- Alle Jahre wieder
Heute wählt Israel bereits zum fünften Mal seit April 2019 ein neues Parlament. Viele Beobachter fürchten einen Rechtsruck, sollte Benjamin Netanjahu ins Amt des Premierministers zurückkehren. Den meisten Israelis geht es bei ihrer Wahlentscheidung allerdings um die Themen Sicherheit, Inflation, Lebenshaltungskosten und bezahlbarer Wohnraum.
Auch in Israel gilt Fußball als schönste Nebensache der Welt. Doch in der populärsten Sportart des Landes verpuffen die Rivalitäten nicht in den Stadien, sondern werden landesweit registriert. Diese unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Strömungen finden sich auch in der Politik wieder. Nachdem die aus verschiedenen Parteien zusammengesetzte Regierungskoalition im Frühjahr ihre äußerst knappe Mehrheit von 61 der 120 Sitze im Parlament verlor, sind die knapp sieben Millionen Israelis heute bereits zum fünften Mal innerhalb von weniger als vier Jahren aufgerufen, eine neue Legislative zu wählen.
„Natürlich werde ich meine Stimme abgeben“, sagt Victor Ben-Bassat, nachdem er im Bloomfield-Stadion mit seiner Familie den 2:1-Sieg von Hapoel Tel Aviv gegen Kirjat Schmona feiert. „Ich habe, bis jetzt immer gewählt.“ Der 95-jährige Fußballfan aus Jaffa hat bisher an jeder einzelnen Wahl seit der Gründung des Staates Israel teilgenommen. Der pensionierte Maurer stammt ursprünglich aus Plovdiv in Bulgarien und wanderte 1941 in das britische Mandatsgebiet Palästina aus. „Hapoel ist der Arbeiterklub, und dementsprechend wähle ich immer die Arbeitspartei“, erzählt der Rentner. „Wie bei meiner ersten Wahl mache ich mir auch jetzt Sorgen um die Zukunft des Landes. Damals wurden wir von außen bedroht, jetzt aber kommt die Gefahr von innen.“
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Israel wenigstens relativ stabile Regierungen. Da dominierte die sozialdemokratische Arbeitspartei das politische Geschehen, auch ohne jemals eine absolute Mehrheit zu erreichen. Aber in der israelischen Politik war man sich der Notwendigkeit bewusst, dass Kompromisse für das Überleben des Staates unentbehrlich sind.
Mit dem Zusammenbruch des Sozialismus und offenen Grenzen wanderten viele stockkonservative Juden aus Osteuropa nach Israel ein. Viele wählen national-konservative Parteien, wie z.B. den Likud, oder gar irgendeine ultrarechte, religiös-fundamentalistische Gruppierung, die aus Israel am liebsten einen Gottesstaat machen würden.
Dass mit solchen Gruppierungen die Zusammenarbeit schwierig bis unmöglich ist, musste selbst der nicht gerade liberale Herr Netanjahu in der Vergangenheit feststellen.
An dieser Misere wird auch die jetzige Wahl wahrscheinlich nichts ändern. Was nicht nur für die israelische Politik gefährlich ist, sondern auch Friedensverhandlungen erschwert.