- Schutz und Regeln
Vielerorts wird heute vor dem zunehmenden Nationalismus gewarnt, oft in einem Atemzug mit Autoritarismus oder Fremdenfeindlichkeit. Dabei ist die Ausbreitung nationalistischen Gedankenguts nicht Ursache, sondern Symptom wachsender Instabilität
Mit dem Begriff des Nationalismus werden derzeit zwei stark verkürzende Bilder verbunden. Das erste handelt vom „Aufstieg des Nationalismus“. Danach ist der Nationalismus eine Art atavistischer Zauber, dem schon mehrere Segmente der Gesellschaft verfallen sind. Er entstehe spontan, heißt es, und infiziere die Gedanken von Menschen, die für die Vorstellung einer ethnischen oder religiösen Überlegenheit empfänglich sind. Sei er erst entfesselt, lasse er sich kaum noch aufhalten und ende häufig im Krieg und in der globalen Katastrophe. Zum Zweiten wird der Nationalismus in einem Atemzug mit Begriffen wie Autoritarismus, Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit genannt, als seien sie synonym zu verstehen. Nationalismus wäre demnach nur eines von vielen Konzepten in jenem „Korb der Erbärmlichen“, in dem Hillary Clinton Trumps Wähler verortet hat.
Es gibt ihn durchaus, den Aufstieg des Nationalismus, doch die Ausbreitung nationalistischen Gedankenguts ist häufig nicht Ursache, sondern Symptom wachsender Instabilität. Der Nationalismus nahm seinen Anfang in der Amerikanischen und Französischen Revolution, entwickelte sich jedoch als Ideologie erst im Europa des 19. Jahrhunderts zu einer politischen Kraft. Nicht zufällig gewann der Nationalismus im Zuge der massiven wirtschaftlichen Verwerfungen durch die industrielle Revolution an Einfluss. Nachdem zunächst in Großbritannien in der Textilherstellung Fabriken kleine Manufakturen ersetzt hatten, breitete sich die Industrialisierung bald über den gesamten Kontinent aus. Sie krempelte die Familienstrukturen und das Leben der Arbeiter völlig um und drängte die Menschen in großer Zahl von den Bauernhöfen in die rasch wachsenden Städte.
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