Gebirgsjäger bei einer Übung: In der Corona-Krise könnte es die Bundeswehr zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung brauchen / dpa

Deutschland und das Coronavirus - Unvorbereitet auf den schlimmsten Fall

Im Kampf gegen das Coronavirus sind derzeit viele Maßnahmen der Bundesregierung absolut angemessen. Auf Szenarien wie in Italien bereiten sich die Verantwortlichen aber immer noch nicht vor. Vor allem müssen sie einen Inneneinsatz der Bundeswehr ermöglichen.

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Björn Lakenmacher, MdL, ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitischer Sprecher der CDU im Landtag von Brandenburg.

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Prof. Dr. Martin Wagener unterrichtet Internationale Politik mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Berlin.

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Björn Lakenmacher, MdL, ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitischer Sprecher der CDU im Landtag von Brandenburg. Prof. Dr. Martin Wagener unterrichtet Internationale Politik mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Berlin.

Das Coronavirus hat Deutschland erfasst. Die Zahl der Infizierten steigt täglich, auch erste Tote sind zu beklagen. Große Teile der Bevölkerung zeigen sich verunsichert, es gibt Hamsterkäufe. Großveranstaltungen werden abgesagt, Schulen und Kitas geschlossen, die Verhängung von Quarantäne-Maßnahmen gehört zum Bestandteil der täglichen medialen Berichterstattung. Der Dax hat erhebliche Einbrüche zu verzeichnen, die Unterbrechung globaler Lieferketten trifft mittlerweile auch spürbar die deutsche Wirtschaft. Derzeit ist nicht absehbar, wie sich die Lage mittelfristig entwickelt.

Natürlich gibt es noch keinen Anlass zur Panik. Die Coronavirus-Pandemie kann sich abschwächen. Steigen die Temperaturen im Frühling, wird es für den Erreger immer schwieriger, sich schnell auszubreiten. Allerdings sind sich die Mediziner derzeit nicht einig, wie sehr die Pandemie dadurch tatsächlich eingedämmt werden kann. Vorstellbar ist auch, dass die staatlichen Gegenmaßnahmen greifen und die Verbreitung des Virus verzögern. So könnte Zeit gewonnen werden, um einen Impfstoff vor der ab Herbst zu erwartenden zweiten viralen Welle auf den Markt zu bringen – wenngleich viele Experten bezweifeln, dass dies in nur wenigen Monaten gelingen wird.

Angemessen vorbereiten

Außerdem ist es denkbar, dass sich die neue Infektionskrankheit auf dem Niveau der jährlichen Influenza entwickelt, mit der Deutschland zu leben gelernt hat. Das Robert Koch Institut (RKI) hat in einem Bericht mit Stand vom 6. März 2020 die folgenden Zahlen veröffentlicht: In der Saison 2019/2020 sind der Einrichtung 145.258 „labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle“ übermittelt worden. In 23.276 Fällen wurden die Patienten hospitalisiert. Insgesamt sind 247 Menschen an den Folgen der Grippe verstorben. Die Saison 2017/2018 war noch deutlich schlimmer verlaufen: Die Zahl der laborbestätigten Fälle lag bei 1.674 Toten, die Exzess-Schätzung des RKI ging sogar von 25.100 Influenza-Opfern aus. Diese Angaben liegen weit entfernt von den bisherigen Auswirkungen des Coronavirus in Deutschland, an dem sich bis zum 16. März 2020 insgesamt 6.248 Personen angesteckt haben; 13 Menschen sind dem Virus zum Opfer gefallen (Datenerfassung: 14:20 Uhr gemäß Worldometer).

In einer solchen Situation muss die Bundesregierung unterschiedliche Szenarien durchgehen, um sich angemessen auf die kommenden Monate vorzubereiten. Dazu gehört auch die Bereitschaft, den schlimmsten Fall zu erwägen und nicht nach dem Prinzip Hoffnung zu verfahren. Anlass zu sehr ernsten Sorgen bieten diese Zahlen: Bundeskanzlerin Angela Merkel geht nach eingehenden wissenschaftlichen Beratungen davon aus, dass sich bis zu 70 Prozent der Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infizieren könnten. Der Präsident des RKI, Lothar H. Wieler, bestätigte diese Schätzung. Bei einer Bevölkerung von derzeit etwas über 83,1 Millionen Menschen könnte es folglich bis zu 58,2 Millionen Erkrankte geben. Die meisten werden genesen, die Infektion war dann lediglich eine mehr oder weniger schwere Grippe. Zugleich ist aber auch mit erheblichen Opferzahlen zu rechnen.

Bis zu 4,2 Millionen Opfer möglich

Unter den derzeitigen Bedingungen können natürlich nur Annäherungswerte bestimmt wer-den. Die tatsächliche Sterberate lässt sich erst am Ende einer Epidemie errechnen. Die aktuellen Zahlen lassen die folgende Einschätzung zu: Demnach liegt die Mortalitätsrate in den USA bei 1,8, im Iran bei 5,7 und in China bei 4,0 Prozent. Frankreich kommt auf 2,3, Spanien auf 3,4 und Südkorea lediglich auf 0,9 Prozent. Stark betroffen ist Italien mit 7,3 Prozent. Die weltweite Mortalitätsrate beträgt bei 174.115 Infizierten und 6.684 Toten 3,8 Prozent. Die Aussagekraft der Angaben ist insofern eingeschränkt, als die Sterberaten sehr stark von den Bedingungen vor Ort abhängen (z.B. der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems).

Für Deutschland bedeutet dies: Einerseits ist die Mortalitätsrate derzeit sehr gering, sie liegt bei lediglich 0,2 Prozent. Dies entspricht bislang den üblichen Ergebnissen einer Influenza-Saison. Andererseits sagt diese Zahl nichts über das aus, was auf die Bundesrepublik zukommen kann. Trifft die Maximalschätzung der Bundeskanzlerin und des RKI-Präsidenten zu, ist bei einem mittleren Wert von 3,8 Prozent Sterberate langfristig mit 2,2 Millionen Toten zu rechnen. Im Falle eines „Italien-Szenarios“ wäre sogar von 4,2 Millionen Opfern auszugehen. Ein positives Szenario könnte wie folgt aussehen: Nur 40 Prozent der Deutschen infizieren sich, die Mortalitätsrate liegt bei einem Prozent. Selbst wenn dies gelingt, wären über 332.000 Tote zu beklagen.

Politik muss schneller handeln

Wichtig sind nun die Lernerfahrungen, die Deutschland aus dieser Entwicklung ziehen muss. An erster Stelle sollte die Fähigkeit stehen, jene Menschen besser zu schützen, die für die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems verantwortlich sind, also vor allem Ärzte, Krankenschwestern und weiteres Unterstützungspersonal. Sie müssen jederzeit auf genügend Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel Zugriff haben, wozu über Bevorratungssysteme neu nachzudenken ist. Selbiges gilt für den Schutz derjenigen, die dazu beitragen, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten – Polizisten, Mitglieder der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerks. Soweit derzeit für Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel Wucherpreise zu zahlen sind, ist den Verantwortlichen dennoch zum Kauf zu raten: Der Schutz der Bevölkerung geht vor!

Die Politik muss zudem schneller und präventiver handeln. Wenn sich eine Pandemie abzeichnet, sollte das öffentliche Leben frühzeitig heruntergefahren werden. Universitäten, Schulen und Kitas sind zu schließen; Großveranstaltungen auch unter 1.000 Personen müssen verboten werden; Quarantäne-Maßnahmen sind bereits im Verdachtsfall zu verhängen. Die Corona-Krise zeigt des Weiteren, wie handlungsunfähig Deutschland ist, wenn es weiterhin auf ein funktionierendes Grenzregime verzichtet. Insgesamt muss unbürokratisch gehandelt werden: Stehen gesetzliche oder administrative Regeln dem Bevölkerungsschutz entgegen, sind diese zu ändern.

Inneneinsatz der Bundeswehr ermöglichen

Um wie in Italien über die Option breitflächiger Abriegelungen infizierter Gebiete zu verfügen, muss der Inneneinsatz der Bundeswehr ermöglicht werden (bei Bedarf auch zum erweiterten Grenzschutz). Die Streitkräfte sollten nicht nur, wie dies derzeit geplant wird, Kapazitäten der Bundeswehrkrankenhäuser zur Verfügung stellen. Es muss zusätzlich möglich sein, Soldaten unbürokratisch zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung einzusetzen. In Absprache mit dem Bundesverteidigungsminister ist es daher dem Bundesinnenminister zu ermöglichen, diese Karte auszuspielen.

Natürlich sind auch die Schutzvorkehrungen für die Bevölkerung zu erweitern. Dies betrifft neben den Krankenhausbetten Pläne zur großflächigen Unterbringung von Infizierten in kurzfristig umfunktionierten Großhallen. Die Möglichkeiten zur Durchführung von Tests Erkrankter sind auszubauen, wozu unter anderem auf sich derzeit in der Erprobung befindliche Drive-In-Systeme mit mobilen Testeinheiten gesetzt werden kann. Um Formen der Quarantäne praktisch durchsetzen zu können, sollten Politik und Medien darauf hinwirken, dass die Hinweise des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ernst genommen werden. Dieses empfiehlt eine Bevorratung von Lebensmitteln und Getränken für mindestens zehn Tage – zu jeder Zeit, unabhängig von aktuellen Krisen.

Staaten werden in Notlagen egoistisch

Eine weitere Lehre muss aus der Corona-Krise gezogen werden. Deutschland hat in den vergangenen Jahren stark von der Globalisierung profitiert, was vor allem für die heimischen Unternehmen gilt. Deshalb muss die Bundesrepublik als viertstärkste Wirtschaftsmacht der Welt zwingend in globale Handels- und damit Lieferketten eingebunden bleiben. Die aktuelle Situation zeigt aber auch, wie verwundbar das Land unter diesen Bedingungen geworden ist. Staaten werden in Notlagen egoistisch und halten plötzlich Waren zurück, die sie lieber dem einheimischen Markt zugutekommen lassen. Um auf die Krisen der Zukunft gut vorbereitet zu sein, benötigt Deutschland daher mehr Fähigkeiten zur Autarkie. Es muss zum Beispiel Unternehmen geben, die unerlässliche Produkte für das Gesundheitssystem ohne Abhängigkeit von internationalen Zulieferern herstellen können. Ist dies nur mit staatlicher Hilfe möglich, muss diese in Ausnahmefällen gewährt werden.

Derzeit sind viele Szenarien denkbar. Zeigt das Coronavirus nur eine begrenzte Dynamik, kommt Deutschland mit einem blauen Auge davon. Wird dagegen tatsächlich eine Infizierten-Rate von 70 Prozent erreicht, dann sind – je nach Mortalitätsrate – Szenarien denkbar, die den aktuellen Vorstellungshorizont der meisten Entscheidungsträger deutlich überfordern dürften. Viele der derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung sind absolut angemessen. Leider bereitet sie sich nicht auf den schlimmsten Fall vor, was ein Zeichen mangelnder Führung ist.

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Marianne Bernstein | Mo., 16. März 2020 - 17:00

Natürlich werden in nächster Zeit noch mehr Menschen am Corona-Virus sterben. Es gibt aber so etwas wie konkurrierende Risiken. Wer heute am Corona-Virus stirbt wird morgen nicht an etwas anderem sterben. In den letzten Jahren starben in Deutschland jedes Jahr 900 000 bis 950 000 Menschen. Das sind pro Tag mehr als 2500 Menschen. Natürlich kann das Virus diese Zahlen in die Höhe treiben, wieviele es aber zusätzlich sind kann man erst hinterher sagen.
Viele Infektionen verlaufen mild, so dass ein Krankenhausaufenthalt nicht notwendig ist. Problematisch ist die Situation mit Isolierbetten, da hier die Vorhaltung eher gering ist. Die Zahlen aus China halte ich für belastbar und wir sollten damit rechnen. Das wird nicht einfach gibt aber auch keinen Grund zur Hysterie.

Ronald Lehmann | Mo., 16. März 2020 - 18:28

Antwort auf von Marianne Bernstein

Und da fängt das Gelämma doch an. Wie in der DDR. Von den bösen Kapitalisten aus dem Westen wurde jede Information in der DDR verwaltet & festgehalten.
Und im eigenen Stall ....

Und Heutzutage:
Bei der Flüchtlingspolitik oder Geldpolitik war & ist die Arbeit mehr wie Zentralistisch.
Aber in der Bildungspolitik wie beim Katastrophenschutz (egal ob Elbe, Seuchen oder Brände) ist es auf einmal Landesproblematik.
Wie bei der Flüchlingspolitik:
"Ihr müsst es schaffen"!!!
Nicht die Personen, die die Rahmenbedingungen dafür "politikieren".
Immer weiter so, ihr schafft das!

Wie sagte mein Großvater:
Schütze Arsch im letzten Glied muss alles ausbaden ;-(

Reinhold Schramm | Mo., 16. März 2020 - 18:31

Antwort auf von Marianne Bernstein

Die grenzenlose Weltwirtschaft als Wegbereiter der Corona-Pest heute.

Als Schwarzer Tod wird eine der verheerendsten Pandemien der Weltgeschichte im 14. Jahrhundert bezeichnet. In Europa starben zwischen 30 Prozent und 60 Prozent der Menschen. Auf dem Territorium des späteren Deutschlands rund 50 Prozent der Bevölkerung.

In Venedig starben von 24 Ärzten 20, in Hamburg zählten von 21 Ratsherren 16 zu den Toten. In London erlagen alle Zunftmeister der Schneider und Hutmacher der Seuche.

Große Teile Polens und Belgiens sowie Prag blieben von ihm weitgehend verschont. In Polen ist dies der vorausschauenden Grenzschließung Kasimirs zu verdanken, wie auch der relativ ländlichen Struktur und wenig grenzüberschreitendem Handel.

Während in Florenz vier Fünftel der Bürger starben, waren es in Mailand nur ca. 15 %, wohl der sehr entschlossenen Maßnahme der Stadtführung zu verdanken, bei Häusern mit Erkrankten die Türen und Erdgeschossfenster zuzumauern.

Klaus Ramelow | Mo., 16. März 2020 - 18:55

Antwort auf von Marianne Bernstein

Durch diese so nebenbei erwähnte "Möglichkeit"
WÄRE DANN DER GEIST AUS DER FLASCHE
und so wieder - ganz im Sinne der CDU - der Beginn des "neuen" Staates im Staate (nach all den "Erfahrungen" vom 3. Reich) "unauffällig" auf den Weg gebracht !
Die Bundeswehr ist für solche Aufgaben nicht gemacht und die auf solchem Wege "übernommenen Aufgaben" werden die "Stäbe" sich kaum freiwillig einschränken lassen !
Bei diesen Freiwilligen-Organisationen ist bereits das Scharren der Hufe zu hören !

NUR DIE POLIZEI ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit zuständig !

Karla Vetter | Mo., 16. März 2020 - 19:07

Antwort auf von Marianne Bernstein

Sie nochmals die influenzazahlen genannt haben. Die Saison2017/2018 mit geschätzten bis zu 25.000 Todesfällen hat uns durch verschiedene Probleme an den Rand der Leistungsfähigkeit gebracht. Durch nicht erfolgte Impfabdeckung-es wurde nicht ausreichend gegen a l l e Erreger geimpft-wurden in dem Krankenhaus einer Großstadt ,in dem ich ehrenamtlich tätig bin ,alle Kapazitäten ausgetestet. Viele, auch Geimpfte, wurden krank. Gut erinnere ich auch noch die Schweinegrippe 2009/2010.Die SZ schrieb damals von WHO-Zahlen bis 203.000 Toten. Italien ist gesundheitspolitisch anders aufgestellt. Es gibt dort wenig Intensivbetten, wir hätten mit 28.000 11x so viele ,heißt es. Außerdem ein enges Familienleben mit Umarmung und Küsschen. Dieses liebenswerte Verhalten könnte zu Anfang der Pandemie verheerend gewesen sein. Bleiben Sie bitte alle gesund.

Alfred Kastner | Di., 17. März 2020 - 06:39

Antwort auf von Marianne Bernstein

Die Corona-Krise bewegt uns alle. Die Pandemie löst eine Reihe von schweren Verwerfungen und erforderlichen gravierenden Maßnahmen aus, die die Nachkriegsgeneration noch nicht erlebt hat, mit denen es jetzt aber umzugehen gilt.
Es ist jetzt nicht an der Zeit, Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung in Person der Bundeskanzlerin zu üben.
Es verstärkt sich jedoch der Eindruck, dass Frau Merkel zu öffentlichen Erklärungen regelrecht „getragen“ werden muss um anschließend schnell wieder „abzutauchen“.
Als Bürger fühlt man sich von der Regierungschefin bei dieser Jahrhundertkrise regelrecht im Stich gelassen.
Es ist beruhigend zu beobachten, dass andere Politiker gerade dabei sind, ihre harte Bewährungsprobe zu bestehen.
Wenn die Pandemie hoffentlich bald und gut überstanden ist, ist meines Erachtens im Sinne der politischen Vertrauensbildung eine ernsthafte Diskussion über unmittelbare personelle Maßnahmen im Kanzleramt unausweichlich.

helmut armbruster | Mo., 16. März 2020 - 17:35

selbst wenn die gesetzlichen Hürden für einen Einsatz im Innern genommen werden sollten, so ist die BW doch in keiner Weise auf solch einen Inneneinsatz vorbereitet - mal ganz abgesehen vom sonstigen desolaten Zustand.
Ferner ist zu befürchten, dass die Verantwortlichen sich scheuen werden die nötigen harten Befehle zu geben. Niemand will sich nämlich vorwerfen lassen der Einsatz des Militärs habe zu überzogener oder unangebrachter Gewalt geführt.
Da hält man sich im Zweifel doch lieber zurück...

Werner Kahn | Mo., 16. März 2020 - 18:13

Mitte Februar war der Corona-Virus in Deutschland keine Utopie. Jedoch wurden nirgendwo Karnevalsveranstaltungen durch politisches Handeln verboten. Und das war grobe Fahrlässigkeit, die die Verbreitung des Virus beschleunigte. Heute wird diese Nachlässigkeit in keiner Diskussion mit nur einem Wort erwähnt.

Reinhard Benditte | Mo., 16. März 2020 - 23:26

Hr. Prof. Wagener, kennen Sie den Bericht aus dem Jahr 2012 zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/120/1712051.pdf )?
„Das Gesundheitssystem wird vor immense Herausforderungen gestellt, die nicht bewältigt werden können. Unter der Annahme, daß der Aufrechterhaltung der Funktion lebenswichtiger Infrastrukturen höchste Priorität eingeräumt wird und Schlüsselpositionen weiterhin besetzt bleiben, können in den anderen Infrastruktursektoren großflächige Versorgungsausfälle vermieden werden. Nachdem die erste Welle abklingt, folgen zwei weitere, schwächere Wellen, bis drei Jahre nach dem Auftreten der ersten Erkrankungen ein Impfstoff verfügbar ist. Das Besondere an diesem Ereignis ist, daß es erstens die gesamte Fläche Deutschlands und alle Bevölkerungsgruppen in gleichem Ausmaß betrifft, und zweitens über einen sehr langen Zeitraum auftritt."

Reinhard Benditte | Mo., 16. März 2020 - 23:29

Dieser Bericht sagt weiter: "Bei einem Auftreten einer derartigen Pandemie wäre über einen Zeitraum von drei Jahren mit drei voneinander getrennten Wellen mit immens hohen Opferzahlen und gravierenden Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgutbereiche zu rechnen."

Meine Fragen lauten relativ einfach: Was hat man seitdem gemacht, wie hat man sich vorbereitet und wie wollte man die Bevölkerung schützen?

Meine vorgefaßte Meinung: Man hat nichts weiter gemacht, man hat es zu den Akten gelegt in der Hoffnung, es wird schon nicht so schlimm werden!

Um diesem Punkt nachzugehen, müßte es im deutschen Bundestag einen Untersuchungsausschuß geben, aber das wird nicht passieren, da eine Krähe der anderen kein Auge aushakt!

Bravo Herr Benditte. Sie haben auch meine Sicht der Dinge wiedergegeben. In fast allen Politikbereichen hat die Regierung seit Jahren alles ausgesessen. Man läßt Pläne erstellen, man spielt auch mal tagesaktuell kleine Katastrophenszenarien durch und dann? Alles was zur Vorsorge Geld kosten könnte wurde tunlichst unterlassen. Personalabbau überall. Was früher vier Leute machten, macht inzwischen nur noch einer. Und wenn er in Urlaub oder krank, jo, dann bleibt es halt liegen. Ob Gesundheitswesen, innere Sicherheit mit allen Facetten, Bundeswehr und Wohnungsbau und vieles mehr. Überall das gleiche Theater. Viel Geschwätz und nichts dafür getan. Kennzeichen links/grüner Politik mit Ansteckungsgarantie für konservativ-liberalen Politiker. Nur, jetzt im Detail meckern hilft nicht. Ärmel hoch und ran an den Speck. Geld spielt ja derzeit keine Rolle. Nach der Krise werden sich alle feiern, ehrliche Selbstreflektion und ein Umsteuern in der Globalisierungswirtschaft und bei der Politik? Nein.

Thorsten Kiefer | Di., 17. März 2020 - 06:58

Wenn man die aktuellen Zahlen aus China und Südkorea sieht, dann muss es keine 70% Ausbreitung geben, dann kann man das Virus weitgehend nach ein paar zehntausend Infizierten auch in Deutschland stoppen. Entscheidend ist dann eine konsequente Quarantäne für alle Einreisenden, sonst sind alle Einschränkungen fast umsonst. Aber diese wird immer noch nicht angeordnet.

Walter Müller | Di., 17. März 2020 - 07:58

Wer am Sonntag-Abend die beiden Spitzenpolitiker in der Sendung von Anne Will gesehen hat, konnte tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass unsere Regierung über kein angemessenes Frühwarnsystem und Risiko-Management verfügt. Der Virologe Kekulé verwies nüchtern auf seine Einschätzung und Massnahmenvorschläge viele Wochen vorher. Diese seien als Panikmache abgetan worden. In diesen Wochen waren ganz offenbar der Nebenschauplatz Thüringen und die Krise der Volksparteien für unsere gewählten Volksvertreter wichtiger. Ein Zeichen mangelnder Führung.
Mantrahaft wurde betont, dass Deutschland gut aufgestellt sei. Wie gut oder schlecht wird sich in den kommenden Wochen zeigen; die ersten Prognosen verheissen nichts Gutes. Es steht zu befürchten, dass die Autoren mit ihrer Einschätzung bezüglich einer mangelnden Vorbereitung auf den schlimmsten Fall Recht behalten.

Norbert Heyer | Di., 17. März 2020 - 11:41

Es ist zweifelsfrei richtig, dass Corona zuerst nicht ernst genommen wurde und als sich eine eklatante Verschlimmerung abzeichnete, reagierte man. Da sind sogar Dinge gemacht worden, die angeblich garnicht gehen, wie Grenzen schließen, Ausgang nur für das absolut Notwendige, keine aufschiebbaren Reisen. Jetzt jedoch greifen Vorwürfe zu weit, man hätte vorausschauender planen können. Wenn einer z.B. gefordert hätte, mehr Intensivbetten zu unterhalten oder umfangreich Schutzkleidung für Ärzte- und Pflegepersonal anzuschaffen, wäre dieser doch sofort von der „Sparkommission“ zurückgepfiffen worden. Erinnern wir uns: Krankenhäuser haben massiv Betten abgebaut, wurden teilweise geschlossen, es gibt Ärztenotstand besonders in ländlichen Gebieten, jeder dritte Arzt geht in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Es ist immer unfair, in Notsituationen alles das zu fordern, was in Zeiten ohne Not - vielleicht leichtsinnig - abgeschafft wurde. Sicheres Indiz für Krisenzeiten ist immer der Mangel.

Walter Müller | Di., 17. März 2020 - 15:34

Antwort auf von Norbert Heyer

Bin nicht ganz einverstanden: Eine Regierung ist immer auch für den Schutz der sie wählenden Bürger verantwortlich. Wer beim Regierungshandeln grundsätzlich nur auf Sicht fährt, hat eben keine Übersicht und verliert angesichts einer längeren Schönwetterperiode das Bewusstsein für das Unwetter. Man stelle sich vor, im Schiffbau würde man wegen immer seltener werdender Stürme die Zahl der Rettungsboote halbieren. Das mag ja zunächst wirtschaftlich sein, führt aber beim nächsten Ernstfall zur Katastrophe.
Spätestens seit der zweiten Januarhälfte war es Fachleuten klar, dass sich von China her kommend ein Unwetter zusammenbraut, dem wir nicht entgehen können und mit dessen Auftreten spätestens seit SARS und Co. grundsätzlich gerechnet werden musste. Eine verantwortungsvolle Regierung wäre sofort alle Checklisten (sofern vorhanden) durchgegangen und hätte begonnen, Mängel so gut es geht zu beheben. Es sieht so aus, als hätte man in den ersten Wochen wertvolle Zeit verstreichen lassen.

Manfred Sonntag | Di., 17. März 2020 - 14:59

In der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Berlin predigt man scheinbar immer noch "no border" und totale Globalisierung trotz der verheerenden Ergebnisse: "viertstärkste Wirtschaftsmacht der Welt zwingend in globale Handels- und damit Lieferketten eingebunden bleiben.". Aber ein paar Zeilen weiter heißt es: "benötigt Deutschland daher mehr Fähigkeiten zur Autarkie". Was denn nun? Wir müssen uns mal entscheiden, entweder totale Freizügigkeit ohne jegliche Bindung und Verantwortung (z.B.: TTIP), oder wir bewahren uns in freiwilligen Bündnissen von Nationalstaaten einen Rest von Kontrolle über unser Leben, Kultur und Gesundheit. Corona zeigt uns unsere mit ideologischer Beschränktheit geformte Welt.

Horst Kessler | Fr., 20. März 2020 - 12:53

"Zitat "Soweit derzeit für Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel Wucherpreise zu zahlen sind, ist den Verantwortlichen dennoch zum Kauf zu raten: Der Schutz der Bevölkerung geht vor! "
Wucherpreise in Krisenzeiten sind ein Verbrechen an unserer Gesellschaft.Wer Notlagen nutzt um zu Profitieren gehört ins Gefängnis !