Premierminister Rishi Sunak auf einer Versammlung der Konservativen Partei, 11.06.2024 / picture alliance

Der Untergang der britischen Konservativen - Requiem für eine sterbende Partei

Kurz vor den Unterhauswahlen stehen die britischen Konservativen nicht nur vor einer einmaligen Niederlage. Die gesellschaftliche Lage scheint sie generell allmählich obsolet zu machen – wie auch andere vergleichbare Parteien in Europa.

Portraet Ronald G. Asch

Autoreninfo

Ronald G. Asch hatte den Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Freiburg inne

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In Großbritannien stehen Unterhauswahlen an, nachdem der König auf Ersuchen des konservativen Premierministers Sunak das Parlament aufgelöst hat. Sunak entschloss sich zu diesen Neuwahlen, obwohl alle Prognosen schon vor Monaten auf eine vernichtende Niederlage seiner Partei hindeuteten, vielleicht um so einem innerparteilichen Coup, der mit seiner Absetzung als Parteiführer geendet hätte, zuvorzukommen, aber vielleicht auch nur, weil für ihn ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen ist. 

In dieser Hinsicht hätte er dann das Vorbild abgegeben für den französischen Präsidenten Macron, der freilich auch nach einer Niederlage seiner Partei in den bevorstehenden Wahlen im Amt bleiben kann, während Sunak dann wohl einen Posten in der Wirtschaft annehmen würde. In jedem Fall deutet alles auf einen überwältigenden Sieg Labours hin. Die Tories würden von ihren jetzt 379 Sitzen im Unterhaus, die sie 2019 unter Boris Johnsons Führung gewannen, die meisten verlieren und müssten sich unter Umständen mit 80 Mandaten oder noch weniger begnügen. Das würde auch viele prominente Politiker ihren Sitz kosten, so dass sie dann aus der Politik meist ganz ausscheiden würden. Eine Erholung von einem so niedrigen Niveau aus wäre in jedem Fall sehr schwierig und würde viele Jahre benötigen, ja, eine solche Niederlage könnte durchaus das Ende der Tories bedeuten. 

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A.W..Mann | So., 23. Juni 2024 - 08:33

Wer zu Allem keine klare Position bezieht und nur noch für den eignen Machterhalt einsteht wird überflüssig. Dies wird den sogenannten Konservativen überall in Europa so ergehen. Die einst stolzen Nationen, wie England, Frankreich, Deutschland und auch die skandinavischen Länder werden untergehen. Das Fragezeichen bleibt der Osten, Spanien und eventuell Italien. Noch besteht dort Hoffnung.
Warum das ganze so ist, wie es ist? Vielleicht einmal Herrn Rensing oder Müller-Vogg befragen?
Den 1 Prozent da Oben ist es übrigens gleich, wie die Sache ausgeht, die können sich auf ihre 20 Prozent Erfüllungsgehilfen verlassen.
Ich für meinen Teil sehe noch Chancen im Osten, denn im Osten geht die Sonne auf.

Jens Böhme | So., 23. Juni 2024 - 09:07

Panta rhei - alles fliesst. Natur entwickelt sich immer weiter und passt sich an. Auch der Mensch. Sonst würden wir noch auf Bäumen leben und Grunzgeräusche machen.

Robert Hans Stein | So., 23. Juni 2024 - 09:22

Das reicht halt nicht, das ist nicht Fisch noch Fleisch. Entweder man ist gegen die Deformation unserer europäischen Kultur(en). Dann besteht man auf Eindämmung der Migration aus anderen Kulturen oder betreibt proaktiv eine ASSIMILATION von deren Angehörigen.
Oder man akzeptiert eine Unterwanderungund schließliche Überformung unserer Identität, aus welchen Gründen auch immer. Da dieses Feld von Linken/Grünen schon hinreichend beackert wird, machen sich "moderate" Konserevative und Liberale überfüssig. Die wahrscheinlichen Folgen einer solchen Entwicklung - massive innere Konflikte oder Untergang meiner Welt- und Wertvorstellungen - bleiben mir auf Grund der Gnade einer frühen Geburt hoffentlich erspart.

Karl-Heinz Weiß | So., 23. Juni 2024 - 09:32

Die Konservativen in Großbritannien werden durch das Mehrheitswahlsystem zerlegt, die Konservativen in Deutschland durch die Brandmauer. Die politischen Auswirkungen sind vergleichbar. Die Grundlagen hierzulande legte eine mit der eigenen Partei fremdelnde Kanzlerin, und in GB eine Gruppe abgehobener Snobs. Nach Italien steht Frankreich der Politikwechsel bevor, und ab November den USA.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 23. Juni 2024 - 10:07

hat mich genervt.
Das wirkte auf mich in Richtung Selbstreferenz und -Präsentation, teils "Klamauk", evtl. eher vordergründig unpolitisch.
Er schien mir ein Partner für Trump, in gewissem Sinne auch US-alike.
Die Pandemie setzte dem evtl. ein Ende, weil sie "Todesernst", überspitzt, "zelebrierte".
Ohne überzeugende medizinische und pharmokologische Kenntnisse hätte ich Niemandem in der öffentlich hitzigen - ich sage nicht "aufgeheizt", weil das gar nicht nötig war - Debatte zu so einer Aussendarstellung geraten.
Herrn Sunak fand ich schon auch interessant, weil England, wie vom Autor beschrieben am Übergang zu einer strikt multikulturellen Gesellschaft steht, siehe auch Prinz Harry und Herzogin Meghan.
Wie sich das friedlich gestalten kann, dazu bedarf es evtl. eines Zusammengehens von Labour und Tories, wie ich das auch für die Bundesrepublik präferiere, vor einer schwarz/grünen Koalition.
Es geht vtl. um nichts weniger als einen neuen Gesellschaftsvertrag?
Labour kann es auch allein!

Wäre für eine strikt multikulturelle Gesellschaft ein Zusammengehen von Labour und Tories nicht zu klein gedacht? Die Welt ist doch noch viel bunter (und gegensätzlicher) als alles, was diese Parteien repräsentieren !? Stünde dahinter nicht eine Verlängerung des Traums, dass sich die Welt unter den eigenen Vorstellungen vereint?

Für realistischer würde ich halten, dass es sich in irgendwas Neues umformt - was genau, wird man sehen. Das kann man noch nicht sagen, aber es wird sich auch von einem Rest der Welt irgendwie unterscheiden.

politisch gesamtgesellschaftlich und polyphon Orientierte würde ich aber dem Königshaus dringend raten, Prinz Harry und Familie zurückzuholen, auch um Herzogin Kate zu entlasten.
Herzogin Meghan ist ein "Juwel", auch in der Aussendarstellung, zudem Mitglied der engsten Königsfamilie.
Sie kann viel für eine zukünftige politische Balance bewirken.
Das durch die Abdankung des eigentlichen Thronfolgers Edward? gerissene "Loch", könnte sich so schliessen?

Ernst-Günther Konrad | So., 23. Juni 2024 - 10:09

Ja, ja natürlich. Im Moment haben die CDU/CSU gemeinsam 30% und halten sich noch stabil als stärkste Macht. Noch. Ihr Grundsatzprogramm und einige Versprechungen und Scheinaussagen täuschen noch viele konservative Wähler. Und die Angst als Nazi oder wahlweise Kommunist zu gelten, wenn man AFD oder BSW wählt dürfte viele abhalten, der UNION den Rücken zu kehren. Doch sollte man genau hinschauen. Die UNION hat trotz massiver Führungsschwäche der Ampel, trotz vieler chaotischen Phasen und ständig Streit ihre Stimmen nicht wirklich ausgebaut. Trotz widerlichster Diffamierung der AFD und ihrer Wähler stiegen diese dennoch an Stimmen an. Und auch das BSW behauptet sich nicht nur, sondern ist im Osten teilweise drittstärkste Partei. Die sog. etablierten Parteien insgesamt verlieren massiv, kämpfen teilweise um die 5% Hürde. Und was zieht die UNION für sich aus dieser Situation an Vorteilen? Sie könnte schneller als gewünscht einer Democrazia Cristiana oder eben den Tories folgen. Bravo.

Chris Groll | So., 23. Juni 2024 - 10:34

Auch die CDU/CSU hat kein klares Profil mehr, schon gar kein konservatives.
Obwohl sie im Moment in Umfragen noch über eine Mehrheit verfügt, kann sich das schnell ändern.
Es wird in Deutschland allerdings unerheblich sein, da die jetzige CDU/CSU sowieso nicht mehr von den Grünen und den Linken/SPD zu unterscheiden ist.
Die Macht wird - wie in Großbritannien - demnächst an die eingewanderten Minderheiten? übergehen. Es ist ja heute schon so, daß in manchen Stadtteilen die einheimische Bevölkerung im eigenen Stadtviertel in die Position einer bloß noch geduldeten Minderheit geraten ist..
Ansonsten kann man aus Ihrem Bericht über Großbritannien auch vieles auf Deutschland übertragen.

Markus Michaelis | So., 23. Juni 2024 - 16:33

Das ist mir zu sehr auf die Konservativen fokusiert. Dieses Problem hat doch die ganze Gesellschaft, nicht nur die Konservativen. Wäre es so, dass DIE Migranten irgendeine wenigstens miteinander kompatible Vorstellung von der Welt und der Gesellschaft hätten und selbiges für DIE Großstädte und DIE progressiven Kreise gelten würde, dann ja, dann ginge die Gesellschaft eben in diese Richtung und weg von den Konservativen.

Aber diese Richtung scheint es mir nicht zu geben. Wenn schon, scheint es mir ein fundamentales Problem von Labour (und vergleichbar bei uns) zu sein, dass man für eine offene, universelle Gesellschaft eintritt, nur die Menschen dazu fehlen. "DIE" Migranten scheinen es mir bis jetzt jedenfalls nicht zu sein. Deren Vorstellungen scheinen mir dafür zu bunt und zu gegensätzlich. Einigkeit scheint mehr über die Feindbilder zu herrschen, jenseits davon beginnen schnell Ratlosigkeit und Gegensätze. - Mein Eindruck.

Henri Lassalle | So., 23. Juni 2024 - 19:34

wie gewohnt. Aber das geht nicht, Politik von heute ist kein Museumsprogramm. Die Zeiten wandeln sich radikal, auch im traditionsbewussten GB. Das war mal anders, da gab es innovative Dynamik: Nach dem 2. Weltkrieg wurden Sozialprogramme realisiert, auf ihr Gesundheitssystem war die Nation stolz. Das ist vorbei. Wer dort krank ist, sollte auf ein dickes Polster von Ersparnissen zurückgreifen können. Armut greift um sich, die Angst, Mitte des Monats kein Geld zum Leben zu haben, auf der anderen Seite der schamlose Reichtum Privilegierter.
Die Konservativen haben am Volk vorbei regiert.