- Donald Trump kann nur noch ein Parteiaufstand stoppen
Bei den Vorwahlen am Dienstag konnte Marco Rubio nicht einmal seinen Heimatstaat gewinnen. Damit ist wieder einer raus aus dem Kreis der republikanischen Kandidaten. Sollte es wirklich auf Donald Trump hinauslaufen, wird das für die Republikaner zur Zerreißprobe
Wer seinen Heimatstaat nicht gewinnen kann, der hat im Rennen um die Präsidentschaftsnominierung nichts zu suchen. Die Kandidatur von Marco Rubio, der am zweiten Super Tuesday nicht einmal in seinem „Wohnzimmer“ Florida den Sieg holen konnte, ist nun Geschichte. Jetzt hat es Donald Trump nur noch mit dem erzkonservativen Ted Cruz und dem letzten der moderaten Kandidaten, John Kasich, zu tun. Was das heißt: Tatsächlich ist von der Anti-Trump-Koalition kaum noch etwas übrig. Den Milliardär aus New York kann nun nur noch ein Parteiaufstand auf dem republikanischen Nominierungskongress im Juli in Ohio stoppen.
Doch damit selbst ein solcher Fall überhaupt noch eintreten kann und damit eine sogenannte brokered convention möglich würde, darf Trump nicht auf die zur Nominierung erforderliche Zahl von 1.237 Delegierten kommen. Erst dann könnte die Parteitagsregie geändert, dürften die Wahlmänner von der Loyalität zu ihren Kandidaten entbunden und ein anderer Bewerber gewählt werden. Zuletzt gab es eine solche Situation 1952, als Adlai Stevenson nach langem Tauziehen auf dem Parteikongress der Demokraten nominiert wurde. Um dieses Szenario überhaupt am Leben zu erhalten, müssten Gouverneur John Kasich, der immerhin seinen Heimatstaat Ohio gewinnen konnte, und Ted Cruz, der an diesem Dienstag leer ausging, weiter im Rennen bleiben – und Wahlmänner einsammeln. Nur wenn Trump unter der Delegiertenschwelle bleibt, könnte sich die Partei vielleicht noch auf einen Alternativkandidaten verständigen.
Republikaner verweigern Trump die Unterstützung
Der Siegeszug von Donald Trump hat die Republikaner aber schon jetzt in eine tiefe Depression gestürzt. Denn mit den ursprünglichen Inhalten der Grand Old Party hat das, was Trump predigt, herzlich wenig zu tun. David Brooks, konservativer Kolumnist der New York Times, brachte das Dilemma kürzlich so auf den Punkt: „Diese Partei stand einst für das, was Amerika ist: Freier Markt, Offenheit, Chancen. Trump aber will etwas ganz anderes.“ Der, so Brooks, wolle Amerika abschotten. Mit Mauern gegen Menschen, mit Handelsschranken gegen Importwaren und das alles im Stil einer autoritären Führung. „Es geht bei der Nominierung gar nicht mehr so sehr um das Weiße Haus“, so Brooks. „Es geht um die Zukunft dieser Partei.“
Die Sorge, dass mit einem Kandidaten Trump von der Grand Old Party am Ende nur ein Torso bleibt, treibt die republikanischen Traditionalisten schon seit Monaten um. Dabei gehen die parteiinternen Debatten bereits so weit, dass sogar die Aufstellung eines zweiten, unabhängigen konservativen Kandidaten erwogen wird. Anfang März hatte eine kleine, aber einflussreiche Gruppe von Republikanern erstmals diese Variante ins Spiel gebracht. Senator Ben Sasse aus Nebraska und der Gouverneur von Massachusetts, Charlie Baker, erklärten öffentlich, dass ein Kandidat Trump ihre Stimme nicht bekommen würde.
Mit anderen Worten: Lieber verzichten solche Republikaner auf eine mögliche Siegchance gegen Hillary Clinton, als dass sie Trump zum Erfolg verhelfen wollen. Denn auch das ist seit diesem Dienstag klar: Bei den Demokraten hat Hillary Clinton mit ihren überzeugenden Siegen den Weg für die eigene Nominierung freigemacht. Einen Kandidaten Bernie Sanders wird es nicht geben. Gerade das zeigt den Grad der Verzweiflung, der innerhalb des republikanischen Establishments herrscht: Eher nähme man die verhasste Hillary Clinton als Präsidentin in Kauf, statt den Parteizerstörer Trump ins Oval Office zu hieven.
Ein Alternativkandidat könnte zumindest die Mehrheit im Kongress sichern
Allerdings hat diese Überlegung auch eine ganz pragmatische Komponente. Eine Trump-Kandidatur könnte viele konservative Wähler am 8. November komplett von den Wahlurnen fernhalten. Im Falle von Wahlabstinenz wären dann aber auch die derzeitigen republikanischen Mehrheiten im Kongress, bestehend aus Senat und Repräsentantenhaus, gefährdet. Mit einem wählbaren Alternativkandidaten könnte man zumindest das verhindern.
Wie intensiv solche Notfallpläne bereits diskutiert werden, zeigt die Tatsache, dass selbst der neo-konservative Bill Kristol eine Alternativkandidatur unterstützt, sollte Trump nominiert werden. Der Gründer und Chefredakteur des Magazins „Weekly Standard“ glaubt, dass dies als „einmalige Notmaßnahme“ durchaus zulässig wäre. Weniger vornehm drückt sich Max Boot, bislang Berater von Marco Rubio und ebenfalls konservativer Publizist, aus. „Eher würde ich für Josef Stalin stimmen als für Donald Trump“, sagte Boot kürzlich. Seine Stimme gehöre dann entweder Hillary Clinton oder eben einem dritten Bewerber.
Regelrecht erschüttert hat dabei die bisherige republikanische Heimatbasis, dass sich Donald Trump erst nach längerem Zögern von der Unterstützung durch David Duke distanziert hatte. Duke, als sogenannter „Grand Wizard“ einst Aktivist beim Ku Klux Klan und Verfechter der These, dass die weiße Rasse allen anderen überlegen sei, hatte dazu aufgerufen, Trump zu wählen. Das ging offenbar selbst vielen streng Konservativen zu weit. Später rückte Trump zwar von Duke ab – doch das nur halbherzig mit Hinweis auf die schlechte Tonqualität in einem Interview.
Geht Machtinstinkt vor Überzeugungen?
Allerdings: Bei allen Bemühungen, Trump noch zu stoppen, ist dennoch schwer einzuschätzen, wie weit tatsächlich eine signifikante Zahl von Republikanern bei einer solchen Operation mitziehen würde. Das Beispiel von Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, zeigt, wie verlockend die Aussicht auf ein Stückchen Macht am Ende ist. Christie, der als Kandidat der moderaten Kräfte ins Rennen gegangen war und schließlich das Handtuch werfen musste, stellte sich als erster prominenter Republikaner hinter Trump. Die Überraschung, die diese Entscheidung auslöste, war enorm. Die Ursachenforschung kam am Ende aber nur zu einem Schluss: Christie will nicht abseits stehen, wenn im November vielleicht doch das Kunststück einer Trump-Präsidentschaft gelingen sollte. Also warf er seine Überzeugungen kurzerhand über Bord.
Sollte es am Ende tatsächlich zu einem Showdown zwischen Trump und Clinton kommen, dann sollte Hillary bereits jetzt einige Lehren ziehen. Denn die Niederlage von Marco Rubio hat eines sehr deutlich gezeigt: Wer sich mit Trump anlegt und sich auf dessen Niveau begibt, der muss sein Handwerk beherrschen. Rubio glaubte, Trump schlagen zu können, wenn er diesen ähnlich barsch, brüsk und vulgär attackiert wie dieser ihn. Funktioniert hat die Strategie allerdings nicht. Im Gegenteil: Dem ansonsten so jungenhaften und eher sanften Rubio nahm man den Wandel zum Wadenbeißer nicht ab. Im Schlagabtausch mit Trump sah der 44-Jährige stets unecht und gekünstelt aus. Die Clinton-Maschine wird sich daher etwas einfallen lassen müssen gegen Trump. Immerhin: Die Clintons sind die wohl größten Profis im amerikanischen Politgeschäft.
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