Frank A. Meyer in seinem Sessel vor der Bücherwand des Cicero
Cicero-Kolumnist Frank A. Meyer: „Der spanische Stolz wird aufs gröblichste verletzt“ / Screenshot

Meyers Blick auf... - ...den Fall Carles Puigdemont

Der Schweizer Journalist, Medienberater und Cicero-Kolumnist Frank A. Meyer spricht mit Cicero-Redakteur Alexander Kissler darüber, warum der Fall Carles Puigdemont viele gesellschaftliche Gruppen zu faszinieren scheint

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Betrachtet man die Vorgänge im spanischen Katalonien um den ehemaligen Regierungschef Carles Puigdemont, aber auch anderswo, könnte man auf die Idee kommen, dass Separatismus ein Trend dieser Zeit sei. Für Cicero-Kolumnist Frank A. Meyer ist dem nicht so. Wohl aber fällt ihm auf, wie sehr Puigdemont in Europa von bestimmten Gruppen hofiert werde. Für die Linken etwa sei Puigdemont eine Art Che-Guevara-Ersatz.

Eigentlich seien aber solche identitären Ideen Projekte der Rechten. Problematisch für Meyer aber ist bei vielen Identitätsthemen, dass egal, ob es sich um nationales, religiöse oder gar geschlechtsbezogene Diskussionen handelt, das freiheitlich-bürgerliche Individuum immer mehr in den Hintergrund gedrängt werde.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Di., 17. April 2018 - 14:33

historisch-politische Enschätzung und Stellungnahme.
Der Nationalstaat entstand ja als freies bürgerliches Projekt, gegenüber dem Adel, der Monarchie. Der Freie als Gruppe/gesellschaftliche Verbindung/Klasse, Träger des Staates
Man könnte also schon auch den Impuls der Katalanen gegen ein vielleicht immer noch zu stark monarchisches Spanien sehen.
Wenn ich aber Herrn Guardiola und Herrn Puigdemont sehe, vermisse ich Substanz.
Wenn es Liechtensten gibt, warum dann nicht Katalonien, aber bitte mit qualifizierter Mehrheit.
Für sogenannte Auswärtige sind Kleinstaaten besser zu "händeln" als die Macht Spanien?
Kurz, ich weiss nicht recht, wie mit dem Konflikt umgehen...

Joachim Wittenbecher | Di., 17. April 2018 - 15:20

Der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien fehlt die nötige Mehrheit (mindestens 50 %) der insgesamt Stimmberechtigten. Die Mehrheit im Regionalparlament - so die Medienberichte - resultiere aus einer größeren Stimmengewichtung ländlicher Gebiete gegenüber der Metropole Barcelona. Die Abtrennung eines Gebietes von einem klassischen Nationalstaat sollte - wenn überhaupt - nur mit 2/3-Mehrheit der Stimmberechtigten möglich sein. Ich bin jedoch der Meinung, dass - im EU-Bereich - keine Abtrennungen erfolgen sollten, sondern regionale Rechte - wo erforderlich - gestärkt werden sollten.

Bernhard Jasper | Di., 17. April 2018 - 15:20

Ja, Herr Meyer, der darauffolgende Zustand der „Identität“ wäre dann die „Stammesgesellschaft“.

Es ist natürlich die bürgerlich-freiheitliche Gesellschaft. Das Individuum. Die Menschenwürde des Einzelnen. Und im Zentrum des Individuums ist auch immer Kollektives in Form von Bildung.

Steffen Elsishans | Di., 17. April 2018 - 18:34

Isaac Asimov hat in seinen Science-Fiction-Romanen der 1940er Jahre mit der literarischen Einführung der Robotergesetze die ethische Grundlage der gesellschaftlichen Integration von autonom agierenden Maschinen und künstlicher Intelligenz erstmals formuliert. Ursprünglich stand dabei noch das verschiedenartige Individuum als höchste Instanz im Vordergrund, was jedoch mit der späteren Einführung eines Nullten Gesetzes in zwei Romanen der 1980er Jahre, zugunsten des Wohls der Menschheit und somit einer unspezifischen aber prävalenten Ideologie aufgegeben wurde. – Diese denkwürdige Entwicklung ist heute allgegenwärtig und die Konsequenz, nämlich die sequentielle Ausbildung divergierender und konkurrierender Lebensmodelle, manifestiert sich auf dem global vernetzen Schlachtfeld politischer, soziologischer und ökonomischer Daseinsberechtigung, welche durch eine elitäre Personengruppe zunehmend monomorph definiert wird.

Bernhard Jasper | Mi., 18. April 2018 - 11:31

Das befreiende an dieser Serie ist ja auch, dass hier selbstbewusst zur Welt Stellung bezogen wird. Positiv wie negativ.

Ich möchte noch ein anderes Fenster öffnen. Ausgehend von den Tech-Sekten im Silicon Valley, werden wir im Datenkapitalismus als „Zielgruppen“ erfasst, um uns letztlich zu beherrschen.

Was bedeutet Technik und Kultur heute? Vielleicht in der Kausalkette Technik-Ökonomie-Politik-Religion reflektiert.