- Der liberale Rebell
Nicht nur Bildungsreformer: Wilhelm von Humboldt definierte Gymnasium und Universität zukunftsweisend. Brisant sind seine Bekenntnisse zum starken Minimalstaat
Wilhelm von Humboldt war Schriftsteller, Politiker, Diplomat, vertrat Preußens Interessen in Rom, London, auf dem Wiener Kongress und beim Deutschen Bund. Er war Bildungsreformer, Sprachwissenschaftler, Historiker und schrieb leidenschaftlich gern Briefe, am Ende seines Lebens Sonette. Wenn er jetzt hier säße: Wie würde er wohl die Frage nach seinem Beruf beantworten?
Manfred Geier: Er würde einen Beruf nennen, den Sie nicht erwähnt haben, und sagen: „Ich bin Anthropologe.“ Wilhelm von Humboldt will wissen, was der Mensch macht und was der Mensch ist, der Mensch als Gattungswesen und der Mensch als Individuum. Die anthropologische Frage ist der Hintergrund der vielen Felder, für die er sich interessiert.
Sie, Herr Borchmeyer, rechnen Wilhelm von Humboldt in Ihrem Buch „Was ist deutsch?“ zu den „größten Geistern“ der Deutschen. Warum haben Sie ihm diesen Ehrentitel verliehen?
Dieter Borchmeyer: Diesen Titel kann man ihm ohne Übertreibung zusprechen, und das hängt mit seiner Universalität zusammen. Er war ein echter uomo universale. Seine größte Leistung scheint mir auf dem Gebiet der Sprachforschung vorzuliegen. Linguisten zehren bis heute von seinen Pioniertaten. Er beherrschte viele Sprachen, alte wie moderne, war ein epochaler Übersetzer, etwa des vor ihm kaum bekannten Aischylos. Die Idee der deutschen Universität ist ihm größtenteils zuzuschreiben. Durch seine Freundschaft mit Schiller wie mit Goethe leistete er einen wichtigen Beitrag zur Weimarer Klassik.
Konrad Paul Liessmann: Wenn Humboldt einer der größten Geister der Deutschen sein soll, dann hat er diese Größe mit einem minimalen Aufwand erreicht.
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