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Europa - Entzieht sich Deutschland der Bankenunion?

Rückt die Bundesregierung von der europäischen Bankenunion ab? Diese Sorge treibt Brüssel um, nachdem Finanzminister Schäuble das geplante Abwicklungs-Regime blockiert hat. Ein Nein aus Berlin wäre brandgefährlich

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Eric Bonse berichtet seit 2004 aus Brüssel über Europapolitik. Er betreibt auch den EU-Watchblog „Lost in Europe“.

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Wer hat das letzte Wort bei einer Banken-Pleite - Brüssel oder Berlin? Um diese Frage ist ein ungewöhnlich heftiger Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung entbrannt. Von unlauteren Motiven, Machtmissbrauch und Rechtsbruch ist die Rede. Über die Medien liefern sich EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier und Finanzminister Wolfgang Schäuble einen regelrechten Krieg der Worte.

Überraschend kommt das nicht: Schäuble hatte Barnier schon vor Wochen öffentlich gewarnt, er werde sich allen Vorschlägen für eine zentrale europäische Bankenabwicklung widersetzen. Doch der Franzose ließ nicht locker - und präsentierte nach langem Zögern in dieser Woche seinen Entwurf. Er sieht eine Mischform zwischen nationaler und europäischer Kontrolle vor.[[nid:54578]]

Zwar soll die EU-Kommission „auf den Knopf drücken“, wenn eine klamme Bank dicht gemacht werden muss, wie Barnier sagte. Der zuständige nationale Finanzminister soll aber weiter mitreden dürfen - er muss zustimmen und behält so das letzte Wort. Zumindest auf dem Papier ist der Franzose den Deutschen also weit entgegen gekommen.

Nach Kompromiss klingt auch Barniers Vorschlag für einen europäischen Abwicklungs-Fonds. Er soll aus den bereits bestehenden nationalen Töpfen entstehen - aber erst in zehn Jahren, durch eine schrittweise Vergemeinschaftung. Schritt für Schritt sollen etwa 55 Milliarden Euro angespart werden. Deutsche Banken würden so taumelnde Geldhäuser in anderen Ländern mit stützen.

Das sei aber auch nur recht und billig, so Barnier. Schließlich käme die Stabilität des Bankensektors in der Währungsunion allen zugute. Außerdem würden die Banken in der Eurozone zunehmend über die Grenzen hinweg arbeiten, also müssten auch alle gemeinsam haften. Demgegenüber hat Schäuble immer wieder gewarnt, der EU-Vertrag lasse eine solche Vergemeinschaftung nicht zu.

Wer hat Recht? Was die juristische Seite des Streits betrifft, ist dies schwer zu sagen. Barnier scheint sich seiner Sache nicht ganz sicher. Noch während er seinen umstrittenen Vorschlag vorlegte, ließ er Rechtsexperten der EU-Kommission an den juristischen Feinheiten des Textes feilen. Das weckt Zweifel, große Zweifel.

Schäuble hingegen ist seiner Sache allzu sicher. Der CDU-Politiker wußte schon, was alles nicht geht, noch bevor die EU-Kommission ihren Vorschlag auf den Tisch gelegt hatte. Das riecht nach Vorurteil und Verhinderungstaktik. Zudem masst sich Schäuble eine Kompetenz an, die er gar nicht hat. Die EU-Kommission in Brüssel ist Hüterin der EU-Verträge, nicht die Bundesregierung in Berlin. [[nid:54578]]

Letztlich geht es auch gar nicht um Rechtsfragen, jedenfalls nicht in erster Linie. Es geht um die Macht - wie immer, wenn Berlin rechtliche Probleme vorschiebt und mit dem Bundesverfassungsgericht droht. Es geht um die Frage, wer über die Schließung einer gescheiterten Bank entscheiden darf, und wer die damit verbundenen Kosten übernimmt: Brüssel oder Berlin?

Da dies eine Kernfrage der geplanten Bankenunion ist, geht es auch um die Macht über die Banken. Wird sie letztlich in den nationalen Hauptstädten ausgeübt, oder auf europäischer Ebene, bei der EZB in Frankfurt und bei der EU-Kommission in Brüssel? Stehen deutsche Sparer und Steuerzahler nur für deutsche Banken ein, oder auch für deren Geschäftspartner im europäischen Ausland?

Auf diese Kernfragen ist Berlin bis heute eine Antwort schuldig geblieben. Zwar hat sich Kanzlerin Merkel gleich zweimal zur Bankenunion bekannt - beim Grundsatzbeschluss im Juni 2012 und dann noch einmal beim EU-Gipfel im Dezember letzten Jahres. Doch nur sechs Monate später, im Juni 2013, versuchte sie klammheimlich, den Begriff Bankenunion aus den EU-Gipfelbeschlüssen zu streichen.

Dies legt den Schluss nahe, dass diese Bundesregierung in Wahrheit gar keine Bankenunion will. Darauf deutet auch die Verzögerungstaktik, mit der Merkel und Schäuble jeden Schritt dieser Union behindern. Schon die erste Stufe, die gemeinsame Aufsicht, kam erst erst voran, als Frankreich massiven Druck machte. Das nun diskutierte Abwicklungs-Regime ist die zweite Stufe, dann kommt noch die Einlagensicherung. Auch da tritt Berlin auf die Bremse.[[nid:54578]]

Wenn es auch bei diesem letzten Pfeiler zu Verzögerungen und Blockaden kommen sollte, wird die Bankenunion nie und nimmer Mitte 2014 starten, wie derzeit geplant. Dann kommt sie zu spät für die aktuelle Krise - und vielleicht kommt sie am Ende sogar gar nicht mehr. Das zentrale Ziel der Euroretter, den Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrisen zu brechen, würde dann verfehlt.

Offiziell fühlt sich die Bundesregierung diesem Ziel immer noch verpflichtet. Ihre Worte und Taten sprechen jedoch eine andere Sprache. Merkel und Schäuble sollten sich nicht länger hinter Rechtsgutachten verstecken und endlich Farbe bekennen - auch wenn es im Wahlkampf schwer fällt. Eins sollten sie dabei wissen: Ein Nein zur Bankenunion wäre auch ein Nein zur Stabilisierung des Euro. Genau deshalb wäre es brandgefährlich.

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