Jogi Löw
Bundestrainer Joachim Löw spricht auf der PK vor dem EM-Qualifikationsspiel Deutschland 2019 / dpa

Stilkritik zu DFB-Pressekonferenzen - Ein letztes Mal herumlöwen

Am Beispiel Joachim Löws: Warum Pressekonferenzen zu den kurzweiligsten Facetten des Fußballgeschäfts gehören. Eine Stilkritik, die gleichzeitig eine Rückschau auf die Vorrunde, ein Abklopfen der PKs seit dem 29.05. und ein anerkennender Wink in Richtung Fußball-Bundestrainer ist.

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Holger Schmieder arbeitet als Datenanalyst und Marketingmanager in Berlin.

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Pressekonferenzen gehören zu den kurzweiligsten Facetten des Fußballgeschäfts. Wenn ich am Samstagvormittag zuhause bin, laufen im Hintergrund die PKs zum Spieltag der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga. Der unverwechselbare Sound vor allem derjenigen Dinge, die nicht gesagt werden; die Ausflüchte; die Phrasen; die Abstimmungen mit Pressesprechen bei delikaten Fragen; die in die Enge getriebenen Millionäre; aber auch seit etwa 15 Monaten die Hilflosigkeit gegenüber technischem Neuland – mich vergnügt das. Sie nicht? Dann lohnt sich das Weiterlesen nicht. Die Übriggebliebenen möchte ich dazu einladen, noch einmal feinstes Schwarzwald-Deutsch zu genießen, es gibt Löw-Spitzen zu essen – diese Fußball-EM stellt Joachim Löws vermutlich letztes Turnier als Fußball-Trainer einer Nationalmannschaft dar (umgekehrt darf man sich fragen, ob Löw sich tatsächlich in die Mühlen des Vereinstrainergeschäfts begeben möchte). Gleichzeitig sei dies ein erstes leises, anerkennendes Servus & Danke für den Fußball-Bundestrainer, der 16 Jahre im Amt war, sich dabei besser angestellt hat als wir alle zusammen und sich im besten Fall mit exakt 200 Spielen verabschieden wird, vielleicht sogar mit allen Titeln, die – aufgepasst – der Trainer einer europäischen Fußball-Nationalmannschaft gewinnen kann. Chapeau!


Pressekonferenz am 19.06., einen Tag nach dem Spiel Portugal vs. Deutschland

Von den vier hier beobachteten Pressekonferenzen ist dies die einzige nach einem Spiel, und zwar nach dem verblüffendsten, unberechenbarsten, atemberaubendsten, ja – nennen wir es beim Namen – geilsten Spiel der bisher ziemlich dürftigen Fußball-EM: dem 4:2 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Auswahl Portugals. Löw wirkt gelassen, ruhig, selbstsicher, aufgeräumt, streckt öfter die Nase nach oben, spielt sehr viel mit seinen Händen, gestikuliert mal über, mal unter dem Tisch, wird zum Ende des zehnminütigen Auftritts immer häufiger seinen Kopf aufstützen und sich an die Nase fassen, ähnlich einem Kater an seinem Lieblingsplatz auf dem sonnegefluteten Balkon. Die Frage danach, ob er besondere Glückwünsche nach dem Sieg erhalten habe, beantwortet Löw eher unbestimmt – er wittert, wohin die Frage geht, und gibt dem Boulevard kein Futter, und weicht stattdessen auf eine Gruppe-F-Gesamtschau aus, nach der niemand gefragt hatte. Aber man nimmt die Löw-Sätze so, wie sie fallen. Hebt auf Nachfrage den tor-, jedoch nicht glücklosen Thomas Müller hervor; hier erneut die Verwendung des Ausdrucks „extrem“, der in der Regel – extrem seltsam, oder? – nicht hinterfragt wird.

„Absolut präsent“, in breitem Schwäbisch, gehört zu seinen favorisierten Ausdrücken. Auf die Frage, ob dieser Sieg eine „Initialzündung“ sei, antwortet Löw – sich kleiner machend – „Weiß ich nicht, ob das so viel mit Initialzündung zu tun hat“; freilich nicht, er hätte auch einfach „Nein“ sagen können. Aber Reporter möchten mit Phrasen eingewickelt werden und Löw bedient dies perfekt; nie würde ihm eine Mourinho'sche Bosheit unterlaufen, nie ein Völler-Ausbruch, nie eine Rehagel-Schelte, einen Flick-Anti-Lauterbach oder eine Doll-Wutrede, wenngleich sein Arroganzanfall im Oktober 2020 noch nachhallt. Die Frage, wie er „Robin Gosens“ als Typ sehe – die Frage hat wenig mit Fußball, und viel mit Gossip zu tun – beantwortet Löw in der Wir-Form, und zwar sei Gosens „sehr, sehr offen“, „aktiv in der Kommunikation“, mit einem „sehr guten Draht zu allen Spielern“, er sei „irgendwie auch klar im Kopf“, „ein Typ wie sein Spiel“. Bemerken Sie etwas? Das kann man über fast alle Spieler im Team sagen. Keine Nachfragen. Bemerkenswert beim Gosens-Statement: Beim Wort „behauptet“ denkt Löw kurz nach, zum vielleicht einzigen Mal in dieser PK. Denn er hat es nicht nötig; seine größte Anstrengung besteht darin, Fragen nicht zu beantworten, ohne dass das jemand bemerkt. Ich habe Löws Geduld über die Jahre ein Stück weit bewundert.


PK am 18.06., einen Tag vor Portugal vs. Deutschland

Bezugnehmend auf die Auftaktniederlage bezeichnet Löw die französische Auswahl als „starken, aber natürlich auch eingespielten Gegner“, was ein bisschen so klingt, als wäre die DFB-Elf nicht eingespielt (dabei ist das originäre Aufgabe des Fußball-Bundestrainers). Das „unglückliche Eigentor“ sei „bitter“ gewesen; er verwendet auffallend viele Adjektive. Was den Fokus auf Portugal angeht, spüre er eine „entschlossene Stimmung“ des „absoluten Willens“, was immer das bedeuten soll; „jeder weiß natürlich, dass wir morgen in diesem Spiel einige Dinge besser machen wollen und auch müssen und auch werden.“ Hiermit sollte er Recht behalten; auch mit der Arbeit daran, sich mehr Torchancen zu erarbeiten. „Wir alle sind optimistisch, obwohl wir natürlich wissen, dass der Druck sich nach einer Niederlage erhöht“ – Phrase, so wie später auch, dass ununterbrochen Pässe nach vorne zu spielen, nicht möglich sei. Danach kommen mehrere „sehr, sehr“ – typischer Löw-Sprech – beinhaltende Behauptungen.

Auf die Frage, ob Kimmich auf Rechts hinten auflaufen – eine der Dauerfragen aus deutscher Sicht – und wie sich die Dreierreihe vorn gestalten wird: „Taktisch müssen wir natürlich auch was anderes ins Spiel reinbringen. Das heißt natürlich auch mehr Offensivkraft“. Im Statement Löws viele Seufzer. Bezaubernd, wie er das Wort „Intensität“ (bezüglich deutschem Offensivspiel) streckt – scheint ihm ein wichtiger Begriff zu sein. Übrigens erst in Minute 12 der PK gibt Löw – vorher überlegt er laut, ob er das „verraten“ darf – ein erstes konkretes Detail zur Aufstellung bekannt: Leon Goretzka werde nicht von Beginn an spielen. Die Aufstellung erfahren die Spieler „nicht über die Medien“, sondern im Rahmen der Mannschaftssitzung; versöhnlich-fröhliches Lächeln Löws, der diesen Hinweis seit schon 15 Jahren gibt.

Auf die unvermeidliche „Mehr Mut“-Frage: Löw gibt eine vordergründig selbstreflektierende Antwort (später wird er unter anderem behaupten, alles „was taktisch schlecht gelaufen sei“, habe man „herausgefiltert“). Erneut geht er ein auf die zu besetzenden Räume und die schnelleren Reaktionen in der Offensive – beides sei erforderlich, beides dürfe eingefordert werden. „Wenn wir im letzten Drittel sind, müssen wir dort bleiben“. Interessant: Er erklärt, dass bei einem Turnier die Defensiv-Arbeit wichtiger sei als bei normalen Spielen; seine Kernbotschaft aber ist: mehr Offensive; ein Widerspruch muss das nicht sein; ihm geht es um erhöhte Intensität. Er bringt nun zwei weitere Schlüsselworte ins Spiel: „Dynamik“ und „Risikofreude“.

Als nächstes wird Löw – auf Vorlage einer entsprechenden Reporterfrage – aphoristisch: „Taktische Änderungen kann man auch mit der gleichen Formation durchführen.“ Was in keiner PK fehlen darf: Starkreden des eigenen Kaders, denn dieser sei auf jeder Position doppelt gut besetzt. Äußert sich indirekt zur Kritik an seinen System-, Aufstellungs- und Personalentscheidungen: „Wir haben, ob wir zu dritt oder zu viert hinten spielen, genug Offensivkräfte auf dem Platz. Wir haben genug Leute, die die Defensive bearbeiten. Wir müssen uns in der Spielanlage anders positionieren. Das sind Korrekturen, logischerweise, vom Frankreich-Spiel. Und da spielt System keine Rolle [...] Unsere Mannschaft ist fließend. [...] Wenn ich von Außenverteidigern rede, sind das vielleicht Außenstürmer bei mir; äußere Abwehrspieler, die ganz vorne sich irgendwo positionieren müssen, damit wir genug Leute in der letzten Ebene haben. Aber auf der anderen Seite müssen wir natürlich gucken, dass wir wieder genug Leute haben, wenn der Gegner den Ball hat. Also: es ist fließend“. Wohlgemerkt: Löw definiert hier seine eigene Nomenklatur. Damit entzieht er sich vorab einer Kritik an seiner Aufstellung, schließlich „fließt“ diese. Diese heraklitische Freiheit darf er sich nehmen, oder?

Klassiker: den Gegner größer machen, als er ist. Portugal sei „vielleicht in der Breite noch ein bisschen besser aufgestellt sogar als Frankreich“, so Löw. Kann man so sehen, aber bei einem Turnier zählt die Qualität in den ersten 14 mehr als die Breite im Kader. Beim Statement, die „Defensive nicht zu vernachlässigen“, wird ihm niemand widersprechen, das haben Phrasen so an sich. Zu den portugiesischen Stärken zählen laut Löw: strukturierte, eingespielte, ausgewogene Mannschaftsteile, „sehr gute Fußballer, im technischen Bereich“, „Abwehr, Luftkampf, Zweikampf“ (ja, Löw redet weiterhin über Fußball), „Offensive, nicht nur Cristiano Ronaldo, sondern vier, fünf andere“, höchstes Niveau bei Kombinationen, sehr variables Spiel und kaum vom Ball zu trennen.

Bei der nächsten Frage widmet sich Löw mit viel Liebe dem Ausdruck „zueinanderfinden“ (verwendet vom Reporter). So gewinnt man Autorität: man beantwortet eine Frage nicht einfach, sondern erklärt dem Fragenden die Frage. Später lädt Löw einen Reporter zu einer Mannschaftssitzung ein – charmant!

Auf die Frage einer eventuellen Begegnung mit den Niederlanden im EM-Achtelfinale, sagt Löw: „Übers Achtelfinale haben wir jetzt noch nicht nachgedacht.“ Wir möchten es ihm nicht glauben. „Für uns steht als nächstes das nächste Spiel an“ – wer hätte das gedacht. Ich vermute, bei Hansi Flick wird es konkreter. Löw äußert sich ausführlicher zum Erfolgsdruck, kurz gesagt antwortet er: „Der Druck ist immer vorhanden.“ Beim Thema Druck erkennt man besonders gut die Unterschiede zwischen Reporter und Leistungssportler: die einen assoziieren es mit Angst; die Profis aber stehen drauf. Auch das erklärt Löw seit eineinhalb Jahrzehnten. „Mit dem Druck können alle irgendwie umgehen.“ „Der Druck wird uns nicht erdrücken.“ „Ich kenne das.“

„Die Mannschaft weiß schon, was wir wollen. Und die Mannschaft ist damit einverstanden.“ Löw gibt sich erneut selbstreflektiert zum Schluss. Ulkig, wie er in Minute 21 erneut eine Reporterfrage auseinandernimmt: Es interessiere seine Spieler nicht, welche Bilanz er als Trainer gegen Portugal habe. Einen Extrapunkt für sein nonchalantes „Ronaldo kann mehr als Cola-Flaschen verschieben. Er hat mehr Qualitäten.“


PK am 14.06., einen Tag vor Frankreich vs. Deutschland

Worauf freut sich der Bundestrainer? Die Frage wird von einem erwachsenen Mann gestellt. „Vorfreude“, „Anspannung“, „was Besonderes“ – all das bringt Löw in seiner Antwort unter. „Ich freue mich persönlich darauf, dass Zuschauer zugelassen werden.“ „Wir haben Schritte gemacht in die richtige Richtung“ – so so. Außerdem identifiziert er „Ehrgeiz“, „Tatendrang“ und „gute Stimmung“. Null Negatives, denn das gehört nicht zum Katalog erlaubter Ausdrücke. Im Hintergrund sind 50 Werbelogos zu sehen; auf dem Tisch zwei Coca-Cola-Flaschen; und dann trägt Joachim Löw außerdem einen Pullover mit auffälligem Adidas-Logo und zweifachem Adidas-Schriftzug. Reporterfrage: „Würden Sie uns ein bisschen an Ihrem Innenleben teilhaben lassen? Wie ruhig sind Sie denn am Vorabend dieses so wichtigen Spiels?“ Hat zwar nichts mit dem Spiel zu tun, hat aber für den Reporter den Vorteil, sich mit dem Spiel nicht beschäftigen zu müssen. Sehr dankbare, da psychologisierende Frage. Löw sieht „positive Anspannung“ und „gespannte Vorfreude“. Er hebt auf besser werdende Automatismen/Abläufe ab – was ohne Frage wichtig und richtig klingt – ohne dass sich darunter jemand etwas Genaues vorstellen kann, oder? „Teamspirit“, „Hungrig“, „Erfolg“, „Gewinnen“ streut Löw in die interessierte Zuhörerschaft, da diese Wörter gut klingen und man damit keine Rückfragen riskiert.

Auch die nächste Frage eine Gefühlseinschätzung. Wir befinden uns spätestens jetzt im Märchenmodus; hierzu passt Löws „In der letzten Sitzung geht's eigentlich mehr um Emotionen“ – dabei weiß er es besser. Haben Sie ein bisschen Wehmut, Herr Löw, bei Ihrem letzten Turnier? So die nächste Frage. Löws Rückfrage „Ein was?“ sagt alles. Erneut sportferne Frage; Löw versucht Bezug herzustellen zum Turnier, ohne dabei etwas zu sagen. Bei einer der folgenden Fragen versteht Löw aufgrund technischer Probleme nur Mbappé und Griezmann, reimt sich zusammen, dass es auf einen Vergleich zu den Offensiv-Spielern der Deutschen Elf hinausläuft, und kommt zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass alle diese Spieler in der Lage sind, „irgendwie eine Entscheidung, ein Tor herbeizuführen“.

Die Regel, dass von 26 nominierten Spielern nur 23 benannt werden dürfen, kritisiert Löw scharf – schärfer als alles andere in diesen vier Pressekonferenzen. Es sei sicher falsch, drei Spieler auf die Tribüne zu setzen. „Für mich persönlich ist das nicht in Ordnung.“ Er hebt dann auf die Gefühlslage des auf die Tribüne verbannten Spielers ein und geht damit sicher, dass nicht nachgefragt wird, was sowieso eine Seltenheit ist. „Jeder hätte es verdient, auf der Bank zu sein.“ Er produziert sich hier als Spielerbeschützer, was authentisch wirkt. Die Mannschaft als Einheit, Löw und seine Jungs untrennbar und so weiter. Nur keine Zweifel am Zusammenhalt. In der vorvorletzten, unvermeidlichen Kimmichs-Position-Frage erneut eine kleine, feine Spitze gegen die fehlende Trainerpraxis des Reporters.

Bei seiner letzten Antwort ein echtes Phrasenfeuerwerk: nicht nur klärt Löw darüber auf, dass Kroos und Gündoğan in Mannschaften spielen, die in KO-Spielen Erfahrung haben. Wir erfahren auch, dass diese Spieler in der Defensive „alles in die Waagschale werfen können“. Gündoğan und Kroos seien schlau und können Pässe sowie Räume antizipieren. „Große Räume sind für Frankreich natürlich ein gefundenes Fressen.“ „Wir müssen als Mannschaft insgesamt einfach sehr kompakt agieren, ansonsten hat der Einzelne sowieso wenig Möglichkeiten, irgendwie in der Balleroberung, egal auf welcher Position er spielt.“ Man kennt das von unzähligen anderen Cheftrainern: viel Blabla auf eine Frage, die nichts Besseres verdient hat. Ob man als Zuschauer mehr verdient hat, entscheide jeder Zuschauer für sich selbst. Indes feiere ich Löws Gelassenheit.

 

PK am 29.05.2021, aus dem Trainingslager in Seefeld

Löws Substantivturbo im Eingangsstatement: „Freude“, „Vorfreude“, „Motivation“,„Gewinnermentalität“, „Teamgeist“ und „Teamspirit“. In wackligem Englischen würde man sagen: Keyword dropping at its best.

Ausführlichere Kommentare zu den Fitness-Zuständen von Kroos, Gündoğan und Goretzka. Trainer haben das gern, da das medizinische Themen sind und sie hier ausführlich über Spieler parlieren können, von denen bekannt ist, dass sie derzeit nicht einsatzbereit sind – es droht somit kein Geheimnisverrat.

Die übliche Formationsfrage: Ist das die Aufstellung gegen Frankreich? Die Frage erledigt sich im Hinblick auf das am gleichen Tag stattfindende Finale der UEFA Champions League von selbst. Trotzdem nimmt sich Löw gut zwei Minuten Zeit, eine Antwort zu geben und wertet somit die ursprüngliche Frage auf; vom Stil fast angelamerkelhaft. „Wir haben Spieler auf beiden Seiten“, und deshalb sei er „neutral“. Eine diplomatische Antwort auf die Frage, welchem Finalisten der Champions League er die Daumen drückt. „Beide Mannschaften sind mit hoher Qualität ausgestattet, was die Einzelspieler angeht“ – Phrase. Er lässt durchblicken, dass er Manchester City leicht favorisiert. Das Finale gewinnen wird bekanntlich der FC Chelsea. Im Gegensatz zum Pressesprecher vergisst er die zweite Frage nicht. Hier packt er wieder seine Signalworte „Intensität“, „Anspannung“ und „Fokus“ aus. Referenziert Schürrle, Kramer, Götze und Klose im Zusammenhang mit der WM 2014. Er hebt die Mehrstufigkeit der Turniervorbereitung und die Wichtigkeit der Mentalität hervor. Offensive, Defensive und Standards. Das seien laut Löw die Schwerpunkte in der Vorbereitung – alle drei seien „ausbaufähig“ (für welche Mannschaft trifft das nicht zu?). Er widmet sich dann übergeordnet – keine Details – dem „Gleichgewicht“ zwischen Offensive (Chancenverwertung) und Defensive (Zweikampfverhalten in 1-gegen-1-Situationen). Und: „Selbstverständlich beginnt das Turnier mit dem ersten Trainingstag.“

Spannend auch sein spontaner Zwölfjahresrückblick auf Manuel Neuer. Löw lässt durchschaubar keinen Zweifel aufkommen am Menschen und Spieler Manuel Neuer. Der Nationaltorwart sei „sehr positiv eingestellt“, wiederholt er. Seine Aussage zu Thomas Müller und Mats Hummels, dass es anmute, als seien „die beiden nie weg gewesen“, ging durch den digitalen Blätterwald und sollte sich bestätigen, auch während der Vorrunde. Er vermeidet eine Aussage der Art „Mats Hummel ist der neue Leader“, sondern federt das so ab, dass Führungsrollen sich entwickeln werden. Häufige Reporterfrage. Die Antworten der Trainer immer wieder ähnlich: Einen Führungsspieler kann man nicht einkaufen, nicht einbestellen, nicht einfliegen, sondern das ergibt sich aus dem Mannschaftsgefüge heraus.

Löws Trainerperspektive: Es beziehungsweise er „bleibe dabei“, dass er im Sommer keinen „Verein übernimmt. Das ist für mich klar. Da wird es keine Meinungsänderung geben.“ Die Frage ist etwas unsensibel. Löw wird später sagen, er brauche nun mal „einen Moment des Abstands“ nach Ende des Turniers. Einigen Reportern würde eine längere Pause ebenfalls guttun.

Niklas Süle als Rechtsverteidiger? „Eher nein“, eine klare Antwort. „Für mich ist Süle ein Innenverteidiger.“ Auch hier wieder eine längere Beschreibung, wie der Spieler im Training nach und nach aufgebaut wird, damit er die Spielformen verinnerlicht und Widerstandsfähigkeit erhöht. Später angesprochen auf den „Konkurrenzkampf“ in der Innenverteidigung: „Konkurrenzkampf ist sehr wünschenswert.“ „Das ist einfach auch Gesetz: Man wird nicht vom ersten bis zum letzten Spiel mit der gleichen Aufstellung spielen – das wird es nicht geben“ – weitere Phrase, vermeidbar. Er hebelt seine angebliche Nichtstammplatzgarantie mit seinem Über-Lob auf Antonio Rüdiger aus. Hummels und Müller haben angeblich keine Stammplatzgarantie, zumindest aber „keine Einsatzgarantie über das gesamte Turnier“ – welch feine Unterscheidung. „Thomas und Mats wissen natürlich von mir, wenn wir sie zurückholen, dass sie eine wichtige Rolle bei uns spielen sollen“. Er hätte „nicht über seinen Schatten springen müssen“, um die beiden Spieler zurückholen – so habe es vor der Mannschaft gesagt, und das Gegenteil ist bis heute nicht bewiesen. Und was sind Anti-Lagerkoller-Maßnahmen des wichtigsten Bundestrainers? Löws sehr allgemeine Ausführungen enden mit „Wenn Spieler so lange zusammen sind, stellt das gewisse Herausforderungen dar“, wodurch er eine weitere von unzähligen Nicht-Antworten abrundet.

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Carsten Wolff | Di., 22. Juni 2021 - 14:13

"Löws sehr allgemeine Ausführungen enden mit „Wenn Spieler so lange zusammen sind, stellt das gewisse Herausforderungen dar“, wodurch er eine weitere von unzähligen Nicht-Antworten abrundet."

Es ist bezeichnend für Sie, Herr Schmieder, dass Sie keinen Artikel zum Portugal-Deutschland-Spiel verfasst haben, aber in Ihrer Voranalyse mit traumwandlerischer Sicherheit Gosens und Havertz volkommen verkehrt eingeschätzt haben.

Dafür liest man jetzt einen nichtssagenden Artikel über diverse PKs von Löw, wo Sie noch einmal ordentlich rumnörgeln können - wo bleibt denn Ihre Spielereinschätzung nach dem Portugal-Spiel - ist es Ihnen peinlich, mal lobend etwas vermelden zu können/müssen, da Sie eher darin geübt sind, alles schlecht reden zu müssen?

Tonicek Schwamberger | Di., 22. Juni 2021 - 15:08

Antwort auf von Carsten Wolff

. . . ich pflichte Ihnen bei, die Kommentierung Herrn Schmieders wirkt auf mich auch betreffend, und, ja, zuerst sollte man sich mal fragen, ob diese ausschweifende Fußballthematik hier im "Magazin für politische Kultur" an der richtigen Stelle ist?

Ich interessiere mich nicht für Fußball, habe auch keine Ahnung, jedoch muß ich sagen, daß Herr Löw auf mich immer einen positiven Eindruck machte, voller Charisma und sympathischen Eigenarten - das ist mein rein subjektiver Eindruck und auch meine rein subjektive Meinung - da kann in den PK's passieren, was will . . .

Bernd Muhlack | Di., 22. Juni 2021 - 17:20

Eigentlich wollte ich mir die EM 2020 in 2021 nicht antun - eigentlich.
OK, einige gute Spiele.
D - POR war der absolute Burner, Hype!?
Von den Türken, Russen bin ich enttäuscht u die Dänen tun mir leid.

Nein, keine Pressekonferenzen, Interviews!
Wozu?
Wäre das bei diesem Personal ein wie auch immer gearteter Gewinn?

Wie war das nochmal in 2000?
"Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv oder objektiv sind. Wenn sie subjektiv sind, werde ich an meinen objektiven festhalten. Wenn sie objektiv sind, werde ich überlegen und vielleicht die objektiven subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler mit in meine objektiven einfließen lassen."
Aha, soso - Erich Ribbeck
"Herr Hrubesch (Co-Trainer), wie sehen Sie das?"
"Im Prinzip genauso. Wir lassen das alles nochmal Paroli laufen!"
Noch Fragen?
Einfach-Sprech eben.

Das letzte Wort hat Per Mertesacker, ZDF-Interview

https://www.youtube.com/watch?v=bMJJMpufE2g

"Was wollen Sie hören?"
KLASSE!

Rob Schuberth | Di., 22. Juni 2021 - 19:33

Diese Pressetermine sind doch nur reine Pflichtveranstaltungen für die vielen Sponsoren.

Nahezu der gesamte Profi-Sport ist nur noch ein Geschäft und zwar ein mieses.

Der Fußball schießt da nur die Krone ab.

Selbstkritik....das ich nicht lache. Alles nur hohles Gewäsch.