- Die Muschelpflücker von Sylt
Deutschlands einzige Auster wächst auf Sylt. Unter dem Namen „Sylter Royal“ ist sie seit rund 30 Jahren wieder im Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer zu Hause. Heute als Delikatesse kultiviert, war sie einst ein Essen für Arme.
So langsam müssen wir sehen, dass wir wegkommen!“ Christoffer Bohlig ist gewiss nicht lütt, doch bei seinen Wattstiefeln reicht die Nordsee jetzt bis zum Oberschenkel. Kein Problem, seine vier Jungs und er haben die Sylter Austern für heute versorgt. Dutzende Netzsäcke mit Muscheln haben sie vom Trecker abgeladen und auf Metallgestänge im Watt gesetzt – jeder der schwarzen Säcke wiegt gut zehn Kilo. „Wir haben unsere Austern gerade erst wieder aus dem Winterquartier nach draußen gebracht“, berichtet Bohlig, der die Aufzucht der „Sylter Royal“ leitet. „Mit Kälte kommen sie eine Zeit zurecht, doch wenn Eisschollen auf der Nordsee treiben, kriegen unsere Austernbänke zu viel Druck.“ Deshalb überwintern die kleinen Schwarzen in künstlichen Becken; eine Wasserleitung bringt frisches Seewasser auf Sylt direkt zum Stammsitz der Austernzüchter in List, dem nördlichsten Punkt der Bundesrepublik.
Die Insel hat den Ruf, besonders chic zu sein, da passt die Auster zum Klischee – scheinbar. Denn eigentlich waren Austern bis zum Ende des 19. Jahrhunderts etwas ganz Alltägliches. Niemand hätte bei diesen Muscheln an Luxus gedacht. Christoffer Bohlig kennt die Geschichte. Er ignoriert das kommende Wasser noch einen Moment, blinzelt in die Morgensonne und erzählt: „Damals gab es sogar Aufstände, weil die ärmere Bevölkerung nicht mehr mit Austern abgespeist werden wollte.“ Er lacht. „Heute indes muss man schon etwas verrückt sein, um sie hier zu züchten.“
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