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Noe Flum

Warum ich trage, was ich trage - Andreas Rumbler: „Ich muss den Raum kontrollieren“

Warum ich trage, was ich trage: Andreas Rumbler, Christie’s Chefauktionator, über emotionale Kleidung und die Anstregung, eitel zu sein

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Rumbler, Andreas

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Ich bin nostalgisch. Kleidung lade ich emotional auf. Diesen taubenblauen Anzug hatte ich zu meiner Hochzeit im April 2011 an. Ich trage ihn zu besonderen Anlässen, zum Beispiel bei Auktionen. Beim Versteigern hat er mir schon Glück gebracht. Letzten November habe ich darin das Spitzenlos, eines der Seerosenbilder von Monet, für knapp 44 Millionen Dollar versteigert.

Während einer Auktion schauen alle auf mich, es geht aber nicht wirklich um mich, in erster Linie geht es um das Kunstwerk. Daran muss ich mich immer wieder erinnern, auch bei der Kleiderwahl. Während einer Auktion trage ich Dezentes. Trotzdem muss ich den Raum kontrollieren. Es können sich Momente ergeben, in denen die Stimmung kippt. Ich erreiche mehr Aufmerksamkeit, wenn ich beim Sprechen eine Pause mache oder die Lautstärke variiere, als wenn ich zum Beispiel eine grelle Krawatte anziehe.

Der Anzug ist von meinem Zürcher Schneider, da kaufe ich einmal im Jahr ein. Die Krawatte der britischen Firma „Hackett“ ist eine Hommage an meine zehn Jahre in London.

Wenn ich aufstehe und weiß, das muss heute klappen, müssen mir die Sachen, die ich anziehe, Sicherheit geben. Ich sage dann: „Mit der Uhr wird’s klappen, mit den Manschettenknöpfen, mit deinem Lieblingshemd wird’s klappen und mit dem Anzug und der Krawatte, also da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Vorbereitet bist du auch, also los geht’s!“

Ich würde mich als gesund eitel beschreiben, professionell eitel. Das hat für mich mit Anstrengung zu tun. Wer eitel ist, strengt sich an. Wenn ich morgens aufwache, könnte ich mir auch oft sagen: „Ach, ist doch eh alles egal. Heute begegne ich keinem wichtigen Menschen und was soll’s.“ Es geht um die Einstellung: „Auch heute am Freitag, ohne Kundentermine, betreibst du die Anstrengung, einfach weil du an deinen Arbeitsplatz gehst.“ Ich lebe ja in Zürich, und bei den Schweizern gibt es dieses interessante Wort „adrett“. Etwas Urschweizerisches. Sie müssen hier nicht unbedingt einen Anzug und eine Krawatte tragen, aber adrett muss es sein. Alle Schweizer wissen, was damit gemeint ist. 

Aufgezeichnet von Lena Bergmann

Der gebürtige Frankfurter, 46, ist heute Christie’s Chefauktionator und Vizevorstand der Abteilung Kunst des 20. Jahrhunderts. Bei der New Yorker Abendauktion im vergangenen November hat ihm dieser Anzug bereits Glück gebracht.

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