- „Ich habe in ihren Augen diese Stärke gesehen“
Nadia Murad, Gewinnerin des Friedensnobelpreises, ist das Gesicht des Völkermordes an den Jesiden im Irak durch den IS. Düzen Tekkal hat im Flüchtlingslager das erste Mal mit Murad gesprochen. Im Interview erzählt die Publizistin, warum Murad sie so beeindruckt hat
Frau Tekkal, Sie haben Nadia Murad quasi entdeckt, als Sie sie 2014 für Ihren Film „Hawar – Meine Reise in den Genozid“ in der Nähe von Mossul vor der Kamera interviewt haben. Wie kam es dazu?
Das war in einem Flüchtlingslager, einer Zeltstadt für Flüchtlinge aus IS-Gefangenschaft. Nadia Murad war die erste IS-Überlebende, die mit mir sprechen wollte, die den Mut hatte, ihr Schweigen über die Gräueltaten zu brechen.
Was für einen Eindruck machte Nadia Murad auf Sie?
Sie kam mir vor wie eine zarte, zerbrechliche Person, aber nicht schwach. In ihren Augen habe ich eine Stärke gesehen und ein Sendungsbewusstsein. Die Art, wie sie über ihr Schicksal gesprochen hat, hat mir tiefsten Respekt eingeflößt.
Was war denn das Schlimmste, was sie Ihnen erzählt hat?
Wie sie über ihre Verwandten gesprochen hat, die ermordet wurden, ihre Nichten und Neffen, und vor allem natürlich ihre Mutter. Der Glaube daran, dass ihre Mutter überleben würde, hatte ihr selbst viel Kraft gegeben. Umso schlimmer, als sie erfuhr, dass auch ihre Mutter massakriert worden war. Dass Murad selbst vergewaltigt worden war, war für sie nicht das Schlimmste. Sondern das, was ihrer Familie angetan worden war.
Woher kommt denn bei Nadia Murad trotz dieser Erlebnisse diese Stärke, die Sie beschrieben haben?
Das ist einerseits ein Wunder. Andererseits erlebt man diese Widerstandskraft ganz besonders häufig bei Angehörigen von Minderheiten. Ich bin ja selbst Jesidin, insofern kann ich das nachvollziehen. Aber ich bin auch bei anderen jesidischen Frauen nie auf Opfer gestoßen. Die sind mit Mut vorausgegangen. Allein, dass sie überlebt haben, hat ihnen viel Kraft gegeben. Bei Nadia Murad kam noch hinzu, dass ihr ganz wichtig war, Zeugnis abzulegen über das, was passiert ist. Den Toten eine Stimme zu geben. Sie hat mir gesagt, sie habe keine Angst mehr vor der Angst. Das ist schon etwas Spezielles bei den Jesiden, wir werden verfolgt, seit es uns gibt. Was der IS getan hat, war der 72. Völkermord gegen uns, aber vorher hat das niemanden interessiert. Nun hat die Welt zum ersten Mal reagiert Und da kommt es darauf an, anzusprechen, oder besser herauszuschreien, was mit uns passiert ist.
Haben Sie nach der Verkündigung der Verleihung des Friedensnobelpreises schon mit Nadia Murad gesprochen?
Nur geschrieben, per SMS. Sie hält sich in Washington auf mit ihrem Ehemann und ist dort glücklich. Die müssen sich jetzt natürlich auf ein gewaltiges Medienecho gefasst machen. Wie es ihr gerade geht, möchte ich mir gar nicht vorstellen.
Schon davor galt Nadia Murad als Gesicht des Völkermordes an den Jesiden im Irak, sie wurde zur UN-Botschafterin ernannt. Hätten Sie sich das vorstellen können, als Sie Nadia Murad im Flüchtlingslager trafen?
Nein, niemals. Was wir hier erleben ist wirklich eine Heldengeschichte. Aber Helden sind nur im Märchen die Gewinner. In der Realität müssen Helden unfassbar leiden. Im Irak war der Ruhm, das Blitzlicht ganz weit weg. Da war es ganz dunkel, voller Ängste, da waren wir ganz allein. Damals wusste in der Welt niemand etwas über diesen Völkermord. Deswegen bin ich als Jesidin und Journalistin da hingefahren, um das bekannt zu machen.
Was bedeutet denn der Friedensnobelpreis für Sie als Jesidin und für Ihr Volk?
Das ist extrem wichtig, weil es uns Jesiden zeigt, dass wir doch nicht so allein sind. Und, auch wenn es pathetisch klingt, es zeigt, dass es so etwas wie Gerechtigkeit gibt. Denn die Jesiden vor Ort haben dieses Gefühl nicht. Eine Aufarbeitung der Verbrechen findet kaum statt, viele Täter laufen noch frei herum. Nicht nur unsere Frauen, unser ganzes Volk ist vergewaltigt worden. Ich bin dort ja immer noch aktiv, und man kann sich hier nicht vorstellen, wie schwierig diese Arbeit ist. Zum Glück hilft uns das Bundesentwicklungsministerium ganz entscheidend dabei. Deswegen ist diese Auszeichnung auch eine dafür, wie uns Deutschland geholfen hat.
Wird denn in Deutschland insgesamt genug für die Jesiden getan?
Ich finde es schade, dass wir aus der Geschichte von Nadia Murad keine deutsche Heldengeschichte machen konnten. Sie hat hier ein Aufenthaltsrecht bekommen, gefeiert wurde sie aber in den USA. Ich verstehe nicht, dass wir Frauen wie sie nicht als Kerntruppe der Integration nach vorn gestellt haben. An ihrem Beispiel könnte man den Menschen wunderbar verdeutlichen, warum Schutzbedürftige Asyl bekommen müssen. Aber dafür müssten wir stärker unterscheiden, zwischen Tätern und Verfolgten.
Das passiert zu selten?
Ich kenne niemanden, sei es ein noch so konservativer Knochen, der sagen würde, diese Frauen wie Nadia Murad hätten kein Asyl verdient. Aber wir müssen an den Außengrenzen auch verhindern, dass das Risiko besteht, dass die Täter die gleichen Möglichkeiten bekommen. Da verwundert es nicht, dass es zum Beispiel auf der griechischen Insel zu Auseinandersetzungen zwischen Jesiden und Islamisten kommt.
Der IS hat stark an Einfluss und Gebiet verloren. Ist die Gefahr damit für die Jesiden vorüber?
Die Gefahr ist immer noch allgegenwärtig. Deswegen müssen wir ganz genau hinschauen, wen wir im Nahen Osten unterstützen, damit wir nicht die Falschen zum Beispiel mit Waffen ausstatten. Da geht es noch viel zu oft um geopolitische Interessen. Den Menschen und vor allem der Politik muss klar sein: Wenn eine Minderheit wie die Jesiden bedroht wird, werden wir alle bedroht. Und die Kämpfer werden wiederkommen. Deswegen müssen wir vor allem die Ideologie bekämpfen. Deutschland kann sich da nicht mehr herausreden. An der Front wird deutsch gesprochen, auf beiden Seiten. Wir haben Täter und Verfolgte in diesem Land.
Trotzdem ist der heutige Tag ja vielleicht ein kleiner Lichtblick. Werden Sie das noch feiern?
Bisher ist daran gar nicht zu denken. Sie können sich nicht vorstellen, was gerade bei mir los ist, ständig klingelt mein Telefon. Aber ich habe mir fest vorgenommen, einmal innezuhalten und mit meiner Familie anzustoßen.
Düzen Tekkal ist unter anderem Autorin des Buches „Deutschland ist bedroht – Warum wir unsere Werte verteidigen müssen“.
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In einem liebe Frau Tekkal, muss ich ihnen widersprechen, Deutschland hätte es nicht verdient aus dem Mut von Frau Murad eine deutsche(!) Heldengeschichte zu machen! Das hätte gerade noch gefehlt, dass sich dieses Totalversagen auch noch mit fremden Federn schmückt. Es ist auch keineswegs so, dass Kritiker unserer Flüchtlingspolitik den Asyl- oder Hilfsanspruch von verfolgten und gequälten Menschen in Frage stellen. Es ist nicht immer eine Frage von gut oder böse, richtig oder falsch, sondern hauptsächlich von Sinn oder Unsinn einer Sache. Teile davon haben sie selbst herausgearbeitet, z.B. dass man Tätern und Opfern unkontrolliert die gleichen Möglichkeiten bietet und jede Kritik daran als Rassismus verurteilt. Der Hauptfokus muss auf Hilfe vor Ort liegen, denn es ist einfach unmöglich alle Verfolgten hier aufzunehmen. Hier versagt die Weltpolitik schon seit Jahrzehnten. "Die Anatomie der menschlichen Destruktivität", um es mit Fromm zu sagen, hat viele Gesichter.
Frau Murad hat den Friedenspreis nicht gewonnen, er wird ihr verliehen.
Das unterstreicht die hohe Anerkennung ihrer menschlichen Würde.
Ich verneige mich vor ihr und Herrn Mukwege.
Wer nach diesen Bericht noch glaubt der Islam sei eine Religion dem ist nicht mehr zu Helfen. Der Islam mitsamt seines Korans gehört Verboten als Kriminelle Vereinigung. Bei den Nazis war die These Herrenrasse ! Was machen die Moslems ? Jedes Land die Islamisten Fördern gehört nicht in die Völkergemeinschaft der Demokraten. Die deutsche Regierung ist einfach nur Peinlich in ihrer Haltung zu den Islamisten. Angeblich müssen wir alle Verfolgten Retten , doch warum werden Unterschiede gemacht. Die Wehrhafte Demokratie wirft sich den Feinden um den Hals und Schaft sich selber ab.