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Burkini-Urteil - Muslima müssen am Schwimmunterricht teilnehmen

Ein muslimisches Mädchen darf sich nicht aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht befreien lassen. Stattdessen könne es einen Burkini, einen Ganzkörperbadeanzug, tragen. Was sagt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus?

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Müller-Neuhof, Jost

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Forderung einer muslimischen Schülerin aus Frankfurt am Main abgewiesen, vom koedukativen Schwimmunterricht befreit zu werden. Es sei zumutbar, einen sogenannten Burkini zu tragen, entschied das Gericht am Mittwoch. Es war zugleich ein Urteil über das Recht von Schülerinnen, sich aus Glaubensgründen vom Unterricht befreien zu lassen.

Wie war es zu dem Streit gekommen?

Die damals elf Jahre alte Asma A. besucht ein Gymnasium in Frankfurt am Main, an dem Schwimmunterricht für Jungen und Mädchen gemeinsam erteilt wird.

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Die Eltern stellten bei der Schule den Antrag, ihre Tochter vom Unterricht zu befreien, weil die gemeinsame Teilnahme von Jungen und Mädchen mit den muslimischen Bekleidungsvorschriften nicht vereinbar sei. Die Schule lehnte eine Befreiung ab. Eltern und Tochter klagten, doch das Frankfurter Verwaltungsgericht und der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel wiesen sie ab. Asma A., heute 13 Jahre alt, sagt, sie wolle ein ablehnendes Urteil in Leipzig „akzeptieren“. Aber daran halten will sie sich nicht. „Auch wenn ich jetzt verliere, ich werde nicht am Schwimmunterricht teilnehmen. Ich gehe meinen Weg.“

Wie urteilten die Gerichte bisher in dieser Frage?

Der Hessische VGH meinte in seinem Urteil vor rund einem Jahr, das Tragen eines Burkini komme den Glaubensvorstellungen der Tochter marokkanischer Eltern entgegen. Der gemischte Unterricht sei eine „integrationsfördernde Schulveranstaltung“, bei der „Kinder unterschiedlicher Kulturen zusammenkommen und Differenzen kennen und tolerieren, aber auch überwinden lernen können“. Unerwünschte Körperkontakte und der Anblick von Mitschülern in Badehosen seien hinzunehmen.

Andere Gerichte teilten diese Auffassung. Bislang war aber noch kein Kläger bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen. Es gab allerdings bereits ein älteres Grundsatzurteil. 1993 hatte Leipzig eine liberale Linie vertreten: Sei objektiv nachvollziehbar ein Gewissenskonflikt dargelegt, bestehe ein Anspruch auf Befreiung. Es ging dabei um zwei bereits zwölf und 13 Jahre alte Mädchen, korankonforme Schwimmkleidung war noch unbekannt.

Wie verlief nun die Verhandlung in Leipzig?

Die Klägerin habe nicht hinreichend verdeutlichen können, inwiefern beim Anlegen eines Burkini die aus ihrer Sicht maßgeblichen muslimischen Bekleidungsvorschriften verletzt worden wären. Auch die Begründung der Kläger, das Mädchen wolle den Anblick männlicher Mitschüler in Badekleidung nicht auf sich nehmen, akzeptierte das Gericht nicht. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittle grundsätzlich keinen Anspruch darauf, im Rahmen der Schule nicht mit Verhaltensgewohnheiten Dritter konfrontiert zu werden, die außerhalb der Schule an vielen Orten beziehungsweise zu bestimmten Jahreszeiten im Alltag verbreitet seien, argumentierten die Richter. Und die Gefahr zufälliger Berührungen mit männlichen Mitschülern hätte durch umsichtige Unterrichtsdurchführung seitens der Lehrer und durch eigene Vorkehrungen der Klägerin auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden können.

Die Richter fragten auch danach, ob ein nach Geschlechtern getrennter Unterricht solche Konflikte vermeiden könne. Allerdings sahen sie ihre Rolle nicht darin, dies den Schulbehörden vorzuschreiben. „Eine Befreiung muss eine Ausnahme sein“, sagte der Vorsitzende Werner Neumann in der Verhandlung.

Wie bedeutsam ist der Streit? Und wie wird das Problem in Berlin geregelt?

„Es handelt sich um einen Einzelfall mit grundsätzlicher Bedeutung“, sagte Anwalt Klaus Meissner. „Es geht um den Integrationswillen Einzelner, aber auch darum, inwieweit die aufnehmende Gesellschaft Rücksicht gegenüber religiösen Besonderheiten üben muss.“ Knapp 20 Jahre nach der Entscheidung des Leipziger Gerichts ist dies nun als Grundsatzurteil anzusehen. Seither hatte sich auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verschärft. In zwei Urteilen betonte es ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten „Parallelgesellschaften“ entgegenzuwirken.

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Wie geht man an Berliner Schulen mit diesem Problem um?

Der Berliner Schulverwaltung sind nach Angaben einer Sprecherin keine Fälle bekannt, in denen sich ernsthafte Konflikte über die Teilnahme muslimischer Mädchen am Schwimmunterricht ergeben hätten. Eine Sprecherin wies darauf hin, dass die Schulen solche Unstimmigkeiten in Eigenregie lösen. In einer Handreichung für Berliner Lehrer zum Thema „Islam und Schule“ wird angeregt, den Schwimm- und Sportunterricht wenn möglich geschlechtergetrennt abzuhalten. Das könne durch die Zusammenlegung von Parallelklassen ermöglicht werden. Auch das Lehrpersonal sollte gleichgeschlechtlich sein.

Worum ging es noch vor Gericht?

Abgewiesen wurde eine weitere Klage auf Unterrichtsbefreiung: Zeugen Jehovas wollten ihrem Sohn, der in Bocholt die siebte Klasse besucht, Praktiken schwarzer Magie nicht zumuten, die in dem im Deutschunterricht behandelten Buch und Film „Krabat“ von Otfried Preußler vorkommen. Die Schule habe nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Neutralität in religiöser Hinsicht verstoßen, urteilte das Gericht. Sonstige Beeinträchtigungen religiöser Vorstellungen seien grundsätzlich als typische, von der Verfassung von vornherein einberechnete Begleiterscheinung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags hinzunehmen. Unterrichtsbefreiung könne nur ausnahmsweise verlangt werden.

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