Sebastian Kurz
Wird Sebastian Kurz am kommenden Sonntag erneut zum Bundeskanzler Österreichs gewählt? / picture alliance

Wahlen in Österreich - Alles anders in Wien

Nach der Ibiza-Affäre stehen in Österreich nun Neuwahlen an. Die österreichischen Medien haben Sebastian Kurz bereits jetzt zum Wahlsieger erkoren. Ein Verhalten, das in Deutschland nicht denkbar wäre. Doch was macht Kurz' Reiz aus?

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Morgen wählt Österreich. Das ist auch für Deutschland interessant. Zum einen natürlich, weil man als „Piefke“ immer ein wenig sentimental und mit geschwisterlicher Zuneigung auf den Nachbarn im Süden schaut. Aber auch, weil Österreich auf faszinierende Art ganz anders tickt als Deutschland.

Das wird schon an dem vergleichsweise reduzierten Erregungspotential deutlich, über das man im Land von Veltliner und Tafelspitz verfügt. Man muss sich nur einfach mal vorstellen, was in Deutschland los gewesen wäre, wenn die so genannte Ibiza-Affäre sich mit deutschen Protagonisten abgespielt hätte, wenn täglich neue Unappetitlichkeiten ans Licht gekommen wären, wenn der Bundeskanzler nach Absprache mit dem Bundespräsidenten Neuwahlen ankündigt und der Bundestag sich aufgelöst hätte und schließlich eine Übergangsregierung eingesetzt worden wäre.

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Christoph Kuhlmann | Sa., 28. September 2019 - 10:08

Dann stellt sich ja nur noch die Frage, ob wir es mit schwarz - rot oder schwarz - blau zu tun bekommen? Das Risiko der Instabilität bieten sowohl die zerstrittenen Roten, als auch die korruptionsanfälligen Blauen mit ihrem Hang zur Untergrabung der Pressefreiheit. Wie man die beiden gegeneinander ausspielt zeigt man uns dann im nächsten Akt.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 28. September 2019 - 10:38

vor dem "Sturm" bezeichnen.
Kurz ist keinesfalls schon Wahlsieger, wenn auch eine SPD/Grüne/Neos Koalition gegen ihn gebildet werden kann.
Wenn er sich auch evtl. ruhig und bedeckt verhält, kann ich mir ein neuerliches Zusammengehen mit der FPÖ nach den Skandalen! nicht vorstellen.
Auf mich wirkte die FPÖ in den Turbulenzen "Merkelscher EU-Politik" zugegeben wie eine bürgerlich-liberale Partei, zumal die Österreicher keine explizit liberale Partei haben.
Frau Griss schien mir auf dem Weg.
Jedenfalls habe ich die FPÖ falsch eingeschätzt, bedauerte Herrn Faymanns Abgang und schätzte Kurz und Doskozil.
Frau Rendi-Wagner dürfte es als Frau - siehe Andrea Nahles - bei den Sozialdemokraten nicht leicht haben.
Schreierei würde ich ihr nicht empfehlen, moralisches "Versteigen" auch nicht.
Sie ist jung, wie auch Kurz und Politik hat einen langen Atem, was nicht mit Aussitzen oder "Dornröschenschlaf" verwechselt werden sollte.
Ist Kurz den Niederungen/Kleinklein der Politik gewachsen?

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 28. September 2019 - 10:49

Ich mag Österreich, alleine schon geographisch, deshalb lese ich ja auch den derstandard.at, aber wirklich ruhig scheint es mir da nicht zu sein.
Vielleicht überdeckt die Etikette des auch noch höfischen Österreich die Ränke und die politische Ablehnung des Gegners.
Eine solche Ablehnung, so ein "Giften" in Richtung des politisches Gegners, der dann auch eher wie ein Feind (Frank A. Meyers Unterscheidung zur Kennzeichnung der Populisten gegenüber guter parlamentarischer Debatte in einem Interview mit Zapp?) erscheint, so etwas kenne ich nicht aus der Bundesrepublik Deutschland.
Sisi ist da doch verdorrt?
Österreich sollte diesen Weg verlassen, jedenfalls nicht noch kultivieren.
Dies in aller Zuneigung und eventueller Unkenntnis geschrieben.

Christa Wallau | Sa., 28. September 2019 - 11:06

Sympathische, vor allem aber umfassend gebildete, vernünftige j ü n g e r e Menschen sind in der deutschen Politik rar.

Wir brauchten Realisten u. Pragmatiker, die ihre ausgewogene Meinung freundlich u. überzeugend begründen können u. entschieden durchsetzen wollen. Stattdessen haben wir fast nur Politiker, die auf Ideologen bzw. verunsicherte Bürger panisch überreagieren, weil ihnen der eigene Kompaß bzw. der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen ist.
Grüne u. Linke halten in D die jungen Menschen fest im Griff. Das liegt daran daß 1. Journalisten u. Medienvertreter zu 90% links-grün wählen (also so denken) und 2. die Lehrer in den Schulen auch.
Schon zu meiner Zeit als Lehrerin (sie endete 2006)
war ich - bürgerlich-konservativ (las als einzige die F.A.Z.) - eine Exotin in einem Kollegium von etwa 40 Leuten.
Österreich wird bald wieder vernünftig und erfolgreich regiert werden - davon bin ich überzeugt. Bei uns dagegen sieht es in dieser Hinsicht weiterhin finster aus.

Gisela Fimiani | Sa., 28. September 2019 - 11:50

Möge uns der „junge Jungstar“ vormachen, wie politisches Handeln auf Vernunftbasis „geht“. Ich bin gespannt auf diesen begabten Mann.

Ulf Müller | Sa., 28. September 2019 - 12:23

Österreich ist tatsächlich eine überlegenswerte Alternative zu Deutschland. Zusätzlich hat es aktuell noch ein günstigeres Renteneintrittsalter und höhere Rentenleistungen. Es ist also kein Fehler, wenn man seinen Kindern zu einer Umsiedlung rät, je eher desto besser. Interessant, dass unseren Nachbarn der deutsche Hang zur Selbstzerstörung fehlt. Vielleicht sind unsere Nachbarn so entspannt, weil sie von der einstigen europäischen Macht zu einem normalen kleinen Staat wurden.

Zu dem Glücksfall Sebastian Kurz kann man ihnen nur gratulieren. Dagegen unsere Politiker, verbrauchte Gesichter, vom ideologischen Eifer verzerrte Gesichter, von der eigenen scheinbar höheren Moral überwältigt-entrückte Gesichter und kalte Gesichter.

Wie immer ein ausgezeichneter Artikel von Alexander Grau. Er zeigt unsere Misere auf. Es alles so traurig.

Mit freundlichen Grüßen Ulf Müller

Ernst-Günther Konrad | Sa., 28. September 2019 - 12:50

"...denn es war nicht zuletzt Sebastian Kurz, der im Frühjahr 2016 die Balkanroute geschlossen und damit nebenbei der deutschen Politik die Kastanien aus dem Feuer geholt hat." Was war der deutsche Dank? Er wurde angefeindet von unseren Politversagern und versucht in die rechte, äußerst rechte Ecke zu drängen. Was hat er unseren Marionetten voraus? Nun, er hat Charisma, er wirkt eloquent und sicher. Er spricht eine deutliche, leicht verständliche Sprache und eben kein Schwurbeldeutsch. Er trifft die unaufregte österreichische Seele, die ihr Alpenland stark und geschützt wissen will. Er geht, wenn man so will, für seine Überzeugungen auch dem Teufel auf den Hof und scheut keine Auseinandersetzung. Er ist konsequent, als er sich von der FPÖ trennte, solange die Störenfriede dort in Amt und Würden war. Er zeigt Stärke für eine mögliche Neuauflage ÖVP/FPÖ und hat den Rahmen gesteckt. Vor allem aber ist die Presse neutraler und nicht einseitig gefärbt. Da wird jeder Politiker hinterfragt.

Henning Magirius | Sa., 28. September 2019 - 18:24

sehr geehrter Herr Grau, haben Sie leider nicht behandelt: Mit wem wird die ÖVP von Kurz koalieren? Die Beantwortung dieser Frage wird erst dann zeigen, wo er politisch überhaupt steht: Rechts (FPÖ), links (SPÖ) oder grün-links (Grüne und Neos). Sebastian Kurz - ein politisches Chamäleon.

Gerhard Schwedes | Sa., 28. September 2019 - 22:01

Man kann nur noch neidisch über die deutsch-österreichische Grenze schauen. Das kleine Ö erweist sich als abgeklärt, reif und erwachsen. Aus der historischen Vogelperspektive könnte man das deutsche Desaster dagegen auch einmal so betrachten: Da man Preußen zerschlagen hat, wurde Deutschland seines geistigen, staatstragenden Zentrums beraubt. Wäre es nicht völlig zerstört worden, hätten seine Tugenden vielleicht - trotz der kommunistischen Vergewaltigung - zu überwintern vermocht und in die Demokratie des wiedervereinigten Deutschland einfließen können. Ohne das preußische Schwergewicht ist es zu einem kleinbürgerlich-kleinstaatlichen Sammelsurium verkommen, dem die staatstragenden Elemente völlig abhanden gekommen sind. Österreich ist da um vieles glücklicher dran. Hier scheint das staatliche Bewusstsein überwintert zu haben. Sicherlich ist das nur ein Teilaspekt der deutschen Misere. Aber - wie gesagt -, aus der historischen Vogelperspektive ein wohl noch kaum bedachter Aspekt.

Heidemarie Heim | So., 29. September 2019 - 16:48

Nicht nur vor dem Hintergrund der anderen österreichischen Politiker und Parteien werter Herr Dr. Grau! Persönlich beneide ich unsere Nachbarn um einen solchen Mann an der Spitze.Und die Österreicher wissen trotz "Skandalen" und Ärgernissen,was sie an solch einem jungen,doch erfahrenen und auf sein Land konzentrierten Politiker wie Herrn Kurz haben. Und sie wissen inzwischen auch einiges mehr über die Initiatoren
und Fallensteller von Ibiza und welche Rolle wir als gute Nachbarn dabei gespielt haben um einen trotteligen und seine Macht völlig überschätzenden Regierungspolitiker vorzuführen. Das dieser nicht das eigentliche Ziel war, glauben noch nicht mal mehr Kurzens Konkurrenten. Auch dies ein Grund für die uns so "unverständliche" Lockerheit,mit solchen Vorkommnissen umzugehen! Während meines letzten Wienbesuchs führte ich öffentlich in einem Geschäft mit 3 Verkäuferinnen aus 3 Nationen eine politische Diskussion,die hier allen
"Demokraten" die Haare zu Berge stehen ließen;)! FG

Tonicek Schwamberger | So., 29. September 2019 - 17:32

... die ÖVP mit Sebastian Kurz liegt deutlich vorn mit 37 % - ich freue mich für meinen Lieblingspolitiker, Herrn Kurz!
Es wäre so schön, wenn wir auch einen Kurz hätten, ist aber nun mal leider nicht der Fall.