Also das geht gar nicht; bemerkenswerterweise wird dem aber nie widersprochen. Warum eigentlich? Vermutlich liegt das am Zeitgeist - dagegen kann man nichts machen, das war schon immer so.

Brigitte Simon | Do., 23. Mai 2019 - 23:59

Antwort auf von Wolfgang Beck

Lieber Herr Beck,
Im Augenblick leben wir außerhalb Europas, können glücklicherweise trotzdem
mit Cicero kommunizieren. So kamen wir in den Genuß, Ihren 2-seitigen Kommentar
zu lesen. Er ist für uns hervorragend.
L.G. Brigitte Simon

Willy Ehrlich | Do., 23. Mai 2019 - 14:52

Vielleicht könnte das BVG den Bundestag beauftragen, eine Verfassung zu erstellen.

Zu den Artikeln des GG gibt es diverse Kommentare, die in die Arbeit für eine Verfassung einfließen könnten.

Das dann allen alles gefällt ist zwar unmöglich, aber eine qualifizierte Mehrheit sollte sich wohl erreichen lassen.

Oder wir geben den Entwurfsauftrag einfach an ein Mediennetzwerk. Die können doch ohnehin alles und sind auch noch in allem besser, oder?

Valentin Poplas | Do., 23. Mai 2019 - 23:11

" Das Grundgesetz ist die neue Bibel der Deutschen ".Nun lieber Herr Alexander Grau hat die Bibel den Nachteil zu verzeichnen, dass die Bibel lange Zeit z.B. von den Katholiken gar nicht gelesen werden durfte.Nur Theologen und Priester waren dazu berechtigt, sie im Sinne Jesus` , viel häufiger im Sinne der Papstkirche, auszulegen.

Vielleicht ist sie tatsächlich " die Bibel der Deutschen", ganz sicher aber nicht die der Politiker, manchen Juristen und insbesonders den vielen bedeutenden und unbedeutenden Intellektuellen .Damit gilt Ihre Verallgemeinerung nicht mehr und Ihr Satz gilt nur noch eingeschränkt.Außer Sie zählen die Politiker und Intellektuellen als besonderes Spezies nicht mehr dem deutschen Volk zugehörig, dann würde Ihr Satz tatsächlich stimmen.

Klaus Burkhardt | Fr., 24. Mai 2019 - 13:48

Die Verfassung der USA ist eben eine Verfassung und keine moralische Absichtserklärung .Die Würde des Menschen? Da kann jeder grübeln. Was ist Würde? Ist es Würde, wenn die Meinung anderer Menschen niedergemacht wird, weil sie nicht in das geforderte Meinungsbild passt? Die Würde des Menschen? Typisch deutsch, alle Menschen zu vereinnahmen , größer geht es wohl nicht. In der DDR hieß es, alle Gewalt geht vom Volke aus. Das wurde 1989 Wirklichkeit, wie es dort hieß ,dass die Idee zur materiellen Gewalt wird, wenn sie die Massen ergreift. Das geschah also. Der untergehenden DDR wurde das Grundgesetz übergestülpt ohne eine Verfassung a la USA zu generieren, die in ihrer Form vorbildlich ist.

Eckart Haerter | Sa., 25. Mai 2019 - 11:12

Da die "Würde des Menschen" durch alle staatliche Gewalt zu achten und zu schützen ist und im folgenden GG-Text präzisiert wird, worin die Entfaltungsmöglichkeiten des freien Individuums bestehen, gibt es meines Erachtens keinen weiteren Erläuterungsbedarf. Das Grundgesetz ist auch kein Bibelersatz. Aber wenn wir nun schon kein religiöses Regelwerk mehr haben, ist ein nüchterner, ethisch hochstehender Gesetzestext doch eine wunderbare Richtlinie für alle, die in diesem Lande leben wollen. Seine Anbetung ist nicht erforderlich.