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Präsidentin Kirchner - Sie spaltet Argentinien

Viele Argentinier halten ihre Präsidentin für eitel und selbstgefällig – und ihre Regierung für korrupt

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Die Autorin ist Korrespondentin des Weltreporter-Netzwerks

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Cristina Fernández de Kirchner winkte keck in die Kameras, als seien die Fotografen nur wegen ihr gekommen. Und nicht für das Gruppenfoto der Staatschefs, die sich Ende Januar zum Europa-Lateinamerika-Gipfel in Chile trafen. Angela Merkel (Hosenanzug, flache Schuhe) und Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (Hosenanzug, ein wenig Absatz) beobachteten amüsiert, wie ihre argentinische Kollegin (Rock, hohe Absätze, perfekt geschminkt) mit den Kameras flirtete.

Diese Momentaufnahme zeigt: Argentiniens Präsidentin ist anders als andere mächtige Frauen. Sie versucht nicht, ihre Weiblichkeit durch eine Art Berufskleidung zu neutralisieren. Sie gibt sich bewusst feminin – auch wenn sie immer noch Trauer trägt. Vor mehr als zwei Jahren starb ihr Mann und Amtsvorgänger Néstor Kirchner.

Was das Foto nicht zeigt: Eine positive Bildsprache in den Medien ist für Cristina Kirchner so wichtig wie selten zuvor. Wurde die Präsidentin im Oktober 2011 noch mit 54 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang wiedergewählt, liegt heute ihr Zustimmungswert bei nur noch 30 Prozent. Das Land fragt sich: Ist die Präsidentin eine selbstgerechte Erscheinung, immun gegen jede Art von Kritik, die dem Land Schaden zufügt? Oder ist sie die Heilsbringerin, auf die Argentinien gewartet hat, seit Evita starb?

Kirchner selbst unternimmt nichts gegen die Polarisierung. Im Gegenteil. Die 60-Jährige macht klar: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Sagt Sätze wie: „Man muss nur vor Gott Angst haben und vor mir ein bisschen.“ Eine Präsidentin, die ein Volk einen will, spricht anders.

Bis zum Tod ihres Mannes waren die Kirchners ein Team. Zuerst war er 2003 ins Amt gewählt worden, danach kam seine Frau. Die Juristin hatte eine eigene politische Karriere hinter sich, war Abgeordnete und Senatorin. Besonders am Anfang trafen die Kirchners Entscheidungen, die die Anerkennung vieler fanden: Entschuldungsmaßnahmen, Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen, die Verstaatlichung desaströser privater Rentenfonds. Als Néstor starb, trauerten die Argentinier mit der Witwe.

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Längst ist der Mitfühlbonus verflogen: Zu hoch ist die Inflation, Statistiken sind geschönt. Export- und Importbestimmungen werden willkürlich geändert. Ständig gibt es neue Korruptionsvorwürfe. Als im vergangenen Jahr auch noch die Devisenkontrollen verschärft wurden – nur wer keine Steuerschulden hat und eine Reise plant, darf in limitierter Menge Pesos in Dollar tauschen –, gingen im November 2012 Hunderttausende auf die Straßen. Sie protestierten gegen vieles, vor allem aber gegen die Präsidentin. Müssten die Argentinier Kirchner mit einem Wort beschreiben, fiele die Wahl auf „autoritär“, hat der Meinungsforscher Jorge Giacobbe herausgefunden. Ihm selbst geht es nicht anders. „Ich bin mit 90 Prozent ihrer politischen Maßnahmen einverstanden, aber ich würde sie nicht wählen“, fügt er hinzu.

Die Präsidentin spaltet – selbst jene, die eigentlich auf ihrer Seite stehen sollten. Etwa die Linke, die mit einer Regierung, die ein Kindergeld eingeführt hat, die Renten anhob, eine Erdölgesellschaft und eine Fluggesellschaft verstaatlichte, zufrieden sein könnte. Viele sind es auch. Andere aber beklagen, es gehe am Ende nur ums Geschäft. Dass Unternehmen wie der Gentechnik-Riese Monsanto oder die Bergbaufirma Barrick Gold schalten und walten können, wie sie wollen. „Die Präsidentin hat sogar das Gesetz zum Schutz der Gletscher blockiert“, sagt der ehemalige Kirchner-Verbündete Miguel Bonasso. In seinem Buch „El Mal“ („Das Böse“) erhebt er schwere Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung. Die schweigt dazu.

Und auch Argentiniens Frauen sind gespalten. „Jedes Mädchen kann heute davon träumen, einmal Präsidentin zu werden“, sagt die Genderforscherin Diana Maffia von der Universität Buenos Aires. Gleichzeitig kritisiert die Wissenschaftlerin die Staatschefin: „Sie reproduziert weibliche Klischees. Vertraut auf Personen, nicht auf Strukturen, was eine pyramidale Machtstruktur verstärkt. Ihre Frauenförderprogramme sorgen nicht für Chancengleichheit, sie schaffen finanzielle Abhängigkeit.“

Je tiefer die Gräben werden, desto beleidigender und respektloser wird die Kritik. Verrückt sei die Präsidentin, bipolar. Schwarze Witwe. Kompulsive Handtaschenshopperin. Doña Botox wurde sie genannt. Und jeder in Argentinien weiß, wer mit „die Stute“ gemeint ist.

Dennoch werden die Proteste wohl keine destabilisierenden Ausmaße annehmen. Die gleichen Umfragen, die zeigen, wie unbeliebt Kirchner ist, sagen auch: Die Opposition steht nicht besser da. Kirchners Anhänger fühlen sich durch die Beleidigungen sogar bestärkt. Längst sieht man Frauen, auf deren T-Shirts steht: „Wir sind alle Stuten!“

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