- „Ich mag Widersprüchliches“
Samuel Finzi liebt blaue Stoffe: Sie erinnern ihn an seine Kindheit, die er oft am Meer verbracht hat. Für den Schauspieler ist Kleidung stets ein Stück Lebensgeschichte
Fassen Sie mal an. Fast so weich wie Samt, man nennt es Babycord. Von weitem sieht man nicht einmal, dass es Cord ist. Groben Cord ordnet man schnell einer bestimmten Art von Menschen zu. Er ist normalerweise schlabbrig und spießig. Dieser Baldessarini-Anzug ist eng und elegant geschnitten. Trotzdem ist er bequem, mein Körper fühlt sich wohl. Es ist mir wichtig, dass sich das Kleidungsstück sofort dem Körper anpasst. Dass es organisch wirkt.
Ich mag Widersprüchliches, das schafft Lebendigkeit. Ich habe mich nie einem bestimmten Stil zugeordnet. Heute trage ich zum Beispiel diese genähten Lederschuhe von Riccardo Cartillone aus Berlin. Dabei würde man zum dunkelblauen Anzug eher dunkle Schuhe erwarten. Die Farbe des Anzugs begeistert mich. Ein Blau, das fast schwarz ist. Ich glaube, Blau steht mir. Kann auch sein, dass ich mir das einbilde. Das begann schon als Kind, ich verbinde es mit dem Meer, mit der Weite. Dort habe ich viel Zeit verbracht. Ich könnte meinen ganzen Schrank mit hellblauen Hemden und dunkelblauen T-Shirts füllen. Früher habe ich Wert auf Vielfalt gelegt. Jetzt weiß ich, was gut ist, was ich tragen kann. Durch die Reduktion komme ich zur Essenz.
Ich zog 1989 von Bulgarien nach Westberlin. Das war ein besonderer Ort, man trug Klamotten anders, präsentierte die Härte des Lebens, musste draufhauen, exzentrisch sein. Ich habe mir gleich eine schwarze Lederjacke angeschafft. Und heute trage ich Babycord. Ich kann mir vorstellen, dass man sich damit gern umarmen lässt. Ich kann Menschen gut in den Arm nehmen. Hierzulande streichelt oder klopft man sich oft den Rücken bei der Begrüßung. Ich kann das nicht leiden, das zeugt alles von Angst, Angst vor Berührung.
Mein silbernes Armband trage ich seit 25 Jahren. Wenn ich es verlieren sollte, wüsste ich nicht weiter. Schon in der Schule hatte ich einen Hang zu Armbändern. Mein erstes habe ich mir mit neun Jahren gekauft, bei einer dieser kitschigen Buden im Ferienlager. Es war aus goldenem Blech. Ich gab mein ganzes Taschengeld dafür aus und war sehr stolz. Eingraviert auf der kleinen Plakette stand: I love you. Ich glaube, ich wusste nicht einmal, was das bedeutete.
Aufgeschrieben von Marie Amrhein
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