Die Katholische Kirche geht in anderen Ländern besser mit Missbrauchsfällen um / dpa

Missbrauch in der Kirche - „ Ich fühle mich frei von ihm “

Die katholische Kirche in Deutschland tut sich extrem schwer im Umgang mit den Opfern sexuellen Missbrauchs durch Kleriker. Anderswo ist man weiter. „Restorative Justice“ lautet das Konzept, mit dem sich noch am ehesten die verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen lässt.

Autoreninfo

Julius Müller-Meiningen arbeitet seit 2008 als freier Journalist in Rom. Er berichtet auf seiner Homepage 
www.italienreporter.de

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In der Forest Street 777 hat die Erzdiözese von Saint Paul und Minneapolis ihren Sitz. Erzbischof Bernard Hebda ist ein umgänglicher Mann. Vor allem hat er langjährige Erfahrung damit, was einer Diözese widerfahren kann, die die Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche jahrzehntelang gedemütigt und dann auch noch systematisch übersehen hat. Vielleicht wäre ein Anruf in Minnesota keine schlechte Idee für die deutschen Erzbischöfe und Kardinäle Reinhard Marx (München) und Rainer Maria Woelki (Köln). Woelki will nach einer halbjährigen „geistigen Auszeit“ am Aschermittwoch sein Amt wieder aufnehmen.

Denn die Frage, die nicht nur Woelki, Marx, Hebda, Papst Franziskus und die gesamte katholische Kirche beantworten müssen, lautet: Wie geht man mit den Betroffenen von Missbrauch um? Die Frage, vor der sich die Kirche jahrzehntelang gedrückt hat, ist heute ihre Überlebensfrage. Geht sie auf die Betroffenen zu, muss sie sich verändern. Verschließt sie sich weiter, bleibt ihr Kernpostulat von der Sorge um die Seelen ein nicht aufzulösender Widerspruch, ja eine Farce.

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Tomas Poth | Mo., 14. März 2022 - 18:30

Die Amtskirche ist ein nicht aufzulösender Widerspruch in sich! Der ist Systemimmanent, um mal einen alt68er Begriff zu verwenden.
Aber gut wenn dieses Thema weiterhin in den Medien behandelt wird, der Druck auf diese Kleriker-Behörde hoch gehalten wird.

Christa Wallau | Mo., 14. März 2022 - 19:32

um als Institution zu überleben dann dies:
Es darf k e i n e r l e i Machtmißbrauch mehr in ihr geben!
Wie Jesus Christus müssen die Menschen, die ihm vertrauen u. ihm folgen wollen, den Weg des absoluten Machtverzichtes gehen.
Nur mit der Kraft der Liebe u. des rechten Verständnisses der Lehren aus dem Neuen Testament darf Kirche auf dieser Welt wirken.
Dies ist eine ungeheuer schwierige Aufgabe, und es wird daher nur wenige "Arbeiter im Weinberg des Herren" geben, aber alles andere ist und bleibt letztlich unglaubwürdig.
Von Priestern und Ordensleuten wird sehr viel verlangt! Aber sie dürfen - wie alle Gläubigen -
auch immer wieder auf die Verzeihung Gottes vertrauen, wenn sie demütig ihre Schuld eingestehen u. bereuen.
Die Formen der Liturgie können - je nach Land, Tradition u. Mentalität des Volkes - durchaus unterschiedlich sein, aber die Glaubensinhalte
müssen im Kern die gleichen bleiben. Heute wird viel über Unwichtiges gestritten - entscheidend ist der Machtverzicht!

„Von Priestern und Ordensleuten wird sehr viel verlangt!“ Finden Sie?!
Also ich finde nicht, dass man zu viel von diesen Leuten verlangt, wenn man darauf besteht, dass sie Kinder und Jugendliche, die ihnen anvertraut worden sind, nicht (sexuell) missbrauchen. Offenbar hat sich die Institution Kirche bis jetzt damit zufrieden gegeben, wenn die Täter ihren Herrgott um Verzeihung bitten - und hat mithin z. T. schwere Straftaten systematisch vertuscht.
Bei der Relativierung von Vorgängen, die mit dem Begriff „Missstand“ nur sehr unzureichend beschrieben sind, sind Sie übrigens durchaus kreativ. Am 21. Januar diesen Jahres schrieben Sie in diesem Zusammenhang:
„Wieder einmal wird mit einem Wissen u. einer Weltsicht von heute über das Verhalten von Menschen geurteilt, die in einer anderen Zeit, unter anderen Umständen u. mit einem anderen Kenntnisstand gelebt haben.“
Zu Ihrer Information: Sexueller Missbrauch war schon strafbar, als Ratzinger noch Erzbischof von München und Freising war.

... das mit dem Machtmissbrauch funktioniert nicht.

Warum ?

Es ist Teil des Geschäftsmodells der beiden großen Kirchen mindestens in Deutschland.

Der Machtmissbrauch in seinen verschiedensten Ausprägungen gehört mindestens seit dem Mittelalter zur katholischen und später auch zur evangelischen Kirche in allen europäischen Ländern. Man denke nur an die Inquisition etc.

Man stelle sich einmal vor, ein Pfaffe müsse mit Spenden auskommen oder müsse für seinen Unterhalt arbeiten . Oder er wäre nur willkommen, wenn es um die Sakramente geht.
Und weiter stelle man sich einmal vor, diese Berufsgruppe müsse das Thema Menschenrechte ernsthaft betreiben. Nicht global und intergalaktisch, sondern individuell im direkten Umfeld. Als Beispiel: Wie viele Wohnungslose würden dann in der kalten Jahreszeit in den Kirchen oder Pfarrhäusern übernachten können?

Ein solch geringer Einfluss dieser Priesterkaste würde den Job der Theologen wohl extrem abwerten und den Priesternachwuchs abschrecken.

Christa Wallau | Di., 15. März 2022 - 11:15

Antwort auf von Detlev Bargatzky

Sie beschreiben das, was ich meine:
Es ist eine enorm schwierige Aufgabe, Jesus Christus nachzufolgen. Priester u. Ordenleute laden eine Last auf sich, welche die allermeisten nie voll erfüllen können; denn sie sind fehlerhaft. Aber sie müssen danach streben!
Die Entsagung jeglicher Machtausübung ist dafür m. E. das Erste u. Wichtigste, was sie zu leisten haben.
K e i n e Verbrüderung mit Weltmächten, sondern Streben nach dem Heil für die Seele. K e i n e Machtausübung über Gläubige - seien es Kinder o. Erwachsene -, sondern l i e b e v o l l e Belehrung, Trost, tätiger Beistand in allen Lebenslagen, freudige Feiern der Glaubensgewißheit, u. Nachlaß der Schuld bei allen Gläubigen, die wirklich bereuen u. Besserung geloben.
Die Geschichte lehrt, daß dieses Ideal bei 90% der Christen nicht nur nicht erreicht, sondern mit Füßen getreten wurde. All dieses widerlegt jedoch nicht den christl. Glauben; denn es hat zu allen Zeiten auch w a h r e Christen gegeben u. es gibt sie noch heute!

Kai Hügle | Di., 15. März 2022 - 16:16

Antwort auf von Christa Wallau

Im Gegensatz zu Ihnen relativiere ich nicht sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch den Hinweis darauf, dass es "eine enorm schwierige Aufgabe [ist], Jesus Christus nachzufolgen" oder dass heute angeblich andere Moralvorstellungen herrschen als vor 40 Jahren - als Ratzinger Erzbischof von München und Freising war.
Ein bemerkenswerter Ansatz, zumal in einem Forum wie diesem, von einer Foristin wie Ihnen...

Christoph Kuhlmann | Mo., 14. März 2022 - 20:10

Organisation entlarvt, die anderen Moral predigt und das schlimmste Laster deckt und die Lüge vom ewigen Leben verbreitet. Wozu sich mit dem Verein beschäftigen, wenn man kein Staatsanwalt ist.

Gerhard Fiedler | Mo., 14. März 2022 - 22:42

„Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ heißt es bei Matthäus (18,20). Das allein ist schon Kirche. Mehr bedarf es im Grunde nicht. Doch wenn es aus diesen zwei oder drei dann viele werden, bedarf es einer Führung, Leitung, Ordnung und Regelung. Und so entstand eine Kirche mit Priestern, Pastoren und Bischöfen, wie wir sie heute kennen. Dass auch diese Führungspersönlichkeiten nur Menschen sind und keine Halbgötter, die zu Sündern werden können, sollte doch nicht weiter verwundern. Missbrauchsskandale sollten daher der Kirche nicht die Zukunft rauben. Gefahr droht ihr allerdings, wenn sie ihrem Auftrag nicht mehr nachkommt, die frohe Botschaft Jesu in die Welt zu tragen, oder ihr Glaube und Zuversicht abhandenkommen. Dass sie sich derzeit lieber gesellschaftlichen Fragen zuwendet, könnte für sie viel eher der Untergang bedeuten.

Christa Wallau | Di., 15. März 2022 - 11:34

Antwort auf von Gerhard Fiedler

daß die Institution Kirche heute und in ihrer langen Geschichte derart viele
Fehler gemacht und sogar Verbrechen begangen hat, daß darüber der
wunderbar erlösende Glaube an Jesus Christus und seine frohe Botschaft
entweiht wurde und bei Vielen verständlicherweise in Mißkredit geriet.

Die Zukunft der wahren Kirche (= geistige Gemeinschaft der Christgläubigen)
liegt in der Rückbesinnung auf den G l a u b e n s k e r n, nicht in äußerlichen Reformen, so sehr sie im einzelnen auch angebracht sein mögen.
Nach der Voraussage Jesu werden es letztlich niemals viele sein, die den schmalen Weg zum Leben beschreiten. Die Masse geht lieber auf der breiten Straße; denn dort läuft es sich unangefochtener und bequemer.

Lehren, die den Himmel auf Erden versprechen u. an die Allmacht des Menschen glauben, sind mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar; denn Jesus hat
eindeutig gesagt: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt."

Ronald Lehmann | Mo., 14. März 2022 - 23:59

Schon alleine die beiden Strömungen stehen im totalen unüberbrückbaren Widerspruch in sich

Macht - Evangelium

Und hier liegt die Krux begraben & deshalb verlassen so viele nicht nur die Institution Kirche, sondern auch den innerlichen Glauben an etwas besonderes & reines. Zumal jeden Tag der Mensch in Politik, Wirtschaft wie Medien erleben & fühlen kann, wie es mit alten Werten bergab geht & sich eine Kloake des Übel in der gesamten Gesellschaft verbreitet.

Dabei sehnt sich eigentlich der Mensch nach Ordnung, Liebe & Vertrauen, nach Herzensangelegenheiten des Alltags.

Aber wie heißt es so schön:
"Im Kleinen wie im Großen", weil Kinder immer die Erwachsenen nachahmen

Und die meisten (egal welche der beiden Konventionen) Foristen werden mit Zustimmen:
"Problem sind nicht die "Hirten" der einzelnen Gemeinden, wo man sich untereinander gut kennt.
NEIN - das mittlere bis obere Bodenpersonal hat mit der eigenen Berufung ein Problem mit sich selbst. Weil man so gut sein will wie Gott?

Ernst-Günther Konrad | Di., 15. März 2022 - 10:41

was dort in den USA ins Leben gerufen wurde und offensichtlich weitgehend funktioniert mit allen Beteiligten am "runden" Tisch, klingt vielversprechend und wenn es vor allem dem Betroffenen selbst hilft, ihre seelischen Qualen zu mildern bis hinzuneutralisieren, ist das aller Ehren wert. Dennoch hat vor allem die Amtskirche deswegen noch lange nichts gelernt. Der Fisch stinkt vom Kopf her und solange vom Papst keine "echten" Reformen kommen und eine klare Aussage und Umsetzungsanordnung bleiben die Kirchenfunktionäre in ihrer eigen verlogenen Blase gefangen und sehen auch keinen Grund, von sich aus Fehler einzugestehen und die Blase aufzustechen. Die Amtskirche hatte schon immer Probleme ihre eigene Kirchgeschichte, ihre Kriege, die Hexenverbrennung, die unehelichen Kinder, neben den missbrauchten Kindern und Jugendlichen ehrlich und offen aufzuarbeiten. Daneben hat die Kirche ihre eigenen Glaubensgrundsätze ad absurdum geführt und wie in der Politik auch, eigene Moralvorstellungen.