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Europäisches Asylrecht - Gleiche Bedingungen für alle

Nach 14-jährigen Verhandlungen steht die Europäische Union vor der Fertigstellung ihres Gemeinsamen Asylsystems. Es soll sicherstellen, dass Asylsuchende überall in der EU dieselben Bedingungen vorfinden. Was wird sich ändern?

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Christopher Ziedler ist Journalist beim Berliner Tagesspiegel.

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Der Druck lässt nicht nach, sondern wächst. Insgesamt 332 000 Menschen haben im vergangenen Jahr in der Europäischen Union Asyl beantragt. Das ist zwar kein Vergleich zu den Zahlen Anfang der neunziger Jahre, als allein in der Bundesrepublik mehr Flüchtlinge Schutz beantragten. Doch der Trend ist wieder steigend: Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von gut zehn Prozent. Die Statistik zeigt auch, dass die Verteilung weiter ungleich ist. In absoluten Zahlen verzeichnet der größte Mitgliedstaat Deutschland zwar auch die meisten Bewerber, nämlich 77 500. Relativ zur Einwohnerzahl aber müssen sich Länder wie Malta, Schweden, Luxemburg und Belgien viel stärker um die Flüchtlinge kümmern.

Warum soll es ein gemeinsames Asylsystem geben?

Schon 1999 verständigten sich die EU-Staaten darauf, ein gemeinsames Asylsystem auf die Beine zu stellen. Dieses Gemeinsame Europäische Asylsystems (GEAS) sollte in zwei Phasen geschaffen werden: Seit 2005 gilt die sogenannte erste Phase – die Harmonisierung wichtiger nationaler Regelungen – als abgeschlossen. Die zweite Stufe, eingeleitet durch das Haager Programm im Jahr 2005, soll ein „Europa des Asyls“ bringen. Dies bedeutet auch eine verstärkte Zusammenarbeit auf supranationaler Ebene – zum Beispiel durch eine übergeordnete Koordination. Es sollte letztlich egal sein, in welchem Staat ein Flüchtling Asyl beantragt – sowohl was persönlichen Schutz und soziale Versorgung angeht als auch die damit verbundenen Kosten für das jeweilige Land. Ende 2012 sollte das gemeinsame Asylsystem eigentlich endgültig stehen.

Mit ein paar Monaten Verzögerung ist es jetzt bald so weit. Am Donnerstag vergangener Woche einigten sich die zuständigen Abgeordneten des Europaparlaments mit der irischen Ratspräsidentschaft, die im Namen der Regierungen die Verhandlungen führt, auf die letzten Details des Asyl-Pakets, das aus insgesamt fünf Gesetzen besteht. Am heutigen Mittwoch sollen die 27 Brüsseler EU-Botschafter der Einigung ihren Segen geben. Im Europaparlament dürfte das Paket im April eine Mehrheit finden.

Was beinhaltet das Gesetzespaket?

Kern der gemeinsamen Vereinbarungen bleibt das sogenannte Dubliner Verfahren. Es regelt zum einen, dass für ein Asylverfahren derjenige EU-Staat zuständig ist, dessen Territorium ein Bewerber zuerst betreten hat. Die EU-Kommission hatte aufgrund der für Flüchtlinge untragbaren Situation in Griechenland eine Aussetzungsklausel gefordert. Wenn ein Mitgliedstaat die EU-rechtlich vorgeschriebenen Standards nicht gewähren könne, dürfe keine automatische Abschiebung stattfinden, argumentierte die Brüsseler Behörde, die sich aber nicht durchsetzen konnte. In Berlin etwa setzt man eher auf Druck auf die griechische Regierung, damit diese für noch stärker sinkende Zahlen und bessere Bedingungen in den Aufnahmelagern sorgt. „Der Automatismus bleibt“, bedauert Katja Hatzinger vom Brüsseler Büro der Evangelischen Kirche Deutschlands. Es bleibt damit im Ermessensspielraum etwa der Bundesregierung, ob sie – wie derzeit der Fall – Rückführungen nach Athen aussetzt. Allerdings wird eine Art Frühwarnsystem installiert, das die Mitgliedstaaten über die Lage in anderen EU-Staaten informiert.

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Die FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch kritisiert zudem, dass es nicht gelungen ist, eine einheitliche Liste sicherer Drittstaaten zu definieren, in die ohne weitere Prüfung abgeschoben werden darf. „Das ist schlichtweg keine Basis für ein gemeinsames EU-Asylsystem.“

Eng damit verknüpft ist die Asylverfahrensrichtlinie. Zielvorgabe ist künftig, dass ein Asylverfahren nach einem Jahr abgeschlossen ist. Gegenwärtig liegt der Durchschnitt bei zwei bis drei Jahren. Vor allem aber wollte die Bundesregierung hier die sogenannte Flughafenregelung erhalten. Dabei werden die Anträge der Flüchtlinge im Schnellverfahren abgearbeitet. Dies ist einer irischen Diplomatin zufolge nun auch weiterhin möglich, allerdings müssen besonders schutzbedürftige Personen mit zusätzlichen Verfahrensrechten ausgestattet werden: „Es muss auch ausreichenden Schutz geben, wenn es schnell geht.“ Deutschland hatte sich in den Verhandlungen unter Hinweis auf eine Missbrauchsgefahr lange geweigert, unbegleiteten Minderjährigen oder Folteropfern zusätzliche Fristen und Anhörungsmöglichkeiten zu gewähren.

Was kommt neu dazu?

Flüchtlinge werden künftig noch genauer erfasst und überwacht. Deutschland hatte im Gegenzug zu einer etwas nachgiebigeren Haltung bei der Flughafenregelung darauf bestanden, dass die Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf die Eurodac-Daten bekommen. In dieser Datenbank werden seit zehn Jahren die Fingerabdrücke von Flüchtlingen erfasst – mit dem Ziel, zu verhindern, dass ein Asylbewerber, der in einem EU-Staat mit seinem Antrag gescheitert ist, es im nächsten erneut probiert. Allerdings waren auch im Jahr 2012 „rund 10 Prozent wiederholte Bewerber“, wie die Statistikbehörde Eurostat in der vergangenen Woche mitteilte.

Die Neuregelung der sogenannten Qualifikationsrichtlinie, die schon seit Ende 2011 im EU-Gesetzesblatt steht und bis Ende dieses Jahres in Deutschland umgesetzt sein soll, gilt dagegen auch bei Flüchtlingsinitiativen als Fortschritt. Es gelten nun europaweit dieselben Standards, wann jemand als verfolgt oder international schutzberechtigt gilt.

Der entscheidende Fortschritt im europäischen Asylrecht liegt für flüchtlingspolitisch engagierte Politiker, wie die Europaabgeordnete Nadja Hirsch, allerdings in der Neuregelung der Aufnahmerichtlinie. Künftig wird Asylbewerbern europaweit gestattet, nach neun Monaten eine Arbeit aufzunehmen. „Das ist eine Verbesserung – gerade im Hinblick auf die Integration.“ Allerdings ist auch in diesem Teil des neuen Pakets etwas verborgen, das gerade die Kirchen sehr kritisch sehen. „Kinder dürfen unter bestimmten Umständen in Haft genommen werden“, rügt die Brüsseler EKD-Repräsentantin Kathrin Hatzinger, „das ist der EU unwürdig.“

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