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Friedensnobelpreis - Wie erfolgreich ist der Kampf gegen Chemiewaffen?

Eine Welt ohne Chemiewaffen ist denkbar. Für dieses Ziel arbeitet die OPCW (Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons), die den Friedensnobelpreis erhält. Doch ist ihre Mission erfolgreich?

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Herbermann, Jan

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Jahrelang wussten nur Abrüstungsexperten mit dieser Institution in Den Haag etwas anzufangen. Seit Wochen aber ist die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) ins internationale Rampenlicht gerückt: Ihre Mission in Syrien gilt als historisch einmalig. OPCW-Inspekteure begannen am vergangenen Sonntag, mitten im Bürgerkrieg die Vernichtung des syrischen Giftgasarsenals zu überwachen. Eine vergleichbare Abrüstungsaktion gab es noch nie. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon spricht denn auch von „beispiellosen Gefahren“ für das Team, das bis zu 100 Kontrolleure umfassen soll.

Und genau diese dramatische Operation bringt der OPCW den Friedensnobelpreis 2013 ein. Es ist die Anerkennung für Menschen, die ihr eigenes Leben riskieren, um andere von einer der grausamsten Waffen der Welt zu befreien. Durch den Friedensnobelpreis ist die OPCW mit rund 500 Mitarbeitern endgültig aus ihrem Schattendasein herausgetreten. Auch Generaldirektor Ahmet Üzümcü dürfte von nun an noch energischer seine Forderung nach einer Welt ohne Chemiewaffen vertreten.

Nobelpreis als politisches Signal


„Der Friedensnobelpreis gibt der Organisation einen enormen Schub, besonders bei ihrer brisanten Mission in Syrien“, sagte der deutsche Abrüstungsexperte Ralf Trapp dem Tagesspiegel. Der Preis sei auch ein politisches Signal: „Abrüstung kann möglich sein, auch unter den schwierigsten Bedingungen, selbst in einem Krieg“, sagte Trapp, der als deutsches Delegationsmitglied über die internationale Chemiewaffenkonvention von 1997 verhandelte.

Die OPCW agiert als eine Art Chemiewaffenpolizei. Sie überwacht die Einhaltung der Chemiewaffenkonvention: Laut Abkommen müssen alle Mitglieder ihre Arsenale an Giftgasen, Munition und Produktionsanlagen komplett zerstören. Bislang traten 189 Länder der Konvention bei. Am Montag soll Syrien dazukommen. Die Übereinkunft verbietet die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und den Einsatz der Waffen. Das Abkommen schrieb auch die Gründung der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen vor, was 1997 geschah.

Wie nötig die Chemiewaffenpolizei ist, lässt sich erahnen, wenn man weiß, wie die giftigen Substanzen wirken. Nervengase lösen bei ihren Opfern laut OPCW „eine schnelle Lähmung der Nervenzellen im ganzen Körper aus. Falls die Lähmung nicht behandelt wird, folgt der schnelle Tod“. Andere Chemiewaffen greifen die Atemwege, die Haut und das Blut an. Die Überlebenden leiden unter Fehlfunktionen des Körpers, Entstellungen und psychischen Qualen.

Im 20. Jahrhundert griffen Armeen immer wieder auf diese Waffen zurück. Vom Ersten Weltkrieg bis hin zum Konflikt zwischen Irak und Iran in den 80er Jahren. Schließlich wiesen OPCW-Inspekteure einen massiven Sarineinsatz am 21. August im Raum Damaskus nach.

Doch noch ist die Zerstörung der Arsenale nicht abgeschlossen. „Die Vernichtung der chemischen Waffen schreitet langsamer voran als geplant“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. So haben die USA, Russland und Libyen die vorgesehene Frist zur Vernichtung (29. April 2012) nicht eingehalten. Insgesamt konnte die OPCW bis Ende September die Zerstörung von mehr als 58 000 Tonnen der deklarierten 71 000 Tonnen an giftigen chemischen Substanzen melden. Das entspricht rund 82 Prozent. Bis zum gleichen Zeitpunkt registrierten die Inspekteure die Vernichtung von knapp fünf Millionen der insgesamt 8,7 Millionen Munitionsstücke und Behälter, rund 57 Prozent des weltweiten Arsenals.

Immer wieder technische, administrative und finanzielle Probleme für die OPCW


Woran hapert es? „Am politischen Willen der Chemiewaffenbesitzer, die Waffen zu vernichten, besteht kein Zweifel“, heißt es im Auswärtigen Amt. Vielmehr müsse die OPCW immer wieder mit technischen, administrativen und finanziellen Problemen kämpfen. Auch müsse man darauf achten, dass die Zerstörung der hochgiftigen Substanzen umweltgerecht erfolgt. Trapp bestätigt das. „Die Vernichtung ist ein komplexer Prozess in eigens dafür hergestellten Anlagen“, betont er. Viele der Gifte werden unter extrem hohen Temperaturen verbrannt. Die Munition, Produktionsanlagen und andere Apparaturen werden mit schwerem Gerät vernichtet. „Das kann nur dann funktionieren, wenn die OPCW-Inspekteure ohne Gefährdung arbeiten können“, warnt Trapp.

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