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Auch Bismarck wird gerade offenbar vor allem als Rassist gesehen und mit roter Farbe bestraft / dpa

Aktivisten gegen Denkmäler - Furor aus den Fugen

Immer öfter – und wohl auch immer zielloser – wird auf der Straße die Frage gestellt: „Ist das Geschichte, oder kann das weg?“ Dabei sitzt der Rassismus so wenig im Marmor, wie der Messias in der Ikone. Denkmäler zu stürzen, wird wenig ändern.

Ralf Hanselle / Antje Berghäuser

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Denkmäler sind melancholisch. Am Rande des trockenen Jordangrabens, den Blick auf die jordanische Stadt Safi geheftet, steht seit Jahrtausenden eine geheimnisumwitterte Felsformation. Ein langgezogener Klotz, der seit je die Fantasie der Menschen beflügelt. Folgt man einem alten Mythos, so verbirgt sich hinter der irgendwie anthropomorph erscheinenden Figur die sagenumwobene Frau Lot – Gattin eines Neffen des biblischen Abrahams, die auf der Flucht vor dem Sündenpfuhl Sodom zulange in Rückschau und Nostalgie verharrt haben soll. Gott, so die Legende, soll ihr Zögern derart missfallen haben, dass er sie schließlich zu einer Salzsäule erstarren ließ.

Vielleicht verbirgt sich hinter dieser uralten Geschichte nicht weniger als der erste Bericht über ein Denkmal. Demnach wären diese monumentalen Erinnerungszeichen nicht nur auf geheimnisvolle Weise belebt; unnütz in der Landschaft herumstehend, verkörperten sie auch rückwärtsgewandte Riesen. Das deckt sich in etwa mit jener Sicht auf die Dinge, die derzeit die zumeist jungen Bilderstürmer im Umfeld der „Black Lives Matter“-Bewegung an den Tag legen, die seit Wochen bemüht sind, verblasste Helden auf hochsymbolischer Bühne zu Fall zu bringen: In Richmond, Virginia etwa versenkten Aktivisten der Bewegung ein Kolumbus-Denkmal in einem See, in Washington D.C. versuchten sie eine Statue des siebten Präsidenten Andrew Jackson vom Sockel zu heben. In der Causa Jackson blieb es bis dato beim Versuch. Doch viele Statuen und Abbilder sind gefährdet; ein Hauch von „Burning Man“ liegt über ganz Amerika.

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Tomas Poth | Fr., 26. Juni 2020 - 17:47

Hier tobt nur ein Mob gedankenverwirrter durch die Gegend, um mit dem umreißen von Statuen wirklich gar nichts zu ändern zu wollen. Symbolik zur Selbstbefriedigung.

Maik Harms | Fr., 26. Juni 2020 - 18:06

Der Denkmalsturm erscheint mir eine Ersatzhandlung zu sein, weil die reale Befreiung von Unterdrückung, Diskriminierung und Armut so langwierig und schwierig ist. Da nimmt man eher die aktionistische Geste, in der Hoffnung, dass auf magische Weise auch die Alltagswelt so einen neuen Drall bekommt. Wie bei der Sprachenpolitik, der sich die aktivsten Aktivist*Inn_en befleißigen, freilich in Unkenntnis der tatsächlichen Sprachregeln.

Ich will gar nicht abstreiten, dass es klare Fälle der Denkmalverehrung von Verbrechern gibt. Die Leninstatuen bis 1989 etwa sind mit Grund abgebaut worden. Ein einfacher Abriss ist aber unterkomplex, der differenzierenden Sicht auf Geschichte und die Rolle der handelnden Personen in Ihr unangemessen.

Vielleicht kommt ja noch die Einsicht.

Heidemarie Heim | Fr., 26. Juni 2020 - 18:41

Denn die hatten das Prinzip des Auslöschens der Vergangenheit echt drauf. Da wurden Kartuschen und wenn es gut ging nur die Gesichter weg gemeißelt was das Zeug hielt;). Alle wichtigen Anhänger, Baumeister und aufmüpfige Priesterschaften des Vorgängers folgten unfreiwillig dem vorhergehenden Göttlichen und seiner Mumie in das auf ewig versiegelte Grabmal. "Aus den Augen aus dem Sinn!" Platz für Neues! Also ganz umsonst aufgeregt damals, als sich die Sprengmeister des IS an die Zerstörung ganzer Teile unislamischer Weltkulturnachlässe machte.
Dagegen ist das heutige Kunstblut auf Pickelhauben ja geradezu dilettantisch. "Gute Träume liebe Aktivisten!" MfG

Hans Jürgen Wienroth | Fr., 26. Juni 2020 - 19:05

Zitat: „Es ist zweifelsfrei richtig: die Denkmäler aus den letzten Jahrhunderten zeigen wahrlich nicht immer große Männer; und ohnehin: Niemand gehört im 21. Jahrhundert noch auf einen Sockel!“ Dieser letzte Halbsatz besitzt nur dann Gültigkeit, wenn es in diesem Jahrhundert keine großen Erfinder, keine Weltverbesserer oder sonst wie herausragenden Persönlichkeiten mehr gibt.
Ja, wo sollen die den auch herkommen?

Gisela Fimiani | Fr., 26. Juni 2020 - 19:59

Die blindwütige Zerstörung der Denkmäler, Herr Hanselle, entspringt einem weitaus zerstörerischen Geist, als der wütenden Kritik an historischen Tatsachen. Dieser Geist will verblendeten Ideologien brutal zum Durchbruch verhelfen. Die heutige zivilisierte Gesellschaft ist derartiger Barbarei nicht gewachsen. Sie wird jede relativierende Verrenkung vollziehen und jeder Vergewaltigung der Wahrheit zuschauen, um ihr nicht begegnen zu müssen. Was ist der postmoderne Mensch bereit zu verteidigen?

Jürgen Keil | Fr., 26. Juni 2020 - 20:08

Die jungen Menschen, die sich heute als Denkmalstürmer ereifern, haben das Bildungssystem unseres Landes erfahren, wurden hier "gebildet". Ich stelle mir die Frage: Sind sie wirklich offen, objektiv und tolerant gebildet? Hat ihnen ihr Geschichtslehrer gelehrt, dass man Geschichte zwar mit den Augen der Gegenwart sehen, aber mit dem Denken des damals herrschenden Zeitgeistes verstehen sollte? Es ist wohlfeil, mit dem Wissen späterer Jahrzehnte Menschen Moral zu predigen, die schon seit Jahrzehnten tot sind.

gabriele bondzio | Fr., 26. Juni 2020 - 20:10

und ihr Artikel, haben mir einen Vorgang, der mir heute früh zu Augen kam, in Erinnerung gebracht. Nach kurzer Recherche ist mir beinah die Kaffeetasse aus der Hand gefallen.
https://www.op-online.de/offenbach/haftbefehl-warum-soll-offenbach-eine…
Googeln sie einfach mal nach Texten von Haftbefehl und den Werdegang des Sängers „Feine Sahne“ muss sich hier noch eine Scheibe abschneiden. Malsy von der Linken in Offenbach begrüßte die Idee. Hält er etwa den Sänger für einen Messias? Der jahrelang, wegen Drogenverkauf auf der Flucht aus DE war, bevor er seine Karriere als Rapper gestartet hat.
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, aber es gibt auch Geschmacksverirrungen aus ideologischen Gründen.

H.H. | Fr., 26. Juni 2020 - 22:17

Was da mit so manchen Monumenten passiert, und auch mit allem Sonstigen ist Talibanismus pur. Der Film "Vom Winde verweht" ist nicht nur ein Kinofilm, es ist ein chef-d'œuvre der Kultur, gleichrangig auch zu Meisterwerken der Literatur. In BobDylan's "Murder most foul" heißt es erneut "Frankly, my Scarlet, I don't give a dam". Für die Amis ist dies a) their history, b) ihre Kultur der Spitzenklasse. Wer immer in Deutschland mit diesem Talibanismus sympathisiert, dem sollte man zumindest dessen Abitur aberkennen (selbst wenn es nur die Wirkung einer Geste hat; ich bin ja Realist. Soweit wird es nicht kommen. Aber dann sollte man das Abitur auch getrost abschaffen und durch Aufnahmeprüfungen an den Universitäten ersetzen.

Michaela 29 Diederichs | Fr., 26. Juni 2020 - 23:06

Die Taliban haben übernommen. Ich dachte immer, wir kämpfen gegen die. Die Bundeswehr sollte umgehend aus Afghanistan abgezogen werden. Die Taliban sind unter uns. Und die Welt und auch Deutschland freut sich darüber.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 27. Juni 2020 - 11:14

Denkmäler sind Kulturrelikte, sie stiften Identität und sie sollen erinnern, sollen anregen auch zur Diskussion, aber eben nicht zur Zerstörung. Dennoch wird genau das versucht hier zu Lande durchzusetzen. Eine Gruppe von Menschen, die mit den Moralvorstellungen von heute, das Handeln von hunderten vor Jahren und die sich in Denkmalbauten abbildenden Geschichtsläufe, zu beurteilen und diese Geschichte auszulöschen. Es hat etwas von Borderline, wenn man seine eigene Herkunft so verleugnet und mittels Ideologie das historische Nachdenken vermeiden will.
Was kommt nach den Denkmälern? Kommen dann die Fürsprecher der Denkmäler dran? Und was dann? Bücher, private Bauten oder öffentliche Einrichtungen?
Ich schrieb schon an anderer Stelle. Es geht um Systembruch, gesteuert durch links-grüne Ideologien und begleitet durch staatlich finanzierte Medien, Stiftungen und NGO' s.
Die Regierung will gefallen, will "mit dabei" sein, glaubt irgendetwas steuern zu können und damit Wahlen zu gewinnen.

Edit Szegedi | Sa., 27. Juni 2020 - 13:33

Am 24. Juni wurde in Madsion die Statue des Abolitionisten Hans Christian Heg gestuerzt, gekoepft und ins Wasser geworfen. Wo bleibt der Aufschrei?